OGH 5Ob320/77

OGH5Ob320/778.11.1977

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Wurz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* Versicherung, *, vertreten durch Dr. Hans Kreinhöfner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Ing. W*, Angestellter, *, vertreten durch Dr. C*, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Richtigkeit einer Konkursforderung (Streitwert 30.000,‑- S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 21. Juni 1977, GZ 4 R 124/77‑12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 28. März 1977, GZ 33 Cg 817/76‑7, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

 

I. den

Beschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0050OB00320.77.1108.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die Revisionsbeantwortung der Dr. C* wird zurückgewiesen.

 

II. zu Recht erkannt:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei Ing. W* die mit 2.339,52 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon 155,52 S Umsatzsteuer und 240,-‑ S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Ing. W* verschuldete am 23. September 1972 in alkoholisiertem Zustand (Blutalkoholgehalt 2,75 %o) auf der Bundesstraße * nächst * einen Verkehrsunfall und wurde deswegen vom Strafgericht rechtskräftig verurteilt. Die klagende Partei als Haftpflichtversicherer leistete dem durch den Unfall geschädigten H* Ersatz in der Höhe von 30.931,-‑ S. Mit Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 16. April 1975, S 35/75, wurde über das Vermögen des Ing. W* der Konkurs eröffnet und Dr. C* als Masseverwalterin bestellt; den Konkursgläubigern wurde eine Anmeldungsfrist bis 12. Mai 1975 gesetzt und die allgemeine Prüfungstagsatzung für den 23. Mai 1975 anberaumt. Unter Berufung auf gesetzliche Bestimmungen meldete die klagende Partei am 23. Oktober 1975 eine Forderung von 30.000,-‑ S zum Konkurs an. Nach Bestreitung der Forderung der klagenden Partei durch die Masseverwalterin bei der besonderen Prüfungstagsatzung vom 3. November 1976 wegen Verjährung wurde der klagenden Partei mit Beschluß vom gleichen Tage eine Klagefrist von drei Monaten gesetzt. Gegen die Masseverwalterin stellte die klagende Partei am 9. Dezember 1976 das Klagebegehren, es werde festgestellt, daß ihre Forderung per 30.000,-‑ S gegen die beklagte Partei zu Recht bestehe und die beklagte Partei schuldig sei, im Konkurs über das Vermögen des Ing. W* für die in der dritten Klasse festgestellte Forderung der klagenden Partei die quotenmäßige Zahlung zu leisten. Die beklagte Masseverwalterin wendete auch im Prozeßverjährung ein, da die Anmeldung der Forderung zum Konkurs nach Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt sei. Am 3. November 1976 schlossen der Gemeinschuldner und seine Gläubiger einen Zwangsausgleich, mit dem er sich zur vollen Befriedigung der bevorzugten Forderungen und zur Zahlung einer Ausgleichsquote von 60 % an die Konkursgläubiger dritter Klasse verpflichtete. Dieser Zwangsausgleich wurde mit Beschluß des Konkursgerichtes vom 18. November 1976 bestätigt. Mit inzwischen rechtskräftig gewordenem Beschluß vom 25. Februar 1977, abgefertigt und an der Gerichtstafel angeschlagen am 25. April 1977, wurde der Konkurs aufgehoben und die Masseverwalterin ihres Amtes enthoben.

Das Erstgericht gab mit Urteil vom 28. März 1977 dem Klagebegehren statt. Die klagende Partei sei gemäß Art 6 Abs 3 AKHB bis zu 30.000,-‑ S von der Leistung frei, da aus dem Spruch des verurteilenden strafgerichtlichen Erkenntnisses die Fahruntüchtigkeit des Ing. W* wegen Trunkenheit am Steuer hervorgehe. Der Rückgriffsanspruch des Versicherers gegen den schuldtragenden Versicherungsnehmer stelle keinen Schadenersatzanspruch, sondern, einen dem § 1042 ABGB ähnlichen Anspruch dar, der der 30‑jährigen Verjährung unterliege.

Über Berufung der Masseverwalterin (vor Rechtskraft des Beschlusses des Konkursgerichtes vom 25. Februar 1977) änderte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichtes dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es bezeichnete sowohl die Masseverwalterin als auch Ing. W* als beklagte Parteien, da während des Berufungsverfahrens der Konkurs aufgehoben worden sei. Die Masseverwalterin bleibe dennoch in diesem Verfahren als Partei legitimiert, weil sie im erstgerichtlichen Urteil als Partei bezeichnet und zum Ersatz eines Kostenbetrages an die klagende Partei verurteilt worden sei; die in Lehre und Rechtsprechung als Rechtsmittelvoraussetzung anerkannte Beschwer sei daher auf ihrer Seite gegeben. Andererseits sei Ing. W* nach Aufhebung des Konkurses über sein Vermögen wiederum dispositionsfähig und durch die Wirkungen des in diesem Rechtsstreit ergangenen Urteils betroffen, so daß ihm seit Aufhebung des Konkurses auch Parteistellung zuzubilligen sei. Der Auffassung der Beklagten, der Anspruch der klagenden Partei sei verjährt, sei beizupflichten. Die klagende Partei habe gemäß § 158 c VersVG an den geschädigten Dritten leisten müssen, die Forderung des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer sei jedoch mit einem Betrag von 30.000,-‑ S gemäß § 158 f VersVG auf die klagende Partei übergegangen. Diese Gesetzesstelle sei ein Anwendungsfall der Legalzession. Die Verjährung von Forderungen richte sich nach dem zwischen dem ursprünglichen Gläubiger (dem geschädigten Dritten) und dem Schuldner (Versicherungsnehmer) bestehenden Rechtsverhältnis.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei, die den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag geltend macht, das angefochtene Urteil aufzuheben und das erstinstanzliche Urteil wieder herzustellen, in eventu die unterinstanzlichen Urteile aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht oder an das Erstgericht zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Dr. C* und Ing. W* beantragen, der Revision der klagenden Partei nicht Folge zu geben und das Urteil des Berufungsgerichtes zu bestätigen.

Was die beklagte Partei betrifft, ist davon auszugehen, daß Schuldner der klagenden Partei allein Ing. W* sein soll. Da über sein Vermögen der Konkurs eröffnet wurde, war die Masse von der Masseverwalterin vertreten, so daß die gegenständliche Klage richtig gegen sie gerichtet war (SZ 35/20; SZ 25/329 ua). Durch die rechtskräftige Aufhebung des Konkurses hörte allerdings die Vertretungsbefugnis der Masseverwalterin auf, der Gemeinschuldner wurde wieder selbst verfügungsfähig (ZBl 1929/99; Bartsch in Bartsch-Pollak, Konkursordnung180, Anm 24). Daraus folgt, daß Prozeßhandlungen nur mehr vom ehemaligen Gemeinschuldner oder gegen ihn vorgenommen werden könnten und dieser, ohne daß es einer Prozeßhandlung bedarf, an Stelle des Masseverwalters in den Prozeß eintrat (7 Ob 266/72; Wegan, Österreichisches Insolvenzrecht, 182; Petschek-Reimer-Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 703). Der ehemalige Gemeinschuldner hatte den Prozeß ohne Unterbrechung fortzusetzen (Bartsch a.a.O. 314, Anm 4). Auch die vom Masseverwalter im Prozeß erstrittenen Kosten können nach Aufhebung des Konkurses nicht mehr von ihm, sondern nur mehr vom Gemeinschuldner im Exekutionsverfahren eingetrieben werden (2 Ob 598/51), ebenso wie gegen den Masseverwalter erwirkte Kostensprüche nur mehr gegen den ehemaligen Gemeinschuldner zu vollstrecken sind. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Masseverwalterin nach Aufhebung des Konkurses neben dem Gemeinschuldner nunmehr im eigenen Namen Partei zu sein hatte, vermag daher der Oberste Gerichtshof nicht zu teilen. Die Revisionsbeantwortung der Dr. C* ist damit zurückzuweisen, als beklagte Partei aber nur Ing. W* zu bezeichnen.

Die Revision ist nicht berechtigt.

Nach der Aufhebung des Konkurses konnte die klagende Partei ihre Forderung mit ihrem ursprünglichen Inhalt, allerdings unter Bedachtnahme auf die dauernde Veränderung, wie sie für die Konkursforderung dritter Klasse durch den Zwangsausgleich eingetreten war (Bartsch a.a.O. 318, Anm 6 lit c), geltend machen. Die klagende Partei erhebt einen Regreßanspruch nach § 158 f VersVG und damit einen Schadenersatzanspruch, der auf Grund einer Legalzession auf sie übergegangen ist. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist für ihren abgeleiteten Ersatzanspruch die für den übergegangenen Anspruch, maßgebende Verjährungszeit bestimmend (JBl 1976, 590; ZVR 1970/39; JBl 1970, 527 ua). Entgegen der Meinung des Revisionswerbers erging diese Rechtsprechung gerade auch in Fällen, in denen der Versicherer Leistungsfreiheit wegen Verletzung einer Obliegenheit behauptet. Die auf die klagende Partei übergegangene Schadenersatzforderung folgt damit der dreijährigen Frist des § 1489 ABGB. Ein Anspruch im Sinne des § 1042 ABGB, wie ihn sich die klagende Partei vorstellt, kann hingegen schon deswegen nicht gegeben sein, weil ein solcher bloß eine ergänzende Funktion hat und dann nicht besteht, wenn die Vermögensverschiebung in einem Rechtsverhältnis zwischen dem Verkürzten und dem Bereicherten einen ausreichenden Rechtsgrund findet oder sonst durch das Gesetz gerechtfertigt oder geregelt ist (SZ 39/82 ua), wie dies im vorliegenden Fall durch den zwischen der klagenden Partei und Ing. W* bestandenen Haftpflichtversicherungsvertrag geschehen war. Die klagende Partei hätte damit ihren Anspruch innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Schadens und der Person des Ersatzpflichtigen, die mit dem Unfallszeitpunkt eingetreten war, in einer die Unterbrechung oder Hemmung der Verjährung herbeiführenden Weise geltend machen müssen. Dies geschieht, wenn kein Anerkenntnis erfolgt, in der Regel durch Klage (§ 1497 ABGB). Eine solche Klage wurde vor Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beklagten nicht eingebracht und war sodann nicht mehr möglich (§ 6 Abs 1 KO). Im Konkursverfahren erfüllt die Forderungsanmeldung die Zwecke der Klage (Pollak in Bartsch-Pollak a.a.O. 480, Anm 6). Eine Unterbrechung der Verjährung konnte die klagende Partei daher nur mehr dadurch herbeiführen, daß sie die Forderung im Konkurs anmeldete (§ 9 Abs 1 KO); daß sie dann in der Prüfungstagsatzung bestritten wurde, spielte keine Rolle, da die Verjährung dennoch vom Tage der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt gilt (§ 9 Abs 2 KO) und sodann durch die gehörig fortgesetzte Liquidationsklage unterbrochen wird (Wegan a.a.O. 151; Bartsch a.a.O. 85, Anm 4). Die Anmeldung als Prozeßhandlung setzt nur den Beginn des Insolvenzverfahrens voraus (Petschek-Reimer-Schiemer a.a.O. 559) und kann daher sogleich ab dem Zeitpunkt geschehen, zu dem eine Klageführung unzulässig wird. Die Konkurseröffnung hat hingegen nicht die Wirkung der Unterbrechung der Verjährung der (später) angemeldeten Forderung (Pollak a.a.O. 482, Anm 14). Die klagende Partei meldete ihre Forderung im Konkurs erst am 23. Oktober 1975 an. Mit Recht nahm das Berufungsgericht daher an, daß der Anspruch der klagenden Partei damals bereits verjährt war. Das Revisionsgericht will nicht übersehen, daß die Gesetzeslage für Parteien, die mit der Erhebung ihres Anspruches bis knapp vor Ablauf der Verjährung zuwarteten und sodann übersahen, daß über das Vermögen des Schuldners der Konkurs eröffnet worden war, Härten entstehen können. Die Rechtslage der klagenden Partei ist aber nicht anders als die einer Partei, die unmittelbar vor Eintritt der Verjährung die Klage beim unzuständigen Gericht einbringt, wenn die Klage in der Folge zurückgewiesen wird. Von einer Partei, die erst knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist klagt, wird eben verlangt, daß sie sogleich die richtigen Prozeßschritte setzt und insbesondere Konkurseröffnungsedikte, die immerhin an der Gerichtstafel angeschlagen und publiziert werden, berücksichtigt. Allein daraus, daß das Konkursgericht der klagenden Partei eine Frist zur Klageführung erteilte, kann sie jedenfalls für sich nichts ableiten, zumal die strittige Frage der Verjährung immer nur im Rechtsstreit gelöst werden kann. Entgegen der Ansicht der Revision wurde die Verjährungsfrist auch nicht dadurch verlängert, daß das Konkursgericht eine Anmeldungsfrist bis 12. Mai 1975 bestimmt hatte, die im übrigen die klagende Partei ohnehin nicht eingehalten hatte. Der vom Konkursgericht gesetzten Anmeldungsfrist kommt nur die Bedeutung zu, daß die bis zu ihrem Ende eingebrachten Anmeldungen vor den späteren bevorzugt sind (Petschek-Reimer-Schiemer a.a.O. 560).

Der Revision ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41, 50 ZPO Ein Streitgenossenzuschlag ist nicht zu berücksichtigen, weil Ing. W* allein beklagte Partei ist. Im übrigen steht jedoch voller Kostenersatzanspruch dem Beklagten zu, weil die Revision die Einbeziehung der Dr. C* als selbständige Partei neben Ing. W* nicht rügt.

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