Spruch:
Ein ausländischer Schiedsspruch ist nach Art. II Abs. 2 UN-Übereinkommen nur vollstreckbar, wenn als Schiedsvereinbarung in Urschrift oder beglaubigter Abschrift entweder eine von beiden Parteien unterzeichnete Urkunde vorliegt oder übereinstimmende ausdrückliche Willenserklärungen beider Parteien in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben vorliegen. Es kann sich auch die eine Partei der einen und die andere Partei der anderen dieser Formen bedienen; hingegen sind die Voraussetzungen des Übereinkommens nicht erfüllt, wenn die Schriftform nur von einem der Vertragspartner eingehalten wurde
OGH 7. November 1979, 3 Ob 144/79 (OLG Wien, 18 R 111/79; LGZ Wien, 47 b Nc 148/79)
Text
Das Erstgericht wies den Antrag der betreibenden Gläubigerin, ihr auf Grund des Schiedsspruches des Schiedsgerichtes bei der Kammer für Außenhandel der Deutschen Demokratischen Republik vom 16. Juli 1976, GZ 246/75, zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung an Kapital und Zinsen im Gesamtbetrage von 431 162.30 S sowie der Antragskosten wider den Verpflichteten die Fahrnisexekution zu bewilligen, mit der Begründung ab, daß die Schiedsgerichtsvereinbarung nicht in der im Art. II des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. 200/1961 (UN-Übereinkommen), festgelegten Form nachgewiesen sei. Eine schriftlich festgelegte Schiedsklausel liege nicht vor und bestehe offenbar auch nicht.
Das Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Beschluß aus dessen Gründen. Die schriftliche Erklärung einer Partei bei mündlicher Zustimmung der anderen oder die schriftliche Bestätigung einer mündlich getroffenen Abrede reiche für die Vollstreckbarkeit eines ausländischen Schiedsspruches nicht aus. Angesichts der klaren Rechtslage bleibe für die von der betreibenden Gläubigerin geforderte extensive Auslegung kein Raum.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß die Zulässigkeit der Vollstreckung des Schiedsspruches vom 16. Juli 1976 nach den Bestimmungen des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. 200/1961 (UN-Übereinkommen), zu beurteilen ist. Voraussetzung der Vollstreckung des Schiedsspruches im Sinne des Art. I dieses Übereinkommens ist, daß die Partei, welche die Anerkennung und Vollstreckung nachsucht, mit ihrem Antrag außer der legalisierten Urschrift des Schiedsspruches oder einer beglaubigten Abschrift dieser Urschrift auch die Urschrift der Vereinbarung im Sinne des Art. II des Übereinkommens (Schiedsklausel oder Schiedsabrede) oder eine Abschrift, deren Übereinstimmung mit einer solchen Urschrift ordnungsgemäß beglaubigt ist, vorlegt (Art. IV Abs. 1 lit. b des Übereinkommens). Bei der hier zum Nachweis der "schriftlichen Vereinbarung" nach Art. II des Übereinkommens vorgelegten Urkunde handelt es sich um die Durchschrift eines an die Verpflichtete gerichteten Schreibens vom 31. Juli 1973, mit dem die betreibende Gläubigerin den Auftrag vom 20. Juni 1973 zur Lieferung von zwei Montagebühnen und 34 Mastschüssen gemäß den vereinbarten Bedingungen und den auf der Rückseite abgedruckten "Allgemeinen Verkaufsbedingungen" bestätigt. Nach Punkt 31 dieser allgemeinen Verkaufsbedingungen gilt für das Vertragsverhältnis das Recht der Deutschen Demokratischen Republik; alle Streitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit dem Vertrag,werden nach Wahl des Klägers entweder unter Ausschluß der ordentlichen Gerichtsbarkeit durch das Schiedsgericht bei der Kammer für Außenhandel der Deutschen Demokratischen Republik oder durch das zuständige ordentliche Gericht am Hauptsitz des Beklagten entschieden".
Unter einer "schriftlichen Vereinbarung" im Sinne des UN-Übereinkommens ist zufolge Art. II Abs. 2 "eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen, die sie gewechselt haben, enthalten ist". "Unterzeichnet" ist der Vertrag oder die Schiedsabrede, wenn beide Parteien auf derselben Urkunde unterschrieben haben (Hans Jakob Maier, Europäisches Übereinkommen über die Internationale Schiedsgerichtsbarkeit und UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, 31 Anm. 7; 3 Ob 120/77; 3 Ob 123/77; vgl. auch EvBl. 1966/407). Die Auftragsbestätigung vom 31. Juli 1973 entspricht nicht den Erfordernissen einer unterzeichneten Urkunde im dargelegten Sinne, dies schon deshalb nicht, weil sie nur von einer Partei unterschrieben ist. Da die Existenz einer von beiden Parteien unterfertigten Urkunde gar nicht behauptet wurde, kommt ein nach Lehre (Heller - Berger - Stix, 794 Anm. 13) und Rechtsprechung (SZ 38/199; SZ 35/119; JBl. 1965, 265) an sich zulässiger Verbesserungsauftrag zur Vorlage einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde hier als zwecklos nicht in Betracht.
Außer der vollen Schriftform (von beiden Parteien unterzeichnete Urkunde) genügen auch übereinstimmende aus drückliche Willenserklärungen beider Parteien, wenn diese Willenserklärungen in Briefen oder Telegrammen (auch Fernschreiben) enthalten sind. Es kann sich auch die eine Partei der einen und die andere der anderen dieser Formen bedienen (Heller - Berger - Stix, 793 Anm. 10). Hingegen sind die Voraussetzungen des Art. II Abs. 2 des UN-Übereinkommens,wie die Vorinstanzen richtig erkannt haben, nicht erfüllt, wenn die Schriftform nur von einem der Vertragspartner eingehalten wurde. Eine ausdrückliche schriftliche Willenserklärung der Verpflichteten wurde nicht behauptet und ist auch nach den Rechtsmittelausführungen der betreibenden Gläubigerin nicht anzunehmen. Für das Zustandekommen einer "schriftlichen Vereinbarung" im Sinne des UN-Übereinkommens reicht es nicht aus, daß die Verpflichtete der in der Auftragsbestätigung der betreibenden Gläubigerin vom 31. Juli 1973 enthaltenen Schiedsklausel nicht widersprochen und die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der betreibenden Gläubigerin von früher her gekannt hat. Die von der betreibenden Gläubigerin gewünschte Auslegung des Art. II Abs. 2 des UN-Übereinkommens widerspricht dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung. Für den Standpunkt des Revisionsrekurses ist auch aus der Bestimmung des Art. V Abs. 1 lit. a des genannten Übereinkommens nichts zu gewinnen, denn diese kommt nur dann zur Anwendung, wenn zwar eine "schriftliche Vereinbarung" im Sinne des Art. II Abs. 2 vorliegt, diese aber ungültig ist. Im vorliegenden Falle fehlt es aber schon am Nachweis einer "schriftlichen Vereinbarung".
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