OGH 1Ob700/77

OGH1Ob700/7716.11.1977

SZ 50/147

Normen

ABGB §§1002 ff
ABGB §1014
ABGB §1403
ABGB §1478
ABGB §§1002 ff
ABGB §1014
ABGB §1403
ABGB §1478

 

Spruch:

Mangels anderer Vereinbarung kann der Gefälligkeitsakzeptant vom Aussteller des Wechsels vor der Zahlung Deckung, nach der Zahlung Ersatz begehren; der Ersatzanspruch verjährt in dreißig Jahren

OGH 16. November 1977, 1 Ob 700/77 (OLG Linz 3 R 89/77; LG Linz 4 Cg 144/76)

Text

Der Beklagte verkaufte einen vom Kläger als Akzeptant unterzeichneten Wechsel über einen Betrag von 102 600 S an die Raiffeisenkasse G, die auf Grund dieses Wechsels beim Kreisgericht Steyr gegen den Kläger einen Wechselzahlungsauftrag über den Betrag von 102 600 S samt 6% Zinsen seit 5. Mai 1972 Spesen und Kosten erwirkte. Auf Grund dieses Wechselzahlungsauftrages wurde vom Bezirksgericht Gmunden zu E 30/75 am 28. November 1975 die Zwangsversteigerung des dem Kläger gehörigen Achtel-Anteiles der Liegenschaft Wohnhaus Nr. 17 in N, EZ 103 Grundbuch N, bewilligt. Dem Kläger sind an Wechselprotestspesen, Exekutions- und Prozeßkosten insgesamt Kosten in der Höhe von 15 093.12 S erwachsen.

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Zahlung der Wechselsumme (104 600 S samt 6% Zinsen seit 5. Mai 1972) samt den aufgelaufenen Kosten (15 093.12 S) mit der Behauptung, er habe den Wechsel lediglich gefälligkeitshalber akzeptiert, der Beklagte habe sich den Wechselbetrag ohne Rechtsgrund zugewendet.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen Abweisung und wendete ein, er habe mit dem Kläger seit vier oder fünf Jahren weder geschäftlich noch privat Kontakt gehabt. Es sei daher Verjährung der Klagsforderung eingetreten.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es von folgendem Sachverhalt ausging. Im Jahre 1971 nahm der Bruder des Klägers, Hans Otto H bei der Sparkasse in F einen Kredit von 25 000 S auf, für den der Kläger und der Beklagte als Bürgen hafteten. Da Hans Otto H in der Folge den Kredit nicht zurückzahlen konnte, wurden der Kläger und der Beklagte aus der Bürgschaft in Anspruch genommen; sie wurden mit Versäumungsurteil des BG Freistadt zur Zahlung eines Betrages von 28 401.60 S samt Anhang verurteilt. Die Sparkasse F führte dann gegen den nunmehrigen Beklagten Exekution; es wurden Kleidungsstücke und Einrichtungsgegenstände gepfändet. Um eine Versteigerung der gepfändeten Gegenstände zu verhindern, ersuchte der Beklagte den Kläger, ihm einen Wechsel als Akzeptant zu unterschreiben, damit er durch den Verkauf dieses Wechsels zu Bargeld käme. Kurz darauf kam der Beklagte zum Kläger und dessen Bruder Hans Otto H und erklärte, daß der Wechsel von seiner Bank nicht eskomptiert werde, worauf ihm der Kläger Bargeld gab. Damit gelang es dem Beklagten, die Exekution zur Einstellung zu bringen. Im Mai oder Juni 1972 erklärte der Beklagte dem Kläger, daß er den von diesem akzeptierten Wechsel nicht mehr brauche und zerriß vor den Augen des Klägers und seines Bruders einen Wechsel, von dem die beiden glaubten, daß es sich um den vom Kläger akzeptierten Blankowechsel handelte. Tatsächlich hatte aber der Beklagte diesen auf eine Wechselsumme von 102 600 S ausgestellt und an die Raiffeisenkasse G weitergegeben, die den Kläger, wie eingangs geschildert, aus dem Wechsel in Anspruch nahm. Nach mehreren vergeblichen Versuchen des Klägers in den Jahren 1973 und 1974, den Beklagten wegen dieser Weitergabe des Wechsels zur Rede zu stellen, erhielt der Kläger im September 1975 in Anwesenheit der Maria L vom Beklagten eine mündliche Bestätigung, daß er (Kläger) dem Beklagten nichts schulde.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht davon aus, daß die Unterfertigung des Blanko-Wechsels durch den Kläger offensichtlich dazu gedient habe, dem Beklagten Kredit zu verschaffen. Die Wechselforderung des Klägers sei zwar schon im Jahre 1975 verjährt gewesen, doch habe der Beklagte im September 1975 vor der Zeugin Maria L ein konstitutives Anerkenntnis abgegeben, so daß der Beklagte dem Kläger aus diesem Rechtsgrund den zugesprochenen Betrag schulde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge, und wies das Begehren auf Zuspruch von 117 693.12 S samt Anhang ab. Der Kläger mache keinen wechselrechtlichen Anspruch geltend, sondern einen solchen bürgerlich-rechtlicher Natur aus der gefälligkeitshalber erfolgten Annahme eines Wechsels. Für den Rückgriff des Klägers gegenüber dem Beklagten fehle es aber an einer Rechtsgrundlage: ein allfälliger Schadenersatzanspruch sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 1489 ABGB verjährt, einem Bereicherungsanspruch stehe entgegen, daß der Kläger als Verkürzter gegenüber dem Beklagten keine Leistung erbracht habe. Der Kläger habe sich auch über das Vorliegen einer ihn treffenden Verbindlichkeit nicht geirrt. Demzufolge sei aber das Klagebegehren nicht gerechtfertigt.

Über Revision des Klägers änderte der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er das Urteil des Erstgerichtes wiederherstellte.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zutreffend ging das Berufungsgericht davon aus, daß der Anspruch des Akzeptanten eines Wechsels gegenüber dem Aussteller auf Revalierung kein wechselrechtlicher Anspruch ist. Aus der Annahme oder Einlösung eines Wechsels folgt noch nicht, daß der Akzeptant auch auf Grund der internen Rechtsbeziehungen gegenüber dem Aussteller verpflichtet wäre, für die Wechselsumme aufzukommen, was insbesondere im Falle der Gefälligkeitsannahme zutrifft (vgl. Baumbach - Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz[11], 203; Stranz, Wechselgesetz, Art. 28 Anm. 14 und Art. 17 Anm. 38). Inwieweit dem Akzeptanten ein solcher Anspruch gegenüber dem Aussteller eines Wechsels zusteht, ist allein nach bürgerlichem Recht zu beurteilen. In der Entscheidung SZ 31/149 wurde dieser Anspruch als Schadenersatzanspruch qualifiziert, der in dem Zeitpunkt entstehe, zu dem die Schuld des Akzeptanten gegenüber dem Wechselinhaber zur Entstehung gelangt sei. Keine Voraussetzung für den Schadenersatzanspruch sei es, daß der Akzeptant die Wechselschuld bezahlt habe oder daß sie bei ihm einbringlich sei. Geht man von dieser rechtlichen Qualifikation aus, wäre der Anspruch des Klägers, wie schon das Berufungsgericht erkannte, verjährt. Bei den Rechtsbeziehungen der Streitteile stehen aber im vorliegenden Fall andere rechtliche Gesichtspunkte im Vordergrund. Da der Wechsel selbst nur einen Sonderfall der bürgerlich-rechtlichen Anweisung darstellt, sind auf das Verhältnis zwischen Aussteller und Bezogenem die Bestimmungen der §§ 1400 f. ABGB anzuwenden. § 1403 ABGB sieht nun vor, daß in jenen Fällen, wo zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen kein anderer Rechtsgrund besteht, für das Rechtsverhältnis zwischen beiden die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag gelten. Im besonderen ist auch das Ersuchen des Beklagten an den Kläger, einen Wechsel gefälligkeitshalber zu akzeptieren, um dem Beklagten die Erlangung von Kredit bei einem Dritten zu ermöglichen, als Auftrag zu qualifizieren. Es gelangt dann aber von den Regeln des Bevollmächtigungsvertrages insbesondere die Bestimmung des § 1014 ABGB zur Anwendung, wonach der Gewaltgeber verbunden ist, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes gemachten notwendigen und nützlichen Aufwand zu ersetzen und ihm auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen einen angemessenen Vorschuß zu leisten. Der Angewiesene kann also nach Leistung Ersatz, aber schon vor Leistung Deckung begehren (Wolff in Klang[2] VI, 331; vgl. SZ 11/239). Ob der Kläger die von ihm geforderten Beträge bereits bezahlt hat, steht nicht fest. Soweit dies nicht der Fall ist, kann der Kläger nach dem Vorgesagten Deckung begehren. Insoweit der Kläger den Betrag bereits bestritten hat, steht ihm ein der dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegender Rückersatzanspruch zu (SZ 28/98; 6 Ob 140/65). Daß ein Teil des vom Kläger gemachten bzw. zu erbringenden Aufwandes nicht notwendig gewesen wäre (§ 1014 ABGB) - eine Frage die nach den Verhältnissen des Einzelfalles beurteilt werden muß (Stanzl in Klang[2] IV/1, 848) - kann hier nicht gesagt werden. Die entstandenen Kosten sind darauf zurückzuführen, daß der Beklagte nicht rechtzeitig für Deckung bzw. für die Einlösung des Wechsels gesorgt hat. Bei dieser Sachlage hätte der Beklagte behaupten und beweisen müssen, daß die Klags- und Exekutionsführung des Gläubigers gegen den Kläger von diesem hätte abgewendet werden können; an einem diesbezüglichen Vorbringen fehlt es aber.

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