OGH 5Ob12/75

OGH5Ob12/7525.2.1975

SZ 48/21

Normen

KO §44 Abs1
WWG §19
KO §44 Abs1
WWG §19

 

Spruch:

Vom Wohnhaus-Wiederaufbaufonds ausgezahlte Darlehensbeträge bilden kein - auf ein Separatkonto zu erlegendes - Sondervermögen des Darlehenswerbers; sie gehören daher dann, wenn nach ihrer Weitergabe an den Generalunternehmer über dessen Vermögen der Konkurs eröffnet wird, zur Konkursmasse. Den Subunternehmern steht in diesem Fall kein Aussonderungsrecht zu

OGH 25. Feber 1975, 5 Ob 12/75 (OLG Wien 1 R 196/74; HG Wien 29 Cg 234/72)

Text

Die Gemeinnützige A-Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft reg. Genossenschaft m. b. H. ließ als Bauherr unter Zuhilfenahme von Mitteln des Wohnhauswiederaufbaufonds in Wien 10, A-Gasse 85 durch die W-GmbH als Generalunternehmerin ein Haus errichten. Die Bauherrschaft verpflichtete sich gegenüber dem Wohnhauswiederaufbaufonds zur Vorlage der Subunternehmerrechnungen sowie zur Überweisung der zugezählten Fondsbeträge an die bauausführenden Unternehmungen. Die weiters übernommene Verpflichtung, daß ein bestellter Generalunternehmer die ihm vom Fondsmittelwerber ausgezahlten Beträge binnen 14 Tagen an die Subunternehmer weiterzuleiten habe, wurde von der angeführten Genossenschaft der Generalunternehmerin überbunden. Diese hatte mit der B-Sparkasse einen Zessionsrahmenvertrag abgeschlossen, unter den auch die gegenständliche Baustelle fiel. Der Generalunternehmerin war ein einziges Kreditkonto eingeräumt worden, über das sie im Rahmen des Zessionsvertrages so wie über ein normales Bankkonto mittels Scheck, Überweisungsauftrages usw. verfügen konnte. Die Zahlungen der Genossenschaft an die Generalunternehmerin, insbesondere auch die Weiterleitung der eingegangenen Fondsmittel, erfolgten stets auf dieses Konto. Je nach dem Eingang der Zessionsfakturen und Inanspruchnahme des Kredites erhöhte bzw. verringerte sich der Kreditrahmen. Die B-Sparkasse konnte über das Konto nicht verfügen.

Für die Ausstattung des Hauses mit Sonnenschutzselbstrollern bewilligte der Wohnhauswiederaufbaufonds insgesamt 98.421 S. Davon wurden im Jahre 1970 in drei Teilbeträgen insgesamt 98.359 S der Genossenschaft überwiesen und auch noch im selben Jahre von dieser auf das Konto der Generalunternehmerin bei der B-Sparkasse weitergeleitet. Grundsätzlich sollten 90% des Bauvorhabens mit Hilfe des Darlehens des Wohnhauswiederaufbaufonds finanziert werden, die restlichen 10%, aus Eigenmitteln. Die Genossenschaft ließ einen Sonnenschutz aus Leichtmetalljalousien herstellen, wobei die Differenz auf die bewilligten Fondsmittel aus Eigenmitteln gezahlt werden sollte. Diese Jalousien wurden von der Klägerin im Auftrage der Generalunternehmerin hergestellt. Die auf einen Betrag von 144.492 S lautende Schlußrechnung vom 7. April 1970 langte am nächsten Tage bei der Generalunternehmerin ein. Auf diese Rechnung wurde im Laufe des Jahres 1970 insgesamt 76.500 S gezahlt, so daß noch der Betrag von 67.992 S offen ist. Aus Eigenmitteln der Genossenschaft wurden auf das Konto der Gemeinschuldnerin 7380 S, 2462 S und 1309 S überwiesen. Außerdem zahlte die Genossenschaft als Aufzahlung für die Leichtmetalljalousien gleichfalls im Jahre 1970 insgesamt weitere 179.501 S auf dieses Konto ein.

Über das Vermögen der W-GmbH mit der nunmehrigen Bezeichnung S-GmbH wurde vom Handelsgericht Wien mit Beschluß vom 20. Jänner 1971, Sa 1/71, das Ausgleichsverfahren und mit Beschluß vom 9. April 1971, S 33/71, das Konkursverfahren eröffnet, in dem der Beklagte zum Masseverwalter bestellt wurde.

Mit Schreiben vom 22. Oktober 1971 hat dieser die Klageforderung grundsätzlich anerkannt seine Beurteilung hiezu aber mit Schreiben vom 25. November 1971 revidiert.

Nach dem letzten Stand stellte der Kläger das Hauptbegehren auf Zahlung des Betrages von 67.992 S samt 5% Zinsen seit Klagebehändigung. Im Eventualbegehren wird die Feststellung begehrt, daß der klägerische Anspruch aus der Rechnung vom 7. April 1970 über restliche 67.992 S gegenüber der Gemeinschuldnerin S-GmbH aus den dieser Gesellschaft für das Bauvorhaben Wien 10, A-Gasse 85 zustehenden bzw. zugekommenen Fondsmitteln für Sonnenschutz als Sondermasse zu befriedigen sei. Der Kläger beruft sich diesbezüglich unter Hinweis auf die Bestimmung des § 25 WWG darauf, daß die bewilligten Fondsmittel eine Sondermasse seien, deren Herausgabe die jeweiligen Subunternehmer unabhängig von der Konkurseröffnung begehren könnten. Der Beklagte habe daher ohne Rücksicht auf den Konkurs den noch aushaftenden Rechnungsbetrag zu bezahlen. Er habe zudem ein Anerkenntnis abgegeben.

Das Erstgericht gab auf der Grundlage des eingangs dargelegten Sachverhaltes dem Hauptbegehren statt. Es erachtete zwar, daß ein konstitutives Anerkenntnis des Masseverwalters nicht vorliege. In der Vereinbarung zwischen der Genossenschaft und dem Wohnhauswiederaufbaufonds sowie zufolge deren Überbindung auf die Gemeinschuldnerin sei aber ein Vertrag zugunsten Dritter gegeben, auf Grund dessen der Kläger seinen Anspruch direkt gegen den Beklagten als Masseverwalter geltend machen könne. Zivilrechtlich sei dadurch bis zur Höhe der überwiesenen Fondsmittel eine Sondermasse entstanden, die ausschließlich zur Befriedigung der Professionistenforderungen zu dienen habe. Ob diese Sondermasse noch vorhanden sei, stelle höchstens ein strafrechtliches Problem dar. Von den von der Genossenschaft der Gemeinschuldnerin bis Ende 1970 überwiesenen insgesamt 289.011 S habe diese auf die Rechnung des Klägers von 144.492 S bis zum 30. November 1970 insgesamt nur 76.500 S gezahlt. Der der Höhe nach außer Streit stehende Klagebetrag sei daher aus den tatsächlich zugeflossenen Fondsmitteln als Sondermasse zu leisten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil im Sinne der Abweisung des Haupt- und der Eventualbegehren ab; es sprach dabei aus, daß der von der Abänderung betroffene Wert des Streitgegenstandes in Ansehung der Eventualbegehren 1000 S übersteige. Das Berufungsgericht gelangte auf Grund der für ausreichend befundenen und unbekämpften erstgerichtlichen Feststellungen zu der Auffassung, daß ein Aussonderungsanspruch nicht vorliege, der nach § 11 KO durch die Konkurseröffnung nicht berührt würde. Die Aussonderung könne sich immer nur auf individuell bestimmte Sachen beziehen. Geld sei nur so lange ein geeigneter Gegenstand eines solchen Anspruches, als es unterscheidbar vorhanden sei. Dies sei im Hinblick auf die Gebarung mit den überwiesenen Fondsmitteln über ein Konto der Gemeinschuldnerin nicht der Fall. Es könne aber auch die Bestimmung des § 25 WWG nicht die Auffassung der klagenden Partei rechtfertigen, es handle sich bei den Fondsmitteln um eine Sondermasse, die nicht in den Konkurs einzubeziehen sei:

Anspruchsberechtigter bezüglich der Fondsmittel sei lediglich der Fondswerber; Dritten stehe kein unmittelbares Recht an den gewährten Fondsmitteln zu. Der Anspruch könne auch nicht von Dritten in Exekution gezogen werden. Infolge des Exekutionsverbotes des § 19 Abs. 4 WWG (§ 36 Abs. 1 lit. a WBFG 1968) könne der bloße Anspruch auf Darlehensgewährung zwar nicht in die Konkursmasse einbezogen werden. Wenn das Darlehen jedoch bereits gewährt wurde, stellten die ausbezahlten Beträge ein der Exekution unterworfenes Vermögen des Bewerbers dar und fielen deshalb nach § 1 Abs. 1 KO in die Konkursmasse. Die Strafbestimmung des § 25 WWG ziehe keine unmittelbare zivilrechtliche Wirkung nach sich. Einzige zivilrechtliche Sanktion für die nicht bestimmungsgemäße Verwendung der Fondsmittel sei der Widerruf der Darlehensbewilligung und die Rückforderung durch den Fonds. Der Anspruch des Klägers sei sohin nicht als Aussonderungsanspruch im Sinne des § 44 Abs. 1 KO anzusehen. Daß infolge eines Vertrages zugunsten Dritter ein direkter Leistungsanspruch gegen den Gemeinschuldner bestehe, könne die Rechtsnatur dieses Anspruches als bloßen Anspruch auf Entgeltzahlungen auf Grund eines Werkvertrages nicht ändern. Da der Kläger seine Leistungen bereits vor Eröffnung des Ausgleichs- (Anschlußkonkurs)Verfahrens erbracht habe, könne es sich bei seiner Forderung auch nicht um eine Masseforderung im Sinne des § 46 Z. 4 KO (offenbar gemeint § 46 Abs. 1 Z. 5 KO) handeln. Schließlich sei die Beurteilung der klägerischen Forderung als Masseforderung auch nicht im Zusammenhang mit § 21 KO in Betracht zu ziehen, weil der Kläger den Werkvertrag seinerseits bereits vor Eröffnung des Ausgleiches zur Gänze erfüllt habe und deshalb ein Eintritt des Masseverwalters nicht in Betracht komme. Der Kläger hätte vielmehr im Sinne der Bestimmungen der § § 102 ff. KO seinen restlichen Entgeltanspruch im Konkurs als Konkursforderung anmelden müssen. Damit sei aber nicht nur das Hauptbegehren auf Zahlung nicht berechtigt; auch die beiden Eventualbegehren auf Feststellung könnten nicht zielführend sein. Da die Fondsmittel bereits gänzlich ausgezahlt worden seien und im Falle der grundsätzlichen Berechtigung des Klägers ein Leistungsbegehren möglich wäre, komme eine Feststellungsklage nicht mehr in Betracht. Es würden auch die begehrten Feststellungen voraussetzen, daß es sich bei den Fondsmitteln um Beträge handle, die der Aussonderung unterliegen. Schließlich liege auch kein Anerkenntnis der beklagten Partei vor. Dem diesbezüglich genannten Schreiben vom 22. Oktober 1971, das auf die Zahlung durch die Genossenschaft verweise, könne kein Anerkenntnis der Forderung als Aussonderungsanspruch entnommen werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Revisionswerber hält der eingehenden und zutreffenden rechtlichen Beurteilung des Berufungsgerichtes weiterhin die Auffassung entgegen, aus der Bestimmung des § 19 Abs. 2 WWG sei im Zusammenhang mit § 25 WWG eindeutig zu entnehmen, daß Fondsmittel in einem Fall wie dem vorliegenden als Sondermasse anzusehen seien. Gemäß § 25 WWG muß das für Wiederaufbauzwecke vom Wohnhauswiederaufbaufonds gegebene Geld diesem Zwecke zugeführt werden. Diesem unter strafrechtlicher Sanktion stehenden Gebot kann aber nur entnommen werden, daß der Wohnmittelwerber ebensoviel Geld, wie er zu Wiederaufbauzwecken erhalten hat, auch für diesen Zweck verwenden muß; nicht daraus abzuleiten ist, daß das erhaltene Geld ein Sondervermögen darstelle, das etwa auch auf ein Separatkonto erlegt werden müßte (vgl. SZ 36/125). Auch aus der Bestimmung des § 19 Abs. 2 WWG ist für die Rechtsauffassung des Revisionswerbers nichts zu gewinnen. Sie gibt dem Wohnhauswiederaufbaufonds bei Vorliegen einer verpönten Handlung des Bewerbers im Sinne des § 25 WWG die Möglichkeit vorzeitiger Aufkündigung der Darlehensrückzahlung; daraus ist aber ebensowenig die Intention zur Schaffung eines nicht in die Konkursmasse gehörenden Sondervermögens des Fondsmittelwerbers zu entnehmen. Die vom Revisionswerber bezogenen Entscheidungen und Aufsätze beziehen sich nur auf die strafrechtliche Seite des § 25 WWG und können seine Rechtsauffassung nicht unterstützen.

Sofern der Revisionswerber einen Aussonderungsanspruch im Sinne des § 44 Abs. 1 KO geltend machen will, setzt dieser den Mangel der Zugehörigkeit der Sache zur Sollmasse voraus, der auf ein dingliches oder persönliches Recht des Berechtigten zurückgeht. Ein solcher Anspruch ist das schon außerhalb des Konkurses gegebene und daher nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurteilende materielle Recht an dem Gegenstand. Das Ziel des Aussonderungsgläubigers ist die Rückgabe der Sache an ihn, unter Umständen auch nur die Feststellung der Herausgabepflicht, wofür ebenfalls Aussonderungsrecht gilt (vgl. Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht, 443). Insofern man im vorliegenden Falle auf Grund des Vertrages zwischen dem Wohnhauswiederaufbaufonds und der Genossenschaft dem Kläger einen direkten Leistungsanspruch gegen die Gemeinschuldnerin zuerkennt, gilt bezüglich des Entgeltes für die Jalousienanfertigung, daß es sich lediglich um einen solchen obligatorischen Anspruch handelt, der nicht Grundlage eines Aussonderungsrechtes sein könnte; dies ganz abgesehen davon, daß nur der konkret in der Masse noch vorhandene und noch individualisierbare Leistungsgegenstand ausgesondert werden kann, nicht aber ein Geldbetrag schlechthin (vgl. SZ 32/161). Dies hat umso mehr für das auf ein Bankkonto erlegte Geld zu gelten. Die Gemeinschuldnerin war von vornherein nicht dazu verhalten, von der Genossenschaft übermittelte Geldbeträge zur Erbringung der Wiederaufbauleistungen gesondert zu verwahren. Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob auch noch nach Konkurseröffnung zur Bedeckung der klägerischen Forderung ein hinreichender Geldbetrag zur Verfügung gestanden wäre.

Das Anerkenntnis der beklagten Partei wird allein aus dem Schreiben des Masseverwalters vom 22. Oktober 1971 an den Kreditschutzverband von 1870 abgeleitet, in welchem bezüglich der klägerischen Forderung bekanntgegeben wurde, daß es sich um einen Professionistenanspruch handle, der aus Mitteln zu bezahlen sei, die vom Wohnhauswiederaufbaufonds zur Verfügung gestellt worden sind. Der Anspruch falle daher unter die Bestimmungen des § 25 WWG. Zur Bedeckung der noch offenen Professionistenforderungen solle nach der von Dipl.-Ing. Karl D (Geschäftsführer der W-GmbH) erteilten Information bei der Gemeinnützigen A-Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft ein Betrag von 1.5 Millionen S erliegen, aus dem die gegenständlichen Forderungen zu berichtigen sein werden.

Ein konstitutives Anerkenntnis kommt zustande, wenn der Gläubiger ein Recht ernstlich behauptet und der Schuldner die Unsicherheit der dadurch gegebenen Rechtslage mit seinem Anerkenntnis beseitigt. Damit wird eine neue, unabhängig vom Bestehen des behaupteten Rechtes gegebene selbständige Verpflichtung geschaffen (vgl. Ehrenzweig[2] I/1, 359 ff., § 149; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes[3] I, 211). Das Anerkenntnis setzt die Absicht des Erklärenden voraus, unabhängig vom bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (vgl. SZ 41/122, u. v. a., zuletzt etwa 8 Ob 273/73). Da sich der Masseverwalter nach dem Inhalt des zitierten Schreibens lediglich auf eine mögliche Zahlung durch die Genossenschaft bezieht, sind die Untergerichte zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, der Klageanspruch könne demnach nicht auf den Rechtsgrund eines konstitutiven Anerkenntnisses gestützt werden. Daß das Erstgericht festgestellt hat, der Masseverwalter habe mit diesem Schreiben die Klageforderung grundsätzlich anerkannt, vermag nicht eine rechtliche Beurteilung in der vom Revisionswerber gewünschten Richtung zu rechtfertigen.

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