OGH 10Os20/79

OGH10Os20/7921.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1979 unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, Dr. Friedrich, Dr. Schneider und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Michael A und Rudolf B wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 ff. StGB. und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten Rudolf B erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und die von den Angeklagten Michael A und Rudolf B erhobenen Berufungen gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 13.November 1978, GZ. 23 Vr 867/78-75, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Bernardini, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Leimer und Dr. Csokay und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Erster Staatsanwalt Dr. Kresnik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf B wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs. 1 StPO. das Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in seinem Ausspruch nach § 26 StGB. über die Einziehung eines Schraubenziehers aufgehoben.

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO. fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Zur Nichtigkeitsbeschwerde:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 16.März 1951 geborene Angeklagte Rudolf B des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128

Abs. 1 Z. 4 und 129 Z. 1 StGB. schuldig erkannt, weil er in Gesellschaft des Mitangeklagten Michael A und des abgesondert verfolgten Hubert C am 5.Mai 1978 in Linz in das Fotogeschäft des Johann D eingebrochen und Bargeld in Höhe von 300 S und 100 DM sowie verschiedene Fotogeräte und -artikel im Gesamtwert von 83.317 S gestohlen hatte (Punkt I 1 lit. a und b des Urteilsspruchs). Außerdem enthält das Urteil weitere, gegen den Angeklagten A ergangene Schuldsprüche, die nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sind.

Der Angeklagte B bekämpft seinen Schuldspruch mit einer auf die Z. 5 und 10 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Mit seiner vorweg zu behandelnden Rechtsrüge wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme der Qualifikation nach § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB. Nach den vom Erstgericht hiezu getroffenen Feststellungen hat der Beschwerdeführer an dem oben bezeichneten Diebstahl dadurch mitgewirkt, daß er mit Michael A und mit dem abgesondert verfolgten Hubert C den Diebstahl besprach und mit ihnen in seinem eigenen, von C gelenkten Personenkraftwagen zum Tatort fuhr, wo A sodann in das Fotogeschäft einbrach und die angeführten Gegenstände erbeutete, während er selbst mit C nahe dem Tatort im startbereiten Auto zu Fluchtzwecken wartete und dabei Aufpasserdienste leistete.

Der Beschwerdeführer vermeint nun, dieses Verhalten wäre ihm rechtsrichtig lediglich als Beihilfe zu diesem Diebstahl (nach dem dritten Fall des § 12 StGB.) zuzurechnen gewesen.

Für die rechtliche Beurteilung des Tatbeitrags eines an einem Diebstahl Beteiligten als Mitwirkung an einem Gesellschaftsdiebstahl und seine Behandlung als Mittäter (Diebsgenosse) und nicht etwa als Gehilfe (§ 12, dritter Fall, StGB.) genügt es, daß er im Einverständnis mit einem anderen Täter bei der Ausführung des geplanten Diebstahls am Tatort oder doch in dessen näherer Umgebung anwesend war und dadurch die Tatausführung ermöglichte, sie förderte oder doch erleichterte. Diese fördernde Tätigkeit kann sich dabei durchaus auf das Bereithalten für ein allenfalls erforderliches Eingreifen in das Tatgeschehen, etwa durch Gewährung von Fluchthilfe oder Abtransport der Diebsbeute, beschränken. Auch die Leistung von Aufpasserdiensten ist nach ständiger Judikatur als Mitwirkung an der Tat anzusehen, wobei es eines Sichtkontakts mit dem Täter oder auch nur einer Sichtmöglichkeit auf den Tatort nicht bedarf. Nur ein fernab vom Tatort geleisteter Tatbeitrag würde zur Annahme der Qualifikation als Gesellschaftsdiebstahl nicht ausreichen (LSK. 1976/129; 10 Os 15/78 u.a.).

Das Erstgericht hat das Verhalten des Angeklagten B somit ohne Rechtsirrtum auch der Qualifikation nach § 127 Abs. 2 Z. 1 StGB. unterstellt.

In der Mängelrüge wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht vor, es habe die Feststellung, daß er bei dem Einbruch auch Aufpasserdienste geleistet habe, mangelhaft begründet. Dieser Beschwerdeeinwand betrifft keinen entscheidungswesentlichen Umstand. Nach dem Vorgesagten hat der Beschwerdeführer am gegenständlichen Diebstahl bereits dadurch als unmittelbarer Täter mitgewirkt, daß er nach gemeinsamer Besprechung des Diebstahls mit seinem eigenen Fahrzeug mit A und C in die Nähe des Tatorts fuhr und darin startbereit zu Fluchtzwecken wartete. Ob er nebst diesen für die Annahme unmittelbarer Täterschaft ausreichenden Handlungsweisen durch die Leistung von Aufpasserdiensten eine weitere Komponente als unmittelbarer Täter gesetzt hat oder nicht, kann dahingestellt bleiben, weil dies weder für die Schuldfrage noch für die rechtliche Subsumtion oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes von Bedeutung wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B war daher zu verwerfen.

Zur Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO.:

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde war von Amts wegen gemäß § 290 Abs. 1 StPO. wahrzunehmen, daß das Urteil im unbekämpften Ausspruch über die Einziehung des zu Standblatt Nr. 297/1978, ON. 13, erliegenden Schraubenziehers mit Nichtigkeit nach der Z. 11 des § 281 Abs. 1

StPO. behaftet ist.

Gemäß § 26 StGB. können (u.a.) nur Gegenstände eingezogen werden, die der Täter zur Begehung der mit Strafe bedrohten Handlung verwendet hat, und bei denen überdies wegen ihrer besonderen Beschaffenheit die Gefahr besteht, daß sie zur Begehung neuer strafbarer Handlungen verwendet werden könnten. Solche Gegenstände hingegen, die an sich keine spezifisch kriminelle Gefährlichkeit aufweisen und von jedermann frei erworben und besessen werden dürfen oder, wie im Fall des Schraubenziehers, zu den Gegenständen des täglichen Gebrauchs gehören, dürfen auch dann nicht eingezogen werden, wenn sie bei der Begehung einer strafbaren Handlung verwendet wurden (LSK. 1978/143 u.a.).

Da demnach die Voraussetzungen für eine Einziehung dieses Schraubenziehers gemäß § 26 StGB. nicht gegeben sind, war der diesbezügliche Urteilsausspruch aufzuheben.

Zur Berufung des Angeklagten Rudolf B:

Das Schöffengericht verurteilte Rudolf B nach § 129 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend dessen Vorstrafen und die (der Wertgrenze des § 128 Abs. 2 StGB. angenäherte) Schadenshöhe, als mildernd das Geständnis und die teilweise objektive Schadensgutmachung. Mit seiner Berufung begehrt B die Herabsetzung des Strafmaßes und die bedingte Strafnachsicht.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

B ist insgesamt viermal vorbestraft; zwei Vorstrafen liegen Delikte zugrunde, die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhen (Strafregisterauskunft ON. 70

Punkt 2: Schuldspruch wegen § 125 StGB., und Punkt 3:

Schuldspruch wegen § 146 StGB.). Zwar kommt nur diesen beiden Verurteilungen und nicht, wie das Erstgericht vermeinte, sämtlichen Vorverurteilungen erschwerende Wirkung zu (§ 33 Z. 2 StGB.), doch hat der Schöffensenat andererseits das Vorliegen mehrerer Qualifikationen (§ 127 Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 1 Z. 4 StGB.) außer der strafnormierenden Qualifikation nach § 129 Z. 1 StGB. als weiteren Erschwerungsumstand anzunehmen übersehen. Der Erschwerungsumstand des Vorliegens einer der Wertgrenze von 100.000 S nahe kommenden Schadenshöhe wurde entgegen den Berufungsausführungen angesichts eines 83.000 S übersteigenden Schadens hingegen vom Erstgericht zutreffend berücksichtigt (LSK. 1977/74). Andererseits kann dem vom Gericht angenommenen Milderungsgrund des Geständnisses angesichts der zunächst überhaupt strafbares Verhalten in Abrede stellenden und in der Folge nur eingeschränkt einräumenden Verantwortung des Berufungswerbers kein übermäßiges Gewicht beigelegt werden, zumal § 34 Z. 17 StGB. die Reumütigkeit eines Geständnisses voraussetzt. Das vom Erstgericht gefundene Strafmaß von zehn Monaten erscheint demnach nicht überhöht, weshalb zu einer Herabsetzung der Strafe kein Anlaß bestand.

Ebensowenig konnte die Gewährung der bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB. in Erwägung gezogen werden, weil dem Berufungswerber B eine solche Rechtswohltat bereits zweimal zuteil geworden war und er dennoch wiederum straffällig geworden ist.

Zur Berufung des Angeklagten Michael A:

Der am 19.September 1956 geborene beschäftigungslose Hilfsarbeiter Michael A wurde mit dem gegenständlichen Urteil des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 Abs. 1

und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2 und 129 Z. 1 StGB. und des Vergehens nach § 9 Abs. 1 Z. 2, zweiter, dritter und vierter Fall, Suchtgiftg. schuldig erkannt, weil er nebst dem oben wiedergegebenen, in Gesellschaft des Mitangeklagten Rudolf B und des abgesondert verfolgten Hubert C verübten Einbruchsdiebstahls in Linz im Mai und Juni 1978 in insgesamt fünf weiteren diebischen Angriffen als Alleintäter, teils durch Einbruch, Bargeld, Schmuck, Bekleidungsstücke, Suchtgifte und sonstige fremde bewegliche Sachen im Gesamtwert von rund 217.000 S gestohlen und vom März 1978 bis Juni 1978 an verschiedenen Orten im In- und Ausland diverse Suchtmittel erworben, besessen und teilweise auch verarbeitet hatte. Er wurde hiefür nach § 28, 128 Abs. 2 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt. Bei der Strafbemessung wertete das Schöffengericht die 'über die Qualifikation des § 39 StGB. hinausgehenden Vorstrafen', den hohen Schaden und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen als erschwerend, als mildernd das Geständnis und die teilweise objektive Schadensgutmachung.

Gegen dieses Urteil erhob Michael A Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung. Seine Nichtigkeitsbeschwerde wurde vom Obersten Gerichtshof bereits mit Beschluß vom 7.März 1979, GZ. 10 Os 20/79-5, in nichtöffentlicher Beratung zurückgewiesen. Mit seiner Berufung strebt er eine Herabsetzung des Strafmaßes an.

Auch die Berufung des Angeklagten A erweist sich als unbegründet. Der Berufungswerber ist wegen gerichtlich strafbarer Handlungen bisher dreimal verurteilt worden, darunter zweimal wegen Eigentumsdelikten zu Freiheitsstrafen, die zumindest teilweise verbüßt wurden; die Voraussetzungen des § 39 StGB. sind erfüllt. Da diese faktultative Strafschärfungsnorm vom Erstgericht nicht angewendet wurde, stellen eben diese Vorstrafen einen Erschwerungsgrund dar (§ 33 Z. 1 StGB.). Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß über die Voraussetzungen des § 39 StGB. hinausgehende Vorstrafen entgegen der Ansicht des Erstgerichtes gar nicht vorliegen. Andererseits wurden die mehrfachen Qualifikationen bei den Diebstählen und deren Wiederholung sowie die mehrfachen Verstöße gegen das Suchtgiftgesetz als erschwerende Umstände übersehen. Die Erschwerungsgründe überwiegen mithin sowohl nach der Anzahl als auch nach dem Schuldgehalt der Straftaten die Milderungsgründe beträchtlich. Die über den Angeklagten A verhängte Freiheitsstrafe ist demnach nicht als überhöht anzusehen, sodaß für eine Strafermäßigung kein Anlaß bestand.

Auf die handschriftliche Berufung des Angeklagten (ON. 84 S. 415 f.) war nicht einzugehen, weil es gemäß § 294 Abs. 2, zweiter Satz, StPO. nur eine Ausführung der Berufung gibt und dieses Rechtsmittel vom Verteidiger ausgeführt wurde (RZ. 1973 S. 69).

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