OGH 5Ob305/78 (5Ob306/78)

OGH5Ob305/78 (5Ob306/78)12.12.1978

SZ 51/178

Normen

KO §7 Abs1
KO §103 Abs1
KO §113 Abs1
KO §139
KO §7 Abs1
KO §103 Abs1
KO §113 Abs1
KO §139

 

Spruch:

Bei Konkursaufhebung im Revisionsstadium lebt ein ursprünglich gestelltes Leistungsbegehren wieder auf. Das Begehren des Prüfungsprozesses ist - erforderlichenfalls von Amts wegen - in ein exekutionsfähiges Leistungsbegehren umzustellen

OGH 12. Dezember 1978, 5 Ob 305, 306/78 (OLG Graz, 1 R 133/77; LG f. ZRS Graz, 7 Cg 645/76)

Text

Die Klägerin behauptet, sie habe dem Beklagten im Rahmen ihres Immobilienmaklergewerbes den Ankauf des Hauses in X vermittelt. Da der Beklagte die Kaufvereinbarung vom 31. Juli 1976 infolge Zahlungsunfähigkeit nicht eingehalten habe, begehrt sie von ihm nicht nur die vereinbarte Käufer-, sondern auch die ihr dadurch entgangene Verkäuferprovision in der Gesamthöhe von 99 120 S samt Anhang.

Der Beklagte wendete ein, er habe sich nur unter der Voraussetzung zum Ankauf des fraglichen Hauses verpflichtet, daß dieses frei von Mietern sowie vollkommen unbelastet übergeben werden könne. Es sei jedoch nur die Freimachung der Parterrewohnung des Hauses gelungen. Schließlich habe die klagende Partei, weil sie offensichtlich die bedungene Lastenfreiheit und Aufkündigung der Bestandverhältnisse nicht habe erreichen können, erklärt, daß sie sich an die mit dem Beklagten getroffene Vereinbarung nicht mehr gebunden fühle.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, weil dem Realitätenvermittler Provision gegenüber dem Besteller grundsätzlich nur beim Zustandekommen des vermittelten Geschäftes, ansonsten nur bei Vorliegen besonderer Gründe gebühre. Dadurch, daß der Eigentümer der Liegenschaft seine Verpflichtungen laut Kaufvereinbarung vom 31. Juli 1976 nicht erfüllt habe, habe er dem Beklagten die Möglichkeit gegeben, auch seinerseits die Kaufvereinbarung nicht einhalten zu müssen. Damit fehle es aber an den Voraussetzungen für einen Provisionsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten.

Während des Berufungsverfahrens wurde über das Vermögen des Beklagten der Konkurs eröffnet und damit der gegenständliche Rechtsstreit gemäß § 7 Abs. 1 KO unterbrochen. In der Folge wurde der Rechtsstreit nach Durchführung der Prüfungstagsatzung über Antrag der klagenden Partei als Prüfungsprozeß mit entsprechend geändertem Begehren fortgesetzt (s. AS 107).

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei teilweise Folge und änderte das Ersturteil als Teilurteil dahin ab, daß die Forderung der klagenden Partei mit einem Betrag von 49 560 S samt Anhang in der dritten Klasse der Konkursforderungen im Konkurs über das Vermögen des früheren Beklagten zu Recht bestehe und das Begehren auf Feststellung des Zurechtbestehens einer weiteren Forderung von 7560 S samt Anhang abgewiesen werde. Im übrigen hob es das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück:

Diese Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde den Parteien am 20. April 1978 zugestellt. Am 2. Mai 1978 teilte der bisherige Masseverwalter dem Prozeßgericht die Aufhebung des Konkurses und seine Enthebung als Masseverwalter mit. Aus dem angeschlossenen Konkursakt ergibt sich, daß der Konkurs über das Vermögen des Beklagten mit Beschluß vom 21. Feber 1978 mangels Kostendeckung (§ 166 Abs. 2 KO) aufgehoben und daß dieser Beschluß am 28. April 1978 rechtskräftig wurde.

Der Oberste Gerichtshof gab den von beiden Parteien gegen den Aufhebungsbeschluß gerichteten Rekursen nicht Folge. Dagegen wurde den Revisionen beider Parteien Folge gegeben, das angefochtene Teilurteil des Berufungsgerichtes aufgehoben und die Rechtssache auch in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Hinblick auf die nach der Entscheidung des Berufungsgerichtes rechtskräftig gewordene Konkursaufhebung ist es erforderlich, vorerst deren Rechtswirkungen auf den vorliegenden Rechtsstreit zu erörtern.

Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Prozeßpartei werden alle die Masse berührenden Prozesse, gleichgültig, in welchem Stadium sie sich befinden, kraft Gesetzes unterbrochen (§ 7 Abs. 1 KO; SZ 44/63 u. v. a.). Ist Prozeßgegenstand ein Anspruch, der der Anmeldung im Konkurs unterliegt, kann das Verfahren nur als sogenannter Prüfungs- oder Liquidierungsprozeß (§§ 110 ff. KO) fortgesetzt werden, wenn das Konkursfeststellungsverfahren nach den §§ 103 ff. KO infolge Bestreitung nicht zum gewünschten Ziel geführt hat (Bartsch - Pollak, KO[3], I, 512 f.; Rintelen, Handbuch des österr. Konkurs- und Ausgleichsrechtes, 382 f.; EvBl. 1968/427). Die Änderung des Leistungs- in ein Feststellungsbegehren über Richtigkeit und Rangordnung der angemeldeten Forderung hat über Antrag oder von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens, erforderlichenfalls also auch noch im Revisionsstadium, zu erfolgen (Bartsch - Pollak a. a. O., 76 f., 527 f.; Rintelen a. a. O., 385 f.; SZ 26/233; SZ 24/90; Arb. 5898). In gleicher Weise geht die Parteistellung des Gemeinschuldners auf den Masseverwalter über. Darüber hinaus kann es im Einzelfall aber auch noch zu weiteren Parteiänderungen kommen, da die Prüfungsklage nach § 110 Abs. 1 KO gegen alle Bestreitenden, aber nur gegen diese, zu richten ist; dies gilt gemäß § 113 Abs. 1 KO auch für Aufnahmeanträge (JBl. 1958, 183).

Ebenso wie im Falle der Konkurseröffnung die durch das Konkursrecht allgemein vorgenommene Rechtsgestaltung, wie jede andere Änderung des objektiven Rechtes zu den angeführten, in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigenden Änderungen im Leistungsprozeß führt, sind auch die Auswirkungen der Konkursaufhebung auf noch schwebende Prüfungsprozesse in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen zu berücksichtigen. Das Amt des Masseverwalters erlischt durch die rechtskräftige Konkursaufhebung; gleichzeitig erlangt der Gemeinschuldner wieder seine volle Verfügungsfähigkeit und tritt an Stelle des früheren Masseverwalters in schwebende Prozesse ein, die infolge Fehlens einer dem § 7 Abs. 1 KO entsprechenden Vorschrift durch die Konkursaufhebung nicht neuerlich unterbrochen werden (Bartsch - Pollak a. a. O., 517; SZ 39/64, SZ 11/43; EvBl. 1974/267). Aus dem mit dem Konkursverfahren untrennbar verbundenen Zweck des Prüfungsprozesses folgt weiter, daß die Fortsetzung eines Verfahrens nach rechtskräftiger Konkursaufhebung als Prüfungsprozeß in der Regel ausgeschlossen ist, weil eine Sachentscheidung über ein auf Feststellung der Richtigkeit und Rangordnung einer Konkursforderung gerichtetes Begehren nicht mehr möglich ist (Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht, 703 f.; Rintelen a. a. O., 482, 483; Jäger, KO[8] II/1, Anm. 44 zu § 146 dKO; SZ 11/43). Eine Ausnahme ist nur für den - hier nicht vorliegenden - Fall denkbar, daß die Konkursaufhebung gemäß § 139 KO nach Sicherstellung der bestrittenen Forderung im Sinne der §§ 133 Abs. 1, 137 Abs. 1 KO erfolgt (vgl. Bartsch - Pollak a. a. O., 517; Jäger a. a. O., Anm. 43 zu § 146 dKO). Von diesem Sonderfall abgesehen, kommt der ursprüngliche und nur während des Konkurses den dargestellten Verfolgungsbeschränkungen, die sich aus der besonderen konkursrechtlichen Anspruchsfeststellung und Durchsetzung ergeben, unterliegende Leistungsanspruch mit der rechtskräftigen Konkursaufhebung wieder voll zur Geltung, so daß auch das seinerzeitige Leistungsbegehren wieder auflebt. Diesem Umstand ist durch die erforderlichenfalls von Amts wegen vorzunehmende Umstellung des Begehrens des früheren Prüfungsprozesses in ein exekutionsfähiges Leistungsbegehren Rechnung zu tragen. Die Notwendigkeit hiezu ergibt sich auch daraus, daß eine Eintragung des Ergebnisses des Prüfungsprozesses in das Anmeldungsverzeichnis zwecks Schaffung eines Exekutionstitels nach § 61 KO nach rechtskräftiger Konkursaufhebung nicht mehr möglich ist (vgl. Bartsch - Pollak a. a. O., 512, 497; SZ 19/171; SZ 39/64; EvBl. 1968/427). Daß die im vorliegenden Falle im Revisionsstadium erfolgte Konkursaufhebung in den Rechtsmittelschriften unbeachtet blieb, hindert somit den Obersten Gerichtshof nicht, seine Entscheidung der geänderten Sach- und Rechtslage anzupassen.

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