OGH 1Ob503/80

OGH1Ob503/8030.1.1980

SZ 53/15

Normen

ABGB §530
ABGB §914
ABGB §1284
ABGB §1444
ABGB §530
ABGB §914
ABGB §1284
ABGB §1444

 

Spruch:

Auch wenn in einem bäuerlichen Übergabsvertrag ausdrücklich das Gegenteil vereinbart wurde, kann der Ausgedingeberechtigte aus der Ausgedingewohnung ausziehen und an Stelle der vereinbarten Naturalleistungen Geld verlangen, wenn der Verpflichtete durch sein Verhalten das Verbleiben in der Wohnung unzumutbar gemacht hat

OGH 30. Jänner 1980, 1 Ob 503/80 (LGZ Graz 1 R 251/79; BGZ Graz 26 C 345/78)

Text

Mit notariellem Übergabsvertrag vom 8. Jänner 1968 übergaben die Kläger ihr Bauerngut (EZ 41 und 44 KG B) im Ausmaß von 6.27 ha ihrem Sohn, dem Erstbeklagten, und ihrer Schwiegertochter, der Zweitbeklagten, und vereinbarten als Gegenleistung - u. a. - folgenden Auszug gemäß Punkt 4 des Vertrages:

"a) Die Wohnung im Hause B Nr. 34, in dem straßenseitig gelegenen Zimmer (gemeinsam mit der Tochter Anna), samt Instandhaltung, Beheizung, Beleuchtung und Reinigung derselben, und das Benützungs- und Gebrauchsrecht an den vorhandenen, allenfalls erforderlichen Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen und Mitbenützung der Küche. Die Übergeber haben das Recht, dort jederzeit Besuche zu empfangen und zu beherbergen und in Haus und Hof stets frei ein- und auszugehen; b) die Beistellung der erforderlichen Kleidung, Leib- und Bettwäsche und Schuhe, die Reinigung und Ausbesserung derselben und die Beistellung eines reinen Bettgewandes; c) die Verabreichung einer dem Alter und dem jeweiligen Gesundheitszustande der Übergeber entsprechenden Kost zu den ortsüblichen Tagesmahlzeiten samt Vor- und Nachmittagsjause in gleicher Güte wie die Übernehmer, gemeinsam mit diesen und deren Familie oder auf Wunsch auf das Zimmer gestellt, und freien Zutritt zu den Speise- und Getränkevorräten, jedoch nur für den eigenen Bedarf; d) in Krankheitsfällen die sorgfältige Pflege und Wartung, die Verrichtung der Botengänge und die Verabreichung der Krankenkost zum Bette gestellt. Die Kosten des Arztes, der Heilmittel und Anstaltsaufenthalte sind von den Übernehmern nur insoweit zu tragen, als die Krankenkasse der Übergeber hiefür nicht aufkommt; e) im Todesfalle die Veranstaltung eines ortsüblichen Begräbnisses samt Errichtung und Erhaltung einer Grabstätte;"

Punkt 5 des Übergabsvertrages sieht für den Fall nicht ordnungsgemäßer Vertragserfüllung folgendes vor:

"Die Übergeber haben nur aus wichtigen Gründen, deren Vorliegen im Zweifelsfalle gerichtsordnungsmäßig nachzuweisen wäre, wie beispielsweise schlechte Behandlung durch die Übernehmer, deren Hausleute oder Besitzesnachfolger, oder wenn ihnen der Auszug nicht klaglos geleistet wird, das Recht, die nachstehenden Bestimmungen für den sogenannten Unvergleichsfall eintreten zu lassen. In diesem Falle werden die Übergeber in der bisherigen Wohnung verbleiben, doch haben sie das Recht, an Stelle der gemeinschaftlichen Verpflegung Naturalien zu verlangen. Im Nichteinigungsfalle zwischen den Parteien entscheidet über Art, Menge und Gewicht der den Übergebern zu liefernden Naturalien die zuständige Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft. Den Übergebern steht aber das Recht zu, wiederum in die gemeinschaftliche Verpflegung zurückzukehren.

Im übrigen bleiben sinngemäß die Bestimmungen wie im Vergleichsfall aufrecht."

Die Kläger haben die Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft bisher nicht um Entscheidung im Sinne dieses Vertragspunktes angerufen.

Sie zogen am 26. Oktober 1977 mit der arbeitsunfähigen und pflegebedürftigen Tochter Anna (der im Übergabsvertrag ebenfalls Rechte eingeräumt wurden) von der übergebenen Liegenschaft weg und bezogen in Graz eine Mietwohnung.

Die Kläger bringen vor, die Auszugswohnung wegen schlechter Behandlung durch die Übernehmer (Nötigung zur Verrichtung schwerster körperlicher Arbeiten, Beschimpfungen und Tätlichkeiten) und Nichterfüllung bedungener Auszugsleistungen (nicht entsprechende Kost und "nahezumenschenunwürdiger Zustand der Austragswohnung") verlassen zu haben.

Sie stellen das Hauptbegehren, die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, ihnen ab 1. November 1977 je 1000 S monatlich am Ersten eines jeden Monats im vorhinein zu bezahlen, den Zwischenantrag auf Feststellung, daß spätestens mit 1. November 1977 der Unvergleichsfall zwischen den Streitteilen eingetreten sei, und die Kläger daher berechtigt gewesen seien, aus der gemeinschaftlichen Verpflegung auszuscheiden und das Eventualbegehren, die Beklagten ab Rechtskraft des Urteiles zur Leistung eines nach Art und Menge der angesprochenen Lebensmittel genau umschriebenen Naturalunterhaltes, fällig zu je 1/52stel an jedem Montag in B 34, zu verpflichten, wobei sie auch im Rahmen dieses Begehrens für die Zeit vom 1. Jänner 1977 bis zur Rechtskraft des Urteils eine Geldrente von monatlich je 1000 S in Anspruch nehmen und den Beklagten die Lösungsbefugnis einräumen, sich auch weiterhin von den Naturalleistungen durch Zahlung von je 1000 S pro Monat zu befreien.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens und wendeten ein, daß die Kläger auch bei Eintritt des "Unvergleichsfalles" in der Austragswohnung zu bleiben verpflichtet seien und nur an Stelle der gemeinschaftlichen Verpflegung Naturalien verlangen könnten. Aber auch zur Inanspruchnahme dieses Rechtes seien die Voraussetzungen nicht gegeben. Außerdem müßte über Art und Umfang der zu liefernden Naturalien zunächst ein Schiedsverfahren eingeleitet werden, sodaß Unzulässigkeit des Rechtsweges vorliege.

Das Erstgericht gab dem Zwischenantrag auf Feststellung statt und wies das Haupt- und Eventualbegehren ab. Es stellte im wesentlichen fest: Der Erstbeklagte habe den Klägern öfters vorgehalten, daß sie nichts wert seien und auch die Liegenschaft nichts wert sei, ihn habe die behinderte Tochter der Übernehmer schon mehr gekostet, als die Liegenschaft wert sei. Der Erstbeklagte habe den Zweitkläger einmal mit dem Umbringen bedroht und beide Kläger wiederholt als "alte Trottel, alte Affen, nichtsnutzige Hunde" und die Erstklägerin als "Fadlsau" beschimpft. Einmal habe er geäußert, er hätte die Erstklägerin längst erschlagen, wenn sie nicht seine Mutter wäre. Der Erstbeklagte habe der Erstklägerin nachgerufen, daß sie sein Schlafzimmer nicht mehr betreten möge, was sie besonders gekränkt habe, weil Leute in Hörweite waren, die glauben konnten, sie hätte etwas gestohlen. Die Zweitbeklagte habe schon bald nach der Übergabe und seither immer wieder erklärt: "Da geht Brot ab" oder "Da geht Milch ab". Die Erstklägerin sei vom Erstbeklagten vor etwa fünf Jahren in den Bauch getreten und kurz vor dem Wegzug im Herbst 1977 gewürgt worden. Eine Mitarbeit der Kläger sei von den Beklagten nicht ausdrücklich verlangt worden; die Beklagten hätten jedoch geschimpft, wenn die Kläger nicht mithalfen. Die Kläger hätten auf der übergebenen Liegenschaft das gleiche wie die Beklagten gegessen. Die Erstbeklagte habe schon vor der Übergabe an Magenbeschwerden gelitten und trotzdem Schweinefleisch zu essen bekommen, obwohl sie den Beklagten erklärt habe, Milchspeisen wären für sie gesunder. Der Anschaffungspreis für die Lebensmittel für eine "Vollperson" im ländlichen Haushalt betrage durchschnittlich 16 735 S jährlich.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß auf Grund der festgestellten schlechten Behandlung der Übergeber durch die Übernehmer der im Punkt 5 des Übergabsvertrages beschriebene "Unvergleichsfall" eingetreten sei; dies führe aber nur zur Stattgebung des Zwischenantrages auf Feststellung, weil die Streitteile vereinbart hätten, daß die Übergeber auch in diesem Falle auf der Liegenschaft bleiben und nur an die Stelle der gemeinschaftlichen Verpflegung der Anspruch auf Naturalien trete. Das Verhalten der Beklagten sei nicht so schwerwiegend, daß es den Klägern nicht zugemutet werden könne, unter wesentlicher Verringerung der Berührungspunkte mit den Übergebern (durch Wegfall der gemeinsamen Verpflegung) im Hause zu bleiben. Den Klägern stehe daher ein Geldersatzanspruch nicht zu. Auch das Eventualbegehren sei nicht berechtigt, da die Kläger zuerst die Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft anrufen müßten.

Das Berufungsgericht hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung über das Haupt- und Eventualbegehren an das Prozeßgericht erster Instanz zurück. Den Zwischenantrag auf Feststellung wies es rechtskräftig zurück.

Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß ein Verhalten, das dem Ausgedingsberechtigten den Genuß des Naturalausgedinges billigerweise unzumutbar mache ("Unvergleichsfall"), bei grober Behandlung der Übergeber oder wiederholter gröblicher Verletzung des Vertrages vorliege. Einzelne zu gegenseitiger Verstimmung führende Takt- und Lieblosigkeiten, die nach allgemeiner Lebenserfahrung auch sonst ab und zu in einem Familienverband auftreten könnten, reichten dazu nicht aus. Auch bei Bestehen eines gespannten Verhältnisses zwischen den Vertragsteilen seien die Übernehmer zur entsprechenden ordnungsmäßigen Wartung und Pflege der Übergeber und deren Auszugswohnung samt Einrichtung verpflichtet. Es sei nicht erörtert worden, ob die Beklagten die vertragliche Instandhaltungs- und Reinigungspflicht wiederholt gröblich verletzt hätten. Die Feststellung, daß die Austragswohnung bei Wegzug der Kläger einen schmutzigen und ungepflegten Eindruck machte, reiche für die Beurteilung dieser Fragen nicht aus. Sollte das Beweisverfahren ergeben, daß den Klägern nicht nur die gemeinsame Verpflegung, sondern auch das Zusammenwohnen billigerweise nicht zugemutet werden könne, hätten sie das Recht, an Stelle des Naturalausgedinges Geldersatzleistungen zu verlangen. Sollte das Beweisverfahren aber ergeben, daß den Übergebern das Verbleiben bei den Übernehmern zumutbar sei, komme Punkt 5 des Vertrages zur Anwendung. In diesem Falle habe die zuständige Bezirkskammer für Land- und Forstwirtschaft über Art, Menge und Gewichte der den Übergebern zu liefernden Naturalien zu entscheiden. Diese Vereinbarung sei nicht auf Entscheidung eines Rechtsstreites durch einen Schiedsrichter, sondern auf Feststellung einer Tatsache durch den bestellten Vertrauensmann gerichtet und daher kein echter Schiedsvertrag im Sinne des § 577 ZPO, sondern ein Schiedsgutachtervertrag. Das Erstgericht müsse demnach die zuständige Bezirkskammer als Schiedsmann mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens über "Art, Menge und Gewichte der zu liefernden Naturalien" beauftragen. Im übrigen sei das Vorliegen einer Schiedsgerichtsvereinbarung nicht mit der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges, sondern mit der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit geltend zu machen. Dieser Mangel sei jedoch geheilt, weil die Beklagten diese Einrede erst bei der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 20. März 1979 erhoben hätten.

Über Rekurse der Parteien hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Berufungsgerichtes, der in seiner Zurückweisung des Zwischenfeststellungsantrages als unbekämpft unberührt zu bleiben hatte, im übrigen auf und trug dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufungen auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Kläger machen in ihrem Rekurs mit Recht geltend, daß die Feststellungen des Erstgerichtes ausreichen, um über die Unzumutbarkeit ihres Weiterverbleibens in der Austragswohnung und den daraus abzuleitenden Geldersatzanspruch zu entscheiden: Nach herrschender Lehre (Klang in seinem Komm.[2] II, 631 f.;

Ehrenzweig[2] II/1, 571 f.; Gschnitzer, Sachenrecht, 161, und Schuldrecht Besonderer Teil und Schadenersatz, 126; Piegler in ÖJZ 1956, 564) und ständiger Rechtsprechung (SZ 47/54; EvBl. 1971/248;

EvBl. 1970/90; SZ 31/150; SZ 23/305 u. a.) ist der Ausgedingsnehmer berechtigt, die Ablösung des Naturalausgedinges in Geld zu verlangen, wenn ihm dessen Genuß wegen des Verhaltens der Eigentümer der übergebenen Liegenschaft (z. B. Verabreichung schlechter Verpflegung, gröbliche Beleidigungen, Mißhandlungen) billigerweise nicht zugemutet werden kann. Allerdings stellt nicht schon jede Mißhelligkeit zwischen den Vertragspartnern diese Rechtsfolge her. Einzelne zu gegenseitiger Verstimmung führende Takt- und Lieblosigkeiten oder Streitigkeiten, die nach allgemeiner Lebenserfahrung auch sonst ab und zu in einem Familienverband auftreten können, rechtfertigen das Begehren auf Geldzahlung noch nicht (Piegler in ÖJZ 1956, 564; ähnlich SZ 47/54 u. a.). Wiederholte grobe Beleidigungen und insbesondere Tätlichkeiten werden aber, soweit sie nicht durch den Ausgedingsberechtigten geradezu provoziert wurden, in aller Regel eine Aufrechterhaltung des Naheverhältnisses, das Voraussetzung für Leistung und Empfangnahme der Naturalbezüge ist, als unzumutbar erscheinen lassen. Der Auszugsberechtigte kann dann, weil er durch den Auszugsverpflichteten schuldhafterweise außerstande gesetzt wurde, die bedungenen Naturalleistungen zu beziehen, eine Geldrente in Anspruch nehmen, die an die Stelle der ursprünglichen Leistung tritt und im übrigen die Natur des Ausgedinges bewahrt (SZ 19/105; Ehrenzweig a. a. O., 571; Weinberger in ZBl. 1933, 58 ff.). Diese Geldleistung steht auch zu, wenn eine Umwandlung des Anspruches im Übergabsvertrag nicht ausdrücklich vorgesehen war (SZ 47/54; EvBl. 1971/248 u. a.).

Im gegenständlichen Fall legten allerdings die Streitteile im Vertrag fest, daß die Übergeber bei Vorliegen wichtiger Gründe - sie führen schlechte Behandlung und mangelhafte Leistung des Auszuges beispielsweise an - "in der bisherigen Wohnung verbleiben", jedoch das Recht haben sollten, an Stelle der gemeinschaftlichen Verpflegung Naturalien zu verlangen.

Auch Vereinbarungen über die Beschränkung und den Ausschluß von Rechten sind nach den allgemeinen Regeln für Verträge auszulegen (EvBl. 1979/221; SZ 41/131 u. a.); auch in diesen Fällen ist also der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (§ 914 ABGB). Für diese Auslegung steht - mangels darüber hinausgehender Behauptungen und Feststellungen über die Parteienabsicht - nur die Urkunde selbst zur Verfügung.

Nach Lehre (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 237 ff.; Piegler a. a. O.

565) und Rechtsprechung (NZ 1973, 189; EvBl. 1971/35; EvBl. 1970/223; SZ 29/53) handelt es sich bei bäuerlichen Übergabsverträgen um Verträge besonderer Art, die einerseits einem Kauf gegen Stundung des Kaufpreises ähnlich sind, andererseits aber auch Elemente eines Geschäftes von Todes wegen und familienrechtliche Bestandteile aufweisen. Sie pflegen nicht auf Zeit, sondern auf Dauer geschlossen zu werden und beruhen auf dem persönlichen Vertrauen der Vertragschließenden zueinander. Der Übergeber bezweckt durch Ausbedingen eines Naturalauszuges die Sicherung seines Lebensabends; insofern hat das Rechtsverhältnis große Ähnlichkeit mit der gesetzlichen Unterhaltspflicht (Weinberger a. a. O., 59). Für den Übernehmer ist die Liegenschaft in der Regel Grundlage seiner Existenz. Dem Übergeber wird nach vollzogener Übergabe kein Rücktrittsrecht vom Vertrag wegen nicht gehöriger Erfüllung der Gegenleistungen eingeräumt (NZ 1973, 189; EvBl. 1970/223; RZ 1970, 168; Klang in seinem Komm.[2] II, 632).

Geht man von dieser typischen Geschäftsgrundlage bei Übergabsverträgen aus, so kann auch eine Erklärung des Übergebers, selbst bei Vorliegen wichtiger Gründe in der Ausgedingewohnung zu bleiben und an Stelle der gemeinsamen Verpflegung Naturalien zu beziehen, nur für jene Fälle gelten, in denen die bedungene Rechtsfolge ausreicht, um durch Verringerung der Berührungspunkte ein unzukömmlich gewordenes Zusammenleben der Vertragspartner erträglich zu gestalten. Die Vereinbarung kann hingegen nicht so verstanden werden, daß die Übergeber trotz unerträglicher, durch Verschulden des Übernehmers herbeigeführter Verhältnisse unter allen Umständen bei sonstigem Anspruchsverlust in der Auszugswohnung ausharren müßte. Die Kläger können daher bei Unzumutbarkeit weiteren Verbleibens in der Auszugswohnung trotz der in Punkt 5 des Übergabsvertrages geschlossenen Vereinbarung an Stelle des Naturalausgedinges Geld verlangen.

Diese Unzumutbarkeit weiteren Verbleibens der Kläger auf der Liegenschaft der Beklagten wäre im vorliegenden Fall auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes anzuerkennen. Die Beklagten ließen sich danach nicht nur wiederholt zu gröblichen Beschimpfungen der Kläger hinreißen, sondern bedrohten sie auch; darüber hinaus würgte der Erstbeklagte die Erstklägerin, die er schon fünf Jahre zuvor tätlich angegriffen hatte, kurz vor dem Wegzug im Herbst 1977. Bei diesem Ausmaß der den Klägern entgegengebrachten Feindseligkeit reichte der Verzicht auf die gemeinsame Verpflegung allein nicht aus, das berechtigte Sicherheitsbedürfnis der Kläger zu wahren; nach dem festgestellten Gesamtverhalten der Beklagten wäre nicht anzunehmen, daß die Kläger allein bei Wegfall der Verpflegung durch die Beklagten von weiteren Gefährdungen verschont blieben.

Auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen wäre es also nicht mehr erforderlich, mit den Parteien weitere Verletzungen des Übergabsvertrages (mangelhafte Pflege der Auszugswohnung) zu erörtern und hierüber Beweise aufzunehmen. Die Rechtssache wäre vielmehr im Sinne der Stattgebung des Hauptbegehrens spruchreif, zumal die Höhe der geforderten Geldrente den Wert der entgangenen Naturalleistungen nicht übersteigt. Die Beklagten haben jedoch den stattgebenden Teil des Ersturteils mit einer umfangreichen, alle wesentlichen Feststellungen über die schlechte Behandlung der Kläger durch sie umfassenden Beweisrüge bekämpft. Diesem Anfechtungspunkt wurde durch die Zurückweisung des Zwischenantrages auf Feststellung durch das Berufungsgericht die Grundlage entzogen. Diese Beweisrüge gewinnt jedoch durch die in diesem Beschluß auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen ausgesprochene Rechtsansicht wieder Bedeutung und könnte bei Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung in der Revision wiederholt werden (vgl. EvBl. 1970/38; SZ 26/262 u. v. a.). Sie wird daher vom Berufungsgericht zu erledigen sein.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte