OGH 2Ob217/65

OGH2Ob217/655.11.1965

SZ 38/182

Normen

ABGB §1409
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §§64 ff
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §67 (4)
JN §1
Landwirtschaftliches Zuschußrentenversicherungsgesetz §§19 ff
Landwirtschaftliches Zuschußrentenversicherungsgesetz §94
Landwirtschaftliches Zuschußrentenversicherungsgesetz §97
ABGB §1409
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §§64 ff
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §67 (4)
JN §1
Landwirtschaftliches Zuschußrentenversicherungsgesetz §§19 ff
Landwirtschaftliches Zuschußrentenversicherungsgesetz §94
Landwirtschaftliches Zuschußrentenversicherungsgesetz §97

 

Spruch:

Für die Forderung der Landwirtschaftlichen Zuschußrentenversicherungsanstalt auf Leistung von Beitragsrückständen gegenüber einem Betriebsübernehmer gemäß § 1409 ABGB. ist der Rechtsweg zulässig

Entscheidung vom 5. November 1965, 2 Ob 217/65

I. Instanz: Bezirksgericht Eisenstadt; II. Instanz: Landesgericht Eisenstadt

Text

Die Klägerin hat vorgebracht, daß der Beklagte mit Übergabsvertrag vom 4. Januar 1960 den landwirtschaftlichen Betrieb der Elisabeth O. in P. übernommen habe; die Genannte habe diesen Betrieb bis zum Tode ihres Gatten Josef. (12. Juli 1959) gemeinsam mit diesem geführt, seither - bis zur Übergabe an den Beklagten - als Alleinerbin; die für Josef O. in den Jahren 1957 und 1958 aufgelaufenen Beiträge nach dem LZVG. in der Höhe von je 240 S jährlich s. A. seien unberichtigt; der Beklagte sei als Betriebsübernehmer gemäß § 1409 ABGB. zur Leistung der Beitragsschuld in der Höhe von insgesamt 480 S s. A. an die Klägerin verpflichtet. Die beklagte Partei hat Verjährung eingewendet und vorsichtsweise bestritten, daß die Voraussetzungen für eine Haftung seinerseits nach § 1409 ABGB. gegeben seien.

Das Erstgericht hat das bisherige Verfahren einschließlich der Zustellung der Klage für nichtig erklärt und die Klage zurückgewiesen. Der Rechtsweg sei nicht zulässig; die Einbringung der Klagsforderung sei Verwaltungssache des Sozialversicherungsträgers; nach dem Klagsvorbringen handle es sich um die Einhebung einer rückständigen Beitragsschuld, die durch den Übergang auf den Beklagten gemäß § 1409 ABGB. ihre Rechtsnatur nicht geändert habe.

Dem Rekurs der Klägerin hat das Rekursgericht Folge gegeben, den erstinstanzlichen Beschluß aufgehoben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens aufgetragen. Nur soweit im LZVG. Bestimmungen hinsichtlich der Beiträge der Versicherten enthalten seien, liege eine Verwaltungssache vor; in diesen Fällen sei dem Sozialversicherungsträger die Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge im Verwaltungswege gewährt, zu welchem Zweck ein Rückstandsausweis auszufertigen sei; die im § 1409 ABGB. dem Übernehmer eines Vermögens oder Unternehmens auferlegte Haftung stehe aber in keinem Zusammenhang mit den Bestimmungen des LZVG. und sei daher nicht Verwaltungssache im Sinne des § 97 dieses Gesetzes; der Rechtsweg für die Geltendmachung der Klagsforderung sei zulässig.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil difforme Beschlüsse der Vorinstanzen zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs vorliegen; er ist aber nicht begrundet.

Die Generalklausel für den Begriff "Verwaltungssache" gemäß § 97 Satz 1 LZVG., bezieht ausdrücklich die Bestimmungen des § 94 des Gesetzes, sodaß die "Angelegenheiten der Beiträge für die Versicherten" gemäß § 97 Satz 2 Z. 2 LZVG. nur mit der Einschränkung nach § 94 Z. 1 LZVG., betreffend die Zuständigkeit der Gerichte, als Verwaltungssachen anzusehen sind. Zutreffend hat das Rekursgericht auf die Bestimmungen der §§ 19 ff. LZVG. Bedacht genommen und dargelegt, daß in diesem Gesetze eine Haftung für Beitragsschuldigkeiten im Sinne der Regelung des § 1409 ABGB. nicht normiert worden ist. In diesem Zusammenhange ist auf die Bestimmungen des § 67 (4) ASVG. zu verweisen, wonach die Haftung des Betriebsnachfolgers für die von einem Vorgänger im Betrieb zu zahlenden Beiträge für die Zeit von höchstens zwölf Monaten, vom Tage des Erwerbes zurückgerechnet, festgesetzt worden ist; eine derartige Vorschrift ist dem LZVG. fremd. Auch für das Gebiet des ASVG. ist anerkannt (vgl. Anmerkung 1 a zu § 64 ASVG. in der von Gehrmann - Rudolph - Teschner besorgten Manz'schen Ausgabe des ASVG.), daß die Bestimmungen der §§ 64 ff. ASVG. nur für die Eintreibung von Beitragsforderungen gegenüber Personen gelten, die nach den Bestimmungen des ASVG, zur Zahlung der Beiträge verpflichtet sind; Beitragsforderungen gegen andere Personen auf Grund einer sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ergebenden Zahlungspflicht könnten - mangels Anerkennung einer Zahlungsverpflichtung - nur vor dem Gericht und nicht durch Bescheid geltend gemacht erden. Umsomehr muß dieser Grundsatz für das Gebiet des LZVG. gelten, in dem nicht einmal die im Sinne des § 67 (4) ASVG. beschränkte Haftung des Betriebsnachfolgers für die Beitragsschulden des Vorgängers enthalten ist. Zutreffend hat das Rekursgericht auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1950, Z. 1387/47, Slg. Nr. 1735 (A.), Bezug genommen; die für den Geltungsbereich der Reichsversicherungsordnung und der Übergangsbestimmungen entwickelten Grundsätze dieses Erkenntnisses haben auch für den Zeitraum ab Beginn des Jahres 1956 (Inkrafttreten des ASVG.) Bedeutung, soweit nicht die neue Regelung Änderungen gebracht hat, was diesfalls nicht zutrifft. Schließlich ist auf die hg. Entscheidungen vom 29. Juni 1965, 8 Ob 115/65 und 8 Ob 121/65, zu verweisen, worin dargelegt worden ist, daß es dem Träger der Gewerblichen Selbständigen-Pensionsversicherung nach der Regelung im GSPVG. verwehrt sei, von einem Erben des Versicherten einen Rückstand an Beiträgen, den der Versicherte habe entstehen lassen, im Verwaltungswege hereinzubringen; auch in den Fällen dieser Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof die Zulässigkeit des Rechtsweges - bei im wesentlichen gleichen Rechtsgrundlagen wie im vorliegenden Fall - bejaht; im Hinblick auf die oben bezogene Begründung des Erstgerichtes ist mit hg. 8 Ob 115/65 und 8 Ob 121/65 nur noch festzuhalten, daß auch die Geltendmachung öffentlichrechtlicher Ansprüche gegen einen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu bestimmenden Rechtsnachfolger des Zahlungspflichtigen nur dann auf dem Verwaltungswege erfolgen kann, wenn dies im Gesetze ausdrücklich angeordnet ist; sonst gilt auch für derartige Ansprüche der ordentliche Rechtsweg.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte