OGH 7Ob32/78

OGH7Ob32/7829.6.1978

SZ 51/106

Normen

Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Art1 Abs1
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Art6 Abs2
Eisenbahn- Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §6
VersVG §67
VersVG §75
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Art1 Abs1
Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung Art6 Abs2
Eisenbahn- Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §6
VersVG §67
VersVG §75

 

Spruch:

Der Kfz-Haftpflichtversicherer kann gegen den Schwarzfahrer Regreß gemäß § 67 VersVG nehmen, wenn er die Ansprüche des geschädigten Dritten im Rahmen der Deckungspflicht gegenüber dem Halter befriedigt hat

OGH 29. Juni 1978, 7 Ob 32/78 (OLG Innsbruck, 2 R 74/78; LG Innsbruck, 14 Cg 96/76)

Text

Der - nach rechtskräftiger Abweisung des Klagebegehrens gegen seinen Bruder Paul nur noch allein - Beklagte verschuldete am 13. September 1974 mit einem Moped, das er wegen seines Alters noch nicht lenken durfte, einen Verkehrsunfall. Sein Bruder Paul hatte das Moped vom Eigentümer ausgeborgt und die Schwarzfahrt des Beklagten dadurch ermöglicht, daß er das Moped, dessen Absperrvorrichtung defekt war, unversperrt und unbeaufsichtigt vor einem Gasthaus stehen ließ. Der klagende Haftpflichtversicherer leistete an einen dritten Geschädigten Ersatzzahlungen in Höhe des Klagsbetrages.

Das Regreßbegehren der Klägerin wurde auf der Grundlage des dargestellten, nicht mehr strittigen Sachverhaltes vom Erstrichter abgewiesen, während das Berufungsgericht der Klage stattgab. Nach Ansicht der zweiten Instanz haftete dem geschädigten Dritten gegenüber neben dem Beklagten, der den Unfall verschuldete, auch dessen Bruder, weil er die Schwarzfahrt ermöglicht hatte. Auf den zahlenden Versicherer sei dann der Rückgriffsanspruch des Mitversicherten nach § 67 VersVG übergegangen. Im Innenverhältnis habe der Schwarzfahrer den Schaden voll zu tragen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Meinung des Revisionswerbers, der Übergang des Schadenersatzanspruches des Versicherungsnehmers gegen den Dritten auf den zahlenden Versicherer nach § 67 VersVG sei auf die Kfz-Haftpflichtversicherung nicht anwendbar, ist unzutreffend. Die bezogene Gesetzesbestimmung gehört zu den Vorschriften für die gesamte Schadensversicherung (Überschrift vor § 49 VersVG) und gilt deshalb - außer gegen Mitversicherte, die nicht "Dritte" sind - auch in der Haftpflichtversicherung (Migsch, ZVR 1976, 261 f.; SZ 45/125 u. v. a.).

Daraus folgt allerdings entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Meinung noch keineswegs, daß dem Versicherer Regreß für alle an geschädigte Dritte zugunsten eines sogenannten Schwarzfahrers erbrachten Leistungen zustehe. Vielmehr setzt der Anspruchsübergang auf den Versicherer nach § 67 Abs. 1 VersVG voraus, daß der Schadenersatzanspruch gegen einen Dritten dem Versicherungsnehmer zustand und daß der Versicherer "diesem" den Schaden ersetzt hat. Aus § 75 Abs. 1 VersVG ergibt sich ein weiterer Fall. Danach stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag bei der Versicherung für fremde Rechnung dem Versicherten zu. Diese Vorschrift findet auch auf die Kfz-Haftpflichtversicherung Anwendung (ZVR 1960, 88 u. a.). Hier ist somit der mitversicherte Fahrer dem Versicherungsnehmer auch im Sinne des § 67 VersVG gleichgestellt. Der sogenannte Schwarzfahrer zählt hingegen nicht zu den mitversicherten Personen, sondern ist nach Art. 1 Abs. 2 AKHB 1967 aus der Versicherung ausgenommen, weil ausdrücklich nur jene Personen mitversichert sind, die mit Willen des Halters bei der Verwendung des Fahrzeuges tätig sind oder mit seinem Willen mit dem Fahrzeug befördert werden.

Aus all dem folgt, daß einerseits eine Deckung von Ansprüchen geschädigter Dritter zugunsten eines Schwarzfahrers, wie es hier der Revisionswerber infolge der fehlenden Einwilligung des Fahrzeughalters war, nicht im Rahmen der Versicherung geschehen konnte (ZVR 1977, 114); daß aber andererseits (dieser Fall wird in der eben bezogenen Entscheidung nicht erörtert) der klagende Versicherer verpflichtet blieb, den Versicherungsnehmer und die mitversicherten Personen wie hier den mit Willen des Fahrzeughalters bei der Verwendung des Fahrzeuges tätig gewordenen Bruder des Beklagten im Sinne des Art. 1 Abs. 1 AKHB gegenüber den Ersatzansprüchen Dritter zu decken. Die Klägerin hatte also, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannte, je nach der Zuordnung der Haltereigenschaft entweder vom Versicherungsnehmer selbst oder vom mitversicherten Bruder des Beklagten jene Ersatzansprüche des geschädigten Dritten abzuwehren, die einen von ihnen nach § 6 Abs. 1 EKHG trafen, weil der zulässigerweise beim Betrieb des Fahrzeuges tätige Bruder des Beklagten die Benützung durch den Beklagten gegen seinen Willen durch eigenes Verschulden (nämlich die Unterlassung einer Absicherung und Beaufsichtigung des Fahrzeuges) ermöglicht hatte. Diese Rechtslage wird durch Art. 6 Abs. 2 lit. b AKHB abgerundet, wonach die Verpflichtung zur Leistung des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer und den mitversicherten Personen bestehen bleibt, wenn der Lenker, der eine Lenkerberechtigung nicht besitzt, das Fahrzeug ohne Willen des Halters gelenkt hat.

Entgegen der Meinung des Revisionswerbers hat somit im aufgezeigten Umfang der klagende Haftpflichtversicherer zugunsten entweder des Versicherungsnehmers selbst oder des mitversicherten Bruders des Beklagten eine Leistung an den geschädigten Dritten bewirkt. Er hat auf diese Weise (mittelbar) einem der beiden Versicherten, der sonst hätte zahlen müssen, im Sinne des § 67 Abs. 1 VersVG auch jenen Schaden ersetzt (ZVR 1963, 184; VR 1966, 789 u. a.), für den im Regreßweg der nunmehrige Revisionswerber haftet. Für den Forderungsübergang genügt es, daß ein solcher Regreßanspruch besteht, weil nach § 67 VersVG alle Ersatzansprüche des Versicherten im weiteren Sinne auf den Versicherer übergehen und es auf die Art des Anspruches nicht ankommt (SZ 43/15; SZ 45/125 u. a.). Auf dem Umweg über die Befriedigung eines Deckungsanspruches eines Versicherten ist somit § 67 Abs. 1 VersVG zu Lasten des Revisionswerbers anzuwenden (ebenso Migsch a. a. O., 263; soweit die in der Revision zitierte Entscheidung des OG Brünn aus dem Jahre 1928 = MGA VersVG Nr. 22 zu § 67 gegenteilig sein sollte, kann ihr nicht gefolgt werden).

Ein Ausnahmsfall nach § 67 Abs. 2 VersVG wurde vom Beklagten nicht einmal behauptet; auch die Höhe der Klagsforderung ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig.

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