OGH 6Ob815/77

OGH6Ob815/7723.2.1978

SZ 51/22

Normen

ABGB §431
Liegenschaftsteilungsgesetz §20
ABGB §431
Liegenschaftsteilungsgesetz §20

 

Spruch:

Kein Ersatzanspruch nach § 20 LiegTeilG bei obligatorischen Ansprüchen auf Übertragung des Eigentumsrechtes an einer Liegenschaft, weil außerhalb des Bereiches der Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz für das "außerbücherliche Eigentum" kein Platz ist

OGH 23. Feber 1978, 6 Ob 815/77 (OLG Innsbruck, 2 R 198/77; LG Innsbruck, 6 Cg 122/75)

Text

Mit der am 7. Feber 1975 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrten die Kläger von der Beklagten einen Betrag von 57 500 S samt Anhang als Ersatz für Trennstücke von 67 m2 und 12 m2 aus der Grundparzelle 458/2, inneliegend in der je zur Hälfte in ihrem grundbücherlichen Eigentum stehenden Liegenschaft EZ 136 II KG W und von 36 m2 aus der noch im bücherlichen Eigentum des J K, jedoch bereits seit 1940 - wie der Beklagten bekannt - im außerbücherlichen Eigentum der Kläger stehenden Grundparzelle 461/2 KG W, die auf Grund des Beschlusses des Bezirksgerichtes Schwaz vom 8. Feber 1972, TZ 242/72, zur Verbreiterung einer Straße gemäß §§ 15 ff, LiegTeilG enteignet worden seien 115 m2 a 500 S).

Die Beklagte wendete u. a. ein, daß die Kläger hinsichtlich der laut Grundbuchstand nicht ihnen gehörigen Liegenschaft nicht zur Geltendmachung einer Entschädigung legitimiert seien.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es gelangte in rechtlicher Beziehung zu dem Ergebnis, daß die Kläger für die Trennstücke, die sie von den ihnen grundbücherlich zugeschriebenen Grundparzellen zur Anlegung der neuen Straße an die Beklagte abgetreten hätten, von dieser ausreichend in natura entschädigt worden seien, während sie sich hinsichtlich des von der noch im bücherlichen Eigentum des J K stehenden Grundparzelle 461/2 abgetretenen Trennstückes mit diesem auseinanderzusetzen hätten, der die Entschädigung hiefür von der Beklagten erhalten habe.

Die Rechtsausführungen des bestätigenden berufungsgerichtlichen Urteiles lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Die Kläger hätten ihre auf § 20 LiegTeilG gestützten Ersatzansprüche zutreffend auf dem Rechtsweg geltend gemacht. Die Zulässigkeit des Rechtsweges werde auch durch das in der beklagten Gemeinde im Gange befindliche Zusammenlegungsverfahren nicht berührt. Die von Amts wegen zu beachtende dreijährige Ausschlußfrist des § 20 LiegTeilG, die mit der Erlassung des Beschlusses des Bezirksgerichtes Schwaz vom 8. Feber 1972 in Lauf gesetzt worden sei, hätten die Kläger wohl mit der am 7. Feber 1975 beim Erstgericht eingelangten Klage, nicht jedoch mit der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 2. Juni 1975 vorgenommenen Klageausdehnung gewahrt. Das allfällige Recht der Kläger auf Ersatz für mehr als 67 m2 (zu ergänzen: und 12 m2) aus der Grundparzelle 458/2 und 36 m2 aus der Grundparzelle 461/2 sei daher schon wegen Zeitablaufes erloschen. Die Entschädigung für das zuletzt genannte Trennstück habe zu Recht der bücherliche Eigentümer dieser Grundparzelle J K erhalten. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, hiefür die Kläger zu entschädigen, auch wenn diese die Grundparzelle faktisch benützten und gegen J K einen obligatorischen Anspruch auf deren Übertragung in ihr bücherliches Eigentum hätten. Zumindest seien die Kläger den Beweis, die Organe der Beklagten hätten - bloß Fahrlässigkeit genüge nicht - bösgläubig gehandelt, als sie J K statt die Kläger entschädigten, schuldig geblieben. Eine Nutzungsentschädigung dafür, daß die von Grundfläche durch die Abtretung eines Trennstückes kleiner geworden sei, hätten die Kläger nicht begehrt. Es werde Sache der Kläger sein, gegen J K Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung geltend zu machen. Für die Trennstücke, die sie von den ihnen bücherlich zugeschriebenen Grundparzellen an die Beklagte abgetreten hätten, seien die Kläger ausreichend entschädigt worden. Selbst wenn sie mehr Grund abgetreten als erhalten hätten, könnten sie nichts mehr fordern, weil sie durch Zustimmung zu den einzelnen Anmeldungsbogen auf einen Ersatzanspruch nach § 20 LiegTeilG verzichtet hätten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Berufungsgericht ist darin beizupflichten, daß dem Erstkläger, der - mag er das Grundstück auch bereits faktisch benützen - bloß auf Grund des Übergabsvertrages vom 11. Dezember 1953 einen obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentumsrechtes an dem im Punkt VI Z. 1 dieses Vertrages näher bezeichneten Grundstück durch bücherliche Einverleibung gegenüber dem bücherlichen Eigentümer J K hat, weil außerhalb des Bereiches der Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz, von denen hier keine vorliegt, für das sogenannte "außerbücherliche Eigentum" kein Platz ist (JBl. 1976, 144 unter Berufung auf Bydlinski in Klang[2] IV/2, 120), Ersatzansprüche nach § 20 LiegTeilG unter diesem Gesichtspunkt nicht zustehen (vgl. hiezu Goldschmidt, die Verbücherung von Straßen- und Wasserbauanlagen, 35 und Feil, Liegenschaftsteilungsgesetz, Vermessungsgesetz und einschlägige Vorschriften, 21 über den Kreis der Personen, denen der Verbücherungsbeschluß des Grundbuchsgerichtes zuzustellen ist, wonach dazu alle Personen gehören, deren Rechte nach dem Grundbuchsstand berührt werden können; auch in den Entscheidungen SZ 47/144 und 7 Ob 626/77 wurde lediglich der durch Ersitzung außerbücherlich Eigentümer Gewordene, bei dem also ein Ausnahmsfall vom Eintragungsgrundsatz vorliegt, in den Kreis der nach § 20 LiegTeilG allenfalls Entschädigungsberechtigten einbezogen). Umso weniger ist dies hinsichtlich der Zweitklägerin der Fall, der hiefür nicht nur die Erwerbungsart, sondern auch der Erwerbstitel fehlt. Es kommt mithin in dieser Beziehung darauf gar nicht mehr an, ob die Beklagte den obligatorischen Anspruch des Erstklägers und die faktische Nutzung des Grundstückes durch ihn bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte kennen müssen, ob sie also fahrlässig gehandelt hat.

Daß die Beklagte aber auf den Willen des J K in der Richtung eingewirkt hätte, daß er seine Verpflichtung gegenüber dem Erstkläger nicht erfüllt, wurde bisher nicht einmal behauptet; dergleichen ist auch den Verfahrensergebnissen nicht zu entnehmen. Es käme daher selbst dann, wenn man den Kreis der nach § 20 LiegTeilG anspruchsberechtigten Personen weiter ziehen wollte und für eine Schadenersatzpflicht der Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte mit Rücksicht auf den Besitz des Erstklägers an dem Grundstück eine fahrlässige Unkenntnis der Beklagten von diesem Besitz und dem dem Besitz zugrundeliegenden obligatorischen Anspruch genügen ließe (so 5 Ob 671/76 unter Berufung auf Schilcher - Holzern, Der schadenersatzrechtliche Schutz des Traditionserwerbers bei Doppelveräußerung von Liegenschaften, JBl. 1974, 445 ff., 512 ff., und die zustimmende Anmerkung von Bydlinski zur Entscheidung JBl. 1976, 144), eine solche nicht in Betracht (vgl. SZ 41/45; MietSlg. 24 484, 25 170; EvBl. 1976, S. 352, Nr. 176 u. a.).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte