OGH 3Ob612/78

OGH3Ob612/785.9.1978

SZ 51/117

Normen

ABGB §418
EO §156
EO §170
ABGB §418
EO §156
EO §170

 

Spruch:

Durch die Versteigerung wird immer nur das Eigentum an der Liegenschaft und erst damit an den festverbundenen Teilen übertragen

OGH 5. September 1978, 3 Ob 612/78 (LG Innsbruck 3 R 22/78; BG Matrei in Osttirol C 195/75 )

Text

Unbestritten ist folgender Sachverhalt:

Der Beklagte hat im Zwangsversteigerungsverfahren E 38/71 des Erstgerichtes die im Versteigerungsedikt angeführten Grundstücke Bp. 934 (Wohnhaus Nr. 35 L "Cafe Tyrol") im Ausmaß von 404 m2 und Gp. 4073/2 Acker (als Parkplatz) im Ausmaß von 435 m2 der KG K, welche bis dahin je zur Hälfte im Eigentum von Mario und Hilde D standen, samt "Zubehör laut Schätzungsprotokoll" durch Zuschlag erworben. Die Klägerin ist grundbücherliche Eigentümerin der im Süden angrenzenden Grundstücke Bp. 859 mit dem Haus L Nr. 23 und Bp. 4074 Garten der KG

K.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Räumung des "auf der Baufläche 859 KG K" im Erdgeschoß befindlichen Garagenraumes, der vom Beklagten zu einem Lagerraum und einem Gastraum (Personalstüberl) umgebaut worden sei. Sie brachte vor, der strittige Raum befinde sich eindeutig auf ihrem Grundstück, die Grenze nach Norden sei zwischen ihr und den Ehegatten D nie strittig gewesen, sie sei anläßlich eines Agrarverfahrens genau vermerkt worden;auch die jeweiligen Flächen seien bei diesem Anlaß genau errechnet worden. Die Grenze verlaufe exakt entsprechend der Zwischenwand zwischen einer von ihr schon früher errichteten Garage mit Kellerraum, welche im Zuge eines Bauvorhabens der Ehegatten D an die von ihnen im Zusammenhang mit einem Hotelneubau ihrerseits errichteten Garage durch eine einheitliche Fassade angepaßt worden sei, und der von den Eheleuten D errichteten Garage. Die Klägerin habe allerdings die ihr gehörende Garage den Ehegatten D (Hilde D ist ihre Nichte) bittweise zur Benützung überlassen; der Beklagte habe sie offenbar deshalb nach Zuschlagserteilung in Besitz genommen und Umbauten vorgenommen, obwohl er nur die Grundstücke 934 und 4073/2 KG K, also nicht die auf dem Grund der Klägerin befindliche Garage, erworben habe.

Der Beklagte beantragte Klagsabweisung mit der Begründung, er habe den gegenständlichen "Garagenteil" als "Bestandteil" der ersteigerten Liegenschaft gutgläubig erworben, dieser Teil und der dazugehörende Grund sei auch zufolge § 418 ABGB letzter Satz auf die Ehegatten D übergegangen, die Klägerin habe es unterlassen, vor dem Versteigerungstermin "Ansprüche anzumelden".

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Nach den zusätzlich zum eingangs geschilderten Sachverhalt getroffenen wesentlichen Feststellungen des Erstgerichtes umfaßt das zu E 38/71 versteigerte "Objekt" Cafe Tyrol ein Hauptgebäude, an welches in südlicher Richtung ein "Garagentrakt" angebaut ist. Dieser ist nach außen hin als eine Einheit mit dem Cafe Tyrol ersichtlich. Am südlichen Ende dieses Garagenzubaues steht das der Klägerin gehörende Haus L Nr. 23.

Als die Ehegatten D das Cafe Tyrol bauten, war auf dem Grundstück, der Klägerin - an jener Stelle, an welcher das nunmehr strittige Bauwerk, steht - bereits eine Garage vorhanden, in welcher der Neffe der Klägerin ein Kraftfahrzeug einstellte. Von der Planung des Cafe Tyrol war auch diese bereits bestehende Garage mit umfaßt, sie wurde im Zuge des Bauvorhabens umgebaut, vergrößert und der nördlich davon auf dem Grund der Ehegatten D neu errichteten Garage angepaßt. Den Ehegatten D war bekannt, daß der südlich gelegene "Garagenteil" auf dem Grund der Klägerin stand, die Klägerin unterstützte auch finanziell den Gesamtausbau des "Garagentraktes". Von außen führte zum nördlichen wie südlichen "Garagenteil" je ein eigenes Garagentor. Im Inneren waren der nördliche und südliche "Teil" durch zwei Mauerpfeiler abgetrennt, ansonsten wurde nur eine provisorische Trennwand in Form eines Bretterverschlages errichtet. Im Keller befand und befindet sich jedoch eine durchgehende Trennwand.

Den im Erdgeschoß befindlichen südlichen "Garagenteil" benützte (nach Fertigstellung des Garagentraktes) ursprünglich die Klägerin. Als jedoch die Ehegatten D die ihnen zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten ausweiten wollten, stellte ihnen die Klägerin über deren Ersuchen die "ihr gehörige Hälfte der Garage" zur Errichtung eines "Almstüberls" so lange zur Verfügung, bis sie diesen "Teil" wieder für ihre eigenen Zwecke in Verwendung nehmen wollte. In der Folge wurde dieser Teil von den Ehegatten D als "Teil des Cafes" sowie als Lagerraum und als Vorraum vor der Küche verwendet. Die Klägerin hatte seither im Erdgeschoß des Garagenzubaues keine Sachen mehr untergebracht.

Bei der im Zwangsversteigerungsverfahren durchgeführten Schätzung wurde das im Garagenzubau befindliche Zubehör mitgeschätzt. Man konnte damals zu diesem Zubau nur durch den Haupteingang gelangen (in der Beschreibung anläßlich der Schätzung, AS 47 in E 38/71, heißt es allerdings ",zwei Garagentore und eine Eingangstür sind versetzt", weshalb nicht zu ersehen ist, wann die vom Erstgericht festgestellte Zumauerung des südlichen Garagentores von innen und die Umwandlung des nördlichen Garagentores in ein großes Fenster erfolgt ist).

Der Beklagte besichtigte nach dem Versteigerungsedikt die Liegenschaft, er war auf Grund des äußeren Anscheines der Meinung, daß der gesamte Garagentrakt zum Hauptgebäude gehört und von der Versteigerung erfaßt ist. Er nahm keine eingehenderen Erkündigungen vor, insbesondere nahm er keine Einsicht in das Schätzungsprotokoll und in die Grundbuchsmappe, in welcher der Grenzverlauf - dergestalt, daß der südliche Teil des "Garagentraktes" flächenmäßig zum Gutsbestand der Klägerin (und zwar richtig der Bp. 859 statt, wie vom Erstgericht angeführt, der Gp. 4074) gehört - dargestellt ist.

Am Tag nach der Versteigerung wurden dem Beklagten vom Masseverwalter im Konkurs der Hilde D die Schlüssel des ersteigerten Objektes übergeben. Der Beklagte nahm anschließend das Erdgeschoß des Garagentraktes in Besitz (daß er bzw. vor ihm die Ehegatten D auch den unter dem südlichen "Teil des Garagentraktes" gelegenen Kellerraum in Besitz genommen hätte, wurde vom Beklagten gar nicht behauptet, wie aus seinem Exekutionsverfahren gestellten Antrag auf Besitzeinräumung ersichtlich ist).

In der Folge nahm der Beklagte im Garagentrakt Umbaumaßnahmen vor, u. a. errichtete er an der Stelle, wo sich "zunächst nur eine provisorische Mauer befunden hatte", in Ost-West-Richtung - also entsprechend dem Grenzverlauf - eine Trennwand und nahm den südlich davon gelegenen (zwischen den Parteien strittigen) Teil als Lagerraum und Personalstüberl in Benützung. Die Klägerin hatte von den Umbauarbeiten Kenntnis, erhob aber dagegen "keine Einwände".

Bei diesem Sachverhalt vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Klägerin habe ihre Rechte infolge Unterlassung einer entsprechenden Anmeldung im Versteigerungsverfahren an den Beklagten als gutgläubigen Ersteher "der Liegenschaft" verloren, der Beklagte habe durch die Zuschlagserteilung Eigentum am gesamten Garagenzubau erworben.

Mit dem angefochtenen Urteil änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes im Sinne des von der Klägerin gestellten Klagebegehrens (unter Entfall der Worte "von der K-Landstraße aus zugänglichen" Garagenraum) ab. Das Berufungsgericht sah die erstgerichtlichen Feststellungen als unbedenklich und zu einer ausreichenden rechtlichen Beurteilung ausreichend an, es vertrat jedoch abweichend vom Erstgericht die Auffassung, Gegenstand der Versteigerung im Exekutionsverfahren seien nur die beiden Grundstücke Bp. 934 und 4073/2 der KG K im Ausmaß von 404 bzw. 435 m2 gewesen, nur diese habe daher der Beklagte als Ersteher entsprechend ihrer Beschreibung, ihrer Lage und ihrem Ausmaß laut Katastralmappe erworben. Sein Eigentumserwerb habe sich daher nicht auf die nach den getroffenen Feststellungen eindeutig der Gp. 859 der Klägerin zuzuordnende Grundfläche mit dem darauf befindlichen südlichen "Teil" des im Schätzungsprotokoll beschriebenen Garagenzubaus erstreckt, die Klägerin habe keine Veranlassung gehabt, gemäß § 170 EO Rechte an dem mit den Grundstücken Bp. 934 und 4073/2 KG K beschriebenen Versteigerungsobjekt anzumelden, eben deshalb könne auch ein gutgläubiger Erwerb des Erstehers an Teilen des Grundstückes Bp. 859 KG K nicht bejaht werden. Dem Klagebegehren sei daher - im Hinblick auf den festgestellten nachträglichen Umbau unter Entfall der Worte "von der K-Landstraße aus zugänglichen Garagenraum" stattzugeben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht steht einer Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes gemäß § 418 ABGB letzter Satz bereits die - in der Revision nicht bekämpfte - Feststellung der Vorinstanzen entgegen, daß die Ehegatten D genau wußten, daß sich der südliche Garagenraum auf dem Grund der Klägerin befindet. Ferner ergibt sich aus den hiezu weiters getroffenen Feststellungen, daß zwischen den Ehegatten D und der Klägerin völliges Einverständnis darüber herrschte, daß die anstelle der bereits bestehenden Garage der Klägerin mit deren finanzieller Unterstützung errichtete neue südliche Garage nicht ins Eigentum der Ehegatten D übergehen sollte, denn in diesem Fall wäre sie kaum zu Beginn von der Klägerin benützt worden, es hätte ferner keines Ersuchens der Ehegatten D um deren Benützung und keiner - mit dem Vorbehalt der Widerrufsmöglichkeit bei Eigenbedarf erklärten Benützungszusage der Klägerin bedurft. Die vom Beklagten vermißte Feststellung, daß auch die südlich gelegene Garage von den Ehegatten D zur Gänze neu gebaut wurde, würde daher zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung führen.

Beim festgestellten Sachverhalt war entscheidend, daß Gegenstand der Versteigerung und damit auch des Eigentumserwerbes des Beklagten laut Versteigerungsedikt die Liegenschaft EZ 238 II KG K, "Bp. 934, Wohnhaus Nr. 35 L Cafe Tyrol im Ausmaß von 404 m2, Gp. 4073/2 Acker (als Parkplatz) im Ausmaß von 435 m2 war. Die Grenzen der den Gegenstand der Versteigerung bildenden Grundparzellen verlaufen im südlichen Bereich geradlinig, auch in der Natur ist kein anderer Verlauf dieser Grundgrenzen ersichtlich, es sind in der Natur bloß zusammenhängende Bauten vorhanden, welche zum Teil auf der Bp. 934, zum Teil auf der Nachbarparzelle Bp. 859 stehen.

Da durch die Versteigerung "immer nur das Eigentum an der Liegenschaft und erst damit an den fest verbundenen Teilen wie Gebäude ... übertragen" wird (ebenso wörtlich Heller - Berger - Stix, 1247), hat hier der Beklagte als Ersteher eben nur das Eigentum an den Parzellen 934 und 4073/2 sowie den auf der Bp. 934 befindlichen Gebäuden (einschließlich der nördlichen Garage) erworben, nicht aber Teile der Bp. 859 und damit auch nicht die auf diesem Grundstück befindliche südliche Garage (ebenso insbesondere 4 Ob 527/73). Der Umstand, daß beide Garagen zusammengebaut sind und die Räumlichkeiten im Erdgeschoß - anders als bei dem stets von der Klägerin benützten Kellerraum - von den Ehegatten D auf der Grundlage einer als Bittleihe zu qualifizierenden Vereinbarung in Benützung hatten, war zwar geeignet, einen Irrtum des Beklagten über den Gegenstand der Versteigerung zu verursachen, dieser Irrtum ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß die Bp. 859 KG K und das darauf befindliche Gebäude - man mag es südliche Garage oder auch "südlichen Garagenteil" nennen - nicht Gegenstand der Versteigerung war, der Beklagte also weder eine Grundfläche der Bp. 859 noch die darauf befindliche strittige südliche Garage ins Eigentum erworben hat.

Die in der Revision für die gegenteilige Auffassung angeführten Entscheidungen betreffen ausschließlich die Frage des Umfanges des Eigentumserwerbes, falls Grundgrenzen in der Natur von den Grenzen laut Grundbuchsmappe abweichen, ein derartiger Fall liegt jedoch nach den vorstehenden Ausführungen beim festgestellten Sachverhalt nicht vor.

Ferner schlägt die Berufung des Beklagten auf seinen Zubehörserwerb und die Unterlassung einer "Anmeldung" im Sinne des § 170 EO seitens der Klägerin nicht durch. Einerseits sieht die zum Zubehörserwerb entwickelte Rechtsprechung eben nur beim Zubehör den Inhalt des Schätzungsprotokolls (bei Unterlassung einer Anmeldung gemäß § 170 EO) als Grundlage für den Eigentumserwerb an (vgl. Heller - Berger - Stix, 1308/09; SZ 24/123); andererseits hatte die Klägerin nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes angesichts des Inhaltes des Versteigerungsediktes keine Veranlassung, auf ihre Eigentumsrechte an ihren eigenen, von der Versteigerung nicht erfaßten Grundparzellen durch eine "Anmeldung" hinzuweisen.

Aus all diesen Gründen ist die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht einwandfrei.

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