OGH 5Ob17/79

OGH5Ob17/7928.5.1979

SZ 52/85

Normen

ABGB §1012
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §17 Abs2 Z1
ABGB §1012
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §17 Abs2 Z1

 

Spruch:

Modalitäten der Rechnungslegung nach § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG 1975

OGH 28. Mai 1979, 5 Ob 17/79 (LGZ Wien 41 R 185/79; BG Favoriten 5 Nc 141/77. Vgl. dazu auch die unter Nr. 7 veröffentlichte Entscheidung)

Text

Am 30. November 1977 gab der Antragsteller als Wohnungseigentümer vor dem Erstgericht den Antrag zu Protokoll, die Antragsgegnerin als Verwalterin des Hauses dazu zu verhalten, ihm für die Jahre 1975 und 1976 ordentliche Rechnung zu legen.

Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung des Antrages, weil sie ohnehin halbjährlich Rechnung lege, sämtliche Originalbelege samt den dazugehörigen Verrechnungsunterlagen in der Hausbesorgerwohnung des Hauses zur Einsicht auflege und dies stets durch Anschlag auf den schwarzen Brettern der einzelnen Stiegen kundmache. Daß jedem Miteigentümer eine separate hektographierte Abrechnung zugestellt werde, sei bisher von keinem Miteigentümer verlangt worden.

Der Antragsteller erwiderte, daß durch die Auflage von Halbjahresabrechnungen beim Hauswart, die wieder zurückgenommen würden, der gesetzlichen Bestimmung des § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG, wonach der Verwalter spätestens zum 30. Juni eines jeden Jahres jedem Miteigentümer eine ordentliche Rechnung über das vorausgegangene Kalenderjahr zu legen habe, nicht entsprochen werde.

Das Erstgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, daß dem Gebot des § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG entgegen der Meinung des Antragstellers durch die Vorgangsweise der Antragsgegnerin sehr wohl entsprochen werde. Es sei nicht einzusehen, warum die Rechnungslegung nicht auch in der hier gewählten Form erfolgen könne. Tatsächlich sei durch die Auflage der Abrechnung beim Hausbesorger jedem Wohnungseigentümer die Möglichkeit der Kenntnisnahme geboten worden. Über den Ort, an welchem die Rechnungslegung erfolgen solle, enthalte das Wohnungseigentumsgesetz keine zwingende Vorschriften. Eine Rechnungslegung in der vom Antragsteller gewünschten Form, daß jedem Miteigentümer ein Exemplar der Abrechnung zugestellt werde, würde nur einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand erfordern, der durch die allfälligen geringen Vorteile der Wohnungseigentümer (Kenntnisnahme in der eigenen Wohnung) nicht aufgewogen werde. Das Rekursgericht erkannte die Antragsgegnerin in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses schuldig, dem Antragsteller über die Verwaltung der Liegenschaft, in den Kalenderjahren 1975 und 1976 binnen 14 Tagen Rechnung zu legen. Es führte aus:

Die die Rechnungslegungspflicht des Verwalters einer im Wohnungseigentum stehenden Liegenschaft regelnde Bestimmung des § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG sehe vor, daß der Verwalter spätestens zum 30. Juni eines jeden Jahres jedem Miteigentümer eine ordentliche Rechnung über das vorausgegangene Kalenderjahr zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren habe.

Aus dieser zwingendes Recht enthaltenden Bestimmung ergebe sich zunächst, daß der Verrechnungszeitraum ein Kalenderjahr zu umfassen habe. Mit einer Rechnungslegung jeweils nur über ein halbes Jahr werde diesem Gebot nicht entsprochen, weil der Wohnungseigentümer zur Erreichung des angestrebten Zweckes die einzelnen Teilabrechnungen erst selbst zusammenfassen müsse. Schon aus diesem Grund entspreche die von der Antragsgegnerin im konkreten Fall eingehaltene Form der Rechnungslegung nicht dem Gesetz. Die Auffassung der Antragsgegnerin, daß der Gesetzgeber mit der Verpflichtung zur jährlichen Rechnungslegung nur das Minimalerfordernis festgelegt habe, finde im Gesetz keine Stütze. Sinn der genannten Bestimmung sei es, dem einzelnen Wohnungseigentümer einen Überblick über die Verwaltung im vergangenen Kalenderjahr zu verschaffen.

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes genüge es auch nicht, die Abrechnung lediglich im Haus aufzulegen. Der Wortlaut der Bestimmung (" ..... jedem Miteigentümer") könne nur dahin verstanden werden, daß die Rechnungslegung individuell gegenüber jedem Miteigentümer zu erfolgen habe. Zutreffend würden Faistenberger - Barta - Call, 456 darauf hinweisen, daß sich die Rechnungslegungspflicht der Natur der Sache nach als Schickschuld darstelle, und hätten daraus abgeleitet, daß der Verwalter jedem Miteigentümer die detaillierte Gesamtabrechnung und den ihn betreffenden Anteil schriftlich bis zum genannten Datum auszuweisen und zu übermitteln habe. Daß diese Vorgangsweise etwa aufwendiger sein möge als die von der Antragsgegnerin im konkreten Fall gewählte, sei nicht entscheidend. Gegen die Auflegung der Belege in der Hausbesorgerwohnung zur Einsicht durch die Miteigentümer bestunden hingegen keine Bedenken.

Was den Inhalt der Rechnungslegungspflicht anlange, so habe die Rechnungslegung nicht nur die Einnahmen und Ausgaben im einzelnen, sondern auch den Verwendungszweck und alle jene Angaben zu enthalten, welche eine Überprüfung der Rechnung ermöglichten. Sie müsse eine ordnungsgemäß zusammengestellte, formell vollständige Rechnung sein, das bloße Überlassen von Belegen zur Einsicht genüge nicht (Faistenberger - Barta - Call, 457 und die dort zitierte Lehre und Rechtsprechung). Zur Überprüfung, ob diese Voraussetzungen auch im konkreten Fall erfüllt worden seien, reichten die Verfahrensergebnisse allerdings nicht aus. Dem Vorbringen der Antragsgegnerin könne zwar entnommen werden, daß nicht nur die"Unterlagen", sondern auch eine "Verrechnung" aufgelegt worden seien, es fehlten aber jegliche Angaben über den Inhalt dieser "Verrechnung." Ein Eingehen darauf erübrige sich jedoch, da bereits aus den oben dargelegten Gründen eine Verletzung der Rechnungslegungspflicht der Antragsgegnerin anzunehmen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zunächst wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, daß der Verrechnungszeitraum ein Kalenderjahr umfassen müsse. Sie führt aus, eine Abrechnung in kürzeren Abständen könne wohl kaum gegen die Interessen der Miteigentümer verstoßen. Diese würden dadurch vielmehr früher über die Finanzsituation des Hauses informiert und in die Lage versetzt, allfällige Einwendungen gegen Handwerkerrechnungen zu erheben (was etwa zur Einhaltung von Gewährleistungsfristen sogar notwendig erscheine) oder sonst erforderliche Maßnahmen in die Wege zu leiten. Es sei den Miteigentümern ohne weiteres zuzumuten, zwei Halbjahresergebnisse zusammenzurechnen, wenn aus irgendwelchen Gründen eine Jahresübersicht gewünscht werde.

Diesen Ausführungen ist beizupflichten. Auch der OGH ist der Ansicht, daß der Hausverwalter die ihm im § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG zwingend auferlegte Pflicht zur Rechnungslegung nicht schon dadurch verletzt, daß er zwei Halbjahresrechnungen anstelle der im Gesetz vorgesehenen Abrechnung über ein Kalenderjahr legt, soferne die Übersichtlichkeit der Rechnungslegung darunter nicht leidet und sich die Miteigentümer unschwer durch einfache Summierung der beiden Halbjahresrechnungen eine Jahresübersicht verschaffen können.

Sodann bekämpft die Antragsgegnerin die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die Rechnungslegung individuell gegenüber jedem Miteigentümer durch die Zusendung einer Gesamtabrechnung erfolgen müsse. Sie meint, dem Gesetz sei bereits durch öffentliche Auflage der Abrechnung samt Belegen im Haus zur Einsicht Genüge getan. Das Begehren auf individuelle Zusendung der Abrechnung brächte dem Miteigentümer auch keinen Vorteil, weil er die Abrechnung ohne Einsichtnahme in die Belege ohnehin nicht überprüfen könnte. Davon abgesehen würde eine individuelle Zusendung der Abrechnung zu einem unverhältnismäßig hohen und unvertretbaren Verwaltungsaufwand führen, der sämtliche Miteigentümer erheblich finanziell belasten würde.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden. § 17 Abs. 2 Zl. 1 WEG bestimmt, daß der Verwalter spätestens zum 30. Juni eines jeden Jahres jedem Miteigentümer eine ordentliche Rechnung über das vorausgegangene Kalenderjahr zu legen und in geeigneter Weise Einsicht in die Belege zu gewähren hat. Nach § 17 Abs. 3 WEG können die dem Verwalter als Machthaber nach dem 22. Hauptstück des 2. Teiles des ABGB auferlegten Verbindlichkeiten, zu denen gemäß § 1012 ABGB auch die Rechnungslegungspflicht gehört, weder aufgehoben noch beschränkt werden. Lehre und Rechtsprechung haben bereits zu der im ABGB normierten Rechnungsbelegspflicht den Standpunkt vertreten, daß die Rechnung bei Vorhandensein mehrerer Auftraggeber jedem von ihnen zu legen ist (Stanzl in Klang [2] IV/1, 840 bei FN 41; MietSlg. 18 080; SZ 42/1), wobei es genügt, jedem einzelnen Miteigentümer ein Exemplar der bloß einmal für das gesamte Objekt ordnungsgemäß auszuarbeitenden Rechnungslegung zu übermitteln (MietSlg. 18 080). § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG unterscheidet deutlich zwischen der Rechnungslegung einerseits und der Einsichtgewährung in die Belege andererseits. Wäre die Ansicht der Antragsgegnerin richtig, daß auch hinsichtlich der Abrechnung die öffentliche Auflage zur Einsicht genüge, so hätte die vorerwähnte Bestimmung lauten müssen, daß jedem Miteigentümer in geeigneter Weise Einsicht in die Abrechnung und in die Belege zu gewähren sei (so § 12 Abs. 2 Satz 3 MietG hinsichtlich der Pflicht des Vermieters, den Mietern im Falle einer Pauschalierung der Betriebskosten und öffentlichen Abgaben Einsicht in die Abrechnung und in die Belege zu gewähren). Es kann auch nicht gesagt werden, daß die Zusendung der Abrechnung dem Miteigentümer keinen Vorteil brächte. Durch die Zusendung der Abrechnung wird der Miteigentümer in die Lage versetzt, sich über die Abrechnung zu informieren, ohne den Ort der Auflage zur Einsicht aufsuchen zu müssen. Außerdem erspart er sich die Abschriftnahme. Er kann dann entscheiden, ob er es überhaupt für erforderlich hält, auch noch in die Belege Einsicht zu nehmen. Der OGH schließt sich daher der auf Faistenberger - Barta - Call gestützten Auffassung des Rekursgerichtes an, daß der Verwalter nach § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG verpflichtet ist, jedem einzelnen Miteigentümer eine ordentliche Gesamtabrechnung zu übermitteln. Der damit verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand muß, soweit er unbedingt erforderlich ist, in Kauf genommen werden.

Die Antragsgegnerin ist sohin nach der Aktenlage bisher ihrer im § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG normierten Rechnungslegungspflicht auch nach Ansicht des OGH insoferne nicht nachgekommen, als sie sich auf die Auflage der Abrechnung zur Einsicht beschränkte und nicht jedem Miteigentümer ein Exemplar der Abrechnung übermittelte.

Es war daher der angefochtene Beschluß im Ergebnis zu bestätigen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte