Spruch:
Im Fall der Säumnis des Beklagten ist der Kläger nicht auf sein Vorbringen in der Klage beschränkt, sondern darf auch noch in der ersten Tagsatzung weitere Tatsachen vortragen, die bisher vorgebrachten Behauptungen ergänzen und richtigstellen. Grenzen der Ergänzungen und Richtigstellungen
OGH 6. 10. 1971, 3 Ob 108/71 (LGZ Wien 46 R 371/71; EG Wien 4 C 4/71)
Text
In seiner Klage nach § 37 EO, die gegen die der beklagten Partei am 29. 10. 1970 zu 4 E ..../70 vom Exekutionsgericht Wien gegen Johanna M bewilligte Fahrnisexekution gerichtet ist, behauptet der Kläger Eigentumsrechte an den unter Postzahl 15 bis 32 gepfändeten Maschinen (hinsichtlich Postzahl 35 wurde das Klagebegehren rechtskräftig abgewiesen). Sein Eigentumsrecht ergebe sich aus dem Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien vom 27. 10. 1970, 24 Cg ..../70, wonach Johanna M verpflichtet sei, ihm die Maschinen herauszugeben oder einen Betrag von S 150.000.- zu bezahlen.
Die Beklagte ist zur Verhandlung nicht erschienen, worauf über Antrag des Klägers, ein Versäumungsurteil zu fällen, das Erstgericht iS einer Abweisung des Klagebegehrens entschied, weil dieses unschlüssig sei, denn der Kläger habe nicht die Tatsachen vorgebracht, auf die er sein Eigentumsrecht stütze.
Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren hinsichtlich der Postzahlen 15 bis 32 statt. Es führte aus, der Kläger mache sein Recht auf Herausgabe der Maschinen in der Klage schlüssig geltend, indem er auf das Herausgabeurteil verweise. Auf Grund dieses für wahr zu haltenden Vorbringens sei iS des Klagebegehrens zu entscheiden.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist nicht begrundet.
Die Beklagte ist der Meinung, aus dem gegen M gefällten Versäumungsurteil ergebe sich nicht das Eigentum des Klägers an den Maschinen, sondern nur sein obligatorischer Anspruch auf ihre Herausgabe. Da die Maschinen nicht an den Kläger übergeben worden seien, habe er an ihnen nicht Eigentum erworben. In seiner Klage habe er keine tatsächlichen Behauptungen über Titel und Erwerbungsart aufgestellt, seine Klage sei daher unschlüssig.
Gemäß § 37 EO kann gegen eine Exekution von einem Dritten Widerspruch erhoben werden, wenn dieser an der in Exekution gezogenen Sache ein Recht behauptet, welches die Vornahme der Exekution unzulässig machen würde. Ein solches Recht ist ua das Eigentumsrecht, auf das sich der Kläger auch ausdrücklich beruft. Damit aber eine Klage nach § 37 EO hinreichend schlüssig ist, um auf Grund des für wahr zu haltenden Klagsvorbringens ein Versäumungsurteil in einem dem Klagebegehren stattgebenden Sinn fällen zu können, genügt es nicht, das Eigentum bloß zu behaupten, es muß vielmehr auch die Erwerbungsart und der Erwerbungsgrund deutlich behauptet werden. Der Hinweis auf angeschlossene urkundliche Belege genügt nicht (EvBl 1971/220, 3 Ob 61/71). Im vorliegenden Fall hat sich der Kläger nur auf das Versäumungsurteil des Handelsgerichtes Wien berufen, aus dem sich nicht das Eigentum des Klägers an den Maschinen, sondern nur ein Herausgabeanspruch ergibt. Damit hat er den oben genannten Erfordernissen nicht entsprochen. Seine Klage müßte daher als nichtschlüssig bezeichnet werden.
In der Tagsatzung am 11. 3. 1971 gab der Kläger aber die Erwerbungsart und den Erwerbungsgrund an, nämlich daß er die Maschinen von Johanna M gekauft habe und daß sie ihm auch durch Zeichen, nämlich durch Anbringung von Zetteln, übergeben worden seien. Dieses Vorbringen ist ebenfalls Tatsachengrundlage für das Versäumungsurteil, denn der Kläger ist nicht auf sein Vorbringen in der Klage beschränkt, sondern darf auch noch in der ersten Tagsatzung weitere Tatsachen vortragen, die bisher vorgebrachten Behauptungen ergänzen und richtigstellen. Er darf nur den Gegenstand des Rechtsstreites nicht ändern und sein Klagebegehren nicht erweitern. Klagsverbesserungen iS des § 235 Abs 4 ZPO sind dagegen zulässig. Urteilsgrundlage ist nicht nur die Klageschrift, sondern auch das mündliche Vorbringen des Klägers in tatsächlicher Beziehung, mag es auch über die Klageschrift hinausgehen (Fasching III 619, Sperl 491, Neumann II 1132, Petschek - Stagel 344, Wolff 192). Das Vorbringen des Klägers in der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung, er habe die Maschinen gekauft und sie seien ihm auch übergeben worden, ist keine Klagsänderung oder Klagserweiterung. Es ist vielmehr nur ein weiteres Tatsachenvorbringen, das sich auf den Gegenstand des Rechtsstreites bezieht und zur Erwirkung einer Verurteilung der Beklagten erforderlich ist. Nach diesem ergänzenden Vorbringen muß seine Klage aber als hinreichend schlüssig bezeichnet werden, denn er hat für sein behauptetes Eigentum nicht nur den Erwerbungsgrund, nämlich Kauf, sondern auch eine für Maschinen zulässige Erwerbungsart nach § 427 ABGB durch Versehen mit Zetteln angeführt. Da gem § 396 ZPO das gesamte Tatsachenvorbringen des Klägers für wahr zu halten war, hat das Berufungsgericht mit Recht mit Ausnahme der nicht mehr strittigen Postzahl 35 iS des Klagebegehrens entschieden.
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