OGH 8Ob236/65

OGH8Ob236/6528.9.1965

SZ 38/148

Normen

ABGB §1079
ABGB §1079

 

Spruch:

Hat der aus einem Vorpachtvertrag Verpflichtete ohne Anbot an den Berechtigten die Sache einem Dritten verpachtet, kann der Berechtigte nur Schadenersatz, nicht Erfüllung begehren

Entscheidung vom 28. September 1965, 8 Ob 236/65

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz

Text

Der Kläger hatte mit Pachtvertrag vom 22. März 1951 von der beklagten Ortschaft die dieser gehörige Eigenjagd einschließlich des Genossenschaftsjagdgebietes der gleichnamigen Katastralgemeinde um einen Jahrespachtschilling von 500 S für die Dauer von 10 Jahren gepachtet.

Am 21. April 1954 schloß er mit dem damaligen Obmann der Beklagten Andreas G. ein Übereinkommen, das in der Vollversammlung der beklagten Partei von 12. Dezember 1954 genehmigt wurde. Dieses Übereinkommen bestimmt im wesentlichen folgendes:

"Dem Jagdpächter, derzeitigem Pächter der Eigenjagd, wird nach Ablauf der laufenden Pachtzeit, das ist am 31. März 1961, weiterhin das Vorpachtrecht unter für beide Teile (Verpächter und Pächter) tragbaren Bedingungen eingeräumt. Jedoch soll, annähernd gleichbleibende Allgemeinverhältnisse vorausgesetzt, der Jahrespachtschilling nicht mehr als 100 S erhöht werden und auch dieser Betrag konform mit dem amtlichen Lebensindex bleiben."

Ungeachtet dieser Vereinbarung, verpachtete die beklagte Partei die Jagd ab 1. April 1961 an Josef F. zu im wesentlichen ähnlichen Allgemeinbedingungen, jedoch gegen einen jährlichen Pachtschilling von 3250 S, wobei Josef F., in Kenntnis des oben dargestellten Übereinkommens vom 21. April 1954, sich überdies bereit erklärte, die beklagte Partei schad- und klaglos zu halten, falls der Kläger Schadenersatzansprüche stellen sollte.

Der Kläger hat nun mit der Behauptung, daß die beklagte Partei unter Umgehung des ihm eingeräumten Vorpachtrechtes und ohne ihm die Pachtjagd anzubieten, diese an F. verpachtet habe und daß er bereit sei, die Jagd zu den Bedingungen zu pachten, zu denen die Verpachtung an F. erfolge, das Begehren gestellt, die beklagte Partei sei schuldig, dem Kläger die Eigenjagd der Ortschaft W. zu verpachten und mit dem Kläger einen Jagdpachtvertrag - dessen Inhalt angeführt wird - betreffend das Eigenjagdgebiet der Ortschaft W. abzuschließen.

Das Erstgericht erkannte gemäß dem Klagebegehren.

Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge,

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Oberste Gerichtshof hat in seinen Entscheidungen SZ. I 54, SZ. VI 25, ZBl. 1937 Nr. 362, JBl. 1937 S. 387, und - diesen Entscheidungen folgend - in seiner Entscheidung SZ. XXIII 356 unter Hinweis auch auf die Rechtsprechung des tschechoslowakischen Obersten Gerichtshofes und des Reichsgerichtes die Ansicht vertreten, daß der aus einem nicht verbücherten Vorkaufsrecht Berechtigte vom Verpflichteten nur dann Erfüllung verlangen könne, wenn ihm die Einlösung vom Verpflichteten angeboten worden sei, er dieses Anbot angenommen und alle sich daraus ergebenden Verpflichtungen er habe, da ihm in diesem Falle ein Anspruch aus dem dadurch zustande gekommenen Kaufvertrag zustehe, während er in dem Falle, als die Sache ohne Anbot der Erfüllung vom Verpflichteten einem Dritten verkauft worden sei, vom Verpflichteten nach dem ersten Satz des § 1079 ABGB. nur Schadenersatz begehren könne. Der Oberste Gerichtshof hat in dieser Entscheidung die gegenteilige Ansicht von Bettelheim in Klang-Kommentar[1] II/2 1031, und von Ehrenzweig (II/1, § 365 III) unter Hinweis auf § 920 ABGB. mit der Begründung abgelehnt, es sei nicht einzusehen, wozu der Gesetzgeber für den Fall der unterlassenen Anbietung der Einlösung eines nicht verbücherten Vorkaufsrechtes ausdrücklich eine Schadenersatzverpflichtung statuiert haben sollte, wenn er damit nicht zum Ausdruck hätte bringen wollen, daß in einem solchen Falle der Anspruch des Berechtigten auf den Schadenersatz beschränkt werde.

Es ist richtig, daß die Bestimmungen der §§ 1072 ff. ABGB. auf die Einräumung von Vorpachtrechten nur insoweit analog anzuwenden sind, als diese analoge Anwendung mit dem Rechtsinstitut des Pachtrechtes vereinbar ist. Nun ist aber die Rechtslage bei Verpachtung durch den aus dem Vorpachtvertrag Verpflichteten an einen Dritten zumindest für die Dauer des aufrechten Bestandes dieses Pachtverhältnisses eine ähnliche wie die bei einer Veräußerung des den Gegenstand eines Vorkaufsrechtes bildende Sache. Es steht daher auch im vorliegenden Fall dem Kläger nur ein Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei, nicht aber ein Anspruch auf Erfüllung aus dem Vertrage vom 21. April 1954 zu. Die Entscheidung EvBl. 1957, Nr. 255, die den Vorkaufsberechtigten ohne nähere Begründung auch einen Erfüllungsanspruch einräumt, betrifft ein verbüchertes Vorkaufsrecht, also einen etwas anders gelagerten Fall. Sie widerlegt nicht die obige Begründung und es kann ihr nicht gefolgt werden. Die Entscheidung 6 Ob 350/58 weicht dem Problem mit der Begründung aus, daß der Schadenersatzanspruch gemäß § 1325 ABGB. in erster Linie auf Naturalersatz gerichtet sei, und daher der durch die Verletzung seines Vorkaufsrechtes Geschädigte von dem aus der Einräumung dieses Rechtes Verpflichteten verlangen könne, daß dieser ihm auf andere Weise den Erwerb der veräußerten Sache ermögliche. Damit ist aber für den Kläger nichts gewonnen, weil sein Begehren auf Erfüllung des Übereinkommens vom 21. April 1954 durch Verpachtung der Eigenjagd gerichtet ist. Ein solcher Erfüllungsanspruch ist aber mit dem Anspruch des Klägers, ihm diese Jagdberechtigung auf andere Weise zu verschaffen, nicht gleichgerichtet. Welche Ansprüche der Kläger allenfalls gegen Josef F. als dem derzeitigen Pächter der Jagd stellen könnte, ist im Rahmen dieses Rechtsstreites nicht zu entscheiden. Ein Jagdpachtvertrag zwischen den Parteien ist nach den obigen Ausführungen nicht zustandegekommen. Es konnten daher auch die Untergerichte nicht auf Feststellung des Bestehens eines solchen Rechtsverhältnisses erkennen. Damit erübrigt sich eine Untersuchung, ob ein solches Feststellungsurteil überhaupt zulässig wäre - als Minus gegenüber dem gestellten Leistungsbegehren (im Sinne der Rechtsprechung vgl. Rspr. 1936 Nr. 355 und in letzter Zeit 2 Ob 128/64) - in Übereinstimmung mit einem Teil der Lehre, vgl. Klein Vorlesungen S. 186 und Neumann Komm. zu den ZP-Gesetzen, II, S. 878).

Als gültiger Vorvertrag ist die Vereinbarung vom 21. April 1954 schon deshalb nicht anzusehen, weil es an der für die Verbindlichkeit einer solchen Verabredung notwendigen Bestimmtheit des Pachtzinses fehlt.

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