Normen
ABGB §33
ABGB §37
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz 184
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §14 Abs3
ABGB §33
ABGB §37
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz 184
Eisenbahn- und Kraftfahrzeughaftpflichtgesetz §14 Abs3
Spruch:
Das Begehren nach einer Kapitalabfindung der vom ausländischen (hier: italienischen) Sozialversicherungsträger erbrachten und noch zu erbringenden Rentenleistungen ist zulässig, doch muß dieser vorbringen, daß dafür wichtige Gründe gegeben sind und sie dem Beklagten auch wirtschaftlich zumutbar ist
OGH 26. April 1973, 2 Ob 3, 68/73 (OLG Innsbruck 2 R 164/72; LG Innsbruck 8 Cg 188/69)
Text
Der am 14. Feber 1922 geborene Arturo B, damals Chefmechaniker im "Rennstall" der Firma F war am 16. September 1965 Beifahrer in dem rechtsgesteuerten LKW dieser Firma mit dem italienischen Kennzeichen MO 53210, den Giancarlo C lenkte und der aus Italien kommend auf dem Wege nach Salzburg die Brenner-Bundesstraße befuhr. Der LKW war mit Rennwagen des "Rennstalles" der Firma F beladen. Um etwa 21.00 Uhr des genannten Tages hielt C den LKW außerhalb des Ortsgebietes von Matrei am Brenner (Bezirk Innsbruck) an seinem rechten Fahrbahnrand gegenüber dem Gasthaus "Wipptaler-Hof" an, in welchem das Abendessen eingenommen werden sollte. C stellte sein Fahrzeug so "hart" am rechten Rande der 7.60m breiten Fahrbahn ab, daß zwischen der linken Seitenfront des LKWs und der Fahrbahnmitte ein Abstand von 1.10 m bestand. Nachdem dies geschehen war, stieg B durch die linke (der Fahrbahn zugewendete) Tür des Führerhauses aus. Zu dieser Zeit kam der Beklagte als Lenker eines PKWs aus der Gegenrichtung. Als er an dem abgestellten LKW vorbeifuhr, streifte er den bereits auf die Fahrbahn getretenen B, wodurch dieser eine Verletzung am linken Vorderarm, nämlich einen Abriß des Griffelfortsatzes der linken Speiche und Elle, erlitt. Wegen dieses Verkehrsunfalles wurde der Beklagte mit rechtskräftiger Strafverfügung des Bezirksgerichtes Steinach vom 7. Oktober 1965 der Übertretung nach § 431 StG schuldig erkannt. Da B im Auftrag seines Dienstgebers, der F Werke, unterwegs gewesen war, ist sein Unfall als Arbeitsunfall zu beurteilen.
Im Direktprozeß 8 Cg 342/66 des Landesgerichtes Innsbruck hatte Arturo B, gestützt auf die Behauptung, daß der Beklagte den Unfall allein verschuldet habe und daß ihm ein körperlicher Dauerschaden zurückgeblieben sei, Schadenersatz (Schmerzengeld, Verdienstentgang und Sachschaden) begehrt sowie ein Feststellungsbegehren erhoben. In jenem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreit wurde B ein Betrag von 2.206.749 Lire samt Anhang zugesprochen und auch seinem Feststellungsbegehren stattgegeben. Ein Mitverschulden des Arturo B wurde nicht angenommen.
Mit der dem gegenständlichen Rechtsstreit zugrundeliegenden, beim Landesgericht Innsbruck am 16. September 1968 eingelangten Klage erhebt die klagende Partei (Staatliche Versicherungsanstalt gegen Arbeitsunfälle), bei der Arturo B pflichtversichert war und ist, als Legalzessionar Regreßansprüche gegen den Beklagten. Sie brachte vor, es seien ihr nach den in Italien geltenden sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften für B Baraufwendungen im Betrage von zusammen 942.170 Lire entstanden, außerdem müsse sie ihm eine Rente zahlen (seit 1. Feber 1966 monatlich 14.580 Lire, seit 1. Jänner 1969 monatlich 21.000 Lire).
Nach den Art. 10 und 11 des " Einheitstextes" der für die gesetzliche Unfall- und Berufskrankheiten- Versicherung geltenden Vorschriften (DPR vom 30. Juni 1965, Nr. 1124) sei der Schädiger (Haftpflichtige) verbunden, dem Versicherungsträger einen Betrag zu zahlen, der dem Kapitalwert der weiteren gebührenden Rente entspreche und der auf Grund der im Art. 39 des vorzitierten "Einheitstextes" erwähnten Tabellen zu berechnen sei. In diesem Sinne mache der Kapitalwert der an Arturo B zu leistenden Rente den Betrag von 2.585.763 Lire aus. Soweit die Klägerin ihrem Versicherungsnehmer Arturo B Leistungen aus der Unfallversicherung erbracht habe, die dieser selbst hätte aufwenden müssen, und diese vom Beklagten aus dem Titel des Schadenersatzes vergütet begehren hätte können (Art. 2043 des Codice Civile), seien diese Ansprüche gemäß Art. 1916 CC auf die Klägerin übergegangen.
Gestützt auf dieses Vorbringen stellt die Klägerin ein Hauptbegehren auf Zahlung von 3.527.933 Lire samt Anhang, welcher Betrag sich folgendermaßen zusammensetzt:
1. Ersatz der Baraufwendungen von .................... 942.170 Lire;
2. Kapitalabfindung für die Rentenleistung ......... 2.585.763 Lire
---------------- Summe
.............................................. 3.527.933 Lire
Für den Fall jedoch, daß der Beklagte aus rechtlichen Gründen zur
Leistung einer Kapitalabfindung für die Rente nicht verpflichtet
werden könne, erhob die Klägerin überdies ein Eventualbegehren, das
laut Klage folgenden Umfang hatte:
1. Ersatz der Baraufwendungen von ........... 942.170 Lire samt
Anhang 2. Ersatz der seit Feber 1966 für 31 Monate erbrachten
tatsächlichen Rentenleistungen ............................ 451.980
Lire samt Anhang -------------------------- 1.394.150 Lire samt Anhang
3. Feststellungsbegehren (bewertet mit 50.000 S) hinsichtlich der
künftigen Leistungen der Klägerin für Arturo B aus der gesetzlichen
Unfallversicherung auf Grund des Verkehrsunfalles vom 16. September
1965 ..........
Vor Schluß der Verhandlung 1. Instanz am 29. November 1971, bei welcher Tagsatzung der Beklagte anwaltlich nicht vertreten war, dehnte die Klägerin das Eventualbegehren hinsichtlich Ersatzes der Rentenleistungen um weitere 815.920 Lire samt Anhang, somit insgesamt auf 2.210.070 Lire samt Anhang aus.
Der Beklagte beantragte, sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren zur Gänze abzuweisen, und wendete im wesentlichen ein:
Dem Arturo B falle ein erhebliches Mitverschulden zur Last.
Alle begehrten Beträge seien zu hoch gegriffen und würden zur Gänze dem Gründe und der Höhe nach bestritten. Sie müßten nach österreichischem Recht unter Zugrundelegung des Deckungsfondsprinzips geprüft werden, wie überhaupt die Beurteilung der Sache ausschließlich nach österreichischem Recht vorzunehmen sei. Der Beklagte könnte daher auch nicht verpflichtet werden, den Kapitalwert einer Rente zu bezahlen, vielmehr habe die Klägerin jedenfalls nur Anspruch auf Ersatz des konkreten Schadens in From der Vergütung der tatsächlich erbrachten Rentenleistungen.
Es sei auch keineswegs richtig, daß dem Arturo B aus der Unfallverletzung ein Dauerschaden zurückgeblieben sei und daß der Invaliditätsgrad in diesem Sinne 28% betrage, wie die Klägerin dies behaupte. Da vielmehr anzunehmen sei, daß die Unfallsverletzung zur Gänze ausheilen werde, sei auch das (im Rahmen des Eventualbegehrens gestellte) Feststellungsbegehren nicht berechtigt.
Schließlich bestritt der Beklagte die Aktivlegitimation der klagenden Partei mit der Behauptung, daß die Leistungen, die die Klägerin ersetzt begehre, nicht von dieser, sondern von anderen Anstalten erbracht worden seien.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren der Klägerin insoweit ab, als sie eine Kapitalabfindung für die Rentenleistung im Betrage von
2.585.763 Lire begehrte. Im übrigen sprach es aus dem im Rahmen des Eventualbegehrens gestellten Leistungsbegehren unter Abweisung des Differenzbetrages von 16.180 Lire samt Anhang den Betrag von
2.193.890 Lire samt Anhang zu. In diesem Betrage ist die auch im Hauptbegehren enthaltene Klagspost "Baraufwendungen" im Betrage von
942.170 Lire inbegriffen. Überdies gab das Erstgericht auch dem im Rahmen des Eventualbegehrens erhobenen Feststellungsbegehren statt und erlegte dem Beklagten den Ersatz der gesamten Prozeßkosten der Klägerin auf.
Das Erstgericht verneinte ein Mitverschulden des Arturo B. Die Aktivlegitimation der Klägerin bejahte das Erstgericht, weil diese nachgewiesen habe, daß sie alle Leistungen, deren Ersatz ihr zugesprochen wurde, selbst erbracht habe. Das Erstgericht bejahte auch die - nach italienischem Recht - zu beurteilende Regreßberechtigung der Klägerin, gelangte aber zu der Auffassung, daß die Forderung nach einer Kapitalabfindung der von der Klägerin erbrachten Rentenleistungen im Hinblick auf die für den Beklagten bei Anwendung ausländischer Rechtsnormen diesfalls entstehende Benachteiligung (ordre Public) nicht berechtigt sei.
Zufolge Berufung beider Parteien gegen das erstgerichtliche Urteil bestätigte das Berufungsgericht die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung im Zuspruche des Teilbetrages von 942.170 Lire samt 4% Zinsen seit 6. Oktober 1968, somit hinsichtlich der "Baraufwendungen", als Teilurteil, hob im übrigen das angefochtene Urteil einschließlich der Kostenentscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfange zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Das Berufungsgericht billigte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Frage, ob und inwieweit die dem Arturo B gegen den Beklagten zustehenden Schadenersatzansprüche auf die Klägerin übergegangen seien, nach dem für das Rechtsverhältnis zwischen dem Zedenten und dem Zessionar maßgebenden - diesfalls italienischen - Rechte zu beurteilen sei, vertrat aber die Auffassung, daß der ordre public der von der Klägerin begehrten Kapitalabfindung für ihre Rentenleistungen an Arturo B nicht entgegenstehe, weil die Aufgabe des ordre public nicht im Schutze inländischer Rechtssubjekte, sondern im Schutze der inländischen Rechtsordnung und des herrschenden heimischen Rechtsempfindens vor dem Eindringen damit unvereinbarer ausländischer Rechtsgedanken liege. Das in der anzuwendenden italienischen Rechtsordnung verankerte Recht der Klägerin, vom Schädiger eine Kapitalabfindung für die Rentenleistung an das Unfallsopfer zu begehren, widerspreche bei richtiger Auslegung des Begriffes und der Funktion keineswegs dem österreichischen ordre public, zumal die Rechtsfigur einer kapitalisierten Rentenabfindung der österreichischen Rechtsordnung nicht fremd sei. Demzufolge sei das angefochtene Urteil in Bezug auf das abgewiesene Hauptbegehren der Klägerin auf Leistung einer Kapitalabfindung im Umfange der Anfechtung aufzuheben, weil das Erstgericht, ausgehend von seiner unzutreffenden Rechtsauffassung in Ansehung des ordre public, Tatsachen unerörtert gelassen habe, die zur Gewinnung einer hinreichenden Entscheidungsgrundlage über das grundsätzlich berechtigte Rentenabfindungsbegehren der Klägerin von wesentlicher Bedeutung seien. So bedürfe es ergänzender Feststellungen zum weiteren Vorbringen der Klägerin, daß B noch jedenfalls bis zu seinem 55. Lebensjahre Chefmechaniker im "Rennstall" der Firma F hätte bleiben können, weil andernfalls, wenn nämlich B auch ohne den erwähnten Verkehrsunfall nach Erreichung von etwa 50 Jahren nicht mehr zur Ausübung dieser Tätigkeit in der Lage gewesen wäre, seine Verdienstminderung ab Erreichung des 50. Lebensjahres nicht mehr als unfallskausal anzusehen wäre. Mangels eines Direktanspruches des B gegen den Beklagten auf Ersatz von Verdienstentgang wäre damit der Deckungsfonds für weitere Rentenleistungen der Klägerin weggefallen, was zur Folge hätte, daß bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz im erneuten Rechtsgang, auf welchen Zeitpunkt die Entscheidungsgrundlagen abzustellen seien, auch eine Rentenabfindung nicht mehr in Betracht käme. Falls festgestellt würde, daß B ohne den Verkehrsunfall vom 16. September 1965 etwa bis zur Erreichung seines 55. Lebensjahres oder überhaupt bis auf weiteres seine Position als Chefrennmechaniker weiter bekleiden hätte können, so erschiene das Abfindungsbegehren der Klägerin jedenfalls berechtigt. Nach der diesbezüglich anzuwendenden italienischen Norm (Art. 11 und 39 des "Einheitstextes" der für die gesetzliche Unfall- und Berufskrankheiten-Versicherung geltenden Vorschriften) müsse aber noch geprüft werden, ob der begehrte Abfindungsbetrag nach den bei Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz im erneuten Rechtsgang in Geltung stehenden Koeffiziententabellen richtig berechnet sei.
Hinsichtlich der Berufung des Beklagten führte das Berufungsgericht aus, daß diese in bezug auf den Zuspruch eines Teilbetrages von
799.740 Lire samt Anhang, über welchen (um die Teilabweisung im Ausmaß von 16.180 Lire verminderten) Betrag die Klägerin bei der letzten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung, zu welcher der Beklagte anwaltlich nicht vertreten war, ausgedehnt hatte, zufolge Verletzung der Verfahrensvorschriften des § 399 Abs. 1 ZPO berechtigt sei und zur Aufhebung des Ersturteiles in diesem Umfang führen müßte, wenn nicht schon ohnedies die Urteilsaufhebung auf Grund der zur Gänze erfolgreichen Berufung der Klägerin auch diesen Betrag einschlösse. Hinsichtlich der Rechtsrüge verneinte es gleich dem Erstgericht jegliches Mitverschulden des Arturo B und trat auch der Auffassung des Erstgerichtes hinsichtlich der Aktivlegitimation der Klägerin auf Grund der Feststellung, daß diese samtliche im Rahmen der "Baraufwendungen" verzeichneten Leistungen selbst erbracht habe, unter Bezugnahme auf die einschlägigen Bestimmungen der italienischen Rechtsordnung bei. Unbeschadet der Berechtigung des Hauptbegehrens sei im Hinblick auf den bei B zurückgebliebenen unfallskausalen körperlichen Dauerschaden das Feststellungsbegehren berechtigt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge, wohl aber teilweise dem Rekurs; er hob den angefochtenen Beschluß, soweit damit die Abweisung des Begehrens einer kapitalisierten Rente in Höhe von 2.585.763 Lire, ferner der Zuspruch eines Teilbetrages von 451.980 Lire samt Anhang und der stattgebende Ausspruch des Erstgerichtes, betreffend das Feststellungsbegehren, aufgehoben wurde, auf und trug dem Berufungsgericht in diesem Umfange die Entscheidung in der Sache auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Da die Rechtsrüge dem Gesetz gemäß ausgeführt ist und das Revisionsgericht bei ordnungsgemäß ausgeführter Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung nach allen, das heißt auch nach den vom Rechtsmittelwerber nicht relevierten rechtlichen Gesichtspunkten hin zu überprüfen hat, ist zunächst auf die Frage einzugehen, welches Recht in Bezug auf den geltend gemachten Klagsanspruch anzuwenden ist. Die Überprüfung hat, ungeachtet einer etwa bestehenden Übereinstimmung von Seiten der Parteien bezüglich der Rechtsanwendung, von amtswegen zu erfolgen. Sie ergibt im vorliegenden Falle, daß hinsichtlich des Umfanges der klagsgegenständlichen Forderung als dem der Abtretung zugrundeliegenden Kausalverhältnis, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat (SZ 33/43 = JBl. 1960, 604 mit zustimmender Glosse von Bydlinski; RZ 1969, 69 u. a.), das Recht des Begehungsortes, somit österreichisches Recht anzuwenden ist. Weil diesbezüglich österreichisches Recht angewendet werden muß, kommt der ordre Public gar nicht zum Tragen und diese von den Untergerichten für entscheidend erachtete Frage kann auf sich beruhen.
Richtig ist, daß sich das Rechtsverhältnis zwischen Zedenten(B) und Zessionar (Klägerin) nach seinem der italienischen Rechtsordnung zugehörigen Eigengesetz bestimmt, jedoch ist die Abtretung ohne Einfluß auf die Rechtslage der abgetretenen Forderung. Da die Beziehung zwischen Gläubiger und Schuldner bisher dem österreichischen Recht unterstand, ist dies auch nach der Abtretung, durch die lediglich der Zessionar an die Stelle des Zedenten getreten ist, der Fall. Nach der lex loci delicti commissi, also dem österreichischen Recht, entscheiden sich auch die Wirkungen der unerlaubten Handlungen, also der Umfang des Schadenersatzrechtes, die Bedeutung des Mitverschuldens des Verletzten und die Haftung Dritter für die unerlaubte Handlung (siehe Bolla, "Grundriß des österreichischen Internationalen Privatrechts", 108, 109, 113; Raape "Internationales Privatrecht"[5], 506, 509; Schnitzer" Handbuch des Internationalen Privatrechts"[4], 656, 660). Das besagt, daß die nach italienischem Recht auf die Klägerin übergangene Schadenersatzforderung des B, und damit die Regreßforderung der Klägerin nach österreichischem Recht zu beurteilen ist.
Dem steht auch nicht der Vertrag zwischen Österreich und Italien über Sozialversicherung vom 30. Dezember 1950, BGBl. 52/1955, entgegen, weil dieses Abkommen bezüglich der Regreßansprüche keine Regelung trifft.
Ebensowenig kommt Art. 52 der EWG-VO Nr. 3, der diesbezüglich eine Regelung enthält (s. Gitter in NJW 1965, 1110 Punkt 3, 1111, sowie BGH vom 26. April 1966 - VI ZR 211/64 in NJW 1966, 1620 bei a)) zur Anwendung, weil sich aus den zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sowie der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl geschlossenen Abkommen, BGBl. 466 und 467/1972, und den dazu ergangenen Durchführungsbestimmungen - EG-Abkommen-Durchführungsgesetz BGBl. 468/1972 und 1. EG-Abkommen-Durchführungsverordnung BGBl. 143/1973 - nichts Einschlägiges ergibt, letztere vielmehr bloß Vorschriften zollrechtlicher, nicht aber privatrechtlicher Art beinhalten.
Gelangt somit hinsichtlich des Umfanges der Regreßforderung
österreichisches Recht zur Anwendung, so ist weiter zu prüfen, ob
nach diesem das Begehren nach einer Kapitalabfindung der vom
italienischen Sozialversicherungsträger erbrachten und noch zu
erbringenden Rentenleistungen zulässig ist. Es trifft zu, daß auch
das österreichische Recht, wie vom Berufungsgericht bereits
ausgeführt wurde, die Einrichtung der Abfindung vom
Versorgungsberechtigten mittels kapitalisierter Rente kennt. Sie ist
in verschiedenen Gesetzen verankert (außer in § 184 ASVG z. B. in §
57 KOVG). Aber nicht nur nach Vorschriften öffentlichen Rechtes ist
die Abfindung mittels Rente möglich, vielmehr ist sie auch dem
österreichischen Privatrecht nicht fremd. Die in § 14 Abs. 3 EKHG
geschaffene Möglichkeit, wonach der Ersatzberechtigte aus wichtigen
Gründen statt der Rente eine Abfindung in Kapital verlangen kann,
wenn die einmalige Zahlung dem Ersatzpflichtigen wirtschaftlich
zumutbar ist, stellt nämlich keineswegs eine innerhalb des
österreichischen Privatrechtes vereinzelte Regelung dar. Durch diese
Bestimmung wurde nur der von der Rechtslehre (vgl. Wolff in Klang[2]
VI, 132 und Ehrenzweig[2] II/1, 629) vertretene Standpunkt, daß eine
Abfindung in Kapital (nur) bei Vorliegen eines wichtigen Gründes
verlangt werden kann, in das Gesetz übernommen (siehe Veit EKHG[3]
Anm. 4 zu § 14). Auch die Judikatur hat diese Ansicht immer wieder
grundsätzlich gebilligt (GlU 10.141; GlUNF 5.997; Anwz 1934, 169).
Erschiene also der mit dem Hauptbegehren verlangte Zuspruch eines
Abfindungsbetrages auch nach österreichischem Rechte grundsätzlich
möglich, so kann ein solcher vorliegendenfalls allerdings deshalb nicht in Betracht kommen, weil die klagende Partei ein Vorbringen in der Richtung, daß wichtige Gründe für den Ersatz der Rentenleistungen in Form einer Kapitalabfindung gegeben und diese dem Beklagten auch wirtschaftlich zumutbar sei, gar nicht erstattet hat. Mangels eines derartigen Vorbringens aber kann somit in bezug auf das Rentenregreßbegehren der Klägerin nicht mehr das auf Kapitalabfindung gerichtete Hauptbegehren, sondern bloß noch das Eventualbegehren zum Tragen kommen. Da der der Klägerin von den Vorinstanzen zugesprochene Teilbetrag von 942.170 Lire bzw. sein Gegenwert in Schilling keine Kapitalabfindung einer Rentenleistung zum Gegenstand hat, sondern den Ersatz anderer erbrachter Auslagen betrifft, war in diesem Umfang das Hauptbegehren gerechtfertigt und der Revision gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes der Erfolg zu versagen. Aus den bereits dargestellten Erwägungen ergibt sich auch, daß das Hauptbegehren auf Zahlung einer kapitalisierten Rente in Höhe von 2.585.763 Lire im Sinne seiner Abweisung spruchreif ist. Insoweit war dem Rekurs des Beklagten Folge zu geben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Dem Rekurs des Beklagten gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes kommt im Ergebnis aber auch insoweit Berechtigung zu, als die Rechtssache hinsichtlich des mit dem Eventualbegehren geltend gemachten weiteren Leistungsbegehrens von 451.980 Lire samt Anhang und hinsichtlich des Feststellungsbegehres - allerdings im Sinne der klagenden Partei - spruchreif erscheint. Diesbezüglich hat das Erstgericht die den Verdienstentgang des B betreffenden und somit für die Beurteilung des Deckungsfonds erforderlichen Feststellungen getroffen, die vom Berufungsgericht übernommen wurden, so daß einer stattgebenden Entscheidung darüber nichts im Wege steht. Über diese Teilansprüche wird somit das Berufungsgericht noch zu entscheiden haben, bevor das Erstgericht im zweiten Rechtsgang in das Verfahren über die noch nicht spruchreifen Restansprüche eintritt (EvBl. 1971/10).
Hinsichtlich dieser Ansprüche hat das Berufungsgericht bei Behandlung der Berufung des Beklagten bereits darauf verwiesen, daß bei der Entscheidung über das Klagebegehren im Umfange der Ausdehnung die Verfahrensvorschrift des § 399 Abs. 1 ZPO verletzt wurde, weil die beklagte Partei anläßlich der Ausdehnung des Klagebegehrens vor Schluß der Verhandlung in erster Instanz am 29. November 1971 nicht anwaltlich vertreten war. Das Erstgericht wird daher erst im Falle einer den Formvorschriften entsprechenden Ausdehnung des Klagebegehrens darüber entscheiden können. Erforderlich werden dazu aber noch ergänzende Beweisaufnahmen und Feststellungen darüber sein, bis wann Arturo B die Tätigkeit eines Chefrennmechanikers ausgeübt und er somit das dem diesbezüglichen Begehren zugrundeliegende Einkommen erzielt hätte. Wie vom Berufungsgericht hiezu zutreffend ausgeführt, könnte eine allfällige altersbedingte Verdienstminderung s (z. B. ab Erreichung des 50. Lebensjahres) nicht mehr als unfallskausal angesehen werden, B hätte in diesem Falle keinen Direktanspruch mehr gegen den Beklagten auf Ersatz von Verdienstentgang und der Deckungsfonds für weitere Rentenleistungen der Klägerin fiele damit weg.
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