OGH 5Ob102/74

OGH5Ob102/743.7.1974

SZ 47/84

Normen

KO §46 Abs1 Z2
KO §47
KO §81 Abs3
KO §46 Abs1 Z2
KO §47
KO §81 Abs3

 

Spruch:

Nur die in Konkurs verfallende GmbH selbst, nicht aber einer ihrer Gesellschafter kann "Beteiligter" im Sinne des § 81 Abs. 3 KO sein

Schadenersatzansprüche wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Masseverwalters können gemäß § 46 Abs. 1 Z. 2 KO als Masseforderungen geltend gemacht werden

OGH 3. Juli 1974, 5 Ob 102/74 (OLG Wien 3 R 154/73; HG Wien 22 Cg 425/73)

Text

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger gegenüber dem Beklagten der ausdrücklich als "Masseverwalter im Konkurs der P-Ges. m b. H S 44/63 des Handelsgerichtes Wien" bezeichnet wird, die Feststellung daß die,vom Kläger zum Konkurs der genannten Firma angemeldete Forderung von 99.438.50 S in die erste Klasse der Konkursforderungen gehöre. Dazu führte der Kläger aus, daß er mit einer Stammeinlage von 20.000 S Gesellschafter der Gemeinschuldnerin und deren alleiniger Geschäftsfuhrer sei. Er habe bei Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft dem zum Masseverwalter bestellten Beklagten verschiedene Unterlagen über Forderungen der Gesellschaft gegenüber Dritten übergeben, doch habe es der Masseverwalter unterlassen diese Forderungen geltend zu machen, weshalb sie nunmehr verjährt seien. Zum Teil habe der Masseverwalter auch den Gesellschaftsschuldnern Nachlässe gewährt. Auf Antrag des Masseverwalters habe das Konkursgericht schließlich Außenstände im Gesamtbetrag von 497.192.03 S gemäß § 119 Abs. 5 KO der Gemeinschuldnerin zur eigenen Verfügung überlassen. Der Kläger und seine Gattin, die mit einer Stammeinlage von 80.000 S an der Gesellschaft beteiligt sei, hatten hierauf den Beklagten zu 37 d Cg 283/70 des Landesgerichtes für ZRS Wien auf Zahlung des genannten Betrages geklagt, doch sei diese Klage abgewiesen worden weil den Klägern die Klagslegitimation gefehlt habe. Träger der der Gemeinschuldnerin überlassenen Forderungen und des daraus abgeleiteten Schadenersatzanspruches sei nur die im Konkurs befindliche Gesellschaft. Der Kläger und seine Gattin hatten hierauf diese Forderungen beim Konkursgericht angemeldet, sie seien nachträglich geprüft und in die erste Klasse im Anmeldungsverzeichnis eingetragen worden. Der Kläger habe in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer diese Forderung zur Ganze anerkannt das Konkursgericht habe dem Kläger und seiner Gattin eine Klagefrist von einem Monat erteilt, innerhalb deren die vorliegende Klage eingebracht werde. Der Beklagte wendete unter Hinweis auf die im Vorprozeß ergangenen urteile der zweiten und dritten Instanz ein, daß dem Kläger die Klagelegitimation fehle. Er bestritt ferner, als Masseverwalter schuldhaft gehandelt zu haben. Darüber hinaus entstehe keinesfalls aus etwa schuldhaften Handjungen des Masseverwalters ein Schadenersatzanspruch gegen die Konkursmasse. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es nahm den vom Kläger behaupteten Sachverhalt als erwiesen an und führte weiter aus: Der nunmehrige Klagebetrag entspreche einem Fünftel des im Vorprozeß vom Kläger und seiner Gattin zu 37 d Cg 283/70 des Landesgerichtes für ZRS Wien geltend gemachten Anspruches. Ebenso betrage die Einlage des Klägers ein Fünftel des Stamm- Kapitals der Gemeinschuldnerin. Der Kläger habe offenbar die im Vorprozeß ergangene Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (8 Ob 34/72) mißverstanden: Dort sei ausgeführt worden, daß Träger allfälliger Schadenersatzansprüche wegen pflichtwidriger Handlungen des Masseverwalters nur die Gemeinschuldnerin selbst sei. Die Gesellschafter könnten nur mittelbar geschädigt sein. Daran andere es nichts, daß der Kläger persönlich seine angebliche Forderung im Konkurs der Gesellschaft angemeldet habe. Jedenfalls sei nicht er, sondern nur die Gesellschaft, insofern eben nicht vom Masseverwalter repräsentiert, zur Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen der Gesellschaft aktiv legitimiert. Außerdem sei nicht einzusehen, wieso die Gesellschaft für angeblich pflichtwidriges Verhalten ihres Masseverwalters haften sollte.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 50.000 S übersteige. Das Berufungsgericht war der Meinung, daß die Entscheidungsgründe des Erstrichters zuträfen, daß die Klage aber überdies deshalb unbegrundet sei, weil die geltend gemachten Schadenersatzansprüche keinem in § 51 Abs. 1 Z. 1 bis 5 KO angeführten Sachverhalt eingeordnet werden könnten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revision ist mit Rücksicht auf die Höhe der strittigen Forderung zulässig (im Prüfungsprozeß ist die Bewertung des Streitgegenstandes durch das Berufungsgericht entbehrlich: SZ 31/159; JBl 1967, 155), sie ist aber nicht begrundet.

Der Kläger meint, daß die Ansicht der Untergerichte unbefriedigend und rechtlich unrichtig sei. Durch den Beschluß des Konkurskommissärs vom 11. Oktober 1965, ON 120 des Konkursaktes, sei der Kläger als Gesellschafter der Gemeinschuldnerin über deren aus dem Konkurs ausgeschiedene Forderungen verfügungsberechtigt geworden; andernfalls hätte seine Forderung bei der Prüfungstagsatzung vom 6. Dezember 1972 nicht geprüft werden dürfen und wäre auch nicht in das Anmeldungsverzeichnis eingetragen worden. Dem Kläger sei auch eine Klagefrist gesetzt und ihm das Armenrecht erteilt worden. Aus all dem ergebe sich, daß der Kläger im Verhältnis seiner Stammeinlage zum Kapital der Gesellschaft über deren gemäß § 119 Abs. 5 KO freigegebene Forderungen verfügungsberechtigt sei. Die vorliegende Klage bezwecke die eingeklagte Forderung wieder zu einer Konkursforderung zu machen, damit sie dann gegen den Beklagten als Masseverwalter geltend gemacht werden könne.

Diese Rechtsmeinung des Klägers ist durch das Gesetz nicht gedeckt:

Wie der Oberste Gerichtshof schon im Vorprozeß 37 d Cg 283/70 des Landesgerichtes für ZRS Wien ausgeführt hat, werden dadurch, daß der Gläubigerausschuß mit Genehmigung des Konkurskommissärs gemäß § 119 Abs. 5 KO Forderungen des Gemeinschuldners, deren Eintreibung keinen ausreichenden Erfolg verspricht, dem Gemeinschuldner zur freien Verfügung überläßt, nur der Gemeinschuldner selbst - d. h., wenn er eine Kapitalgesellschaft ist, diese Gesellschaft, nicht aber ihre Gesellschafter - berechtigt, die überlassenen Forderungen ohne Rücksicht auf die Vorschrift des § 6 Abs. 1 KO geltend zu machen. Damit ist jedoch über den wahren Bestand der Forderung noch nichts ausgesagt. Daß der Kläger im vorliegenden Fall etwa als Organ (Liquidator) der Gemeinschuldnerin in deren Namen auftrete, hat er niemals behauptet. Das Berufungsgericht hat daher auch mit Recht eine solche Annahme ausgeschlossen. Es ist jedoch zu beachten, daß es sich bei der dem vorliegenden Prüfungsprozeß zugrunde liegenden Schadenersatzforderung keinesfalls um eine jener Forderungen handelt, deren Eintreibung im Konkurs keinen ausreichenden Erfolg versprach und die deshalb der Gemeinschuldnerin zur freien Verfügung überlassen wurde. Vielmehr ergibt sich aus der Klageerzählung völlig eindeutig, daß Gegenstand der im Konkurs vom Kläger angemeldeten und wegen ihrer Bestreitung durch den Massenverwalter nunmehr zu prüfenden Forderung ein Schadenersatzanspruch gegen den Masseverwalter persönlich wegen seines angeblich pflichtwidrigen Verhaltens ist. Wie gleichfalls schon im Vorprozeß ausgeführt wurde, besteht zwar an sich kein Hindernis gegen die Geltendmachung solcher Schadenersatzansprüche Dritter, vom Gemeinschuldner verschiedener Rechtssubjekte gegen den Massenverwalter im ordentlichen Rechtsweg. Die bürgerliche Verantwortung des Masseverwalters für Vermögensnachteile aus pflichtwidriger Amtsführung tritt bei Verletzung der durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotenen Sorgfalt ein und umfaßt die Haftung nach § 1299 ABGB zugunsten aller geschädigten Beteiligten (§ 81 Abs. 1 und 3 KO). Geschädigte Beteiligte sind Personen, deren Rechtsstellung einschließlich ihres wirtschaftlichen Gehalts von der Gestaltung des Konkursverfahrens beeinflußt wird, sofern der Masseverwalter bei seinen Handlungen oder Unterlassungen zur Verhütung ihrer Schädigung verpflichtet erscheint. In diesem Sinn kann sogar der Gemeinschuldner persönlich als Beteiligter in Betracht kommen, und zwar hinsichtlich seines nicht durch den Konkurs gebundenen Vermögens ebenso die Konkursmasse und nach Konkursbeendigung derjenige, der ihre Rechte übernimmt, das ist in der Regel der bisherige Gemeinschuldner (vgl. Petschek - Reimer - Schiemer, Das Österreichische Insolvenzrecht, 170). Daraus folgt aber, daß ein Gesellschafter der in Konkurs verfallenen GmbH allein auf Grund seiner Eigenschaft als Gesellschafter und soweit für ihn kein anderer Anspruchsgrund besteht, nicht geschädigter Beteiligter in diesem Sinne sein kann.

Aus der Tatsache, daß im Konkurs die angemeldete Forderung des Klägers geprüft, in das Anmeldungsverzeichnis aufgenommen und vom Masseverwalter bestritten wurde, sowie daß dem Kläger gemäß § 110 Abs. 4 KO eine Klagefrist gesetzt wurde und der Kläger diese Frist eingehalten hat, kann der Kläger seine Legitimation zur Geltendmachung des vorliegenden Schadenersatzanspruches der Gesellschaft im Prüfungsprozeß nicht ableiten, weil jede im Konkurs ordnungsgemäß angemeldete Forderung gemäß § 104 Abs. 6 KO in das Anmeldungsverzeichnis aufzunehmen und dem Prüfungsverfahren gemäß §§ 105 ff. KO zu unterziehen ist. Es nützt schließlich dem Kläger auch nichts, daß Schadenersatzansprüche wegen eines pflichtwidrigen, innerhalb seines Wirkungskreises liegenden Verhaltens des Masseverwalters nach § 46 Abs. 1 Z. 2 KO als Masseforderungen geltend gemacht werden können (vgl. Lehmann, Konkurs-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung, 385; Bartsch - Pollak, Konkursordnung, 280 Anm. 24 und 25 zu §§ 46, 47 KO). Da der Kläger nicht als durch das angeblich pflichtwidrige Verhalten des Masseverwalters beteiligter Geschädigter angesehen werden kann, erweist sich die Einwendung des Beklagten, daß dem Kläger die Aktivlegitimation ermangle, als berechtigt. Unter diesen Umständen bedurfte es keiner Prüfung aller übrigen in diesem Zusammenhang möglichen Fragen; insbesondere war es nicht notwendig, auf den Grund und die Höhe des geltend gemachten Schadenersatzanspruches weiter einzugehen.

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