Normen
EO §331
EO §354
Wohnhauswiederaufbaugesetz §20
WEG §12
EO §331
EO §354
Wohnhauswiederaufbaugesetz §20
WEG §12
Spruch:
Der Anspruch auf Anbotstellung nach § 20 WWG. ist nach § 354 EO. zu vollstrecken.
Die Forderung auf Anbotstellung kann zur Hereinbringung von Geldforderungen nicht in Exekution gezogen werden.
Entscheidung vom 20. Juli 1960, 3 Ob 207/60.
I. Instanz: Exekutionsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die in diesem Exekutionsverfahren verpflichtete Partei Maria S. hatte beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zu 20 Cg 301/57 als Altmieterin einer Dreizimmerwohnung in dem durch Bombenschaden zerstörten und mit Hilfe des Wohnhauswiederaufbaufonds wiederaufgebauten Haus Wien 3., G.-Gasse 22, die 44 Parteien, für die an dem Haus Wohnungseigentum begrundet wurde, auf Stellung eines Anbotes zum Erwerb des Wohnungseigentums an ihren früheren Räumen, die nunmehr die Wohnung Nr. 7 bilden, geklagt.
Das Erstgericht hatte den damaligen Viertbeklagten Ing. Ernst L. schuldig erkannt, der Klägerin den Erwerb des Wohnungseigentums an den den Wohnverband Nr. 7 bildenden, ehemals von der Klägerin innegehabten Räumen in dem obgenannten Haus zu den gleichen Bedingungen wie den übrigen Wohnungseigentümern dieses Hauses, höchstens aber zu den ortsüblichen Bedingungen, anzubieten. Soweit sich das oben wiedergegebene Klagebegehren gegen die anderen beklagten Parteien gerichtet hatte, war es vom Erstgericht abgewiesen worden. Dieses Urteil wurde in der Hauptsache in zweiter und dritter Instanz bestätigt. Der Beklagte zu Nr. 38, Friedrich M., ersiegte in diesem Prozeß gegen die Klägerin, jetzt Verpflichtete, an Kosten erster, zweiter und dritter Instanz einen Gesamtbetrag von 9662 S 06 g.
Mit Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 7. Oktober 1959, 14 E 1598/60, wurde dem Friedrich M. als betreibender Partei gegen Maria S. zur Hereinbringung der obigen Kostenforderung die Pfändung des von Maria S. gegen Ing. Ernst L. ersiegten obigen Anspruches auf Anbotstellung zum Erwerb des Wohnungseigentums, die Pfändung des Anwartschaftsrechtes auf Übertragung der entsprechenden Miteigentumsanteile an der Liegenschaft EZ. 2612 KG. L. sowie die Pfändung eines allfälligen Ersatzbetrages von 50.000 S mehr oder weniger für den Fall des Erlasses der obigen Anbotstellung durch Ing. Ernst L., und zwar durch ein entsprechendes Verfügungsverbot an Maria S. und durch ein entsprechendes Leistungsverbot an Ing. Ernst L. bewilligt.
Mit Beschluß vom 25. Februar 1960 ermächtigte das Exekutionsgericht Wien die betreibende Partei, auf Grund des von ihr gestellten Verwertungsantrages das gepfändete Recht auf Anbotstellung zum Erwerb des obigen Wohnungseigentums im Namen der verpflichteten Partei geltend zu machen und die zur Ausübung und Nutzbarmachung des gepfändeten Anspruches erforderlichen Erklärungen wirksam für die Verpflichtete abzugeben. Dabei wurde ausgesprochen, daß die erteilte Ermächtigung auch die Befugnis zur Einklagung des gepfändeten Anspruches sowie einzelner aus ihm hervorgehender Ansprüche gewähre (§ 308 EO.).
Auf Rekurs der Verpflichteten wies das Rekursgericht den Verwertungsantrag ab und stellte die Exekution gemäß § 39 Abs. 1 Z. 2 EO. ein, weil es sich bei allen aus § 20 WWG. abgeleiteten Rechten um höchstpersönliche, einem bestimmten Personenkreis zustehende, der Ausübung nach nicht übertragbare und daher nicht pfändbare Rechte handle (§§ 331, 333 EO.).
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Oberste Gerichtshof hat in dem eingangs bezeichneten Titelakt zu dem vorliegenden Exekutionsverfahren in seinem Urteil 5 Ob 309/59 folgendes ausgeführt: "Daß nach Verbücherung des Wohnungseigentums der derzeitige Wohnungseigentümer das Anbot nach § 20 Abs. 2 WWG. dem Altmieter zu stellen habe, weil nur er allein nach den Vorschriften des Wohnungseigentumsgesetzes zur Verfügung über die neu errichtete Wohnung berechtigt ist, entspricht einhelliger Rechtsprechung. § 9 WEG. verlangt nur die Zustimmung aller Wohnungseigentümer zur Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums. Einer Übertragung des Nutzungs- und Benützungsrechtes an den den Gegenstand des Wohnungseigentums bildenden Bestandteilen der Liegenschaft und des damit verbundenen Miteigentumsanteils des Wohnungseigentümers (§§ 1 Abs. 1, 5 WEG.) stehen weder die Bestimmungen des Wohnungseigentumsgesetzes noch die des ABGB. entgegen. Aus § 5 Abs. 1 WEG. (Argument "jeweiligen Eigentümers des Anteiles") und § 7 Abs. 1 WEG. (ungeteilte Übertragung des Miteigentumsanteils des Wohnungseigentümers) läßt sich eindeutig die Übertragbarkeit des Wohnungseigentums und des damit verbundenen Miteigentumsanteiles entnehmen. Daß es zu einer Übertragung der Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer oder Miteigentümer bedürfe, ist in keinem Gesetz vorgesehen."
Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch um die Frage der Pfändbarkeit des Anspruches auf Anbotstellung und die Verwertbarkeit dieses Anspruches zum Erwerb des Wohnungseigentums an einer bestimmten Wohnung.
Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der im WWG. aufgetragenen Anbotstellung an den Altmieter oder seine nahen Angehörigen und bei dem vom Gesetz als Optionsrecht bezeichneten Recht dieser Personen auf Anbotstellung und Annahme innerhalb bestimmter Frist bloß um eine befristete Offerte auf der Seite des Anbotspflichtigen (Zingher, Das Optionsrecht des Altmieters, ÖJZ. 1949 S. 485) oder um eine bloße Mitteilung (Gschnitzer in Klang 2. Aufl. IV 571 zu § 936 ABGB.) und um eine echte Option handelt mit einem im Gesetz begrundeten, besonders gestalteten Schuldverhältnis auf der Seite des Anbotspflichtigen und mit dem Recht des Anbotsberechtigten, durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluß das Schuldverhältnis selbst und damit den Anspruch auf Erfüllung zu begrunden (Gschnitzer a. a. O. 570). In dem vorliegenden Exekutionstitel wurde nämlich nur die Verpflichtung ausgesprochen, der Klägerin Maria S. ein Anbot zum Erwerb des Wohnungseigentums an bestimmten Räumen zu den gleichen Bedingungen wie den übrigen Wohnungseigentümern des Hauses, höchstens aber zu den ortsüblichen Bedingungen, zu stellen. Damit ist über die konkreten Bedingungen im einzelnen noch nichts bestimmt. Der Klägerin als Altmieterin ist es freigestellt, in bestimmter Frist das Anbot anzunehmen oder nicht. Aus dem vorbezeichneten Inhalt des Exekutionstitels und aus diesem Entscheidungsrecht ergibt sich, daß die Bedingungen vom Anbotspflichtigen oder Anbotsberechtigten im einzelnen konkret noch bekanntgegeben werden müssen. Diese Handlung kann nur vom Anbotspflichtigen vorgenommen werden und hängt wegen der Art der Bedingungen ausschließlich vom Willen des Verpflichteten ab, der die Bedingungen kennt und daher nicht erst erforschen muß. Im Titelprozeß wurde der damalige Viertbeklagte, wie bereits ausgeführt, zu einer dem Gesetz entsprechenden Anbotstellung verurteilt. Diese Verpflichtung ist erst durch eine konkrete Anbotstellung mit den einzelnen Bedingungen erfüllt. Die bezügliche Forderung der Anbotsberechtigten kann nur nach § 354 EO. vollstreckt werden. Forderungen auf Bewirkung von Handlungen können aber für Geldforderungen grundsätzlich nicht in Exekution gezogen werden (JBl. 1931 S. 18; vgl. Kollross, Exekution auf Vermögensrechte, S. 21, 30). Dazu kommt noch folgendes: Nach § 12 WEG., § 20 Abs. 2 bzw. 1 WWG. besteht die Anbotspflicht nur gegenüber dem Altmieter oder im Fall seines Todes gegenüber seinen nahen Angehörigen (§ 19 Abs. 2 Z. 11 MietG.). Solange ein konkretes, die einzelnen Bedingungen enthaltendes Anbot gegenüber einer legitimierten Person noch nicht gestellt und von dieser noch nicht angenommen ist, könnte auch insoweit nicht von einem künftigen, abtretbaren und daher pfändbaren und verwertbaren Vermögensrecht gesprochen werden, weil das Grundverhältnis noch nicht hinreichend bestimmt ist (SZ. IX 281, SZ. X 367, SZ. XX 1; Wolff in Klang 2. Aufl. VI 294 zu § 1393 ABGB.). Da somit das im Exekutionstitel zugesprochene Recht auf Anbotstellung nach dem vorliegenden Sachverhalt nicht pfändbar ist, hat das Rekursgericht zutreffend nicht nur den auf dieses Recht beschränkten Verwertungsantrag abgewiesen, sondern auch überhaupt die Exekution nach § 39 Abs. 1 Z. 2 EO. hinsichtlich dieses Rechtes und aller daraus abgeleiteten Rechte eingestellt. Da sich im Rechtsmittelverfahren beide Teile in ihren Rechtsmitteln geäußert haben, bedurfte es bei der gegebenen Sachlage auch keiner weiteren Einvernehmung der Parteien. Dem Revisionsrekurs war daher keine Folge zu geben.
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