OGH 6Ob200/69

OGH6Ob200/6917.9.1969

SZ 42/130

Normen

EO §291
KO §1
EO §291
KO §1

 

Spruch:

Pflichtteilsansprüche des Gemeinschuldners fallen nur in die Konkursmasse, wenn sie gerichtlich geltend gemacht oder anerkannt worden sind.

Entscheidung vom 17. September 1969, 6 Ob 200/69.

I. Instanz: Bezirksgericht Retz; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.

Text

Die Erblasserin ist mit Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung, eines in den Ehepakten vom 5. September 1923 errichteten Erbvertrages und Testamentes, verstorben. Außer dem erblasserischen Witwer Franz K. waren noch zwei Kinder, Maria, verehelichte E., und Edith, verehelichte B., vorhanden. Die erstbezeichnete Tochter beteiligte sich trotz Ladung unter der Belehrung gemäß § 120 AußStrG. nicht an dem Verlassenschaftsverfahren. Auf Grund des vom erblasserischen Witwer erklärten Verzichtes zugunsten der Tochter Edith B. gab diese die unbedingte Erbserklärung ab.

Das Erstgericht hat hierauf den Nachlaß der Edith B. eingeantwortet.

In der Folge nahm der im Konkurs über das Vermögen der erblasserischen Tochter Maria E. bestellte Masseverwalter Oskar W. in den Verlassenschaftsakt Einsicht, beantragte schließlich die Zustellung der in diesem Verfahren ergangenen Beschlüsse und bekämpfte die Einantwortungsurkunde mit Rekurs.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs Folge und hob die Einantwortungsurkunde auf. Der erblasserischen Tochter Maria E. stunden zumindest Pflichtteilsrechte zu. Als Pflichtteilsberechtigte müsse sie bei sonstiger Nichtigkeit dem Verfahren beigezogen werden. Im Hinblick auf das über ihr Vermögen anhängige Konkursverfahren hätte der Masseverwalter geladen werden müssen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Erbin Edith B. Folge und änderte den zweitgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Rekurs des Masseverwalters zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dem Rekursgericht ist beizupflichten, daß die erblasserische Tochter Maria E. als Pflichtteilsberechtigte in Betracht kommt und daß sie als solche bei sonstiger Nichtigkeit dem Abhandlungsverfahren beigezogen werden muß (außer der bereits vom Rekursgericht zitierten Entscheidung SZ. XXIV 291 noch weiter SZ. XXXII 13, NotZtg. 1965 S. 73, EvBl. 1967 Nr. 164, 8 Ob 312, 313/66 u. v. a.). Hingegen kann dem Rekursgericht darin nicht gefolgt werden, daß mit Rücksicht auf die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen dieser Tochter der Masseverwalter ihr allgemeiner gesetzlicher Vertreter gewesen wäre. Der Wirkungskreis des Masseverwalters ist gemäß § 81 KO. auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen des Gemeinschuldners eingeschränkt. Pflichtteilsansprüche sind wohl Vermögen, zur Masse gehören sie aber gemäß § 1 (1) KO. nur, soweit sie der Exekution unterworfen sind (§ 291 EO.), d. h. erst wenn sie gerichtlich geltend gemacht oder anerkannt worden sind (Bartsch - Pollak I S. 17, 60). Diese Voraussetzungen sind aber nicht erfüllt. Maria E. hat sich vielmehr ungeachtet der mit der Belehrung nach § 120 AußStrG. an sie ergangenen Ladung zur Verlassenschaftsabhandlung an dem Verfahren nicht beteiligt und insbesondere Pflichtteilsansprüche nicht geltend gemacht. Welche Gründe sie dazu veranlaßten, ist unerheblich. Entscheidend ist lediglich, daß es von ihr allein abhängt, ob sie Pflichtteilsansprüche erheben will, daß sie aber solche Ansprüche nicht geltend machte. Gehören diese daher nicht zur Konkursmasse, so kommt in diesem Umfange auch ein Vertretungsrecht des Masseverwalters im Konkurs über ihr Vermögen nicht in Betracht.

Der Rekurs des Masseverwalters ist aber auch unzulässig, wenn von dem der erblasserischen Tochter Maria E. eingeräumten Vermächtnis ausgegangen wird. In dem Erbvertrag und Testament vom 5. September 1923 setzten sich die Erblasserin und ihr Gatte bezüglich dreier Vermögensviertel durch Erbvertrag und bezüglich des vierten Viertels durch Testament zu Alleinerben ihres ganzen Nachlasses mit der Verpflichtung des überlebenden Eheteiles ein, den Kindern des Vorverstorbenen die Hälfte des Wertes des reinen Nachlasses im Baren als Vermächtnis hinauszuzahlen. Ein Vermächtnis wird durch den Anfall erworben (§ 684 ABGB.), ohne Rechtshandlung des Vermächtnisnehmers. Ein Vermächtnis, bestehend in einer Forderung gegen den Belasteten, wird daher mit dem Anfall von selbst Bestandteil der Konkursmasse (Bartsch - Pollak I S. 60). Ist im Hinblick auf das über das Vermögen dieser Vermächtnisnehmerin anhängige Konkursverfahren der Masseverwalter insoweit auch ihr Vertreter (vgl. EvBl. 1967 Nr. 259), so können doch seine Befugnisse nicht weiter gehen, als die der Vermächtnisnehmerin selbst. Sie ist nun, soweit Verfügungen das Vermächtnis betreffen, Beteiligte des Verfahrens gemäß § 9 AußStrG. Sie hat aber kein Recht, die Zustellung einer Einantwortungsurkunde zu begehren und diese zu bekämpfen.

Ihr und ebensowenig dem Masseverwalter im Konkurs über ihr Vermögen steht ein Rekursgericht gegen die Einantwortung zu. Der Rekurs wäre daher richtigerweise zurückzuweisen gewesen (EvBl. 1955 Nr. 31).

Stichworte