OGH 3Ob553/57

OGH3Ob553/574.12.1957

SZ 30/83

Normen

WechselG Art4
WechselG Art21
WechselG Art27
WechselG Art44
WechselG Art4
WechselG Art21
WechselG Art27
WechselG Art44

 

Spruch:

Der aus dem Wechsel berechtigte Domiziliat kann sich den Wechsel selbst zur Zahlung vorlegen und gegen den Akzeptanten protestieren lassen.

Entscheidung vom 4. Dezember 1957, 3 Ob 553/57.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Auf Grund des von der beklagten Partei angenommenen Wechsels vom 25. Mai 1957 erließ das Erstgericht einen Wechselzahlungsauftrag, mit welchem der beklagten Partei als Akzeptantin des Wechsels aufgetragen wurde, der klagenden Partei den Betrag von 69.000 S samt 6% Zinsen seit 5. Juni 1957, 1/3% Provision und die Protestspesen per 566 S 55 g zu zahlen. Die beklagte Partei erhob gegen den Wechselzahlungsauftrag Einwendungen, in denen sie die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes bestritt, mangelnde Fälligkeit einwendete, da sie davon, daß die Hauptanstalt der österreichischen L.-Bank als Zahlstelle fungiere, nicht verständigt worden sei, und vorbrachte, daß der Wechsel gegen sie nicht durch den Domiziliaten protestiert werden dürfe, da eine Vereinigung von Gläubiger und Zahlstelle nicht möglich sei, ferner daß die Zahlung nur Zug um Zug gegen Übergabe des Wechsels begehrt werden könne und daß ihr schließlich gegen die Ausstellerin des Wechsels, die Firma M.-KG., wegen Gewährleistungsmängeln einer von der letzteren gelieferten Maschine Einwendungen aus dem Grundgeschäft zustunden; da die Firma M.-KG. im bezüglichen Rechtsstreit zugegeben habe, noch im Besitz des Wechsels gewesen zu sein, sei die Weitergabe des Wechsels an die Klägerin erst nach Fälligkeit erfolgt, weshalb die beklagte Partei ihre Einwendungen aus dem Grundgeschäft gegen die Firma M.-KG. auch der Klägerin gegenüber vorbringen könne.

Das Prozeßgericht wies die Unzuständigkeitseinrede zurück und hielt den Wechselzahlungsauftrag aufrecht. Es führte aus, es könne, da der Wechsel an die Klägerin indossiert sei, gemäß Art. 17 WG. der aus dem Wechsel in Anspruch genommene Wechselschuldner nur dann dem Wechselinhaber Einwendungen aus seinen unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller entgegensetzen, wenn der Erwerber nicht bloß die persönlichen Einwendungen des Wechselschuldners gegen den Aussteller gekannt, sondern auch den Wechsel nur deshalb erworben habe, um den Schuldner zu benachteiligen; letzteres habe aber die beklagte Partei nicht einmal behauptet. Die Einwendung, daß der Wechsel nicht am Zahlungsort vorgelegt worden sei, sei deshalb unbegrundet, weil die Vorlage und Erhebung des Protestes dann nicht erforderlich sei, wenn der Wechsel gegen den Akzeptanten eingeklagt werde. Auch die Einrede der Zug-um-Zug-Leistung sei unbegrundet, weil der Wechselschuldner erst nach Zahlung der Wechselsumme einen Anspruch auf Aushändigung des Wechsels habe. Was aber die Einwendung anlange, daß der Wechsel erst nach Fälligkeit an die Klägerin indossiert worden sei, das Indossament daher nur die Wirkung einer Abtretung habe, so ergebe sich aus dem Wechsel selbst, daß sich der Wechsel am Fälligkeitstag auf Grund eines Indossamentes der Klägerin in den Händen der Österreichischen L.-Bank befunden habe, woraus folge, daß die Klägerin vor Ablauf der Frist zur Protesterhebung den Wechsel als Indossantin unterschrieben habe. Im übrigen habe ein Nachindossament gemäß Art. 20 WG. dieselbe Wirkung wie ein Indossament vor Verfall. Lediglich die Weitergabe nach Protesterhebung mangels Zahlung habe die Wirkung einer gewöhnlichen Abtretung.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Prozeßgerichtes über die Unzuständigkeitseinrede und änderte das Urteil des Prozeßgerichtes in der Sache selbst lediglich dahin ab, daß die Zahlung nur Zug um Zug gegen Aushändigung des quittierten Wechsels zu erfolgen habe. Es führte aus, daß im Hinblick auf die Bestimmung des Art. 39 WG. der Zahlungsauftrag nur mit dem Beifügen aufrechterhalten werden könne, daß die Zahlung Zug um Zug gegen Übergabe des quittierten Wechsels zu erfolgen habe. Aus dem Wechsel selbst ergebe sich, daß sich dieser am Verfallstag und zur Zeit der Protesterhebung bereits auf Grund des Indossamentes der Klägerin in den Händen des Domiziliaten befunden habe, woraus folge, daß die Klägerin bereits vor dem Verfallstag im Besitz des Wechsels gewesen sei. Überdies enthalte Art. 20 WG. eine gesetzliche Vermutung für die Rechtzeitigkeit und damit für den Fortbestand der wechselrechtlichen Transportfunktion.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit die Revision die Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Unzuständigkeitseinrede bekämpft, ist sie unzulässig, da der in das Urteil der I. Instanz aufgenommene Beschluß über die Unzuständigkeitseinrede von der II. Instanz bestätigt wurde, weshalb gemäß § 528 Abs. 1 ZPO. gegen diese Entscheidung ein weiteres Rechtsmittel unzulässig ist. Insoweit war die Revision zurückzuweisen.

Die Beklagte macht weiters geltend, der Wechsel sei ihr nicht zur Zahlung vorgelegt und sie sei auch davon nicht verständigt worden, daß die Österreichische L.-Bank als Domiziliatin des Wechsels angegeben worden sei. Diese Ausführungen gehen schon deshalb ins Leere, weil es zur Herbeiführung der Fälligkeit des Wechsels weder der Vorlage noch eines Protestes bedurfte, da die beklagte Partei als Akzeptantin des Wechsels auch ohne Vorlage und Protest auf Grund der Annahme haftet und für die Frage der Fälligkeit nur der sich aus dem Wechsel ergebende Fälligkeitstag maßgebend ist. Die Frage, ob und wann der Domizilvermerk ohne oder mit Wissen der beklagten Partei auf den Wechsel gesetzt worden ist, erscheint demnach für die Frage der Fälligkeit ohne Bedeutung, da der Akzeptant auch ohne Vorlage und Protest am Fälligkeitstag zu zahlen verpflichtet ist. Abgesehen davon hat die beklagte Partei weder behauptet noch bewiesen, daß der Domizilvermerk erst nach dem Erwerb des Wechsels durch die klagende Partei auf diesen gesetzt wurde, weshalb alle bezüglichen Ausführungen der Revision ins Leere gehen.

Die weiteren Ausführungen, selbst wenn die beklagte Partei die Angabe des Domizils im Wechsel gegen sich gelten lassen müsse, könne weder die Vorlage noch der Protest durch den Domiziliaten selbst erfolgen, weil eine Vereinigung von Zahlstelle und Gläubiger gar nicht möglich sei, sind verfehlt. Domiziliat kann jede vom Akzeptanten verschiedene Person sein, somit auch ein aus dem Wechsel Berechtigter, wie der Aussteller oder ein Wechselnehmer. Es ist daher ohne weiteres möglich und zulässig, daß der aus dem Wechsel berechtigte Domiziliat den Wechsel sich selbst zur Zahlung vorlegt und gegen den Akzeptanten protestieren läßt.

Schließlich sucht die Revision darzutun, daß der gegenständliche Wechsel sich noch in Händen der Firma M.-KG. befinde und das Indossament an die klagende Partei nicht datiert sei, woraus sich ergebe, daß die Weitergabe des Wechsels erst nach Fälligkeit erfolgt sei, so daß die wechselrechtliche Transportfunktion weggefallen sei und der beklagten Partei Einwendungen aus dem Grundgeschäft offen stunden. Der Fälligkeitstag sei von der Ausstellerin "willkürlich" eingesetzt worden.

Auch diese Ausführungen sind zur Gänze unbegrundet und auch unlogisch. Ein Vorbringen, nach welchem der Verfallstag von der Ausstellerin willkürlich eingesetzt worden sei, es sich also um einen Blankowechsel handle, der den getroffenen Vereinbarungen zuwider ausgefüllt worden sei, enthalten die von der beklagten Partei gegen den Wechselzahlungsauftrag erhobenen Einwendungen nicht, weshalb auf dieses Vorbringen kein Bedacht genommen werden kann. Der von der Revisionswerberin aus dem Umstande, daß das Indossament undatiert ist, gezogene Schluß, die Weitergabe des Wechsels sei erst nach Fälligkeit erfolgt, verstößt gegen die Denkgesetze; denn aus dem Umstand, daß das Indossament an die Klägerin nicht datiert ist kann noch keineswegs darauf geschlossen werden, daß das Indossament erst nach dem Verfall des Wechsels auf diesen gesetzt wurde. Aus dem Wechsel selbst und insbesondere aus dem dem Indossament an die Klägerin folgenden Stempelaufdruck der Domiziliatin vom 15. Juni 1957 ergibt sich vielmehr eindeutig, daß der Wechsel vor der Weitergabe an die L.-Bank an die Klägerin durch Indossament übertragen worden ist, somit vor der am 15. Juni 1957 eingetretenen Fälligkeit des Wechsels.

Die Behauptung der Rechtsmittelwerberin, der Wechsel befinde sich auch derzeit noch in den Händen der Ausstellerin, ist überdies aktenwidrig; denn nach dem Akteninhalt wurde der Wechsel bereits mit der Wechselklage von der klagenden Partei dem Gericht vorgelegt und befindet sich seither bei den Akten. Schließlich muß aber auch darauf verwiesen werden, daß die beklagte Partei ihre ihr angeblich aus dem Grundgeschäft gegen die Wechselausstellerin zustehenden Einreden weder in den Einwendungen gegen den Wechselzahlungsauftrag noch im Zuge des Verfahrens präzisiert und insbesondere nicht ausgeführt hat, welche wesentlichen Mängel die ihr von der Wechselausstellerin gelieferte Maschine aufweisen soll.

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