Spruch:
Der Ersatzaussonderungsanspruch umfaßt auch dann, wenn die Forderung, zu deren Gunsten der Eigentumsvorbehalt begrundet wurde, kleiner ist als der an die Stelle der veräußerten Sache getretene Erlös, den für die Sache erzielten Gesamterlös.
Entscheidung vom 24. Juni 1964, 6 Ob 334/63. I. Instanz:
Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin behauptet, sie habe den Ankauf von drei näher bezeichneten Zugmaschinen durch die Firma A. finanziert. Der Verkauf der Maschinen an diese Firma sei unter Eigentumsvorbehalt erfolgt. Die den Verkäufern zustehenden Rechte, insbesondere auch die aus dem Eigentumsvorbehalt, seien an die Klägerin abgetreten worden. Die Käuferin habe ihre Zahlungspflichten nicht eingehalten. Gemäß Punkt V der Kreditanträge sei die Käuferin verpflichtet, auf Verlangen der Klägerin die Kreditobjekte in ihre Gewahrsame zu übergeben. Im Konkurs über das Vermögen der Beklagten mache sie ihre Aussonderungsansprüche geltend und, da die Maschinen inzwischen vom Masseverwalter mit ihrer Zustimmung veräußert worden seien, begehre sie seine Verurteilung zur Herausgabe der Erlöse von 121.000 S, 100.000 S und 125.087.97 S, zusammen 346.087.97 S. Die Untergerichte haben dem Klagebegehren stattgegeben. Sie stellten im wesentlichen fest, daß die Veräußerung der drei Zugmaschinen an die Firma A. unter Eigentumsvorbehalt erfolgte. Das Eigentum wurde der Klägerin als Kreditgeberin vorbehalten. Diese Haftung wurde auch zugunsten der Restforderungen aus anderen Rechtsgeschäften vereinbart. Aus den einzelnen der drei Kreditgeschäfte haften, wie unbestritten blieb, noch 20.660.88 S, 29.118.50 S und 358.368 S aus. Mit Zustimmung der Klägerin wurden die Zugmaschinen inzwischen verkauft. Die Erlöse betrugen für die einzelnen Maschinen 121.000 S, 100.000 S und 125.078.97 S. Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß mit der Abtretung der Kaufpreisforderung durch die Verkäufer der Zugmaschinen an die Klägerin auch der Eigentumsvorbehalt abgetreten werden konnte, ohne daß es dazu einer besonderen Traditionshandlung bedurft hätte. Es sei aber auch die getroffene Vereinbarung, der Eigentumsvorbehalt bezüglich eines Kreditgegenstandes bestehe auch für die Restforderungen aus den anderen Geschäften, zumal aus allen Kreditgeschäften noch Restforderungen aushafteten, wirksam.
Das Berufungsgericht billigte die Rechtansicht des Erstgerichtes hinsichtlich der Abtretung der Rechte aus dem Eigentumsvorbehalt und führte im übrigen aus, die Vereinbarung, daß auch bei Aufrechterhaltung des Kaufvertrages der Kaufgegenstand zurückgenommen werden könne, sei zulässig. Nach der mit Zustimmung der Klägerin erfolgten Veräußerung der drei Zugmaschinen unter der vom Masseverwalter bestätigten Verpflichtung zur gesonderten Verwahrung des Erlöses, erstrecke sich der Aussonderungsanspruch auf diese Geldbeträge ohne Rücksicht auf die Höhe der aus den einzelnen Geschäften noch aushaftenden Restforderungen der Klägerin. Wie diese Erlöse nach ihrer Ausfolgung an die Klägerin weiter zu behandeln seien, sei aber nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites.
Der Masseverwalter bekämpft dieses Urteil, insoweit ungeachtet des Umstandes, daß aus dem ersten Geschäft nur mehr 20.660.88 S aushaften, während ein Erlös von 121.000 S erzielt wurde, bzw. im zweiten Falle 29.118.50 S unberichtigt sind, der Erlös aber 100.000 S betrug, die Differenzbeträge von 100.339.12 S und 70.881.50 S, zusammen somit 171.220.62 S zuerkannt wurden, mit Revision.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Daß mit der Übertragung der Kaufpreisrestforderungen durch die Verkäufer der Zugmaschine an die Klägerin auch der Eigentumsvorbehalt übertragen werden konnte, entspricht der ständigen Rechtsprechung (SZ. XXV 62, EvBl. 1956 Nr. 7 S. 14, EvBl. 1961 Nr. 525 S. 661). Dies ist im Revisionsverfahren auch nicht mehr strittig. Das Recht der Klägerin als Vorbehaltseigentümerin stellt sich im Konkurs der Käuferin als ein Aussonderungsrecht der Verkäuferin oder der Darlehensgeberin dar. Sie kann dieses Aussonderungsrecht so lange geltend machen, als der Vertrag noch nicht vom Masseverwalter erfüllt ist. Das trifft bezüglich aller drei Zugmaschinen zu, weil aus allen drei Käufen noch Restforderungen unberichtigt aushaften und demnach der Eigentumsvorbehalt noch nicht erloschen ist. Der Berechtigte übt ihn aus, indem er vom Vertrag zurücktritt und unter Inanspruchnahme des Aussonderungsrechtes die Herausgabe der Sache verlangt, wobei der Rücktritt auch durch Einbringung der Klage erklärt werden kann (SZ. XXXIV 113). Wenn nun die Klägerin in ihrer Klage auch auf das ihr vertragsmäßig zustehende Recht, bei Zahlungsverzug die Kreditobjekte in ihre Gewahrsame zu nehmen, verwies, so führte sie doch auch ausdrücklich aus, im Konkurs der Käuferin ihre Aussonderungsrechte geltend zu machen. Es erscheint daher nicht zweifelhaft, daß ihre Klage auch auf diesen Rechtsgrund gestützt wurde. Die drei Maschinen sind nun nicht mehr vorhanden, da sie vom Masseverwalter mit Zustimmung der Klägerin veräußert wurden, wobei der Masseverwalter, wie er in seiner Klagebeantwortung selbst bestätigte, den Erlös abgesondert zu verwahren verpflichtet ist. Bei einer Veräußerung nach Konkurseröffnung gibt § 44 (2) KO. einen Anspruch auf Ersatzaussonderung des für die Sache geleisteten Entgeltes (Klang[1] II/2 S. 1002, SZ. XXXIV 113). Dieser Ersatzaussonderungsanspruch umfaßt auch dann, wenn die Forderung, zu deren Gunsten der Eigentumsvorbehalt begrundet wurde, kleiner ist als der an die Stelle der veräußerten Sache getretene Erlös, den für die Sache erzielten Gesamterlös. Das folgt aus dem Wesen der Ersatzaussonderung (vgl. Bartsch - Pollak, Konkursordnung I Anm. 32 zu § 44). Die Klägerin hat daher richtig ihren Anspruch auf Herausgabe der für die Veräußerung vom Masseverwalter erzielten und abgesondert verwahrten Erlöse und nicht auf die Zahlung bestimmter Geldbeträge gerichtet. Die Frage, ob der Masseverwalter gegen einen solchen Anspruch aufrechnen könnte, kann dahingestellt bleiben, weil er eine Aufrechnung weder außergerichtlich noch gerichtlich durch Aufrechnungseinrede vorgenommen hat, was sich schon daraus ergibt, daß er zumindest in I. Instanz den Standpunkt einnahm, der Klägerin stehe überhaupt kein Anspruch auf die erzielten Verkaufserlöse zu. Daraus folgt aber weiter, daß auch nicht in Frage kommt, dem Klagebegehren Zug um Zug gegen Rückzahlung der auf die einzelnen Zugmaschinen geleisteten Kaufschillingteilbeträge stattzugeben. Nach dem Standpunkt des Masseverwalters lehnte dieser jede Leistung und damit auch eine Leistung Zug um Zug gegen Rückerstattung bereits bezahlter Beträge ab. Bei dieser rechtlichen Beurteilung ist auf die Frage, ob der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Gesamterlöse schon im Hinblick auf die Bestimmung in den Verträgen zustehe, daß sie, wenn mehrere Schuldkonti bestehen, berechtigt sei, die Zahlungen nach ihrem Ermessen auf die einzelnen Konten gutzubringen sowie Überträge von Konto zu Konto vorzunehmen, daher die Überschüsse aus dem Verkauf der beiden ersten Zugmaschinen auf die aushaftenden Forderungen aus dem der dritten Zugmaschine anrechnen könne, nicht einzugehen.
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