OGH 4Ob68/62

OGH4Ob68/6222.5.1962

SZ 35/54

Normen

Arbeitsgerichtsgesetz §3
Arbeitsgerichtsgesetz §3

 

Spruch:

Im § 3 ArbGerG. ist nicht die Betriebsstätte, der Sitz des Unternehmens oder der Wohnsitz eines klagenden Überweisungsgläubigers gemeint.

Entscheidung vom 22. Mai 1962, 4 Ob 68/62.

I. Instanz: Arbeitsgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Mit der beim Erstgericht eingebrachten Klage macht die klagende Partei Dienstbezüge der Drittschuldnerin Anna R. geltend, die der klagenden Partei auf Grund eines Zahlungsbefehles zugesprochen, von ihr gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen worden waren. Da die klagende Partei zur ersten Tagsatzung nicht erschienen ist, wurde die Klage auf Antrag der beklagten Partei durch Versäumnisurteil abgewiesen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat die klagende Partei rechtzeitig Berufung erhoben. In der Berufungsmitteilung hat die beklagte Partei erstmalig örtliche Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes Salzburg eingewendet.

Das Berufungsgericht hat - ohne über die erhobene Einwendung im Spruch zu entscheiden - der Berufung Folge gegeben und das Ersturteil auf Stattgebung der Klage abgeändert. In den Gründen des Urteiles hat das Berufungsgericht die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes Salzburg unter Hinweis auf § 3 ArbGerG. bejaht, weil die klagende Partei im Handelsregister des Landesgerichtes Salzburg mit dem Sitz in Salzburg registriert sei. Sachlich sei die Klage begrundet.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge, hob das gesamte Verfahren und die Urteile der Untergerichte als nichtig auf und wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ist die Zuständigkeit, und zwar auch die örtliche Zuständigkeit, gemäß § 4 ArbGerG. von Amts wegen wahrzunehmen. Die örtliche Zuständigkeit ist im § 3 ArbGerG. erschöpfend geregelt, für eine Vereinbarung der örtlichen Zuständigkeit ist kein Raum (Stanzl, arbeitsgerichtl. Verfahren, S. 112). Die erst in der Berufungsmitteilung erhobene Einrede der örtlichen Unzuständigkeit ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren rechtzeitig erhoben, wenn auch die Unzuständigkeit des Erstgerichtes in erster Instanz nicht geltend gemacht wurde. Die Stichhältigkeit dieser Einrede ist daher vom Obersten Gerichtshof zu überprüfen.

Nach § 3 ArbGerG. ist nach Wahl des Klägers das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk sich die Betriebsstätte befindet, das Unternehmen seinen Sitz oder der Unternehmer seinen Wohnsitz (§ 66 JN.) hat, oder das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk die Arbeit zu leisten oder der Lohn auszuzahlen ist, örtlich zuständig. Aus diesen fünf im § 3 ArbGerG. angeführten ausschließlichen Gründen für die örtliche Zuständigkeit ergibt sich die Absicht des Gesetzgebers, Streitigkeiten aus einem Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis nur dort abführen zu lassen, wo örtliche Zusammenhänge mit dem Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis bestehen oder bestanden haben. Deshalb kann auch der Arbeitnehmer oder Beschäftigte im Sinne des Arbeitsgerichtsgesetzes wegen Ansprüchen, die vor das Arbeitsgericht gehören, nicht bei seinem allgemeinen Gerichtsstand belangt werden (Stanzl, a. a. O., S. 113).

Wenn das Gesetz von der Betriebsstätte, vom Sitz des Unternehmens, vom Wohnsitz des Unternehmens spricht, so kann damit nicht die Betriebsstätte, der Sitz oder Wohnsitz eines zufälligen Überweisungsgläubigers, sondern nur die Betriebsstätte, der Sitz des Unternehmens und der Wohnsitz des Unternehmers gemeint sein, wo und bei welchem der Drittschuldner in einem Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis nach den §§ 1 und 2 ArbGerG. gestanden ist, weil sonst der obenerwähnte örtliche Zusammenhang zwischen Arbeits- (Beschäftigungs-) Verhältnis und zuständigem Arbeitsgericht verlorenginge.

Da aber Anna R. nach den Behauptungen beider Teile bei der beklagten Partei in Sö., Tirol, beschäftigt war, ist demnach das Arbeitsgericht Salzburg für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreites örtlich nicht zuständig. Das Verfahren vor dem Erstgericht und dem Berufungsgericht sowie die Urteile dieser Gerichte waren daher gemäß § 477 Z. 3 ZPO. als nichtig aufzuheben und die Klage zurückzuweisen.

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