OGH 3Ob127/75

OGH3Ob127/753.6.1975

SZ 48/63

Normen

Grundbuchsgesetz §56 Abs1
Grundbuchsgesetz §56 Abs1

 

Spruch:

Der Einverleibung (oder Vormerkung) des Eigentumsrechtes im angemerkten Rang kommt die im § 56 Abs. 1 Satz 2 GBG angeführte Rechtswirkung nur gegenüber nach der Anmerkung erworbenen bücherlichen Rechten zu. Der Eigentumserwerb wird in diesem Fall nicht schlechthin auf den Rang der Anmerkung für die beabsichtigte Veräußerung vorverlegt

OGH 3. Juni 1975, 3 Ob 127/75 (LG Innsbruck 2 R 66/75; BG Hopfgarten C 127/74 )

Text

In den vom Beklagten gegen Josef G (sen.) beim Erstgericht zu E 401/74, E 402/74 und E 403/74 zur Hereinbringung der Forderungen von

77.220 S, 68.960 S und 21.917 S, je samt Anhang, geführten Fahrnisexekutionen wurden am 22. April 1974 unter PZ 1 des Pfändungsprotokolles GZ E 401/74-2 "ca." 1700 Hennen gepfändet. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 28. November 1974 wurden die drei Fahrnisexekutionen in Ansehung der PZ 1 auf Antrag des Verpflichteten nach §§ 39 Abs. 1 Z. 2, 252 EO eingestellt. Die diesen Beschluß bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes wurde dem nunmehrigen Beklagten am 18. Feber 1975 zugestellt.

Mit der am 17. Juni 1974 eingebrachten Klage erhob der Kläger, der Sohn des Verpflichteten Josef G sen., gegen diese Fahrnisexekutionen in Ansehung der PZ 1 des Pfändungsprotokolles GZ E 401/74-2, Widerspruch nach § 37 EO und brachte hiezu im wesentlichen vor, die gepfändeten Hennen seien Zubehör des landwirtschaftlichen Betriebes in H, P 33, der zwar zur Zeit des Exekutionsvollzuges im bücherlichen Eigentum des Verpflichteten Josef G sen. gestanden sei, jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits an ihn (Kläger) übergeben und "übereignet" worden sei. Der diesbezügliche Vertrag sei am 12. November 1973 entworfen und am 18. Dezember 1973 unterfertigt worden. Der Vertrag enthalte die Bestimmung, daß der landwirtschaftliche Betrieb samt allem Zubehör mit dem Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung in seinen (Kläger) Besitz übergehe. Er sei daher seit 18. Dezember 1973 Eigentümer der gepfändeten Hennen.

Der Beklagte wendete insbesondere ein, der Vertrag, mit welchem der Bauernhof dem Kläger übereignet worden sei, sei erst am 21. Mai 1974, also nach der Pfändung der als Zubehör anzusehenden Hennen, rechtswirksam geworden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es von folgenden Feststellungen ausging: Josef G sen. hat sein Anwesen P 33 bereits im Jahre 1973 seinem 22jährigen Sohn Josef G jun. übereignet. Schon am 15. Oktober 1973 hatten Vater und Sohn in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. P in H die Bedingungen der Hofübergabe ausgehandelt; am 18. Dezember 1973 wurde der Übergabsvertrag von beiden Vertragsteilen unterschrieben. Der Kläger hat seit Jänner 1974 die tatsächliche Bewirtschaftung des ihm zunächst außerbücherlich ereigneten Bauernhofes auf eigene Rechnung ausgeübt. Die zur Verbücherung erforderliche gerichtliche Beglaubigung der am 18. Dezember 1973 geleisteten Unterschriften der Vertragspartner fand erst am 21. Mai 1974 statt, der Übergabsvertrag war also am 22. April 1974 noch nicht verbüchert. Allerdings wurde am 22. April 1974 der Antrag des Josef G sen. auf Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der Übergabsliegenschaft bei Gericht eingebracht. Auf der Übergabsliegenschaft sind außer fünf Kühen, fünf Jungrindern und zwei Schweinen 1700 Hühner gehalten worden. Die Hühnerhaltung bildete nicht einen gesonderten gewerblichen Betrieb, sondern einen Bestandteil des landwirtschaftlichen Betriebes. Sie wurde schon vom Vater des Klägers betrieben, weil nur auf diese Weise für die große Bauerfamilie eine ausreichende Ernährungsgrundlage gegeben war.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß die vom Beklagten gegen den Kläger (richtig: dessen Vater) betriebenen Fahrnisexekutionen in Ansehung der gepfändeten Hennen unzulässig seien, weil letztere Zubehör der Liegenschaft des Klägers seien und somit in dessen Eigentum stunden.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung des Beklagten dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Rechtlich gelangte das Berufungsgericht auf Grund der übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes zur Ansicht, daß der Kläger im Zeitpunkt der Pfändung der Hennen, die als Zubehör zur Liegenschaft gehörten, nicht bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft gewesen und daher nach Lehre und ständiger Rechtsprechung zum Widerspruch gegen die Pfändung der Hennen nicht berechtigt sei. Die Klage wäre aber auch wegen der rechtskräftigen Einstellung der Exekutionen mangels eines Rechtsschutzinteresses des Klägers zurückzuweisen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Kläger meint unter Hinweis auf zwei ältere Entscheidungen, auch der "außerbücherliche" Eigentümer sei widerspruchsberechtigt. Dies müsse umsomehr dann gelten, wenn im Zeitpunkt der Vornahme der Exekution bereits die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung im Grundbuch eingetragen gewesen sei. In einem solchen Fall sei der spätere Eigentumserwerb auf diesen Zeitpunkt abzustellen. Wenn eine auf der Liegenschaft nach dem Zeitpunkt der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung geführte Exekution im Fall der rechtzeitigen Eintragung des Eigentumserwerbes wirkungslos bleibe, so müsse das umsomehr für die Exekutionsführung auf Bestandteile der Liegenschaft gelten.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Nach dem Vorbringen des Klägers in der Klage und in der Revision ist davon auszugehen, daß der Kläger sein Widerspruchsrecht nach § 37 EO nur auf die Behauptung stützt, die unter PZ 1 zu E 401, 402 und 403/74 des Erstgerichtes gepfändeten Hennen schon vor der Pfändung als Zubehör der ihm von seinem Vater übergebenen landwirtschaftlichen Liegenschaft erworben zu haben. Einen anderen Rechtstitel machte der Kläger für sein behauptetes Eigentum an den Pfandsachen nicht geltend. Die Frage, ob die gepfändeten Tiere etwa nicht Liegenschaftszubehör sind und sie der Kläger nach den Grundsätzen für die Übereignung von Fahrnissen ins Eigentum erwarb, kann daher schon mangels eines diesbezüglichen schlüssigen Klagsvorbringens auf sich beruhen.

Die Zubehörseigenschaft einer Sache bedeutet, daß sie in der Regel die rechtlichen Schicksale der Hauptsache (hier: der verbücherten Liegenschaft) teilt (Klang[2] II, 21). Die Berechtigung zur Exszindierung von Liegenschaftszubehör wegen Eigentums eines Dritten ist somit nach den Grundsätzen zu beurteilen, die für einen - aus dem gleichen Grund erhobenen Widerspruch gegen die Exekution auf die gesamte Liegenschaft gelten. Die hiezu vom Berufungsgericht vertretene Rechtsansicht, daß zur Exszindierung einer bücherlichen Liegenschaft nur derjenige Dritte berechtigt ist, der im Zeitpunkt der Exekutionsführung bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft ist, entspricht der nunmehrigen ständigen Rechtsprechung des OGH (SZ 20/167; EvBl. 1964/87; EvBl. 1969/206; EvBl. 1970/36) und der neueren Lehre (Heller - Berger - Stix, 450; Petscher - Hämmerle - Ludwig, 86; Haselmayr, ÖRZ 1967, 154). Von diesem Grundsatz abzugehen, besteht kein Anlaß. Es ist daher für die Beurteilung der Berechtigung des außerbücherlichen Erwerbers einer verbücherten Liegenschaft zum Widerspruch gegen die Exekution auf die Liegenschaft und deren Zubehör bedeutungslos, ob der exszindierende außerbücherliche Erwerber im Zeitpunkt der Exekution auf die Liegenschaft durch eine vorher erwirkte Anmerkung für die beabsichtigte Veräußerung gesichert war bzw. ob er später unter Ausnützung dieser bücherlichen Anmerkung Eigentümer geworden ist. Der Einverleibung (oder Vormerkung) des Eigentumsrechtes im angemerkten Rang kommt die im § 56 Abs. 1 Satz 2 GBG angeführte Rechtswirkung nur gegenüber nach der Anmerkung erworbenen bücherlichen Rechten zu. Die vom Kläger behauptete weitergehende Wirkung einer solchen Eintragung, nämlich daß der Eigentumserwerb in diesem Fall überhaupt auf den Rang der Anmerkung für die beabsichtigte Veräußerung vorverlegt wird, läßt sich dieser Bestimmung nicht entnehmen (SZ 26/288; vgl. auch SZ 15/81). Der außerbücherliche Erwerber einer Liegenschaft, der einen Rangordnungsbescheid in Händen hat, ist allerdings bis zur Einverleibung seines Eigentumsrechtes nach § 57 Abs. 1 GBG gegen eine nachrangige Exekution auf die Liegenschaft geschützt. Einer sinngemäßen Anwendung letzterer Bestimmung auf den Fall, daß nur auf Liegenschaftszubehör Exekution geführt wird, bedarf es schon deshalb nicht, weil nach § 252 Abs. 1 EO "das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör derselben nur mit dieser Liegenschaft selbst in Exekution gezogen werden darf". Eine entgegen dieser Vorschrift bewilligte Exekution auf Liegenschaftszubehör ist auf Antrag oder von Amts wegen nach § 39 Abs. 1 Z. 2 EO einzustellen, wie dies im vorliegenden Fall auch geschehen ist. Das Berufungsgericht hat daher mit Recht die Exszindierungsklage abgewiesen.

Auf die rechtskräftige Einstellung der Exekution in Ansehung der PZ 1 war allerdings bei der Entscheidung über die vorliegende Klage nicht Bedacht zu nehmen, da der Einstellungsbeschluß erst nach Schluß der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, somit nach dem für die Entscheidung über die Klage maßgeblichen Zeitpunkt, rechtskräftig geworden war. Dies gilt nicht nur für das Berufungs-, sondern auch für das Revisionsverfahren (EvBl. 1962/13; 3 Ob 133/71; 3 Ob 48/72; Fasching III, 661, Anm. 4).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte