Spruch:
Vollzugsbeschwerde kann nicht nur beim um den Vollzug ersuchten Gericht, sondern auch beim Exekutionsbewilligungsgericht eingebracht werden
OGH 8. Juli 1970, 3 Ob 79/70 (KG Krems R 130/70; BG Krems E 735/69)
Text
Bei der am 23. Jänner 1970 in der Auktionshalle des EG Wien stattgefundenen Versteigerung von Fahrnissen, deren Überstellung dorthin von dem als Exekutionsgericht einschreitenden Erstgericht auf Antrag der betreibenden Gläubigerin bewilligt worden war, konnte eine Reihe von Pfandgegenständen mangels eines Interessenten nicht verkauft werden, weshalb hinsichtlich derselben mit erstgerichtlichem Beschluß vom 25. Februar 1970 das Verkaufsverfahren gemäß § 200 Z 3/§ 282 EO eingestellt wurde. Mit dem Hinweis, daß sie seinerzeit vom Versteigerungstermin nicht durch Zustellung eines Versteigerungsediktes benachrichtigt worden sei, bekämpfte die betreibende Partei den Einstellungsbeschluß mit Rekurs, wobei sie dessen Aufhebung und die Fortsetzung des Verkaufsverfahrens beantragte.
Die zweite Instanz gab dem Rekurs keine Folge, dies in der Erwägung, daß die unterbliebene Zustellung des Versteigerungsediktes an die Rekurswerberin die Versteigerung nicht wirkungslos gemacht habe, das Verkaufsverfahren daher zu Recht eingestellt worden sei; die bemängelte Unterlassung der Ediktszustellung komme lediglich als Gegenstand einer Beschwerde nach § 68 EO in Betracht. Daraufhin brachte die betreibende Partei beim Erstgericht wegen der verabsäumten Ediktszustellung eine Beschwerde gemäß § 68 EO ein, verbunden mit dem Antrag auf Aufhebung des Einstellungsbeschlusses und neuerlichen Verkauf der von diesem Beschluß betroffenen Pfandgegenstände in der Auktionshalle des Exekutionsgerichtes Wien.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Es führte im wesentlichen aus, daß sich ein rechtskräftiger Einstellungsbeschluß nicht mit einer Vollzugsbeschwerde im Sinne des § 68 EO beseitigen lasse, da diese ihrer Natur nach einen Rechtsbehelf nur gegen noch behebbare Maßnahmen nichtrichterlicher Beamter des Vollzugsgerichtes, nicht aber gegen Beschlüsse des Gerichtes darstelle. Nur bis zur Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses hätte allenfalls auf Grund der Vollzugsbeschwerde die Anordnung eines neuerlichen Versteigerungstermins unter gleichzeitiger Benachrichtigung der betreibenden Partei erfolgen können.
Das Rekursgericht hob diese Entscheidung aus Anlaß des gegen sie von der betreibenden Partei eingelegten Rekurses auf und wies deren Vollzugsbeschwerde zurück. Es ist der Ansicht, die Beschwerde wäre richtigerweise nicht beim Erstgericht, sondern beim EG Wien als dem um die Versteigerung ersuchten Gericht anzubringen gewesen, da dieses allein für den geltend gemachten Mangel des Vollstreckungsverfahrens, nämlich die Unterlassung der Ediktzustellung verantwortlich sei.
Der Oberste Gerichtshof stellte auf Grund des Rekurses der betreibenden Partei den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der gegen diesen Beschluß der zweiten Instanz gerichtete Rekurs der betreibenden Partei ist lediglich in formeller Hinsicht gerechtfertigt.
Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes konnte die betreibende Partei die Vollzugsbeschwerde beim Erstgericht als Exekutionsgericht einbringen. Diese Möglichkeit war ihr nicht dadurch genommen, daß es ihr nach § 68 EO auch frei stand, sich mit ihrer Beschwerde an das ersuchte Gericht (hier also das EG Wien) zu wenden. Abgesehen davon hätte das Rekursgericht, wenn es schon das Erstgericht, allerdings zu Unrecht, als für die Erledigung der Beschwerde unzuständig erachtete, nicht mit deren Zurückweisung vorgehen dürfen, sondern hätte sie gemäß § 44 Abs 1 JN an das EG Wien überweisen müssen.
Im übrigen aber ist auf die durchaus zutreffenden Ausführungen des Erstgerichtes über die mangelnde Eignung der vorliegenden Vollzugsbeschwerde zur Beseitigung des Einstellungsbeschlusses zu erweisen. Dieser ist als Verfügung des Gerichtes einer Anfechtung mittels einer solchen Beschwerde entzogen. Gegen den in der Unterlassung der Ediktszustellung gelegenen Verfahrensfehler aber ist Abhilfe nicht mehr möglich, da sich die unterbliebene Zustellung nicht mehr rechtzeitig nachholen, jener Fehler sich nun also auch nicht ungeschehen machen läßt.
Sohin war über den Rekurs spruchgemäß, u zw gleich in der Sache selbst zu entscheiden, da die Aktenlage alle hiezu erforderlichen Voraussetzungen bietet (EvBl 1969/373 u a).
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