OGH 6Ob749/77

OGH6Ob749/771.12.1977

SZ 50/157

Normen

WechselG Art1 ff
WechselG Art31 f.
WechselG Art1 ff
WechselG Art31 f.

 

Spruch:

Der Inhalt einer Wechselerklärung kann nur aus der Wechselurkunde selbst ausgelegt werden

Wurde ein Wechsel auf eine OHG gezogen und von den beiden Gesellschaftern für diese akzeptiert, dann haften letztere persönlich auf Grund ihrer Unterfertigung des Akzeptes. Unterfertigten die beiden Gesellschafter zusätzlich nochmals als "Mitakzeptanten" für den Annehmer, so ist hierin die Übernahme einer Wechselbürgschaft für die Wechselschuld der OHG zu erblicken

OGH 1. Dezember 1977, 6 Ob 749/77 (OLG Wien 1 R 164/77; HG Wien 27 C 1251/76)

Text

Der vorliegende Wechsel wurde am 4. Feber 1976 von der klagenden Partei ausgestellt. Er lautet auf einen Betrag von 159 859 S, zu zahlen an eigene Order am 4. Feber 1976, Als Bezogener wird die "A" L S und Co. Import-Export-Transithandel (in der Folge Firma A genannt) angeführt. Der Wechsel wurde angenommen; unter der Annahmeerklärung befinden sich die Stampiglie der Firma A und die Unterschriften des H Z und der Beklagten. Über der Annahmeerklärung befindet sich folgender Vermerk: "Als Mitakzeptant für den Angenommenen". Darunter befinden sich wieder die Unterschriften des H Z und Partei gegen die Beklagte einen Wechselzahlungsauftrag über 100 000 S siehe Anmerkung.

In ihren dagegen rechtzeitig erhobenen Einwendungen führte die Beklagte aus, daß dem Wechsel ein wesentliches Erfordernis fehle, nämlich der Name dessen, der zahlen solle. Als Bezogener scheine die Firma A auf, nicht aber die Beklagte. Der fehlende Name des Bezogenen werde durch die Annahmeerklärung nicht ersetzt, demnach sei der Wechsel ungültig. Dem Akzept der Beklagten komme keine Wechselkraft zu, weil im Wechsel der Name des Bezogenen nicht angegeben sei.

Die Beklagte sei Gesellschafter der Firma A gewesen, sei jedoch zum 31. Dezember 1971 aus der Gesellschaft ausgetreten und ihr Austritt sei im Handelsregister eingetragen worden. Als die Beklagte noch Gesellschafter dieser Firma gewesen sei, sei dieser von der klagenden Partei ein Kontokorrentkredit gewährt worden, zu dessen Bedeckung ein Blankowechsel übergeben worden sei, des ausgeschiedenen Gesellschafters für einen laufenden Kredit richte sich nach der Höhe der Kreditschuld am Tage der Bekanntmachung des Ausscheidens; die Haftung sinke mit dem Schuldbetrag und steige nicht wieder mit ihm. Die neue Erhöhung sei eine neue Verbindlichkeit, für die der ausgeschiedene Gesellschafter nicht hafte.

Die klagende Partei habe auf Grund des vorliegenden Wechsels gegen die Firma A einen Wechselzahlungsauftrag über 159 859 S erwirkt, doch sei die auf Grund dieses Wechselzahlungsauftrages geführte Exekution erfolglos geblieben. Deshalb habe die klagende Partei die Beklagte mit Schreiben vom 22. Oktober 1976 zur Bezahlung eines Betrages von 159 859 S aufgefordert. Es sei nicht recht verständlich, warum sie nunmehr 100 000 S einklage.

Der Saldo, der zum Zeitpunkt des Ausscheidens der Beklagten aus der Firma A aus dem Kontokorrentkredit bestanden habe sei längst beglichen. Zum Zeitpunkt der Ausstellung des Wechsels sei die Beklagte nicht mehr Gesellschafter der Firma A gewesen.

Die klagende Partei entgegnete, daß Bezogener die Firma A gewesen sei, die den Wechsel angenommen habe. Die Beklagte habe als Mitakzeptant für den Angenommenen somit als Bürge unterschrieben. Nach der Wechselerklärung und dem Kreditvertrag vom 8. April 1969 hafte die Beklagte unabhängig von ihrer Gesellschaftereigenschaft auch persönlich für das Darlehen; diese Haftung sei noch heute aufrecht. Die klagende Partei habe vorerst nur einen Betrag von 100 000 S gegen die Beklagte geltend gemacht; sie behalte sich vor, in Hinkunft auch die restliche Wechselsumme einzuklagen. Derzeit hafte der der Firma A gewährte Kredit einschließlich Zinsen mit 177 293.96 S aus.

Später (außerhalb der schriftlichen Einwendungen) brachte die Beklagte noch vor, daß ein Darlehensvertrag zwischen den Streitteilen nicht bestehe; es werde insbesonders die Zuzählung des Darlehens bestritten. Bei Abschluß des Kreditvertrages sei den Beteiligten klar gewesen, daß die Beklagte nur so lange hafte, als sie Gesellschafter der Firma A sei, Die Beklagte hätte keinesfalls für Verbindlichkeiten haften sollen, die nach ihrem Ausscheiden entstehen.

Das Erstgericht hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht.

Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Firma A schloß am 8. April 1969 mit der klagenden Partei einen Kreditvertrag in laufender Rechnung zum Höchstbetrag von 250 000 S. Damals war die Beklagte Gesellschafter der Firma A. Auf diesen Kredit haftete zum 31. Dezember 1975 der Betrag von 157 995.50 S aus; dieser Außenstand wurde seither nicht vermindert.

Ferner stellte das Erstgericht den wesentlichen Inhalt des Kreditvertrages vom 8. April 1969 der Wechselerklärung vom gleichen Tag und des vorliegenden Wechsels fest.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt im wesentlichen dahin, daß im Kreditvertrag die Absicht zum Ausdruck gebracht worden sei, daß die Beklagte wechselmäßig als Wechselbürge im Rahmen des Deckungswechsels haften solle. Die Beklagte habe den Wechsel einmal in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der Firma A unterschrieben und damit die Unterschrift als Annehmer geleistet. Ein zweites Mal habe sie aber auch unter der Bezeichnung "als Mitakzeptant für den Angenommenen" unterfertigt; diese Unterschrift begrunde die Haftung der Beklagten als Wechselbürge. Es schade daher nicht, daß die Beklagte im Wechsel nicht als Bezogener angeführt sei, weil sie nicht als Annehmer, sondern als Bürge für den Annehmer hafte.

Die Einwendung der Beklagten, daß sie aus der Firma A ausgeschieden sei, vermöge an ihrer Haftung nichts zu ändern. Der Wechselbürge hafte gemäß Art. 32 Abs. 1 WG in der gleichen Weise wie derjenige, für den er sich verbürgt habe. Die Beklagte hafte daher solidarisch mit der Firma A für die Zahlung der Wechselsumme, auch wenn sie nach der Unterfertigung des Blankowechsels als Gesellschafter aus der Firma A ausgeschieden sei.

Daß bei Abschluß des Kreditvertrages beabsichtigt gewesen sei, die Beklagte solle auf Grund dieses Vertrages nur so lange haften, als sie auch Gesellschafter der Firma A bleibe, habe die Beklagte in ihren Einwendungen nicht ausgeführt; ihr diesbezügliches späteres Vorbringen verstoße gegen die Eventualmaxime. Das gleiche gelte für die Behauptung, daß die Darlehensvaluta nicht zugezählt worden sei.

Der gegen dieses Urteil gerichteten Berufung der Beklagten gab das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Urteil keine Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Frage, ob die Unterschrift der Beklagten als die eines Wechselbürgen aufzufassen sei, auf Grund der Auslegung der Wechselurkunde selbst zu prüfen sei. Die Wechselurkunde enthalte den Vermerk "als Mitakzeptant für den Angenommenen" und die Unterschrift der Beklagten. Schon aus den Worten "für den Angenommenen" ergebe sich eindeutig, daß die Besicherung der Zahlung durch den Annehmer erreicht werden sollte. Im übrigen müsse dieser Vermerk unter Bedachtnahme auf Art. 31 Abs. 3 WG beurteilt werden. Danach gelte die bloße Unterschrift auf der Vorderseite des Wechsels als Bürgschaftserklärung, soweit es sich nicht um die Unterschrift des Bezogenen oder des Ausstellers handle. Da die Beklagte weder Aussteller noch Bezogener sei, würde ihre bloße Unterschrift bereits als Bürgschaftserklärung gelten. Es handle sich hier um eine unwiderlegbare Vermutung und es könne auch dem ersten Wechselinhaber gegenüber nicht eingewendet werden, man habe keine Wechselbürgschaftserklärung abgeben wollen. Gerade die Auslegungsregelndes Art. 31 Abs. 3 und 4 WG zeigten, daß das Gesetz nach Möglichkeit im Verkehrsinteresse die Wechselerklärung als gültig aufrechterhalten wolle. Bei Auslegung einer Wechselerklärung sei daher tunlichst so vorzugehen, daß die Erklärung eine Bedeutung erhalte. Die wiedergegebene Wechselerklärung der Beklagten sei daher eine Bürgschaftserklärung für den Annehmer. Nur wenn der erste Wechselnehmer gewußt habe, daß der Unterzeichner keine Bürgschaftserklärung abgeben wollte, könne er sich nicht auf Art. 31 WG berufen und den Unterzeichner nicht als Bürgen in Anspruch nehmen. Dies habe aber die Beklagte in ihren Einwendungen gar nicht behauptet.

Sei die Beklagte Wechselbürge, dann hafte sie nach Art. 32 Abs. 1 WG in gleicher Weise wie der Annehmer.

Eine Vereinbarung zwischen ihr und der klagenden Partei, daß sie dieser aus dem Kreditvertrag nur so lange zu haften habe, als sie der Firma A als Gesellschafter angehöre, habe die Beklagte in ihren Einwendungen nicht behauptet.

Da feststehe, daß der vom Akzeptanten genommene Kredit mit 157 995.50 S aushafte, stehe der Erlassung eines Wechselzahlungsauftrages über einen Teilbetrag von 100 000 S gegen die Beklagte nichts im Wege.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In Ausführung des Revisionsgrundes der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens behauptet die Beklagte nur das Vorliegen in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung gehöriger Feststellungsmängel; dem Berufungsgericht unterlaufene Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften zeigt sie nicht auf. Der Revisionsgrund des § 503 Z. 2 ZPO liegt daher nicht vor.

Aber auch die Rechtsrüge der Beklagten ist nicht berechtigt. Sie versucht zunächst darzutun, daß sie durch Unterfertigung des auf dem Wechsel befindlichen Vermerkes "als Mitakzeptant für den Angenommenen" keine Wechselbürgschaft übernommen habe; sie sei nur Mitakzeptant und könne als solcher, weil sie auf dem Wechsel nicht als Bezogener aufscheine, nicht wechselmäßig in Anspruch genommen werden.

Dem kann nicht gefolgt werden.

Soweit sich die Beklagte zur Auslegung ihrer Wechselerklärung auf den Kreditvertrag und die Wechselerklärung beruft, kann darauf nicht eingegangen werden, weil, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, der Inhalt einer Wechselerklärung nur aus der Wechselurkunde selbst ausgelegt werden kann (JBl. 1970, 576 u. a.).

Aus der vorliegenden Wechselurkunde ergibt sich nun, daß der Wechsel auf die Firma A - eine OHG - gezogen und von dieser - durch die beiden Gesellschafter H Z und die Beklagte - akzeptiert wurde. Darüber hinaus unterfertigten diese beiden Gesellschafter den auf dem Wechsel befindlichen Vermerk "als Mitakzeptant für den Angenommenen ".

Daß die Bedeutung der letztgenannten Unterschriften zunächst einmal ganz allgemein darin gesehen werden muß, daß eine bestimmte wechselrechtliche Haftung dieser beiden Gesellschafter begrundet werden sollte, kann nicht zweifelhaft sein; anders wäre diese (nochmalige) Fertigung des Wechsels durch die beiden Gesellschafter nicht zu erklären. Um ihre wechselrechtliche Haftung als Akzeptanten zu begrunden, war diese neuerliche Unterfertigung des Wechsels durch die beiden Gesellschafter nicht erforderlich; denn als solche hafteten sie bereits persönlich auf Grund ihrer Unterfertigung des Akzeptes (Fasching, Kommentar IV, 604, 605; JBl. 1913, 34; ZBl. 1929/109). Unter diesen Umständen kann aber der zusätzlichen Unterfertigung des Vermerkes "als Mitakzeptant für den Angenommenen" durch die beiden Gesellschafter nur die Bedeutung beigelegt werden, daß damit die Übernahme der Wechselbürgschaft für die Wechselschuld der Firma A ausgedrückt werden sollte. Denn daß der Zweck dieser Unterschriftsleistung eine zusätzliche wirtschaftliche Sicherstellung des Ausstellers war, liegt auf der Hand. Die Meinung, daß der Gesellschafter einer OHG für eine Schuld dieser Gesellschaft nicht bürgen könne, weil es sich um eineeigene Schuld handle, ist unzutreffend (Kastner, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes, 76; Hueck, Das Recht der OHG[4], 319). Wenn sie den Wechsel - und zwar weder als Bezogener noch als Aussteller - auf der Vorderseite unterschrieben hat, dann gilt diese Unterschrift gemäß Art. 31 Abs. 3 WG als Bürgschaftserklärung. Die der Unterschrift vorangesetzten Worte "als Mitakzeptant für den Angenommenen" drücken unter diesen Umständen trotz der Verwendung des zur Kennzeichnung einer Wechselbürgschaft sonst ungebräuchlichen Wortes "Mitakzeptant" im Sinne des Art. 31 Abs. 2 WG mit hinlänglicher Deutlichkeit aus, daß die Unterfertiger damit eine Wechselbürgschaftserklärung, und zwar für den Akzeptanten, die Firma A, abgeben wollten.

Daß die klagende Partei etwa gewußt hätte, daß die Beklagte keine Bürgschaftserklärung habe abgeben wollen, wurde von der Beklagten nicht behauptet.

Mit Recht sind daher die Vorinstanzen davon ausgegangen, daß die Beklagte als Wechselbürge für die Verbindlichkeit der Firma A haftet.

Der Wechselbürge hat das Recht, dem Wechselimhaber außer den eigenen Einwendungen aus seinen rechtlichen Beziehungen zum Inhaber auch Einwendungen aus der Person desjenigen entgegenzusetzen, für den er sich verbürgt hat, soweit sie den Inhaber betreffen (EvBl. 1964/28;

RZ 1967, 131).

Einwendungen der letztgenannten Art hat die Beklagte nicht erhoben;

sie behauptet nicht, daß die Kreditschuld der Firma A an die klagende Partei beglichen worden sei bzw. unter dem eingeklagten Betrag von 100 000 S liege.

Aber auch Einreden aus den Rechtsbeziehungen der Beklagten zur klagenden Partei ergeben sich aus ihren Einwendungen nicht. Auf ihr späteres Tatsachenvorbringen ist infolge der für das Wechselverfahren geltenden Eventualmaxime nicht Bedacht zu nehmen. Denn die Frage, inwieweit die Beklagte nach ihrem Ausscheiden aus der Firma A im Sinne der §§ 128, 159 HGB als Gesellschafter der klagenden Partei für Gesellschaftsverbindlichkeiten zu haften habe, hat nichts damit zu tun, wieweit sich ihre Haftung auf Grund einer eingegangenen Wechselbürgschaft erstreckt. Diese Haftung bezieht sich mangels einer einschränkenden Vereinbarung auf die gesamte offene Wechselschuld der Firma A, somit nach den Feststellungen der Vorinstanzen jedenfalls auf den Klagsbetrag. Daß sie mit der klagenden Partei eine Vereinbarung in dem Sinne getroffen hätte, daß ihre übernommene Wechselbürgschaft betraglich auf jene Summe beschränkt sei, für die sie als Gesellschafter der Firma A nach ihrem Ausscheiden aus dieser OHG zu haften habe, hat die Beklagte in ihren Einwendungen nicht behauptet.

Unter diesen Umständen vermag die Beklagte auch einen dem Berufungsgericht unterlaufenen Rechtsirrtum nicht aufzuzeigen. Ihre Revision mußte daher erfolglos bleiben.

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