OGH 4Ob543/75

OGH4Ob543/759.9.1975

SZ 48/88

Normen

ABGB §909
ABGB §1336
Handelsvertretergesetz §6
Handelsvertretergesetz §17
ABGB §909
ABGB §1336
Handelsvertretergesetz §6
Handelsvertretergesetz §17

 

Spruch:

Eine Provision, die vereinbarungsgemäß auch für den Fall des Unterbleibens des Vertragsabschlusses durch vorzeitigen Widerruf des Auftrages zu bezahlen ist, stellt eine unechte Vertragsstrafe dar, auf welche § 1336 ABGB analog anzuwenden ist

§ 17 HVG ist nur auf echte Provisionsansprüche und Ansprüche auf Ersatz von Barauslagen anzuwenden, nicht aber auf Ansprüche, welche sich als Konventionalstrafen oder als Reugeld darstellen

OGH 9. September 1975, 4 Ob 543/75 (LGZ Wien 45 R 21/75; BG Innere Stadt Wien 28 C 70/74)

Text

Die Klägerin begehrte den Zuspruch von 11.500 S samt 7% Zinsen seit dem 16. Mai 1972. Sie brachte vor, die Beklagte habe ihr am 6. Mai 1969 den Alleinauftrag zur Vermittlung des Verkaufes ihrer Liegenschaft um einen Verkaufspreis von 2.300.000 S erteilt. Für den Erfolgsfall sei eine Vermittlungsgebühr von 3% des genannten Verkaufspreises vereinbart worden. Die Beklagte habe sich ferner verpflichtet, der Klägerin für ihre Bemühungen sowie für ihre Auslagen an Werbe- und Inseratskosten sowie sonstigen Spesen ein halbes Prozent des gewünschten Kaufpreises zu zahlen, falls sie aus einem zum Zeitpunkt der Auftragserteilung noch nicht erkennbaren Grund den Auftrag annulliert oder der Verkauf ohne Vermittlung der Klägerin zustande kommt. Die Klägerin sei auch im Sinne des Auftrages tätig geworden, doch habe die Beklagte durch ihren Rechtsfreund am 21. Juli 1969 den Vermittlungsauftrag mit sofortiger Wirkung widerrufen. Die Klägerin habe den Widerruf zur Kenntnis genommen. In der Folge sei der Abschluß eines geänderten Vermittlungsvertrages erörtert worden, doch sei darüber keine Einigung zustande gekommen. Der Klägerin stehe daher ein halbes Prozent des Verkaufspreises, somit ein Betrag von 11.500 S, zu. Da die Klägerin mit Bankkredit arbeite und diesen mit 7% verzinsen müsse, habe sie auch Anspruch auf denselben Zinssatz aus dem Titel des Schadenersatzes.

Die Beklagte stellte den Antrag, das Klagebegehren, welches sie dem Grund und der Höhe nach bestritt, abzuweisen. Sie wandte ein, die Klägerin habe keine Tätigkeit entfaltet. Außerdem sei der Anspruch verjährt, da der Widerruf des Auftrages bereits am 29. Juli 1969 von der Klägerin bestätigt worden sei.

Die Klägerin brachte zur Frage der Verjährung noch ergänzend vor, daß für den Fall, daß der Beginn der Verjährungszeit mit 29. Juli 1969 angenommen werde, die Beklagte die Forderung nach dem 29. Juli 1972 anerkannt habe.

Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht das Klagebegehren mit der Begründung ab, daß der Anspruch verjährt sei. Ein neuer Vermittlungsauftrag sei jedoch nicht erteilt worden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und hob das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf. Es vertrat die Ansicht, der Anspruch sei deshalb nicht verjährt, weil gemäß § 17 Abs. 1 HVG die Ansprüche auf Provision und Ersatz der Barauslagen zwar innerhalb von drei Jahren verjähren, die Frist jedoch gemäß § 17 Abs. 2 HVG erst mit dem Schluß des Jahres beginne, in welchem das Vertragsverhältnis gelöst wurde.

Im zweiten Rechtsgang brachte die Beklagte ergänzend vor, die Unterschrift auf dem Vermittlungsauftrag stamme nicht von ihr.

Das Erstgericht wies auch im zweiten Rechtsgang das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Die Beklagte suchte für ihre Liegenschaft in A samt darauf befindlichem Schlößl einen Käufer. Sie inserierte deshalb am 19. April 1969 in der Süddeutschen Zeitung, worauf sie von der Klägerin einen Normbrief erhielt. Diesen beantwortete die Beklagte durch ihre inzwischen verstorbene Freundin Maria D, der sie hiezu den Auftrag erteilte, und drückte in dem Schreiben vom 25. April 1969 ihre Absicht aus, die Klägerin mit der Durchführung des Verkaufes zu beauftragen. Sie bat um den unverbindlichen Besuch des hiefür zuständigen Sachbearbeiters der Klägerin. Die Klägerin schickte der Beklagten hierauf am 28. April 1969 einen weiteren Normbrief dem sie ein Vermittlungsauftragsformular beilegte und versprach, sofort alle auf Grund ihrer sechs Büros im In- und Ausland bestehenden Möglichkeiten für das Objekt der Beklagten zu nützen. Das Auftragsformular wurde von Maria D über Auftrag der Beklagten ausgefüllt und unterschrieben. In diesem Alleinvermittlungsauftrag, dem die Beklagte Fotos des Objektes beilegte, setzte sie den Richtpreis für den Verkauf mit 2.300.000 S an, führte jedoch aus, daß sie den Kaufpreis auf Grund der noch zu erfolgenden Besichtigung vereinbaren wolle. Die Beklagte wünschte den Besuch des Sachbearbeiters der Klägerin zur Besprechung von Einzelheiten. Sie verpflichtete sich im Verkaufsauftrag, der Klägerin im Erfolgsfall 3% des Verkaufspreises zu bezahlen, für den Fall, daß sie den Auftrag annullieren sollte oder der Verkauf ohne die Vermittlung der Klägerin zustande käme, aber 0.5% des gewünschten Verkaufspreises für die Bemühungen der Klägerin und sonstigen Spesen zu bezahlen. Mit Schreiben vom 21. Juli 1969 stornierte der Rechtsfreund der Beklagten Dr. K in deren Namen den Verkaufsauftrag mit sofortiger Wirkung und erklärte, daß sich die Beklagte, sollte sie sich späterhin doch entschließen, das Schlößl zu verkaufen, aller Voraussicht nach neuerlich an die Klägerin wenden werde. In Beantwortung des Stornos erklärte die Klägerin in einem Schreiben vom 29. Juli 1969, daß ihre Bemühungen, einen Käufer zu finden, seit Juni gelaufen seien und wies darauf hin, daß ihr zur Sicherheit für eventuelle Änderungen der Verkaufsabsicht 0.5% als Ersatz für Bearbeitungsspesen zu vergüten seien. Vor dem Fortsetzen ihrer Bemühungen erbat sie eine neuerliche Stellungnahme der Beklagten. Am 1. August 1969 bat Dr. K die Klägerin um die Zusendung einer Abschrift der die Vergütung von einem halben Prozent betreffenden Vereinbarung. Mit Schreiben vom 5. August 1969, dem die Klägerin eine Fotokopie dieser Vereinbarung beilegte, bat sie neuerlich um eine Stellungnahme der Beklagten bezüglich einer allfälligen Fortsetzung der Verkaufsbemühungen durch die Klägerin. Diese Bitte wiederholte sie in einem Brief vom 17. Oktober 1969, in dem sie erklärte, sie habe die Verkaufsbemühungen auf Grund des Stornos gestoppt. Am 27. Oktober 1969 bot Dr. K namens der Beklagten der Klägerin an, sie weiter mit dem Verkauf zu betrauen, vorausgesetzt die Klägerin wäre in Änderung des ursprünglichen Übereinkommens bereit, einen Provisionsanspruch nur im Erfolgsfall geltend zu machen. Auf dieses Schreiben reagierte die Klägerin zunächst nicht. Im Frühjahr 1970 fuhr der Geschäftsführer der Klägerin Hans Sch. auf Grund vorheriger telefonischer Vereinbarung zu dem Objekt. Bei dieser Besichtigung war auch die Beklagte anwesend, die jedoch Sch. gegenüber nicht erklärte, daß die Klägerin weiterhin vermittelnd tätig sein solle. Sch. fotografierte das Objekt. Im Sommer 1970 vermittelte Sch. der Beklagten telefonisch einen Interessenten, der das Objekt besichtigte. Die Klägerin gab als einzige Tätigkeit bis zum Storno am 21. Juli 1969 ein Inserat mit Bild in der Zeitschrift "Deutsche Immobilien-Rundschau" auf, das zirka 100 DM kostete. Ein Besuch des zuständigen Sachbearbeiters der Klägerin erfolgte vor dem Storno am 21. Juli 1969 nicht. Am 15. Mai 1972 übersandte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung über den Klagsbetrag. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte des Erstgericht ferner aus, der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin, wonach die Beklagte im Sommer 1970 ausdrücklich die weitere Tätigkeit der Klägerin gewünscht habe, könne nicht gefolgt werden.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß bei Aufgabe lediglich eines einzigen Inserates nicht davon gesprochen werden könne, daß die Klägerin die in ihrem Anbotschreiben versprochene Tätigkeit entfaltet habe. Die weitere Tätigkeit der Klägerin sei jedoch als stillschweigende Annahme des Anbotes der Beklagten zu betrachten, wonach eine weitere Tätigkeit nur unter der Voraussetzung erwünscht sei, daß lediglich eine Abschlußprovision bezahlt werde.

Mit dem angefochtenen Teilurteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin Folge, sprach ihr 11.500 S samt 4% Zinsen seit 16. Mai 1972 zu und hob das Ersturteil hinsichtlich des Zinsenmehrbegehrens von weiteren 3% ohne Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, vertrat jedoch die Ansicht, bei der Vereinbarung handle es sich um ein Reugeld im Sinn des § 909 ABGB und nicht um eine Konventionalstrafe. Die Beklagte sei daher zufolge ihres Rücktrittes vom Vertrag zur Bezahlung des Reugeldes verpflichtet. Der Vermittlungsauftrag sei gemäß § 36 ABGB nach österreichischem Recht zu beurteilen. Hinsichtlich des Zinsbegehrens seien jedoch keine Beweise über die Behauptung der Klägerin, sie arbeite mit 7% Bankkredit, aufgenommen worden. Das 4% übersteigende Zinsbegehren sei daher nicht spruchreif.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge und wies das Klagebegehren, soweit darüber mit Teilurteil entschieden worden war, ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Als unrichtige rechtliche Beurteilung bekämpft die Beklagte zunächst die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der vorliegende Vertrag nach österreichischem Recht zu beurteilen sei. Da die Frage des anzuwendenden Rechtes zu den von Amts wegen zu prüfenden Fragen gehört (SZ 25/17; SZ 44/177 u. a.), hat das Berufungsgericht diese Frage zunächst mit Recht auch ohne entsprechende Einwendungen erörtert.

Dem Berufungsgericht ist auch zuzustimmen, daß im vorliegenden Fall das Rechtsverhältnis nach österreichischem Recht zu beurteilen ist. Rechtsgeschäfte zwischen Inländern und Ausländern sind gemäß § 37 ABGB dann nach dem Recht des ausländischen Abschlußortes zu beurteilen, wenn das Geschäft im Ausland abgeschlossen und nicht offenbar ein anderes Recht zugrunde gelegt wurde. Als Ort des Vertragsabschlusses bei Abschluß durch Korrespondenz gilt dabei der Wohnsitz (die Niederlassung) des Offerenten. Als solcher gilt der Besteller, dem der Partner nicht schon zuvor seinen endgültigen Willen, sich zu binden, mitgeteilt hat (JBl. 1974, 369). Im vorliegenden Fall hat nun die Klägerin der Beklagten auf ein Inserat lediglich einen Normbrief übersandt und auch auf die Mitteilung der Beklagten, sie beabsichtige, die Klägerin mit dem Verkauf zu beauftragen, nur einen weiteren Normbrief übersendet. Daß die Klägerin darin bereits zum Ausdruck gebracht hätte, sich endgültig zu binden, kann nach dem Inhalt des Schreibens Beil. 13 nicht gesagt werden, wenn es auch am Beginn heißt, daß die Klägerin den Vermittlungsauftrag gerne übernehme. Ein solcher lag nämlich in diesem Zeitpunkt überhaupt noch nicht vor, vielmehr hat die Klägerin erst mit jenem Schreiben ein Auftragsformular übersendet. Das Rechtsverhältnis ist daher mit Rücksicht auf den Wohnort der den Auftrag erteilenden Beklagten nach österreichischem Recht zu beurteilen.

Der Anspruch der Klägerin ist jedoch verjährt.

Eine Provision, die vereinbarungsgemäß auch für den Fall des Unterbleibens des Vertragsabschlusses durch vorzeitigen Widerruf des Auftrages zu bezahlen ist, stellt eine unechte Vertragsstrafe dar, auf welche die Bestimmung des § 1336 ABGB analog anzuwenden ist (JBl. 1961, 89; SZ 25/90; SZ 39/128 u. a.). Daß es im vorliegenden Fall im Auftrag heißt, daß mit dem halben Prozent des Verkaufspreises die Bemühungen sowie die Auslagen an Werbe- und Inseratskosten und sonstigen Spesen vergütet werden, ändert daran nichts. Denn der Prozentsatz ist nicht auf den tatsächlichen Spesenaufwand abgestellt. Er ist in dieser pauschalierten Form nichts anderes als ein Teilersatz für die nicht verdiente Provision, in der üblicherweise auch die Spesenvergütung enthalten ist (SZ 39/128).

Unter die Entschädigungsklagen nach § 1489 ABGB fallen aber auch solche auf Ersatz der aus Vertragsverletzungen entstandenen Schäden. Hiezu gehören auch Vereinbarungen, die dem § 1336 ABGB unterliegen (EvBl. 1962/311, u. a.) und auch Klagen auf Entrichtung von Reugeld (5 Ob 29, 30/71), weshalb für die Klägerin auch nichts gewonnen wäre, wenn man die Rechtsnatur des Anspruches - so wie das Berufungsgericht - als Reugeld qualifizieren würde. Die Frist des § 1489 ABGB, welche ab der Kenntnis des den Anspruch begrundenden Ereignisses, d. i. im vorliegenden Fall zumindest ab dem Schreiben der Klägerin vom 29. Juli 1969, womit das Storno bestätigt wurde, zu laufen beginnt, war jedoch im Zeitpunkt der Klagseinbringung (18. Dezember 1972) bereits verstrichen. Daß aber die Beklagte den Anspruch der Klägerin nach dem 29. Juli 1972 anerkannt hätte, wurde zwar seinerzeit im ersten Rechtsgang in erster Instanz von der Klägerin behauptet, im Rechtsmittelverfahren aber nicht mehr aufrecht erhalten und keine mangelnden Feststellungen in dieser Richtung geltend gemacht. In diesem Zusammenhang kann darauf verwiesen werden, daß der Geschäftsführer der Klägerin, auf den diese sich zum Beweis ihrer Behauptung berufen hat, ausdrücklich erklärt hat, die Beklagte habe die gegenständliche Forderung nicht anerkannt, ihm sei jedenfalls nichts darüber bekannt.

Zu prüfen ist daher nur noch, ob die Frist zufolge der Sonderbestimmung des § 17 HVG gewahrt ist. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung verjähren Ansprüche auf Provision und Ersatz der Barauslagen in drei Jahren. Gemäß Abs. 2 beginnt die Verjährung dieser Ansprüche unter anderem mit dem Schluß des Jahres, in dem das Vertragsverhältnis gelöst worden ist. Diese Bestimmung ist aber nach ihrem Wortlaut und Sinn nur auf Ansprüche anzuwenden, welche echte Provisionsansprüche und Ansprüche auf Ersatz von Barauslagen zum Gegenstand haben, nicht aber auf Ansprüche, welche sich als Konventionalstrafen oder als Reugeld darstellen (Lewisch, Die Verjährung der Maklerprovision in Immobilien-Zeitung 1963, 163, insbesondere 165). Zu einer ausdehnenden Auslegung dieser Ausnahmebestimmung auch auf die vom Realitätenvermittler vereinbarte Konventionalstrafe oder auf das Reugeld besteht mit Rücksicht darauf kein Anlaß, daß bei einer Stornierung des Auftrages der Zeitpunkt, von dem an die Frist zu laufen beginnt, völlig klar ist, es auch keiner umfangreichen Überwachung zur Wahrung der Frist bedarf und schließlich die beim Handelsvertreter gegebene Gefahr nicht besteht, daß eine zur Verhinderung der Verjährung erfolgte Einklagung des Anspruches den Bestand des Vertragsverhältnisses in Frage stellen würde (vgl. auch Grünberg - Mayer - Mallenau, Handelsagentengesetz, Anm. 2 zu § 17, 75 über die Gründe der Einführung dieser Bestimmung).

Da somit der eingeklagte Anspruch verjährt ist, war das angefochtene Teilurteil im Sinne einer Abweisung des Klagebegehrens im Umfang des Teilurteiles abzuändern. Im fortgesetzten Verfahren über das Zinsenmehrbegehren wird zu beachten sein, daß durch diese Entscheidung der Hauptanspruch rechtskräftig verneint wurde, womit auch dem Zinsenbegehren der Boden entzogen ist.

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