OGH 4Ob311/72

OGH4Ob311/7211.4.1972

SZ 45/43

Normen

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §28
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §28

 

Spruch:

Werberätsel sind wettbewerbsrechtlich an sich zulässig, aber dann wettbewerbswidrig, wenn die Voraussetzung für die Teilnahme an einer Prämienausschreibung mit dem Kauf der angepriesenen Waren verquickt ist. Das ist der Fall, wenn der Kauf einer Ware zur Bedingung der Beteiligung gemacht wird, sei es auch in versteckter Form

OGH 11. 4. 1972, 4 Ob 311/72 (OLG Graz 2 R 152/71; LGZ Graz 9 Cg 781/71)

Text

Die klagende Partei behauptet, die Beklagte habe im Rahmen ihres Versandhandelsgeschäftes mehrere tausend Stück eines Prospektes versendet und darin einen glückspielartigen Warenvertrieb angekundigt, der gegen § 28 UWG verstoße. Sie begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Ankündigung und der Durchführung ihrer unter dem Schlagwort "Moden-M-Familienspiel" laufenden Werbeaktion. Zur Sicherung dieses Anspruches beantragt die klagende Partei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, womit der Beklagten für die Dauer dieses Rechtsstreites die Ankündigung und Durchführung dieser Werbeaktion verboten wird.

Das Erstgericht erließ ohne Anhörung der Beklagten die beantragte einstweilige Verfügung. Es nahm als bescheinigt an:

Der klagende Schutzverband gegen den unlauteren Wettbewerb bezweckt unter anderem die Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes im Zusammenwirken mit den zuständigen Organen der Rechtspflege. Ihm gehören auch die Landesgremien für Wien, Niederösterreich und Steiermark des Handels mit Haus- und Küchengeräten, Eisenwaren, Elektrowaren usw an. Die Beklagte betreibt auch den Versandhandel. Im Herbst 1971 versendete sie im gesamten Bundesgebiet mehrere 1000 Stück eines Warenkataloges, in dem sie ein sogenanntes "Moden-M-Familienspiel" anpries. Dabei waren bei Abbildungen von Waren, die als Monatsangebote zu Vorzugspreisen bezeichnet waren, kleine Veränderungen vorgenommen worden, die durch einen Vergleich mit der Ware oder einer Originalabbildung dieser Ware festzustellen waren.

Dazu wurde angekundigt:

"Nebenstehend bringen wir wieder Monatsangebote, die bei unseren Kunden bereits großen Anklang gefunden haben. Bei diesen Angeboten wurden in den Abbildungen kleine Veränderungen vorgenommen, die Sie bei einer Bestellung des Artikels feststellen können.

Mit dem bestellten Artikel erhalten Sie gleichzeitig eine Glückskarte, in die Sie den Unterschied zwischen nebenstehender Abbildung und Original-Artikel eintragen und dann an uns einsenden. Ist die Lösung richtig, erhalten Sie umgehend einen Sofortgewinn.

Sollten Sie momentan keinen Bedarf haben, senden wir Ihnen gerne eine Originalabbildung des Moden-M-Angebotes, damit Sie den Fehler in der nebenstehenden Abbildung feststellen können, in die beiliegende Glückskarte eintragen und dann einsenden.

Und nun das Wichtigste: Sämtliche Glückskarten mit der richtigen Lösung nehmen an der Endverlosung des großen Moden-M-Familienspiels am 4. 2. 1972 mit folgenden wertvollen Preisen teil:

  1. 1. Preis S 25.000.- in bar; Bügelmaschine, 2. Preis; Werkzeugkasten,
  2. 3. Preis; Bohrmaschine, 4. Preis. Teilnahmebedingungen: ...

Das Erstgericht war der Auffassung, daß zwei verschiedene Tatbestände in einer Werbung zusammengefaßt seien. Die Ankündigung eines "Sofortgewinnes" verstoße gegen §§ 1 und 3 Abs 2 des Zugabengesetzes, während die Ankündigung, daß die Glückskarten auch an einer Endverlosung teilnehmen, § 1 der Glückspielverordnung (BGBl 1950/137) verletze. Der Umstand, daß eine Glückskarte auch ohne Kauf einer Ware bezogen werden könne, ändere nichts daran, weil die Gewährung des Sofortgewinnes bei Bestellung eines Monatsangebotes im Vordergrund dieses Familienspieles stehe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten teilweise Folge. Es verbot die Ankündigung und Durchführung der Werbeaktion nur soweit, als mit der Bestellung der Monatsangebote ein Sofortgewinn zugesagt wird; das weitergehende Begehren der klagenden Partei (Verbot auch der Endverlosung) wies das Rekursgericht ab. Es teilte die Auffassung des Erstgerichtes, daß die Ankündigung des Sofortgewinnes gegen § 1 Zugabengesetz verstoße. Ob es sich um eine Zugabe handle, die gemäß §§ 2 und 3 Zugabengesetz zulässig sei, sei im Rekursverfahren nicht zu prüfen. Da die Gewährung einer unentgeltlichen Zugabe bescheinigt sei, müsse die Beklagte behaupten und beweisen, daß die Zugabe ausnahmsweise zulässig sei. Dies könne sie zwar in einem Widerspruch, nicht aber in einem Rekurs gegen die einstweilige Verfügung. Die in Aussicht gestellte Zugabe sei als eine unentgeltliche zu beurteilen, weil das Erkennen des Unterschiedes zwischen der Abbildung und dem Original der Ware keine vermögenswerte Leistung des Kunden sei. Da aber an der Endverlosung auch Personen teilnehmen könnten, die nicht eine Ware bestellten, sondern eine Originalabbildung der Ware angefordert hätten, sei diese Beteiligung nicht an den Kauf der Ware gebunden. Auch auf die Kunden, die Waren bestellten, werde durch die angekundigte Möglichkeit einer Teilnahme an dieser Endverlosung kein unzulässiger Kaufzwang ausgeübt. Es handle sich daher um ein zulässiges Werbepreisausschreiben, dessen Unterlassung die klagende Partei nicht verlangen könne.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge; dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wurde hingegen Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wieder hergestellt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die klagende Partei macht geltend, daß für die überwiegende Mehrzahl jener Personen, die eine Glückskarte mit der richtigen Lösung eingesendet hätten, die Teilnahme an einer zusätzlichen Verlosung nach Erhalt eines Sofortgewinnes eine weitere Zugabe und die Teilnahme an einem Glücksspiel bedeute, die gegen § 28 UWG verstoße und einen moralischen Kaufzwang darstelle. Der Kauf der Ware sei eine Bedingung für die Beteiligung an dieser Verlosung. Durch die Ausnutzung der Spiellust werde das Urteil des Kunden getrübt.

Die beklagte Partei ist der Meinung, daß es Sache der Klägerin gewesen wäre, zu behaupten und zu bescheinigen, daß die Ankündigung und Gewährung einer Zugabe (als Sofortgewinn) auch nicht nach dem § 2 und § 3 des Zugabengesetzes zulässig war. Das habe sie unterlassen, sodaß ihr Antrag abzuweisen gewesen wäre. Überdies werde die Zugabe nicht unentgeltlich gewährt, weil das Erkennen der Unterschiede bei den Abbildungen eine Leistung des Einsenders darstelle.

Den Ausführungen der Beklagten ist entgegenzuhalten, daß ein Verstoß gegen § 1 Zugabengesetz dann vorliegt, wenn neben der Hauptware oder Hauptleistung ein zusätzlicher ohne besonderes Entgelt gewährter Vorteil angeboten, angekundigt oder gewährt wird (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 121, Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[10], 1168 ff, Godin - Hoth, Wettbewerbsrecht, 282, Schönherr in ÖJZ 1954, 216, 4 Ob 356/71 ua). Die §§ 2 und 3 des Zugabengesetzes enthalten Ausnahmetatbestände, für die das Zugabenverbot nicht gilt, nach denen also die Zugabengewährung ausnahmsweise erlaubt ist. Wer eine solche Ausnahme behauptet, muß sie beweisen (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 128, SZ 25/59). Es genügte daher, daß die klagende Partei das Anbieten oder die Ankündigung oder die Gewährung einer unentgeltlichen Zugabe durch die Beklagte behauptete und bescheinigte. Damit hat sie entgegen der Auffassung der beklagten Partei den Unterlassungsanspruch bereits ausreichend bescheinigt. Aus dem bescheinigten Sachverhalt ergab sich, daß die Zugabe von der beklagten Partei unentgeltlich iS des Zugabengesetzes gewährt wurde. Ob ein bei einem Preisausschreiben in Aussicht gestellter Preis ein unentgeltlich gewährter Vorteil ist, hängt nämlich davon ab, ob er für eine echte Leistung (zB das Suchen eines Werbeverses oder Schlagwortes) oder für eine Leistung versprochen wird, die - mag sie auch mühevoll sein, wie etwa das Lösen eines Preisrätsels - keinen wirtschaftlichen Wert hat (Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[10], 1203 f). Das Auffinden des Unterschiedes in der Abbildung der Waren der Beklagten in ihrem Warenprospekt gegenüber dem tatsächlichen Aussehen durch Vergleich dieser Abbildungen mit der Ware selbst oder einer Originalabbildung kann nicht als Leistung von wirtschaftlichem Wert beurteilt werden; diese Leistung des Einsenders ist etwa der Lösung eines Preisrätsels gleichzustellen. Der dafür gewährte Vorteil war somit unentgeltlich. Die Ankündigung und Gewährung des sogenannten Sofortgewinnes bedeutet daher einen Verstoß gegen § 1 Zugabengesetz, der mit Recht verboten wurde.

Die beklagte Partei hat aber den Beziehern der angepriesenen Waren, welche die Glückskarte richtig ausgefüllt einsendeten, nicht nur den Sofortgewinn, sondern auch die Teilnahme an einer Endverlosung mit beträchtlichen Preisen angekundigt; diese Teilnahme stand allerdings auch solchen Personen offen, die keine Waren bestellten, sondern Originalabbildungen der Waren mit einer Glückskarte anforderten, durch deren Vergleich mit den Abbildungen im Werbeprospekt sie in die Lage versetzt wurden, die Glückskarte richtig auszufüllen. Dies ändert aber nichts daran, daß die Werbeaktion, die nicht in einzelne Teile zerlegt werden darf, sondern im Gesamten gesehen werden muß, eine unzulässige Verknüpfung eines Preisausschreibens mit dem Warenabsatz bedeutete.

Nach § 28 UWG (idF BGBl 1971/74) ist es nämlich unter anderem verboten, Waren oder Leistungen in der Form zu vertreiben, daß die Lieferung der Ware oder eine neben der Ware zu gewährende Zuwendung (Prämie) vom Ergebnis einer Verlosung abhängig gemacht wird. Diese Bestimmung bezweckt - wie schon die auf Grund des § 28 UWG alter Fassung erlassene Glückspielverordnung BGBl 1950/137 - zu verhindern, daß die Spielsucht, das Bestreben durch Zufall zu gewinnen, vom angesprochenen Kunden zum Antrieb für die Deckung des Bedarfes gemacht und damit ein unwirtschaftliches und unsolides Moment in den Warenvertrieb hineingetragen wird (vgl RV des UWG bezogen bei Schönherr, Wettbewerbsrecht[3], 25). Werbepreisrätsel sind daher wettbewerbsrechtlich an sich zulässig, aber dann wettbewerbswidrig, wenn die Voraussetzung für die Teilnahme an einer Prämienausschreibung mit dem Kauf der angepriesenen Waren verquickt ist. Das ist der Fall, wenn der Kauf einer Ware zur Bedingung der Beteiligung gemacht wird, sei es auch in versteckter Form. Es tritt dann an die Stelle sachgemäßer Überlegung und Warenvergleichung das Streben nach Gewinn. Durch die Ausnützung der Spiellust wird das Urteil des Kunden getrübt. Dies gilt auch dann, wenn nicht die Beteiligung am Preisausschreiben, aber die Lösung dieses Ausschreibens den Kauf der Ware voraussetzt. Für die Annahme einer unzulässigen Verknüpfung der Werbung mit dem Warenabsatz genügt es, daß der Teilnehmer am Preisausschreiben annimmt, es sei für ihn günstiger, die Ware zu kaufen z B weil er glaubt, dann die Lösung leichter zu finden (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 72, Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht[10] I, 373). Im vorliegenden Fall wird nicht nur die Möglichkeit, die Teilnahme an der Endverlosung durch Ausfüllen einer mit dem Bezug der Ware übermittelten Glückskarte zu erreichen, an erster Stelle angepriesen, sondern auch die Spiellust des möglichen Kunden durch die Zusage eines Sofortgewinnes bei Bezug der Ware zu dem Zweck angesprochen, die sachgemäße Prüfung der angebotenen Ware und des eigenen Bedarfes zurückzudrängen, um den Kaufentschluß aus unwirtschaftlichen Momenten zu beeinflussen und zu fördern. Es besteht auch durchaus die Möglichkeit, daß der Kunde nicht bloß deswegen, weil ihm die Anforderung einer Originalabbildung, die als zweite Möglichkeit zur Teilnahme an der Endverlosung aufgezeigt wird, zu umständlich erscheint, sondern auch aus dem Grund, weil er glaubt, daß er bei Bezug der Originalware die geforderte Lösung leichter findet, sich für den Kauf der Ware entschließt. Dazu kommt noch, daß dieser Entschluß durch die Zusage eines Sofortgewinnes von unbekanntem Wert, somit durch die Ausnutzung der Spiellust des Publikums, gefördert wird. Wenn der Warenbezug auch keine rechtliche Bedingung für die Teilnahme an der Endverlosung ist, so wird diese doch mit dem Warenbezug so eng verknüpft, daß die von der beklagten Partei geübte Werbung eine wettbewerbsrechtlich unlautere Beeinflussung der freien Entschließung des Publikums und nicht bloß eine Maßnahme bedeutet, um auf die Waren der Beklagten aufmerksam zu machen. Die klagende Partei hat daher mit Recht die Unterlassung dieser Werbeaktion in der Gesamtheit verlangt. Es war somit in Stattgebung ihres Revisionsrekurses die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

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