European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00654.77.1109.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Beklagte ist schuldig, den Klägerinnen die mit S 3.486,84 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 600,-- Barauslagen und S 213,84 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Erstklägerin und der Beklagte sind die Kinder, die Zweitklägerin das Enkelkind (Tochter eines vorverstorbenen weiteren Kindes) der am * 1972 verstorbenen L* G*. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Innere Stadt-Wien vom 26. 1. 1973, GZ 2 A 359/72‑15, wurde den Parteien der Nachlaß auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel eingeantwortet. Nach Punkt 3 des Beschlusses desselben Gerichtes vom 26. 1. 1973 wurden die Streitteile ermächtigt, gemeinsam
a) über das Konto Nr. * beim Österreichischen Kreditinstitut,
b) über das Konto Nr. * beim Bankhaus K*,
c) über das Guthaben des Landesinvalidenamtes für Wien, Niederösterreich und Burgenland, GZ 3311/233940 A, frei zu verfügen.
Am 1. 1. 1975 betrug das Sparguthaben beim Österreichischen Kreditinstitut S 49.443,40, das Sparguthaben beim Bankhaus K* S 199.706,29 und das Guthaben beim Landesinvalidenamt S 2.163,15.
Mit der vorliegenden Klage begehren die beiden Klägerinnen den Beklagten schuldig zu erkennen, zuzustimmen, daß sie gemäß dem oben genannten Beschluß über die Guthaben in der Weise verfügen können, daß je ein Drittel dieser Guthaben an sie ausbezahlt werde. Sie brachten hiezu vor, daß sie die Zustimmung des Beklagten zur gemeinsamen Verfügung über die Guthaben der Erblasserin bisher nicht hätten erlangen können; der Beklagte habe alle Ersuchen mit unbegründeten Vorwürfen beantwortet. Die Zweitklägerin, die als deutsche Staatsbürgerin in der BRD lebe, habe bis heute nicht den auf sie entfallenden Teil der Erbschaftssteuer von S 21.026,-- aus den erwähnten Guthaben begleichen können und habe schließlich erfahren, daß der Beklagte als Solidarschuldner diesen Betrag bezahlt habe. Sie werde selbstverständlich sobald sie die Freigabe des auf sie entfallenden Teiles der Guthaben erwirkt habe, dem Beklagten diesen Betrag refundieren und habe deshalb auch mit Schreiben vom 11. 9. 1975 an das Bankhaus K* die rechtsverbindliche Erklärung abgegeben, daß dieses nach Erwirkung der Freigabe des Guthabens den Betrag von S 21.026,-- zu Lasten der Zweitklägerin zurückbehalten und an den Beklagten überweisen möge; mit einem weiteren Schreiben vom gleichen Tage habe die Zweitklägerin diese Erklärung gegenüber dem Beklagten wiederholt.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Er wendete ein, er habe im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach seiner Mutter zahlreiche Auslagen für die Verlassenschaft getätigt, da er als einziger Erbe am Sitze des Verlassenschaftsgerichtes wohnhaft sei und aus diesem Grunde auch von den Finanzämtern für Steuerzahlungen sowohl für die Erblasserin als auch für die Erben in Anspruch genommen worden sei. Diese Aufwendungen seien dem Beklagten von den Klägerinnen trotz mehrmaliger Aufforderung bisher nicht ersetzt worden, so daß er zur Sicherung seiner Forderungen das begehrte Einverständnis zur Ausfolgung der gegenständlichen Konten nicht erteilt habe. Allerdings hätten sich im Verlassenschaftsvermögen zunächst erheblich höhere Barmittel befunden und es seien mit Zustimmung des Beklagten bereits vor längerer Zeit S 750.000,-- an die Erben zu gleichen Teilen ausgefolgt worden. Darüberhinaus habe die Erstklägerin überhaupt keinen Anspruch mehr auf Zahlungen aus der Verlassenschaft, weil sie bereits zu Lebzeiten der Erblasserin, und zwar am 20. 9. 1970, von dieser S 500.000,-- zur Bezahlung von Schulden erhalten habe. Dieser Betrag sei in den Erbteil der Erstklägerin einzurechnen.
Die Klägerinnen bestritten nicht, daß S 750.000,-- an die drei Erben zu gleichen Teilen bereits ausbezahlt worden seien. Sie wendeten aber ein, daß die vom Beklagten behaupteten Forderungen, mit Ausnahme der bereits in der Klage erwähnten Forderung des Beklagten gegen die Zweitklägerin (Erbschaftssteuer), ungerechtfertigt seien. Bei dem Betrag von S 500.000,--, den die Erblasserin der Erstklägerin am 20. 9. 1970 ganz überraschend überwiesen habe, handle es sich um ein Geschenk; der Betrag habe nicht zur Abdeckung von Schulden gedient und solche hätten weder vorher noch nachher bestanden. Im übrigen habe die Erblasserin der Erstklägerin mitgeteilt, daß sie gleichzeitig dem Beklagten eine noch größere Summe in bar geschenkt habe, da sie durch den Verkauf von Aktien über einen größeren Geldbetrag habe verfügen können.
Aus der Verlassenschaft habe der Beklagte, wie er in der Folge angab, nachstehende Beträge zu bekommen:
1.) Es sei festgestellt worden, daß er an Bestattungskosten etc. S 40.240,77 geleistet habe. Durch einen Irrtum seien ihm nur zwei Drittel dieses Betrages, somit S 26.827,-- zuerkannt worden; der Betrag von S 40.240,77 wäre aber von der Verlassenschaft ungeschmälert zu leisten gewesen. Es stehe ihm daher noch eine Restforderung von S 13.414,-- zu.
2.) Der Beklagte habe S 510,-- als Nachtragsgebühr für das Grab, S 133,-- als weitere Friedhofsauslagen und S 500,-- an Arztspesen, die vor dem Ableben der Erblasserin entstanden seien, bezahlt.
3.) Die Erblasserin habe für die Jahre 1970 und 1971 keine Steuererklärungen abgegeben. Es sei notwendig gewesen einen Steuerberater heranzuziehen; die Kosten hiefür hätten S 9.180,-- betragen.
Der Beklagte habe ferner von der Erstklägerin allein S 200,-- für die Pflege und ärztliche Versorgung von Katzen und von der Zweitklägerin allein S 885,-- für eine Grabstütze, S 289,‑- für eine vom Finanzamt * geforderte Gebühr und an Erbschaftssteuern S 21.551,-- zu erhalten.
Die beiden Klägerinnen anerkannten diese Forderungen des Beklagten und änderten dementsprechend ihr Begehren dahin, daß der Beklagte schuldig sei, zuzustimmen, daß die Klägerinnen über das Guthaben der verstorbenen L* G* beim Bankhaus K* Sparkonto‑Nr. * in der Weise verfügen könnten, daß ihnen von dem um S 23.737,-- gekürzten Kontostand ein Drittel dieses Guthabens und der Zweitklägerin abzüglich eines (weiteren) Betrages von S 22.725,-- ausbezahlt werde.
Der Beklagte anerkannte in der Tagsatzung vom 24. 5. 1976 das modifizierte Begehren der Zweitklägerin. Über deren Antrag erging in derselben Tagsatzung ein Teilanerkenntnisurteil hinsichtlich des Hauptanspruches der Zweitklägerin; die Kostenentscheidung wurde dem Endurteil vorbehalten.
Mit Endurteil gab das Erstgericht dem Begehren der Erstklägerin statt. Es ging hiebei von folgenden entscheidungswesentliehen Feststellungen aus: Mit Schreiben vom 11. 9. 1975 habe der Klagsvertreter im Auftrag der Klägerinnen dem Bankhaus K* bekanntgegeben, daß dieses im Falle eines stattgebenden Urteiles im gegenständlichen Prozeß ermächtigt sein solle, den Betrag von S 21.026,--, den der Beklagte für die Zweitklägerin als Erbschaftssteuer bezahlt habe, zu Lasten der Zweitklägerin zurückzubehalten bzw. sogleich im Zeitpunkt der Freigabe der Guthaben dem Beklagten zu überweisen. Der Beklagte habe zu Lebzeiten der Erblasserin von dieser S 20.000,-- zur Instandsetzung der Wohnung der Erblasserin, die damals auch vom Beklagten bewohnt worden sei, erhalten; es habe sich hiebei nicht um eine Schenkung gehandelt. Der Betrag von S 20.000,-- sei noch vor dem Ableben der Erblasserin vom Beklagten verbraucht worden, wobei ein Teil dieses Betrages von S 9.000,-- zur Bezahlung von Forderungen der T* B* für Steuerberatung verwendet worden sei.
Der Sohn der Erstklägerin, C* G*, habe zu Lebzeiten der Erblasserin von dieser einen Betrag von S 40.000,-- als Kaution für die Führung einer Tankstelle erhalten. Im Jahre 1958 habe die Erstklägerin von ihrem Onkel, dem Gründer des Bankhauses K*, M* K*, einen Betrag von S 100.000,-- zum Erwerb des Hauses K*, erhalten. Dabei habe der Geschenkgeber die Bedingung gestellt, daß die Erstklägerin für den Fall ihres Ablebens das Haus an ihren Sohn C* zu vermachen habe und daß es, falls dieser nicht mehr leben sollte, wieder an den Geschenkgeber zurückfallen solle. M* K* sei bereits verstorben. Die Erstklägerin habe das Haus mit Hilfe ihres Gatten durch Investitionen so hergestellt, daß es im Jahre 1969 um S 670.000,-- habe verkauft werden können.
Von diesem Betrag habe sie ihrem Sohn C* schenkungsweise S 335.000,-- übergeben; C* G* habe aus diesem Betrag ein Haus in S* um den Preis von S 280.000,-- erworben, wobei er eine Hypothek von S 80.000,-- mitzuübernehmen gehabt habe. C* G* habe wohl aus dem ihm übergebenen Betrag von S 335.000,-- auch die auf dem Haus lastende Hypothek von S 80.000,-- ausbezahlen sollen, habe dies aber nicht getan. Die Erstklägerin habe sich im Herbst 1969 und zu Beginn des Jahres 1970 zu ihrer Mutter, der Erblasserin, nach Wien begeben um diese zur Überlassung größerer Beträge (zwischen S 500.000,-- und S 1.000.000,--) zur Bezahlung von Schulden des C* G* und für dessen Existenzgründung zu veranlassen, sie habe jedoch nicht behauptet, selbst Schulden zu haben. Die Erblasserin habe zunächst keine Zusage gemacht, sie habe jedoch vorher ihr gehörige Aktien durch das Bankhaus K* verkaufen lassen, so daß ihr Barguthaben am 27. 2. 1969 bei diesem Bankhaus etwa 2,4 Mill. Schilling betragen habe. Am 24. 9. 1970 habe die Erblasserin an die Erstklägerin schenkungsweise den Betrag von S 500.000,-- überwiesen. Sie habe dabei als Motiv angegeben, daß sie durch den Verkauf von Aktien im Besitz größerer Beträge sei und daher ihren Kindern Geld zukommen lassen wolle. Sie habe sich gegenüber der Erstklägerin dahin geäußert, daß auch der Beklagte einen entsprechenden Betrag erhalten habe. Zu diesem Zeitpunkt sei C* G* bereits wieder in Schulden geraten gewesen. Sein Schuldenstand habe etwa S 300.000,-- betragen, die oben erwähnte Hypothek von S 80.000,-- miteingerechnet. Die Erstklägerin habe aus dem ihr überwiesenen Betrag von S 500.000,-- die Schulden des C* G* von S 300.000,-- bezahlt. Sie habe ferner aus dem ihr überwiesenen Betrag für ihren Sohn im Jahre 1971 Garageneigentum um den Betrag von S 82.000,-- gekauft, wobei jedoch als Nutznießer dieser Garage der Gatte der Erstklägerin einverleibt sei. Die Erstklägerin habe demnach den überwiesenen Betrag von S 500.000,-- nicht zur Bezahlung ihrer eigenen persönlichen Schulden verwendet, sondern zum Großteil zur Bezahlung von Schulden von C* G*.
Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß der Beklagte nicht die rechtliche Möglichkeit habe, die Freigabe der gegenständlichen Konten wegen des von ihm behaupteten anzurechnenden Vorausempfanges der Erstklägerin von S 500.000,-- zu verweigern. Darüberhinaus habe das Beweisverfahren ergeben, daß die Erstklägerin zum Zeitpunkt des Empfanges der S 500.000,-- keine Schulden gehabt habe und den empfangenen Betrag daher auch nicht zur Zahlung von Schulden habe verwenden können. Habe die Erstklägerin Schulden ihres Sohnes bezahlt, sei dies rechtlich bedeutungslos.
Das Berufungsgericht, nach dessen Ausspruch der Wert des Streitgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, bestätigte das Endurteil in der Hauptsache und änderte es nur im Kostenausspruch teilweise ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als das Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Zur Rechtsrüge führte es aus, daß nach den Feststellungen die Erblasserin der Erstklägerin den Betrag von S 500.000,-- geschenkt und nicht etwa zur Bezahlung von (eigenen) Schulden übergeben habe, so daß eine Einrechnung dieses Betrages im Sinne des § 791 ABGB ohne Rücksicht darauf, was die Erstklägerin in der Folge damit gemacht habe, nicht in Betracht komme. Es könne aber den Ausführungen des Erstgerichtes nicht gefolgt werden, der Beklagte habe nicht die Möglichkeit gehabt wegen des nach seiner Darstellung anzurechnenden Vorausempfanges von S 500.000,-- die Freigabe der gegenständlichen Konten zu verweigern. Da das aufteilende Guthaben zu Ungunsten der beiden Klägerinnen durch Forderungen geschmälert werde, die der Beklagte gegen die Verlassenschaft besitze, habe sich dieses Guthaben auch durch einen anzurechnenden Vorausempfang der Erstklägerin verringert; die Anrechnung des Empfangenen zum Erbteil geschehe gemäß § 793 ABGB dadurch, daß jedes Kind den nämlichen Betrag noch vor der Teilung erhält, ohne daß das früher begünstigte Kind zu einer Erstattung angehalten werden könnte. Der Beklagte wäre daher nicht gehalten, der Ausfolgung des verbliebenen Guthabens an die Erstklägerin zuzustimmen, wenn diese als gesetzliche Erbin (§ 790 zweiter Satz ABGB) von der Erblasserin bei deren Lebzeiten einen Betrag zumindest in der Höhe dieses Guthabens zu den im § 788 ABGB erwähnten Zwecken empfangen hätte. Da das Erstgericht allerdings als erwiesen angenommen habe, der Betrag von S 500.000,-- stelle einen anrechnungspflichtigen Vorausempfang nicht dar, habe sich diese seine Rechtsansicht auf die Entscheidung nicht ausgewirkt.
Da unbestritten sei, daß L* G* den Betrag von S 500.000,-- der Erstklägerin und nicht ihrem Enkel C* G* überwiesen habe und die Überweisung an die Erstklägerin auch nicht etwa unter der Auflage erfolgt sei, einen Teil hievon dem genannten Enkel zu überlassen, könne der Ansicht des Beklagten nicht zugestimmt werden, daß in dem Empfang von S 82.000,-- den die Erstklägerin aus dem ihr überwiesenen Betrag von S 500.000,-- dazu aufgewendet habe, um ihrem Sohn eine Liegenschaft mit darauf errichteter Garage zu kaufen, ein anrechnungspflichtiger Vorausempfang im Sinne des § 788 ABGB zu erblicken sei. Der Betrag von S 82.000,-- hätte nur dann einen anrechnungspflichtigen Vorausempfang der Erstklägerin darstellen können, wenn für sie, aus welchen Gründen immer, eine Verbindlichkeit bestanden hätte, ihrem Sohn eine derartige Zuwendung zu machen und wenn die Erblasserin der Erstklägerin den Betrag zur Erfüllung dieser Verbindlichkeiten zur Verfügung gestellt hätte.
Daß sich die Erstklägerin den Betrag von S 40.000,--, den C* G* von der Erblasserin als Kaution für die Führung einer Tankstelle erhalten habe, als Vorausempfang hätte anrechnen lassen müssen, habe der Beklagte im Verfahren erster Instanz nicht eingewendet. Abgesehen davon aber sei, wenn der Erblasser bei Lebzeiten Zuwendungen im Sinne des § 788 ABGB nicht seinem Kind sondern dessen Kindern gemacht habe und in der Folge das Kind und nicht der Enkel Erbe werde, die Bestimmung des dritten Satzes des § 790 ABGB nicht anwendbar; dort würden nur die Enkel verpflichtet, sich die Anrechnung von Vorempfängen ihrer Eltern gefallen zu lassen, nicht aber umgekehrt. Das Erstgericht habe daher, wie das Gericht zweiter Instanz abschließend ausführte, mit Recht der Klage stattgegeben.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus den Gründen des § 503 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß das Klagsbegehren abgewiesen werde, allenfalls es aufzuheben und die Rechtssache an das Prozeßgericht zweiter Instanz zurückzuverweisen.
Die Klägerinnen beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision kommt Berechtigung nicht zu.
Mit seiner Mängelrüge wendet sich der Beklagte ausschließlich gegen die Unterlassung bestimmter Beweisaufnahmen durch das Erstgericht. Er macht daher nur Mängel des erstgerichtlichen Verfahrens geltend. Das Berufungsgericht hat das Vorliegen derartiger Mängel verneint. Damit können sie aber nicht mehr zum Gegenstand einer Revision aus dem Grunde des § 503 Z 2 ZPO gemacht werden (SZ 27/4, EvBl 1969/263 u.a.).
Es kann dem Beklagten aber auch darin nicht gefolgt werden, daß dieser Revisionsgrund deshalb geltend gemacht werden könne, weil Beweise nicht aufgenommen wurden, die nur nach der Rechtsansicht des Erstgerichtes unerheblich waren, jedoch nach der davon abweichenden rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes erheblich geworden seien. Es ist richtig, daß das Berufungsgericht im Gegensatz zur Ansicht des Erstgerichtes ausgesprochen hat, der Beklagte wäre nicht gehalten gewesen der Ausfolgung des verbleibenden Guthabens an die Erstklägerin zuzustimmen, wenn diese einen anrechenbaren Vorausempfang zumindest in der Höhe dieses Guthabens tatsächlich erhalten hätte. Der Beklagte vermeint nun, daß er durch die angebotenen Urkunden den Beweis hätte erbringen können, daß die Erstklägerin entgegen ihrer Behauptung tatsächlich Schulden gehabt habe und erblickt in der Nichtzulassung der angeborenen Korrespondenz einen Mangel des Verfahrens im oben aufgezeigten Sinne. Nun hat zwar der Revisionswerber in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. 5. 1976 (S 58 des Aktes) die Behauptung aufgestellt, die Erstklägerin selbst habe in einem Schreiben vom Herbst 1970 (eigene) Schulden in der Höhe von S 80.000,-- zugestanden und es ist auch richtig, daß sich der Beklagte zum Beweis für dieses Vorbringen auf vorzulegende Korrespondenz berufen hat. Tatsächlich hat er aber diese Korrespondenz nicht vorgelegt. Es trifft auch zu, daß sich die Parteienvertreter in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 15. 3. 1976 (S 39 des Aktes) nach der Vernehmung der Zeugin D* G* ein weiteres Fragerecht an diese vorbehielten.
In der Folge wurde aber von keiner Seite, also auch nicht vom Beklagten, beantragt, die genannte Zeugin neuerlich vorzuladen, um an sie ergänzende Fragen stellen zu können. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt daher nicht vor.
Auch die Rechtsrüge des Revisionswerbers versagt. Der Beklagte vermeint, daß zumindest jener Teil des von der Erstklägerin empfangenen Betrages von S 500.000,-- den sie zur Anschaffung von Garageneigentum für ihren Sohn C* G* verwendete (wobei als Nutznießer dieser Garage der Gatte der Erstklägerin einverleibt sei) im Sinne des § 788 ABGB als anrechnungspflichtiger Erhalt anzusehen sei, da er im weiteren Sinne zum Antritt eines Gewerbes der Erstklägerin verwendet worden sei.
Ohne auf die Frage näher einzugehen, ob der Betrag von S 82.000,--, mit dem die Erstklägerin ihrem Sohn im Jahre 1971 Garageneigentum gekauft hat, überhaupt zum Antritt eines Gewerbes der Erstklägerin verwendet worden ist, ist der Beklagte darauf zu verweisen, daß nach dem klaren Wortlaut des § 788 ABGB nur das als anrechenbarer Vorausempfang anzurechnen ist, was der Erblasser bei Lebzeiten seinem Sohn unmittelbar zum Antritt eines Gewerbes gegeben hat. Der Auffassung des Revisionswerbers – der sich diesbezüglich auf Weiß in Klang2, III, S 927 stützen kann – daß man im Hinblick auf die geänderten sozialen Verhältnisse und den „Umschwung in der Gesetzgebung“ nicht umhin könne, auch bei Töchtern solche Zuwendungen als anrechnungspflichtig anzusehen, kann nicht gefolgt werden. Es kann nicht von einer Gesetzeslücke gesprochen werden, die durch eine ausdehnende Auslegung auszufüllen sei, handelt es sich doch bei der Norm des § 788 zweiter Halbsatz ABGB um eine klare und eindeutige Gesetzesbestimmung, demzufolge nur Zuwendungen an Söhne oder Enkel unter den dort angeführten Voraussetzungen einen anrechenbaren Vorausempfang darstellen. Daß der Gesetzgeber nicht auch Töchter und Enkelinnen einbezogen wissen wollte, geht eindeutig daraus hervor, daß im Eingangshalbsatz des § 788 ABGB ausdrücklich von der Tochter oder Enkelin in Bezug auf das Heiratsgut gesprochen wird. Eine Änderung in der vom Beklagten gewünschten Richtung könnte nur der Gesetzgeber vornehmen.
Soweit der Beklagte behauptet, die Erstklägerin habe aus dem ihr von der Erblasserin zugekommenen Betrag von S 500.000,-- zumindest einen Teil dieses Betrages zur Bezahlung eigener Schulden verwendet, ist die Revision nicht dem Gesetz entsprechend ausgeführt, weil nach den vorinstanzlichen Feststellungen die Erstklägerin zum Zeitpunkt des Empfanges der S 500.000,-- keine Schulden hatte.
Schließlich vermeint der Rechtsmittelwerber, daß sich die Erstklägerin auch dasjenige anrechnen lasse müsse, was ihr Sohn zu den im § 788 ABGB erwähnten Zwecken empfangen hat. Der Beklagte gibt zwar zu, daß nach dem Wortlaut des § 790 ABGB nur die Enkel verpflichtet werden, sich die Anrechnung von Vorempfängen ihrer Eltern gefallen zu lassen, vermeint aber, daß auch hier eine Gesetzeslücke vorliege, die im Wege der ergänzenden Auslegung dahin zu schließen sei, daß auch Kinder sich dasjenige anrechnen zu lassen haben, was ihre Abkömmlinge zu den im § 788 ABGB erwähnten Zwecken empfangen haben. Da es sich auch hier um eine klare und eindeutige gesetzliche Regelung handelt, wobei im § 790 ABGB ausdrücklich „Kind“ und „Enkel“ gegenübergestellt werden, kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.
Da sohin keiner der geltend gemachten Revisionsgründe vorliegt, muß der Revision ein Erfolg versagt bleiben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
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