OGH 7Ob709/79

OGH7Ob709/7914.2.1980

SZ 53/26

Normen

PostO §171
ZPO §104 Abs2
ZPO §106 Abs2
PostO §171
ZPO §104 Abs2
ZPO §106 Abs2

 

Spruch:

Beim Fehlen eines Wohnungsbriefkastens ist die Hinterlegungsanzeige in dem für die Wohnung bestimmten Fach der Hausbrieffachanlage zurückzulassen. - Fernbleiben von der Wohnung bei Aufenthalt im selben Ort steht der Wirksamkeit der Hinterlegung nicht entgegen, wenn der Adressat die Möglichkeit der Nachschau ohne Not nicht nützte

OGH 14. Februar 1980, 7 Ob 709/79 (LG Salzburg 33 R 405/79; BG Salzburg 2 P 320/70)

Text

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht den Rekurs des ehelichen Vaters gegen den Unterhaltserhöhungsbeschluß des Erstgericht e s als verspätet zurück, weil dieser Beschluß am 25. April 1979 durch Hinterlegung bei der Post zugestellt worden, der Rekurs aber erst am 28. Mai 1979 bei Gericht eingelangt sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Voraussetzung der wirksamen Zustellung durch Hinterlegung ist die ordnungsgemäße Zurücklassung der Hinterlegungsanzeige am Zustellort. Diese war in dem nur unvollständig ausgefüllten Rückschein nicht ausgewiesen. Die vom OGH veranlaßten Erhebungen haben ergeben, daß einerseits an der Wohnung des Rekurswerbers kein Briefkasten vorhanden ist, andererseits die Hinterlegungsanzeige in dem für diese Wohnung bestimmten Fach der Hausbrieffachanlage zurückgelassen und nicht an der Wohnungstüre befestigt wurde und daß sich der Rekurswerber im Zeitpunkt des Zustellversuches und der Hinterlegung an seinem Wohnort in S aufhielt, nicht aber nachweislich in seiner Wohnung. Er hat das zuzustellende Schriftstück erst am 11. Mai 1979 bei der Post behoben.

Die Wirksamkeit der Hinterlegung eines zuzustellenden Schriftstückes ist davon abhängig, daß bei ihrer Bekanntmachung an den Empfänger die gesetzlichen Vorschriften genau eingehalten werden (Fasching II, 591; SZ 13/186 u. a.). Die Zurücklassung der Hinterlegungsanzeige in dem für die Wohnung des Adressaten bestimmten Fach der Hausbrieffachanlage genügt dann nicht, wenn ein eigener Briefkasten an der Wohnung vorhanden ist (EvBl. 1970/46 u. a.). Im anderen Fall ist hingegen das Fach in der Hausbrieffachanlage im Sinne des § 104 Abs. 2 ZPO (womit kein Unterschied gegenüber § 106 Abs. 2 ZPO ausgedrückt werden soll) für die betreffende Wohnung "bestimmt" (RZ 1970, 222; vgl. auch § 171 Postordnung). Die Zurücklassung der Hinterlegungsanzeige in dem für die Wohnung des Rekurswerbers bestimmten Fach der Hausbrieffachanlage war demnach richtig.

Zu der weiteren Frage, ob die Zustellung durch Hinterlegung die Anwesenheit des Adressaten am Tag der versuchten Zustellung nur am Wohnort oder (wenn auch nicht ganztags) geradezu in der Wohnung voraussetzt, hat die grundsätzliche Entscheidung SZ 19/193 widersprüchliche Aussagen gemacht, indem einerseits als ausreichend erkannt wurde, daß der Adressat zwar vom Hause abwesend, aber ortsanwesend sei, andererseits jedoch weiter ausgeführt wurde, der Adressat werde demnach mindestens regelmäßig im Ort und im Hause anwesend sein müssen. In der folgenden Judikatur wurden beide Rechtssätze teils einzeln, teils miteinander verwendet, in der Entscheidung JBl. 1959, 134 aber im Falle einer Ankündigung einer Wiener Wohnung der zweite Rechtssatz in den Vordergrund gestellt und die Hinterlegung an der Wohnadresse demnach als nicht ausreichend erkannt, wenn sich der Adressat in der gleichen Stadt anderswo aufhält "und gar nicht Gelegenheit hat, der Aufforderung nachzukommen". Der zuletzt genannte Gesichtspunkt kommt auch in anderen Entscheidungen besonders zum Ausdruck, wonach es darauf ankomme, ob der Adressat ohne sein Zutun außerstande sei, der Aufforderung Folge zu leisten (EvBl. 1972/141 u. a.). Ähnlich hat Pollak[2] II, 553 darauf abgestellt, ob sich ein "schikanöser" Adressat der Zustellung entzieht; und Holzhammer, 147 meint, es müsse dem Adressaten "an sich möglich sein", die hinterlegte Zustellsache abzuholen. Fasching zitiert den eingangs genannten, nicht eindeutigen Rechtssatz, läßt aber jedenfalls eine bloß periodische kurzfristige Abwesenheit tagsüber nicht genügen (II, 590).

Der erkennende Senat hält für die von der Rechtsprechung geforderte Voraussetzung einer wirksamen Ersatzzustellung durch Hinterlegung, daß nämlich die Partei die Möglichkeit hatte, der Aufforderung Folge zu leisten, im Sinne der strengeren Rechtsansicht den Umstand für maßgeblich, daß es ein am gleichen Ort befindlicher Adressat nicht ohne Not unterläßt, sich um die Verständigung von Hinterlegungen (hier: in seiner einzigen Wohnung) zu kümmern. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die sich dem Nachweis entgegenstellen, daß der Adressat im fraglichen Zeitraum nicht früher als von ihm behauptet in die Wohnung zurückgekehrt sei, ist ja der Zweck der Verständigung von einer erfolgten Hinterlegung erfüllt, wenn es nur noch am Adressaten liegt, durch Anwendung mindester Sorgfalt, nämlich durch eine ihm leicht zumutbare gelegentliche Nachschau in seiner weiterhin bewohnten Wohnung, von einer Hinterlegungsanzeige Kenntnis zu erlangen. Gerade der vorliegende Fall, wo (nach dem Stadtplan von S) die Wohnadresse des Adressaten im gleichen Ortsgebiet nur eine Straße von jener anderen Wohnung entfernt liegt, in der sich der Rekurswerber angeblich ständig bei einer Freundin aufgehalten hat, zeigt, daß ein milderer Standpunkt keinem schutzwürdigen Interesse des Adressaten dient.

Die Hinterlegungsanzeige war daher rechtmäßig. In diesem Fall ist die Zustellung ungeachtet des Zeitpunktes der Behebung schon durch die Hinterlegung des Schriftstückes beim Postamt bewirkt (EvBl. 1971/217 u. a.). Der Rekurs des Vaters gegen den erstinstanzlichen Beschluß war dann aber nach der zutreffenden Ansicht des Rekursgerichtes verspätet.

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