OGH 1Ob213/52

OGH1Ob213/525.3.1952

SZ 25/59

Normen

Zugabengesetz §2
Zugabengesetz §2

 

Spruch:

Beiträge zu einer Zeitung, bestehend aus Teilen von Büchern, die der Abonnent erst zusammensetzen muß, fallen unter das Zugabengesetz.

Zugaben sind nicht integrierende Bestandteile einer Zeitung, wenn Zeitungsbeilagen nur den Abonnenten zugehen, nicht aber den Abnehmern einzelner Nummern.

Entscheidung vom 5. März 1952, 1 Ob 213/52.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Nach vorheriger Ankündigung ließ die Tageszeitung P. ihren Abonnenten eine Buchspende lieferweise zugehen.

Über Klage des Zeitungsherausgeberverbandes hat der Erstrichter gegen die Beklagte eine einstweilige Verfügung erlassen, in der er der Antragsgegnerin verbot, die unentgeltliche Zugabe von "Druckwerken oder Teilen von solchen in der Form von Büchern oder von geschlossenen Heften" an die Abonnenten der von ihr herausgegebenen Tageszeitung "P." anzukundigen und zu gewähren, obwohl der Antrag der gefährdeten Partei nur auf die Ankündigung und Gewährung von "Büchern" lautet.

Das Rekursgericht hat aufgehoben. Zunächst sei es richtig, daß der Erstrichter über das Begehren hinausgegangen sei, was unzulässig sei. Ferner sei zu erwägen, daß das Gesetz in erster Linie an Zugaben von Waren denke und nur nebenbei auch, der Vollständigkeit halber, Leistungen erfasse. Die Zeitung könne weder als typischer Vertreter des Begriffes "Ware" noch des Begriffes "Leistungen" angesehen werden. Die Zeitung sei eine "Ware" eigener Art, bei der das Stoffliche und Handwerkliche gänzlich gegenüber dem Inhalt der Zeitung in den Hintergrund trete. Bei der Anwendung des Zugabengesetzes müsse daher jedenfalls auf diese Besonderheit der Zeitung dadurch Rücksicht genommen werden, daß die Bestimmungen über die Warenzugaben nur im eingeschränkten Umfang unmittelbar angewendet werden können und daß mehr eine sinngemäße Anwendung im Sinne des § 2 (2) Zugabengesetz in Frage komme, wie sie für Leistungen vorgeschrieben sei. Diese Unterscheidung spiele freilich bei der Frage, ob es sich um eine Zugabe handle, noch keine Rolle, wohl aber für die Frage, ob eine Ausahme im Sinne des § 2 (1) lit. d Zugabengesetz vorliege.

Das Rekursgericht meint weiter, daß der Abdruck von Gedichten, Novellen und Romanen zum festen Bestand jeder Namen habenden Tageszeitung gehöre. Die im allgemeinen übliche Form der Romanwiedergabe sei die Form des Fortsetzungsromans, daneben habe sich aber auch der Abdruck insbesondere kürzerer Romane und Novellen in ein- und derselben Folge eingebürgert, wobei diese oft in eigene Beilagen verwiesen werden, wie überhaupt die Beigabe von Beilagen verschiedenster Art immer mehr an Umfang zugenommen habe. Solche Beilagen könnten daher an sich niemals als zeitungsfremde, verbotene Zugaben angesehen werden. Denn während bei der Zugabe ein Zusammenhang mit der Ware selbst nicht oder nur entfernt bestehe, was sich schon aus § 2 (1) lit. b Zugabengesetz erschließen lasse, liege der Inhalt der Zeitungsbeilage, auch wenn es sich um einen Roman handle, innerhalb der Gesamtzielsetzung des Zeitungsherausgebers und diene damit dem gleichen Zweck wie die Zeitung selbst. In der Form der Beilage, ihrer äußeren Aufmachung und Ausstattung seien die Zeitungen nur durch die Schranken des Pressegesetzes gebunden. Dies bedeute, daß sie auch nicht gehalten seien, für Beilagen das gleiche Format oder die gleiche Ausstattung wie für das Hauptblatt zu nehmen. Es müsse aber verlangt werden, daß solche Beilagen noch als Bestandteile der periodischen Druckschrift in1 Sinne des Pressegesetzes gelten können. Es komme daher darauf an, ob die von der Antragsgegnerin angekundigten und gewährten Romane als Buch im gewerberechtlichen Sinne anzusehen seien oder ob sie auf Grund des Pressegesetzes ohne verlegerische Konzession im Rahmen der Zeitung herausgegeben werden dürfen und damit sich als Bestandteil der Zeitung eindeutig qualifizieren. In dieser Beziehung habe das Erstgericht mit Recht darauf verwiesen, daß die Romanbeilagen ein anderes Impressum aufweisen, als die Tageszeitung selbst; es habe aber eine Feststellung darüber unterlassen, aus welchem Gründe dies erfolgt und ob etwa der Grund hiefür darin zu suchen sei, daß die Antragsgegnerin für die Herausgabe der Romanbeilagen sich einer Verlegerkonzession bediente. Im letzteren Falle wäre der Charakter der Romanbeilage zu verneinen und es könnte nicht mehr davon die Rede sein, daß es sich nur um einen Bestandteil der Tageszeitung handle, andernfalls könnte die Frage einer verbotenen Zugabe überhaupt nicht entstehen.

Wäre die Romanbeilage als Buch anzusehen, dann wäre wohl der allgemeine Tatbestand des § 1 Zugabengesetz erfüllt, doch hätte dann auf das Vorliegen des von der gefährdeten Partei geltend gemachten Ausnahmetatbestandes eingegangen werden müssen, dessen Vorliegen die gefährdete Partei schon in der Klage bestritten habe.

Hier komme insbesondere der Ausnahmetatbestand des § 2 (1) lit. d Zugabengesetz in Betracht, nach dem die Frage zu beantworten war, ob Bücher als handelsübliches Zugehör (das Rekursgericht spricht unrichtig von Zubehör) bzw. als handelsübliche Nebenleistung zu Tageszeitungen angesehen werden können. Diese Frage habe das Erstgericht verneint. Die Verweisung auf § 294 ABGB. müsse im gegenständlichen Fall mit Rücksicht auf den Sondercharakter einer Zeitung versagen. Es könne nur die Handelsüblichkeit allein darüber entscheiden, ob solche als Bücher herausgegebene Romanbeilagen als Nebenleistungen oder Zugehör von Tagesblättern erlaubt sein können. Hiefür habe die Antragsgegnerin Beweise angeboten, die bisher nicht durchgeführt worden seien.

Das Erstgericht werde daher in Ergänzung des Verfahrens über den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung bereits die Frage, ob es sich bei den Beilagen um Bücher im gewerberechtlichen Sinne gehandelt habe, zu klären haben und, wenn dies der Fall sein sollte, auch die Bescheinigungsmittel bezüglich des geltend gemachten Ausnahmetatbestandes des § 2 (1) lit. d Zugabengesetz aufzunehmen haben, insoweit dem nicht die beschränkende Bestimmung des § 274 ZPO. entgegenstehe.

Dieser Aufhebungsbeschluß wird von der gefährdeten Partei mit Revisionsrekurs angefochten.

Die Rekursinstanz bewilligte die einstweilige Verfügung.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung vom 10. März 1937, JBl. 1937 S. 234, anerkannt, daß Zugaben zu einer Zeitung unter das Zugabeverbot fallen. Damals handelte es sich um einen Fahrplan, diesmal um ein Buch; im Wesen wird daran nichts geändert. Der Oberste Gerichtshof meinte damals, daß die selbständige Gestaltung des Fahrplanes als eines gehefteten Büchleins nach Form und Inhalt aus dem Rahmen der Zeitung als solcher falle, durch die Sondergestaltung - statt wie früher in der Aufnahme von Fahrplänen in den Text der Zeitung - ein Sonderdasein gewinne und dadurch eine selbständige Sache geworden sei, zumal da er nicht nur an die Bezieher und Käufer der Zeitung abgegeben, sondern auch einzeln verschleißt wurde. Dieses Büchlein stelle daher eine Zugabe zur Zeitung dar und könne nicht als Teil der Zeitung, somit als Teil der verkauften Ware angesehen werden.

Der Oberste Gerichtshof kann diese formale Auffassung, die auf den Umstand abstellt, ob der Erwerber der Zeitung das Büchlein fertig erhält oder ob er einzelne Blätter aus der Zeitung schneiden, sie entsprechend zu. falten, aufschneiden und sodann allenfalls die Blätter heften oder mit einem Umschlag versehen muß, nicht aufrechterhalten und lehnte sie mit dem Rekursgericht ab, da es im Zeitschriftenhandel allgemein üblich ist, daß dem Hauptblatt einer Zeitung (Zeitschrift) eine andere Zeitschrift als Beilage angeschlossen wird, die ein selbständiges Ganzes bildet, auch ohne daß es erst aus der Zeitung herausgeschnitten werden müßte.

Rechtsirrig ist aber auch die Auffassung des Rekursgerichtes, daß es darauf ankomme, ob es sich bei der Beilage um Bücher im gewerberechtlichen Sinne handle oder nicht. Die gewerberechtliche Zulässigkeit hat mit der wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit nichts zu tun. Eine Beilage kann gewerberechtlich zulässig, aber wettbewerbsrechtlich nicht gestattet sein und umgekehrt. Ebenso bedeutungslos ist die Frage, ob die Beilage ein eigenes Impressum trägt, ob sie im Verlage der Zeitung oder eines ihr affiliierten Unternehmens erschienen ist usw.

Maßgebend, ob eine Zugabe vorliegt, ist vielmehr allein, ob sie einen integrierenden Teil der Zeitung bildet oder nicht. Das muß aber dann verneint werden, wenn die Beilage nur den Abonnenten zugeht, nicht aber den Abnehmern einzelner Nummern. Damit hat der Zeitungsherausgeber klar zum Ausdruck gebracht, daß er selbst die Beilage nicht als einen Teil seiner Zeitung ansieht. Das Gegenteil ist auch der Entscheidung vom 10. März 1937 trotz der irreführenden Überschrift in der Veröffentlichung nicht zu entnehmen. Der Oberste Gerichtshof hat damals der Frage, ob die Beilage nur den Abonnenten oder auch den Straßenkäufern einzelner Nummern zukommt, nur bei Bestehen der Ausnahmetatbestände nach § 3 (1) lit. c Zugabengesetz Bedeutung zuerkannt, wozu aber der Oberste Gerichtshof im derzeitigen Stadium keine Stellung zu nehmen hat, weil Behauptungen über den Wert der Zugabe überhaupt nicht aufgestellt worden sind.

Aber auch der Ausnahmetatbestand des § 2 (1) lit. d Zugabengesetz (handelsübliches Zugehör) scheidet aus, ganz abgesehen davon, daß die Antragsgegnerin die Handelsüblichkeit nicht bescheinigt hat. Das Gesetz spricht nicht von handelsüblicher Zugabe, sondern von handelsüblichem Zugehör. Damit ist zum Ausdruck gebracht, daß die Sache, ohne Bestandteil der Ware zu sein, dem wirtschaftlichen Zwecke der veräußerten Ware, diesmal der Zeitung, dienen soll. Es genügt also nicht ein bloß wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Ware und Zugabe, es muß eine Zweckgebundenheit vorhanden sein. Darüber besteht kein Streit. Dazu gehören Verpackungen, Beigaben zum Zweck der gebrauchsfähigen Verwendung einer Ware usw.; also Beigaben, die bei einer Zeitung überhaupt nicht in Frage kommen, weil kaum ein Gegenstand denkbar ist, der dazu dienen kann, die Benützung einer Zeitung zu ermöglichen oder bequemer brauchbar zu machen. Der Ausnahmetatbestand des § 2 (1) lit. d Zugabengesetz kommt also bei Zeitungen überhaupt nicht in Frage. Ebensowenig ist § 2 (1) lit. b Zugabengesetz anwendbar, der sich nur auf Mengenrabatte bezieht.

Es wäre daher nur zu erwägen, ob nicht etwa ein gekoppelter Vertrag vorliegt, bei dem um einen Gesamtpreis zwei Waren, das Zeitungsabonnement und die jeweils mitzuliefernden Bücher, veräußert werden. Schon das Rekursgericht hat die Annahme eines solchen Koppelungsgeschäftes mit dem zutreffenden Hinweis abgelehnt, daß die Bücher auch den laufenden Abonnenten geliefert werden, denen gegenüber sich die Antragsgegnerin nicht zur Lieferung der Beilagen verpflichtet hat. Es erübrigt sich daher zu untersuchen, ob hier nicht etwa eine Gesetzesumgehung vorliegt, zumal da die Antragsgegnerin in ihren Ankündigungen über die Zugabe selbst in einer wettbewerbsfremden Weise von einem "Geschenk", ein Buch gratis monatlich, spricht, also selbst ihre "Bücherspende" als Zugabe, für die nichts zu zahlen ist, bezeichnet, obwohl die Zugabe naturgemäß wie bei jedem kaufmännisch geführten Unternehmen mitkalkuliert wird. Es wird daher unter dem falschen Anschein einer Gratisgabe um neue Abonnenten geworben, was den Grundsätzen des erlaubten Wettbewerbes widerspricht. Daß diese Werbung tatsächlich erfolgreich war, beweist die von der Antragsgegnerin selbst angegebene Tatsache, daß diese Art der Werbung ihr 5000 neue Abonnenten gebracht habe.

Es muß daher dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei Folge gegeben werden. Er ist nur insoweit nicht begrundet, als er sich gegen die Ausführungen des Rekursgerichtes wendet, daß der Erstrichter bei Bewilligung der einstweiligen Verfügung über das Begehren der gefährdeten Partei hinausgegangen sei; es ist vielmehr dem Rekursgericht zuzustimmen, daß Bücher ein engerer Begriff sind, als der allgemeine Begriff "Druckwerk oder Teile von solchen in der Form von Büchern oder von geschlossenen Heften" und daß daher die vom Erstrichter gewählte Formulierung keine bloße Berichtigung des Begehrens der gefährdeten Partei darstellt, sondern darüber hinaus mehr zuspricht, als verlangt wurde. Es konnte daher der erstrichterliche Beschluß nur mit der dem Begehren entsprechenden engeren Fassung wiederhergestellt werden.

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