OGH 5Ob113/75

OGH5Ob113/758.7.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Sobalik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel, Dr. Marold, Dr. Samsegger und Dr. Griehsler als Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten (Gegner der gefährdeten) Partei A* S*, Arbeiter, *, vertreten durch Dr. Gottfried Wagner, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte und widerbeklagte (gefährdete) Partei An* S*, Hausfrau, *, vertreten durch Dr. Heinz Mück, Rechtsanwalt in Linz, wegen Ehescheidung infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 11. April 1975, GZ. 4 R 64, 65/75‑17, womit die einstweilige Verfügung des Landesgerichtes Linz vom 5. Februar 1975, GZ. 7 Cg 237/74‑12, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0050OB00113.75.0708.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen, soweit er die Abweisung des Mehrbegehrens von je S 200,‑‑ an einstweiligen monatlichen Unterhalt für die mj. M* und And* S* betrifft.

Dem Revisionsrekurs wird im übrigen Folge gegeben, und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die im Punkt 3.) erfolgte Bestimmung des Endtermines 31. Dezember 1976 der für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Beendigung der Rechtsstreite 7 Cg 237/74 und 7 Cg 27/75 des Landesgerichtes Linz erlassenen einstweiligen Verfügung zu entfallen hat.

Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

 

Begründung:

Die Streitteile begehren mit der am 16. 7. 1974 eingebrachten Klage des Mannes (7 Cg 237/74 des Landesgerichtes Linz) und der am 20. 1. 1975 erhobenen Wiederklage der Frau (7 Cg 27/75 des Landesgerichtes Linz) die Scheidung ihrer Ehe.

Im Rahmen dieses Rechtsstreites bewilligte das Erstgericht der beklagten und gefährdeten Partei den abgesonderten Wohnort. Des weiteren wurde dem Kläger und Antragsgegner mit dieser einstweiligen Verfügung auferlegt, der gefährdeten Partei ab 3. Dezember 1974 monatlich S 2.000,‑‑ und jedem der drei ehelichen Kinder monatlich je S 1.400,-- an einstweiligem Unterhalt zu leisten. Diese einstweilige Verfügung soll für die Dauer der verbundenen Rechtsstreite 7 Cg 237/74 und 7 Cg 27/75 bis zu ihrer rechtskräftigen Beendigung gelten. Die Mehrbegehren der gefährdeten Partei auf Ausweisung des Ehemannes aus der Ehewohnung, auf Bezahlung weiterer Unterhaltsbeträge sowie auf Leistung eines Prozeßkostenvorschußes wurden abgewiesen.

Diese einstweilige Verfügung wurde von beiden Parteien bekämpft.

Das Rekursgericht änderte sie dahingehend ab, daß der beklagten und gefährdeten Partei der abgesonderte Wohnort durch Ausweisung des Antragsgegeners aus der Ehewohnung bewilligt werde. Die einstweiligen Unterhaltsleistungen wurden hinsichtlich der Antragstellerin auf S 2.800,‑‑ erhöht, hinsichtlich des ältesten Kindes mit S 1.400,‑‑ gleichbelassen und hinsichtlich der beiden jüngeren Kinder um je S 200,‑‑ auf je S 1.200,‑‑ monatlich reduziert. Das Rekursgericht verfügte weiters, daß diese einstweilige Verfügung für die Dauer der verbundenen Rechtsstreite 7 Cg 237/74 und 7 Cg 27/75 des Landesgerichtes Linz bis zu deren rechtskräftiger Beendigung, längstens jedoch bis 31. Dezember 1976 gelte. Die Mehrbegehren an einstweiliger Unterhaltsleistung sowie auf Leistung eines Prozeßkostenvorschußes wurden bzw. blieben abgewiesen.

Das Rekursgericht sprach zu dieser teilweisen Abänderung der erstgerichtlichen einstweiligen Verfügung zunächst aus, daß dem Rekurs der klagenden und widerbeklagten (Gegner der gefährdeten) Partei nicht Folge gegeben, hingegen dem Rekurs der beklagten und widerbeklagten (gefährdeten) Partei teilweise Folge gegeben werden. Entsprechende Hinweise befanden sich auch in der Begründung. Spruch und Begründung wurden diesbezüglich unter Hinweis auf das Vorliegen einer offenbaren, auf ein Versehen des Rekursgerichtes zurückzuführenden Unrichtigkeit gemäß §§ 430, 419 ZPO dahingehend berichtigt, daß bei den Rekursen daher im aufgezeigten Umfange teilweise Folge zu geben sei.

Die Antragstellerin bekämpft den rekursgerichtlichen Beschluß insoweit, als er die Dauer der einstweiligen Verfügung unabhängig von der rechtskräftigen Beendigung der Rechtsstreite 7 Cg 237/74 und 7 Cg 27/75 des Landesgerichtes Linz mit 31. Dezember 1976 beschränkt und das Mehrbegehren von je S 200,‑‑ monatlichen Unterhalt für die mj. Kinder M* und And* S* abweist mit dem Antrage auf Abänderung dahingehend, daß die Beschränkung bis 31. Dezember 1976 ersatzlos zu entfallen habe und der Unterhalt für die beiden genannten Kinder wieder mit monatlich je S 1.400,‑‑ festgesetzt werde.

Zur Zulässigkeit des Rekurses wurde darauf hingewiesen, daß ebenso wie bei der zeitlichen Begrenzung der einstweiligen Verfügung hinsichtlich der Unterhaltsherabsetzung keine Frage der Unterhaltsbemessung vorliege, weil nach der Fassung des rekursgerichtlichen Beschlußes dem Rekurse der klagenden und widerbeklagten (Gegner der gefährdeten) Partei nicht Folge gegeben worden sei, wovon das Rekursgericht auch in der Begründung ausgehe. Soferne die Entscheidung nicht gemäß § 419 ZPO berichtigt werden könne, sei sie im Sinne des § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO nichtig.

Das Rekursgericht hat im Sinne eines zugleich gestellten Berichtigungsantrages der beklagten Partei Spruch und Begründung seines Beschlußes bezüglich der teilweisen Stattgebung beider Rekurse gegen die erstinstanzliche einstweilige Verfügung im bereits dargelegten Umfange berichtigt. Diese antragsgemäße Berichtigung nach §§ 430, 419 ZPO war zulässig, weil das, was ausgesprochen wurde, offensichtlich nicht dem Willen des Gerichtes zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat, wie sich aus dem ganzen Zusammenhange ergibt (vgl. JBl 1969, 41; uva. zuletzt etwa 1 Ob 122/71). Dem rekursgerichtlichen Beschluß war eindeutig zu entnehmen, daß die Reduzierung des einstweiligen Unterhaltes für die beiden jüngeren Kindern verfügt und mit ihren geringeren altersmäßigen Bedürfnissen sowie der beschränkten Leistungsfähigkeit des Antragsgegners begründet werde. Es wurde sohin entgegen dem fehlerhaften Spruche inhaltlich auch dem Rekurse des Antragsgegners Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, muß die Beschwerde zur Zeit der Einbringung des Rechtsmittels gegeben sein und zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch fortbestehen (vgl. JBl 1962, 511; SZ 44/144 uva zuletzt etwa 8 Ob 231/74).

Nachdem sohin nach erfolgter Berichtigung eine Nichtigkeit der angefochtenen Entscheidung im Sinne des § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO nicht mehr wahrgenommen werden kann, betrifft die Bekämpfung der Abweisung des Mehrbegehrens an einstweiligem Unterhalt hinsichtlich der beiden jüngeren Kinder von je 200 S allein die Bemessung des gesetzlichen Unterhaltes, auf die einzugehen dem Obersten Gerichtshof verwehrt ist, weil auch für solche Revisionsrekurse die Anfechtungsbeschränkung des § 502 Abs. 2 Z. 1 ZPO (in Verbindung mit den §§ 78, 402 EO) zu gelten hat (vgl. Fasching IV, 451; SZ 23/101).

Der Revisionsrekurs war sohin zurückzuweisen, soweit er die einstweilige Unterhaltsleistung für die mj. M* und And* S* bekämpfte.

Der Revisionsrekurs ist aber hinsichtlich der zusätzlichen Befristung der Gültigkeitsdauer der einstweiligen Verfügung berechtigt.

Das Erstgericht hat die einstweilige Verfügung für den Zeitraum bis zur rechtskräftigen Beendigung des Scheidungsverfahrens erlassen. Das Rekursgericht fügte als äußersten Endtermin den 31. Dezember 1976 hinzu, ohne dies irgendwie zu begründen. Es lag auch kein diesbezüglicher Antrag seitens der Parteien vor.

Gemäß § 391 Abs. 1 EO hat der Beschluß, durch welchen eine einstweilige Verfügung bewilligt wird, die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Dies kann durch die Bezeichnung eines Kalendertages, mit welchen die angeordneten Sicherungsmittel ihre Wirksamkeit verlieren oder durch Bestimmung eines Ereignisses, Vorfalles oder Umstandes angegeben werden, bis zu dessen Eintritt die Sicherung der Parteien zugutekommen soll, etwa bis zur Rechtskraft eines Urteiles in einem für die einstweilige Verfügung maßgeblichen Verfahren. Es kann auch eine alternative Festsetzung des Zeitpunktes erfolgen, indem als äußerster Endpunkt ein kalendermäßig bezeichneter Tag genannt wird, falls nicht ein gewisses maßgebendes Ereignis schon früher eintritt (JM. zu §§ 375, 391 Abs. 1 EO.).

Die damit strittige verfahrensrechtliche Voraussetzung gehört nicht zur Unterhaltsbemessung. Dies ganz abgesehen davon, daß sie auch die Bewilligung des abgesonderten Wohnortes betrifft. Die Anfechtbarkeit dieser abändernden Fristsetzung erscheint nicht ausgeschlossen. Es kann auch eine Beschwerde der Antragstellerin nicht verneint werden, weil mit dem zusätzlich kalendermäßig bezeichneten Endtermin eine Verkürzung der Gültigkeitsdauer der einstweiligen Verfügung gewärtigt werden muß. Es erscheint zudem zweckmäßig, die einstweilige Verfügung gemäß § 382 Z. 8 EO bei unveränderten Verhältnissen unverkürzt für die Dauer des Scheidungsverfahrens zu belassen.

Dem Revisionsrekurse war daher Folge zu geben und der rekursgerichtliche Beschluß dahin abzuändern, daß die Beschränkung der Geltungsdauer der einstweiligen Verfügung bis längstens 31. Dezember 1976 zu entfallen hat.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 393 Abs. 1 EO.

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