OGH 13Os49/79

OGH13Os49/7931.5.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Mai 1979

unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Pallin, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, Dr. Müller, Dr. Horak und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Lackner als Schriftführers in der Strafsache gegen Peter A wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichtes vom 21.Dezember 1978, GZ 6 e Vr 8.221/78- 20, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrates des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Goriany und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwaltes Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Das angefochtene Urteil wird aus Anlaß der ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde gemäß dem § 290 Abs 1 StPO in seinem Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft aufgehoben und im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Gemäß dem § 38 StGB wird dem Angeklagten Peter A die erlittene Vorhaft vom 27. September 1978, 11 Uhr, bis zum 21. Dezember 1978, 13 Uhr 20, auf die verhängten (Freiheits- und Geld-)Strafen angerechnet.

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe auf 15

(fünfzehn) Monate herabgesetzt.

Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21. Mai 1957 geborene Student Peter A des Verbrechens nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG und des Vergehens der Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG schuldig erkannt und hiefür zu Freiheitsund Geldstrafen verurteilt, weil er inhaltlich des Urteilsspruchs I./ in der Zeit zwischen September 1977

und Juni 1978 in Wien, Graz und anderen Orten vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in solchen Mengen in Verkehr setzte, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er mindestens 10 kg Haschisch zum Preis von mindestens 21.000 S je Kilogramm an verschiedene, teils unbekannte Personen verkaufte; II./ durch die zu I./ angeführte Tathandlung eine Sache, hinsichtlich welcher ein Schmuggel begangen worden war, nämlich die zu I./ beschriebene nach Österreich geschmuggelte Haschischmenge, vorsätzlich und gewerbsmäßig an sich brachte und verhandelte. Der Angeklagte bekämpft dieses Urteil im Schuldspruch mit einer ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie im Strafausspruch mit Berufung.

Rechtliche Beurteilung

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs 1 Z 5 StPO bezeichnet der Beschwerdeführer zunächst die - wegen des Inkrafttretens der 9. Zolltarifgesetznovelle (BGBl Nr. 669/1976) erst am 1. Jänner 1977

bedeutsame - Feststellung als unzureichend begründet, daß sämtliches Suchtgift, das er (von Heinrich B) kaufte (und später in Verkehr setzte) etwa im Frühjahr 1977 nach Österreich geschmuggelt worden war (vgl S 110).

Mit der Behauptung, aus der Aussage des Heinrich B könne dies nicht abgeleitet werden, vermag er allerdings einen in dieser Beziehung relevanten Begründungsmangel nicht aufzuzeigen. Denn bei Berücksichtigung der Angaben des (gesondert verfolgten und im gegenständlichen Verfahren als Zeugen vernommenen) Heinrich B, das Haschisch ab Mitte April 1977 (von Konstantin C) übernommen zu haben (vgl S 99), und im Hinblick auf die forensische Erfahrungstatsache, daß illegal eingeführte Suchtgifte nicht erst längere Zeit im Inland gehortet, sondern rasch zur Verteilung weitergegeben werden, konnte das Gericht - wie übrigens auch in dem inzwischen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren gegen Heinrich B (vgl 10 Os 6/79) - ohne weiteres davon ausgehen, daß die vom Angeklagten verhehlten und in Verkehr gesetzten Suchtgiftmengen Gegenstand eines nach dem 1. Jänner 1977 stattgefundenen Schmuggels waren.

Das Erstgericht begründete aber auch ausreichend, daß dies dem Angeklagten bewußt und daß der genannte Umstand (zumindest dolo eventuali) von seinem Vorsatz umfaßt war. Die Beschwerdebehauptung, der vom Erstgericht insbesondere aus der Intelligenz des Angeklagten auf diesen Vorsatz gezogene Schluß sei nicht zwingend, vermag den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5 StPO schon deshalb nicht zu tragen, weil das gesetzliche Erfordernis einer mängelfreien Begründung keineswegs bedeutet, daß aus den im Verfahren ermittelten Prämissen theoretisch nicht auch andere (als die in freier Beweiswürdigung vom erkennenden Gericht denkrichtig gezogenen) Schlüsse ableitbar sein dürften. Berücksichtigt man die schon jedem auch nur mit durchschnittlichem Wissen ausgestatteten Österreicher bekannte Tatsache, daß die Erzeugung von Haschisch in Österreich legal überhaupt nicht und illegal bestenfalls in ganz geringen Mengen stattfindet, weswegen größere Mengen nur im Weg des Schmuggels ins Inland gelangen, dann erweist sich die Konstatierung, daß dies auch dem intelligenten und zum Universitätsstudium befähigten Angeklagten bewußt war, vielmehr gleichfalls als schlüssig und mithin mängelfrei.

Soweit der Beschwerdeführer weiterhin auch die Urteilsfeststellung bekämpft, daß er Suchtgift von Heinrich B kaufte, daß er in der Folge das Risiko (des Weiterverkaufes) selbst zu tragen hatte (vgl S 110) und er daher auch im Fall einer Sicherstellung durch einen Verfall (am eigenen Vermögen) betroffen worden wäre (vgl S 118), bleibt - auch in Erwiderung der bezüglichen Ausführungen zum Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO - darauf hinzuweisen, daß der (in SSt 43/37 und anderen oberstgerichtlichen Entscheidungen ausgesprochene) Rechtssatz, die Verfallsersatzstrafe nach dem § 6 Abs 4 SuchtgiftG könne stets nur jenen treffen, der durch den Verfall der Sache selbst berührt worden wäre, durch die neuere Judikatur des Obersten Gerichtshofes überholt ist (vgl ÖJZ-LSK 1979/27, 28, 10 Os 27/78, 11 Os 172/77).

Die Mängelrüge hält daher nach keiner Richtung hin stand. Es geht aber auch die Rechtsrüge des Beschwerdeführers fehl, wie die Generalprokuratur zutreffend erkennt:

Die auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10

StPO gestützte Behauptung des Beschwerdeführers, er hätte des Vergehens der Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs 1

lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG nicht (auch) schuldig erkannt werden dürfen, weil die 9. Zolltarifgesetznovelle (BGBl Nr 669/1976) einen Gewichtszoll nur für Waren des entsprechenden Kapitels des Zolltarifs vorsieht, wogegen Haschisch keiner der dort genannten Warengruppen zugeordnet werden könne, schlägt nicht durch. Ergibt sich doch die Tatsache, daß Suchtgifte (und demgemäß auch Haschisch) zu den im Zolltarif angeführten Waren gehören, gerade (auch) aus der 9. Zolltarifgesetznovelle, die - wie auch die Gesetzesmaterialien zu dieser Zolltarifgesetznovelle erkennen lassen (vgl 331, 377 BlgNR XIV. GP) - ersichtlich davon ausgeht und voraussetzt, daß von den im Zolltarif (oft nur allgemein) beschriebenen Waren auch alle Suchtgifte erfaßt werden. Gegenteiliges kann entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Auffassung auch nicht aus der - im übrigen durch die 9. Zolltarifgesetznovelle überholten - Entscheidung (eines verstärkten Senates) des Obersten Gerichtshofes vom 25. Juni 1976, 12 Os 38, 39/76

(EvBl 1976/229), abgeleitet werden.

Von untergeordneter Bedeutung - weil mit denselben rechtlichen Konsequenzen verbunden - ist es hiebei, ob Haschisch (im Sinn der Urteilsannahmen) der Zolltarifnummer 12.07 oder (im Sinn der auch im erstgerichtlichen Urteil zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1978, Z 1399/77, 254/78) der Zolltarifnummer 13.02 unterfällt.

Die mithin (seit dem 1. Jänner 1977) grundsätzlich auch für die Einfuhr von Suchtgiften und im besonderen von Haschisch bestehende Eingangsabgabenpflicht umfaßt nicht nur - wie der Beschwerdeführer meint - die Verpflichtung zur Zahlung des (nach der 9. Zolltarifgesetznovelle pro kg Haschisch 10.000 S betragenden) Gewichtszolls, sondern auch die Verpflichtung zur Zahlung der vorgeschriebenen Einfuhrumsatzsteuer und des Außenhandelsförderungsbeitrags. Denn die Intentionen des Gesetzgebers bei Schaffung der 9. Zolltarifgesetznovelle waren in klar erkennbarer Weise darauf gerichtet, die aus der bisherigen Rechtslage im Ergebnis folgende, rechtspolitisch als unerwünscht empfundene 'Privilegierung' des Schmuggels und der Abgabenhehlerei mit illegal gehandelten Suchtgiften im Verhältnis zu gleichartigem Tatverhalten in bezug auf Waren anderer Art zu beseitigen, weshalb nicht bezweifelt werden kann, daß aus der ausdrücklichen gesetzlichen Festsetzung eines Gewichtszolls für derlei Suchtgifte eine Eingangsabgabenpflicht schlechthin abzuleiten ist, wofür auch der Grundsatz spricht, daß die zollrechtlichen Bestimmungen auf die bei der Einfuhr neben den Zöllen zur Erhebung gelangenden sonstigen Abgaben sinngemäß Anwendung finden.

Daran kann der Umstand nichts ändern, daß gemäß dem § 5 Abs 1 und 2 UmsatzsteuerG 1972, BGBl Nr. 223, der Umsatz bei der Einfuhr nach dem Zollwert (bzw, wenn die Ware - wie im vorliegenden Fall - nicht einem Wertzoll unterliegt, nach dem /dem Lieferer/ für die eingeführte Ware geschuldeten Entgelt, wobei aber, falls ein solches nicht vorliegt oder - wie dies hier gleichfalls zutrifft - nicht nachgewiesen werden kann, wieder auf den Zollwert zurückverwiesen wird) zu bemessen ist, und daß als Zollwert gemäß dem § 1 Abs 2 WertzollG der (im § 2 leg cit näher umschriebene) Normalpreis zu gelten hat. Da der für die Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer wesentliche Zollwert von Suchtgiften jedenfalls nicht aus dem (mit dem Wert der Ware nicht identischen) Gewichtszoll abgeleitet werden kann, bietet sich nämlich für die Bemessung der Umsatzsteuer unter Anwendung des Umsatzsteuergesetzes 1972 und des dort zitierten Wertzollgesetzes letztlich kein anderer Anknüpfungspunkt an als der bereits erwähnte 'Normalpreis' im Sinn eines Marktpreises. Demgemäß ist aber zufolge des daraus rückzuerschließenden Willens des Gesetzgebers insoweit auch der Preisbildung auf einem illegalen Markt die Erfüllung der Voraussetzungen der §§ 2 und 3 des Wertzollgesetzes 1955 zuzuerkennen, wogegen die vom Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung (eines verstärkten Senates) vom 25. Juni 1976 (EvBl 1976/229) hiezu im besonderen ausgeführten, zum gegenteiligen Ergebnis gelangenden rechtlichen Erwägungen mit Rücksicht auf die bereits dargelegte Änderung der Rechtslage überholt erscheinen.

Dem Erstgericht, das bei Berechnung der Einfuhrumsatzsteuer zu Gunsten des Angeklagten ohnedies einen Normalpreis von nur 16.000 S pro kg Haschisch annahm, unterlief daher bei Berechnung des Verkürzungsbetrages kein Fehler. Da demgegenüber für das Bestreben des Beschwerdeführers, den strafbestimmenden Wertbetrag, wenn überhaupt, nur in der Höhe des (bei 10 kg Haschisch 100.000 S betragenden) Gewichtszolls festzusetzen - womit er übrigens (da hiedurch die gemäß dem § 53 Abs 1

lit a FinStrG gegebene Gerichtszuständigkeit unberührt bliebe) der Sache nach nicht den angerufenen Nichtigkeitsgrund der Z 10, sondern jenen der Z 11 des § 281 Abs 1

StPO geltend macht -, kein Raum bleibt, war seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

Aus Anlaß der ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde war jedoch gemäß dem § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmen, daß das Urteil zum Nachteil des Angeklagten mit einer nicht geltend gemachten Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 StPO behaftet ist. Das Erstgericht rechnete nämlich die vom Angeklagten erlittene Vorhaft lediglich auf 'den Vollzug der Freiheitsstrafe' an, obwohl die Anrechnung nach der klaren Vorschrift des § 38 StGB auf Freiheits- und Geldstrafen stattzufinden hat. Der Umstand, daß sich der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft dann, wenn unbedingte Freiheitsund Geldstrafen nebeneinander verhängt wurden, primär auf die Freiheitsstrafe auswirkt, die - was im einzelnen erst im Zug der Erlassung der Strafvollzugsanordnung festzustellen ist - im Umfang der anzurechnenden Haftzeit als verbüßt gilt, kann hieran nichts ändern.

Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 6 Abs 1 SuchtgiftG unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes für Strafsachen Graz zu AZ 4 U 1037/78 vom 25. August 1978 zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten, gemäß dem § 6 Abs 4 SuchtgiftG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 210.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß dem § 38 Abs 1 FinStrG unter Anwendung des § 22 Abs 1 FinStrG zu einer Geldstrafe in der Höhe von 80.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu einem Monat Ersatzfreiheitsstrafe.

Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die große Menge des verkauften Suchtgiftes sowie die Gewinnsucht, mildernd hingegen das Geständnis des Tatsächlichen und den Umstand, daß der Angeklagte das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte sowohl eine Herabsetzung als auch die bedingte Nachsicht der verhängten Freiheitsstrafe an. Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.

Zu den vom Erstgericht im wesentlichen richtig angeführten Strafzumessungsgründen kommt als weiterer Milderungsgrund der bisher ordentliche Lebenswandel des Angeklagten hinzu. Durch die gesonderte Aburteilung der neu hervorgekommenen strafbaren Handlung soll der Täter grundsätzlich nicht schlechter gestellt werden als bei gleichzeitiger Aburteilung aller Taten: Daher kann die Verurteilung vom 25. August 1978, auf die gemäß den §§ 31, 40 StGB Bedacht genommen wurde, den Milderungsgrund des bisher ordentlichen Lebenswandels nicht beseitigen.

Unter Berücksichtigung dieser Strafzumessungsgründe erachtet der Oberste Gerichtshof eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten für tat- und schuldangemessen.

Hingegen standen einer bedingten Strafnachsicht - schon mit Rücksicht auf die große Menge des in Verkehr gesetzten Suchtgiftes - vor allem generalpräventive Überlegungen entgegen.

Es war daher der Berufung nur teilweise Folge zu geben. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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