Spruch:
§ 11 Abs. 2 AußStrG. ist im Verfahren über eine Ablehnung des Außerstreitrichters unanwendbar.
Entscheidung vom 29. Juni 1960, 6 Ob 182/60.
I. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Beim Bezirksgericht Salzburg ist unter 10 P 252/54 die Pflegschaft über den am 2. Mai 1946 geborenen Michael und die am 5. Mai 1950 geborene Ursula W. anhängig, welche aus der durch Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23. August 1951, 2 Cg 1619/50, aus dem Verschulden beider Teile geschiedenen Ehe des Dipl.-Ing. Franz W., eines technischen Beamten der Österreichischen Bundesbahnen, und der Johanna W., einer Gemeindeangestellten, stammen. Johanna W. ist zur besonderen Sachwalterin der Kinder bestellt.
Mit dieser Sache ist beim Bezirksgericht Salzburg der Rechtspfleger Karl C. und als Pflegschaftsrichter OLGR. Dr. Erich S. befaßt. Ständige Differenzen der Eltern, insbesondere bezüglich des mj. Michael, führten zu wiederholten Beschlußfassungen des Bezirksgerichtes Salzburg (Besuchsrechtsregelungen, Unterhaltsbemessung, Erziehungsmaßnahmen), aber auch des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgerichtes unter dem Vorsitz des Landesgerichtsvizepräsidenten Dr. Karl St.
Mit Eingabe vom 12. Februar 1960 erklärte der nunmehr in K. wohnhafte Dipl.-Ing. Franz W., das Bezirksgericht Salzburg und das Landesgericht Salzburg, insbesondere aber die Richter Dr. Erich S. und Dr. Karl St. sowie den Rechtspfleger Karl C. abzulehnen, und beantragte, den Akt dem Bezirksgericht Knittelfeld abzutreten.
Das Oberlandesgericht Linz wies, die Ablehnung zurück, soweit sie sich auf das Bezirksgericht und das Landesgericht Salzburg als solche und auf die Richter Dr. S. und Dr. St. insbesondere bezog; zugleich wies es darauf hin, daß der Gerichtsvorsteher des Bezirksgerichtes Salzburg nach Rechtskraft dieses Beschlusses noch über die Ablehnung des Rechtspflegers C. zu entscheiden haben werde.
Der Oberste Gerichtshof wies den Rekurs des Dipl.-Ing. Franz W. zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz wurde Dipl.-Ing. W. laut Rückschein des Landesgerichtes Salzburg am 11. April 1960 durch Hinterlegung beim Postamt K. zugestellt. Dipl.-Ing. W. erhob dagegen Rekurs, gab sein Rechtsmittel aber laut Poststempel erst am 27. April 1960, d. h. nach Ablauf der allgemeinen Rekursfrist von 14 Tagen, zur Post. Es ist also verspätet.
Nun überläßt es § 11 Abs. 2 AußStrG. wohl dem Ermessen des Gerichtes, auch auf einen verspäteten Rekurs in einem Fall Rücksicht zu nehmen, in dem sich die getroffene Verfügung noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt, doch läßt sich daraus zugunsten des Rekurswerbers nichts gewinnen, selbst wenn man zu seinen Gunsten ohne weiteres unterstellt, es müsse für die übrigen Parteien des Pflegschaftsverfahrens gleich sein, welcher Richter beim Bezirksgericht Salzburg die Sache führt, sofern sie wenigstens bei diesem Gericht weiter anhängig bleibt.
Wie die Ablehnung eines Außerstreitrichters zu erledigen ist, ist im Außerstreitgesetz selbst nicht geregelt. Es kommen darum die Bestimmungen der §§ 19 bis 25 JN. zur Anwendung. Der Oberste Gerichtshof steht deshalb z. B. auch in nunmehr ständiger Judikatur (SZ. XVIII 6, JBl. 1951 S. 488, RiZ. 1955 S. 95) auf dem Standpunkt, daß auch ein sogenannter außerordentlicher Revisionsrekurs im Sinne des § 16 AußstrG. bei Ablehnung eines Außerstreitrichters unanwendbar ist (dagegen seinerzeit offenbar die Entscheidung RiZ. 1938 S. 20). Ungeachtet der in jüngster Zeit von Fasching (Kommentar zu den Zivilprozeßgesetzen, I S. 212) gegen die Entscheidung SZ. XVIII 6 vorgebrachten Kritik besteht keine Veranlassung, davon abzugehen. Die Bestimmungen der §§ 19 ff. JN. enthalten nun nichts, was für die Möglichkeit der Berücksichtigung eines verspäteten Rekurses spräche. Die Entscheidung über die Ablehnung eines Außerstreitrichters ist auch keine Verfügung, die über die Außerstreitsache selbst getroffen wird; sie liegt vielmehr außerhalb dies durch § 11 Abs. 1 AußStrG. umschriebenen Bereiches, auf den sich die Sondervorschrift des § 11 Abs. 2 AußstrG. bezieht.
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