OGH 4Ob540/71

OGH4Ob540/714.5.1971

SZ 44/65

Normen

AHG §1
JN §1
AHG §1
JN §1

 

Spruch:

Durch eine spätere obligatorische Vereinbarung nach Bezahlung des Restkaufpreises kann der Eigentumsvorbehalt nicht verlängert, sondern nur der Schuldner verpflichtet werden, trotz eingetretenen Erwerbs des Eigentums die Sache rückzuübereignen. Dieser obligatorische Anspruch ist bloß eine Konkursforderung iS des § 14

KO

OGH 4. 5. 1971, 4 Ob 540/71 (OLG Innsbruck 2 R 186/70; LG Innsbruck 8 Cg 727/69)

Text

Die klagende Partei begehrte zuletzt nur noch die Feststellung, daß der von ihr im Konkurs geltend gemachte Aussonderungsanspruch hinsichtlich eines Königskranes zu Recht bestehe. Sie stützt dieses Begehren auf die Behauptung, daß ein vereinbarter Eigentumsvorbehalt noch aufrecht sei.

Der beklagte Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des August K hat Klagsabweisung beantragt und eingewendet, daß der geltend gemachte Aussonderungsanspruch der Klägerin weder formell noch materiell berechtigt sei. Die formelle Berechtigung mangle deshalb, weil die Klägerin ihn nie aufgefordert habe, irgendwelche Erklärungen abzugeben, obwohl sie ihm gemäß § 21 KO hätte Gelegenheit geben müssen, in den Kaufvertrag über den gegenständlichen Kran einzutreten. In materieller Hinsicht sei ein Aussonderungsanspruch aber deshalb nicht berechtigt, weil der Kaufpreis für den Kran längst bezahlt sei. Die nach Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes vom Gemeinschuldner über Verlangen der Klägerin abgegebene Erklärung, daß die Eigentumsvorbehaltsvereinbarung bis zur Zahlung der Reparaturrechnungen, sowie der Wechselzinsen und Spesen Gültigkeit haben solle sei unwirksam.

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte hiezu folgenden Sachverhalt fest: August K, Baumeister in L, hat am 12. 6. 1964 von der Klägerin einen Königskran um den Kaufpreis von S 202.060.- gekauft. Laut Bestellschein hatte der Eigentumsvorbehalt der Klägerin an diesem Kran solange aufrecht zu bleiben, bis auch bei vorheriger oder späterer Hingabe von Wechseln die Wechselsumme samt allfälligen Diskontspesen, Kosten und Zinsen bezahlt ist. Mit Rechnung vom 22. 6. 1964 hat die Klägerin dem Käufer K den Kaufpreis von S 202.060.- in Rechnung gestellt, wobei die Finanzierung vereinbarungsgemäß nach einem Zahlungsplan zu erfolgen hatte. In die Zahlungspläne, die die Klägerin erstellt, bezog diese auch Rechnungen ein, die auf Grund von Reparaturaufträgen des Käufers August K erstellt worden waren. Die Abzahlung des Kranes zog sich durch mehrere Jahre hin. Der Käufer stellte der Klägerin Akzepte zur Verfügung, die von dieser immer wieder prolongiert werden mußten. Unter Einbeziehung der sogenannten "Kleinrechnungen" für die Reparaturen, der Wechselspesen und Zinsen ergab sich schließlich eine Belastung des Käufers in Höhe von S 366.590.14, der Zahlungen von insgesamt S 327.348.71 gegenüberstehen. Die von der Klägerin dem Käufer übersandten Zahlungspläne trugen mit Ausnahme des letzten den Vermerk, daß der Eigentumsvorbehalt der Klägerin solange bestehen bleibe, bis auch bei vorheriger oder späterer Hingabe von Wechseln die Wechselsumme samt allfälligen Diskontspesen, Kosten und Zinsen für den gegenständlichen Kran bezahlt seien. August K hat diese ihm übermittelten Zahlungspläne jeweils unterschrieben und eine Ausfertigung davon sodann an die Klägerin zurückgeschickt. Wenngleich beim letzten Zahlungsplan vom 10. 3. 1969 der erwähnte Vermerk hinsichtlich des Eigentumsvorbehaltes der Klägerin versehentlich unterblieben ist, hat der Käufer K doch auch in diesem Falle mündlich seine Zustimmung erteilt, daß der Eigentumsvorbehalt auch hinsichtlich dieses Zahlungsplanes weiterhin Gültigkeit haben soll. Mit Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 1. 9. 1969. S ../69, wurde über das Vermögen des August K der Konkurs eröffnet und der Beklagte als Masseverwalter bestellt.

In rechtlicher Beziehung führte das Erstgericht aus: Es sei nicht einzusehen, warum der bei Abschluß des Kaufvertrages in seiner Geschäftsfähigkeit noch nicht beschränkte nachmalige Gemeinschuldner August K damals mit der Klägerin nicht hätte vereinbaren können, daß der Eigentumsvorbehalt der Klägerin an dem gelieferten Kran solange aufrecht bleiben soll, bis auch die in die Zahlungspläne miteinbezogenen Kleinrechnungen bezahlt seien. Eine solche Vereinbarung stelle ihrer Rechtsnatur nach im übrigen nichts anderes dar, als eine Vereinbarung darüber, daß die vom Gemeinschuldner geleisteten Zahlungen zunächst auf die Kleinrechnungen, Zinsen und Spesen und dann erst auf die Hauptschuld anzurechnen seien, sohin eine Vereinbarung, in welcher Reihenfolge die Verbindlichkeiten des Schuldners zu tilgen seien. Da hinsichtlich des gegenständlichen Kranes unter Einbeziehung der Kleinrechnungen, Spesen und Zinsen noch ein offener Saldo von S 39.241.43 bestehe, sei der von der Klägerin behauptete Eigentumsvorbehalt noch aufrecht. Der Beklagte könne sich aber auch nicht darauf berufen, daß ihm die Klägerin die Möglichkeit hätte geben müssen, in den Kaufvertrag einzutreten, weil vom Konkurskommissär eine Frist für die Erklärung, ob er an Stelle des Gemeinschuldners den Kaufvertrag erfülle oder ob er vom Vertrag zurücktrete, iS des § 21 Abs 2 KO noch nicht gestellt worden sei und der Beklagte daher während der ganzen Dauer des Konkursverfahrens noch die Wahl zwischen Erfüllung und Rücktritt habe. Bis zur Rücktrittserklärung bleibe aber das Geschäft aufrecht. Im Falle eines Eintrittes in den Vertrag müßte der Beklagte als Masseverwalter aber den Eigentumsvorbehalt der Klägerin gleich dem Gemeinschuldner beachten. Der Rücktritt vom Vertrag hingegen würde einem Anerkenntnis des Eigentumsvorbehaltes gleichkommen, womit der Rechtsstreit seinen Sinn verloren hätte.

Das Berufungsgericht wies die Klage im wesentlichen aus folgenden Gründen ab:

Die Zulässigkeit einer Ausdehnung des Eigentumsvorbehaltes auf andere, später entstandene Forderungen (sogenannte "horizontale Fortentwicklung" des Eigentumsvorbehaltes) sei aus der Erwägung grundsätzlich anerkannt, daß im schuldrechtlichen Verhältnis zwischen den Vertragsteilen grundsätzlich Vertragsfreiheit bestehe und es daher nicht einzusehen sei, warum die Vertragspartner nicht zumindest mit obligatorischer Wirkung vereinbaren könnten, daß der Eigentumsvorbehalt im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien nicht nur bis zu Zahlung der ursprünglichen Kaufpreisforderung, sondern auch bis zur Begleichung anderer Forderungen rechtswirksam bleiben solle. Weil bei allen von der Klägerin dem Gemeinschuldner August K übermittelten Zahlungsplänen ausdrücklich vereinbart worden sei, daß der Eigentumsvorbehalt der Klägerin solange bestehen bleiben solle, bis auch bei vorheriger oder späterer Hingabe von Wechseln die Wechselsumme samt allfälligen Diskontspesen, Kosten und Zinsen bezahlt sei, wobei in diese Zahlungspläne auch die sogenannten Kleinrechnungen über die Reparaturen einbezogen worden seien, sei die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes der Klägerin am gegenständlichen Kran bis zur Bezahlung der Kleinrechnungen verlängert worden. Die Ausstellung eines Wechsels für eine bereits bestehende Schuld sei gemäß § 1379 ABGB im Zweifel nicht als Neuerungsvertrag anzusehen, der die Nebenrechte zum Erlöschen bringen würde. Ein solcher sei vielmehr nur dann anzunehmen, wenn die Parteien die Neuerungsabsicht erkennbar und gültig ausgedrückt haben. Nach der herrschenden Auffassung gebe der Eigentumsvorbehalt dem Verkäufer im Konkurs des Käufers an den dem Gemeinschuldner verkauften Sachen ein Aussonderungsrecht gemäß § 44 KO. Dieses Aussonderungsrecht erfahre jedoch durch die Konkurseröffnung keine inhaltliche Veränderung. Soweit nach bürgerlichem Recht eine Herausgabepflicht bestehe, bleibe diese trotz Konkurseröffnung aufrecht. Da sohin die Rechte der Konkursgläubiger dem Herausgabeanspruch der Klägerin nicht entgegenstehen und die Klägerin somit ein Leistungsbegehren stellen könne, fehle es an einem Interesse an der alsbaldigen Feststellung des der Klägerin zustehenden Aussonderungsrechtes iS des § 228 ZPO, zumal die Klägerin auch besondere Umstände dahingehend, daß ihr Feststellungsinteresse über den Rahmen eines Leistungsprozesses hinausgehe, gar nicht behauptet habe.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Erstgericht nahm an, daß die zwischen dem Gemeinschuldner und der klagenden Partei vereinbarten "Zahlungspläne", gemäß denen der Eigentumsvorbehalt der klagenden Partei solange bestehen bleibe, bis auch bei vorheriger oder späterer Hingabe von Wechseln die Wechselsumme samt allfälligen Diskontspesen, Kosten und Zinsen für den Kran bezahlt seien, eine Vereinbarung darüber darstelle, in welcher Reihenfolge die Verbindlichkeiten des Schuldners zu tilgen seien. Das Berufungsgericht hat sich mit dieser Rechtsansicht des Erstgerichtes nicht auseinandergesetzt, weil es der Meinung war, daß die Ausdehnung des Eigentumsvorbehalts auf andere später entstandene Forderungen möglich wäre. Dabei ist allerdings, bei der Verwertung der Entscheidung EvBl 1968/298 = JBl 1969, 389 insofern ein Mißverständnis unterlaufen, als verkannt wurde, daß die vom Obersten Gerichtshof in der angeführten Entscheidung für möglich gehaltene obligatorische Vereinbarung nach Bezahlung des Restkaufpreises nicht den Eigentumsvorbehalt verlängern kann, sondern nur den Schuldner verpflichten kann, trotz eingetretenen Erwerbs des Eigentums die Sache rückzuübereignen (vgl hiezu Koziol in seiner Glosse zu der Entscheidung in JBl 1969, 389). Dieser obligatorische Anspruch gewährt aber kein Aussonderungsrecht im Konkurs nach § 44 KO, sondern wäre eine Konkursforderung iS des § 14 KO. Dem Erstgericht ist jedoch darin zu folgen, daß die im Zahlungsplan einvernehmlich festgelegte Verrechnung die Dauer des Eigentumsvorbehalts am Krane verlängern konnte, weil es den Vertragsparteien überlassen bleiben muß, zu bestimmen, welche Schulden mit den jeweiligen Zahlungen getilgt werden sollen. Dies birgt zwar eine gewisse Gefahr für die Kreditgeber des Schuldners in sich, die jedoch unvermeidlich mit der Anerkennung der Sicherungsübereignung verbunden ist und hingenommen werden muß. Nimmt man nun mit dem Erstgericht an, daß trotz der Zahlungen des Schuldners in einer den Kaufpreis des Krans übersteigenden Höhe, noch immer ein Restkaufpreis von S 39.241.43 nicht erfüllt ist, dann muß im Sinne der einhelligen Rechtsprechung (HS 5393, SZ 34/113 uä) dem Vorbehaltsverkäufer an der verkauften Sache im Konkurs ein Aussonderungsrecht gemäß § 44 KO eingeräumt werden. Dieses wird durch Rücktritt vom Vertrag geltend gemacht, der - schlüssig - auch durch Klagsanbringung erfolgen kann. Dem steht das Recht des Masseverwalters, gemäß § 21 KO den Vertrag zu erfüllen und Erfüllung zu verlangen oder vom Vertrag zurückzutreten, nicht entgegen. Jedoch ist mit dem wirksam erklärten Rücktritt des Gläubigers, womit dieser von seinen Vertragspflichten frei wird (Klang[2] IV/1 460), das Recht des Masseverwalters den Vertrag zu erfüllen und Erfüllung zu verlangen, erloschen. Der Aussonderungsanspruch wird von der Konkurseröffnung nicht berührt (SZ 37/91).

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren wegen Fehlens des Feststellungsinteresses ab, weil die klagende Partei einen Herausgabeanspruch habe, somit ein Leistungsbegehren stellen könnte. Dagegen bringt die klagende Partei vor, ihr rechtliches Interesse sei allein schon durch die Konkurseröffnung über das Vermögen des Vorbehaltskäufers und infolge Bestreitung des Aussonderungsanspruches durch den Masseverwalter gegeben. Es sei als sicher anzunehmen, daß der beklagte Masseverwalter den offenen Saldo bezahlen würde, sobald rechtskräftig festgestellt sei, daß die von der klagenden Partei vorgenommene Verrechnung zulässig gewesen sei und daher der Eigentumsvorbehalt der Klägerin am Königskran aufrecht sei.

Diese Ausführungen können aber nicht überzeugen. Damit wird nicht ein rechtliches Interesse an der Feststellung trotz möglicher Leistungsklage dargetan. Ein Interesse an der Feststellung trotz möglicher Leistungsklage ist insbesondere dann zu bejahen, wenn das Feststellungsbegehren geeignet ist, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen und einen künftigen Leistungsprozeß abzuschneiden (Arb 6430, SZ 26/116), sei es auch bloß hinsichtlich der Rechtsgrundlage der Leistungen. Eine Feststellungsklage ist nur dann nicht zulässig, wenn durch den möglichen Leistungsanspruch auch der Feststellungsanspruch voll ausgeschöpft wird (JBl 1969, 399). Im vorliegenden Fall ist nicht erkennbar, in welcher Beziehung der Feststellungsanspruch über das hinausreichen sollte, was mit der Leistungsklage erreicht werden kann. Würde der Feststellungsklage stattgegeben, dann wäre festgestellt, daß der Rücktritt vom Vertrag wirksam erfolgte, womit aber dem Masseverwalter die Möglichkeit genommen wäre - gegen den Willen des Zurücktretenden -, den Vertrag aufrecht zu erhalten.

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