Spruch:
Ist ein Mangel nur auf Grund einer vollständigen Neu- oder Umkonstruktion zu beheben, dann liegt ein unbehebbarer Mangel vor.
Entscheidung vom 26. Oktober 1955, 3 Ob 457/55.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Der Kläger kaufte vom Beklagten am 18. September 1953 eine fabriksneue Fußbodenschleifmaschine Modell DOP. 24 samt Kondensatoreneinrichtung zum Anschluß an die Lichtleitung um den Betrag von 9725 S und bezahlte auf diese Maschine dem Beklagten, der sie am 10. Oktober 1953 dem Kläger lieferte, bisher insgesamt 9000 S. Er begehrt nunmehr die Verurteilung des Beklagten zur Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises von 9000 S mit der Begründung, die Maschine habe Mängel aufgewiesen, die der Beklagte trotz dreimaliger Aufforderung nicht behoben habe, indem sie bei der Arbeit ein äußerst intensives Heulgeräusch entwickle und plötzlich stehengeblieben sei, weshalb er vom Vertrag zurückgetreten sei und die Rückstellung des, Kaufpreises verlange. Der Kläger sei gezwungen gewesen, die Fußbodenschleifarbeiten, die er als Kontrahent für die Gemeinde Wien leisten müsse, durch andere Professionisten ausführen zu lassen, wodurch ihm ein Schaden von 320 S und an Kosten des Fuhrwerkes für den Transport der Maschine ein solcher von 120 S entstanden sei. Überdies sei der Kläger verurteilt worden, die Reparaturkosten der Maschine der Firma V., an die ihn der Beklagte wegen Durchführung der Verbesserung gewiesen habe, im Betrage von 549 S sowie die Prozeßkosten an V. im Betrage von 822 S 15 g zu bezahlen, weshalb er die Verurteilung des Beklagten zur Bezahlung von Beträgen in der Höhe von insgesamt 10.871 S 15 g samt Anhang begehrt.
Das Prozeßgericht gab dem Klagebegehren Zug um Zug gegen Rückstellung der Maschine samt Kondensatoreinrichtung statt. Es stellte nachstehenden Sachverhalt fest:
Im Zeitpunkt der Lieferung der Maschine hatte der Klager für sie keine Arbeit, ließ sie aber probeweise in Betrieb nehmen, wobei sie tadellos funktionierte. Als er von der Gemeinde den Auftrag erhielt, sämtliche Fußböden im Schwesternheim Wien 18. zu schleifen, setzte er die Maschine ein, doch stellte sich bei den zwei- oder dreimaligen Arbeitsversuchen heraus, daß die Maschine wie ein Sturzbomber zu heulen anfing, weshalb er sie abstellen mußte, da er bzw. sein Arbeiter fürchtete, daß die Maschine kaputt werde. Der Kläger fuhr nun mit seinem Sohn zum Beklagten, wo ihm von dessen im Geschäft angestellten Neffen Ing. T. zunächst bedeutet wurde, daß das Heulen der Maschine auf die Kälte zurückzuführen sei und sich gebe, wenn die Maschine warm werde. Da sich das Heulen immer wieder zeigte, brachte der Sohn des Klägers die Maschine zum Beklagten, der ihn wegen Durchführung der Verbesserung an die Firma V. wies, weil die Verschickung der Maschine zur Erzeugerfirma nach Badgastein zuviel Zeit in Anspruch genommen hätte. Als die Maschine nach der Reparatur durch V. vom Kläger wieder in Betrieb gesetzt wurde, rissen sich vier Schrauben los und die Maschine blieb stecken. Darauf brachte der Kläger die Maschine neuerlich zu V. und erhielt sie nach zwei Tagen wieder zurück, doch begann sie sofort wieder zu heulen und blieb wieder stecken. Nun brachte der Kläger die Maschine zum Beklagten und teilte diesem mit, daß er mit der Maschine nicht arbeiten könne. Der Beklagte übernahm die Maschine zur Verbesserung und erklärte, er werde sie nach Badgastein zur Erzeugerfirma schicken, tat dies aber nicht, sondern ließ sie bei sich liegen, ohne eine Verbesserung des Mangels vorzunehmen, und teilte dann dem Kläger schriftlich mit, daß er die Maschine nach Gastein zur Überprüfung gesandt und von dort die Garantie erhalten habe, daß die Maschine in Ordnung sei, weshalb sie für den Kläger ab 25. Jänner 1954 zur Abholung bereitstehe. Als der Kläger die Maschine wieder in Betrieb nehmen wollte, stellte sich heraus, daß noch immer dieselben Mängel vorhanden waren, worauf der Kläger, nachdem er bereits vorher dem Beklagten den Rücktritt vom Vertrag angedroht hatte, falls die Maschine noch einmal versagen würde, mit Schreiben vom 1. Februar 1954 den Rücktritt vom Vertrag erklärte. Die festgestellten Mängel beruhen auf einem Konstruktionsfehler und waren schon bei der Lieferung der Maschine vorhanden. Das Rollenlager wird in betriebswarmem Zustand im Rollenlagersitz in der Aluminiumtrommel des Schleifzylinders locker und streift an die Gehäuseabdeckung, wodurch diese Schürfungen bekommt; das Streifen wird dadurch begünstigt, daß der Seitenabstand der Stirnfläche des Rollenlagers von der Gehäuseabdeckung nur 1 mm beträgt und eine Sicherung des Rollenlagers gegen axiale Verschiebung nicht vorgesehen ist. Der Sitz des Rollenlagers ist in kaltem Zustand zwar einwandfrei, es geht aber bei Erwärmung der kraftschlüssige Lagersitz verloren; die Verbesserung des Rollenlagersitzes müßte durch konstruktive Einfügung eines Stahlzwischenringes erfolgen.
Nach Ansicht des Prozeßgerichtes handelt es sich um einen unbehebbaren Mangel, da die zur Verbesserung erforderliche Zeit nicht abgesehen werden könne. Es sei zwar richtig, daß die Gewährleistungsfristen durch Parteienvereinbarung verlängert oder verkürzt werden können, doch liege eine solche Vereinbarung nicht vor, weil der Passus in den Lieferbedingungen, daß Mängel nur dann anerkannt würden, wenn sie innerhalb von 14 Tagen nach Einlangen am Bestimmungsort gerügt werden, nicht als Vereinbarung eines früheren Beginnes des Fristenlaufes anzusehen sei; es hätte der Formulierung bedurft, daß der Käufer damit einverstanden sei, daß die Frist des § 933 ABGB. auf 14 Tage verkürzt werde. Aus dem Umstand, daß der Kläger den Bestellschein, auf dessen Rückseite die Lieferbedingungen enthalten seien, unbeanständet angenommen habe, könne nicht geschlossen werden, daß die vom Beklagten behauptete Vereinbarung einer kürzeren Rügefrist zustandegekommen sei. Der Kläger sei berechtigt, die Aufhebung des Vertrages zu verlangen, die übrigen Ansprüche seien aus dem Rechtsgrunde des § 932 letzter Satz ABGB. gerechtfertigt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Prozeßgerichtes hinsichtlich des Begehrens auf Rückstellung des bezahlten Kaufpreises und wies das Mehrbegehren ab. Es führte aus, der Kläger habe nach seinem tatsächlichen Vorbringen in der Klage und im weiteren Verlauf des Rechtsstreites die Aufhebung des Vertrages und Schadenersatz nicht nur aus dem Rechtsgrund des Rücktrittes vom Vertrag, sondern auch aus dem der Gewährleistung angestrebt, weshalb das Erstgericht mit Recht auch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährleistungspflicht geprüft und den festgestellten Sachverhalt nach den Vorschriften über die Gewährleistung beurteilt habe. Wenn auch die Lieferbedingungen einen wesentlichen Bestandteil des Vertrages bildeten, so könne sich der Beklagte auf die Versäumung der vertragsmäßigen Rügefrist und auf eine Eigenmächtigkeit des Klägers bei der Hingabe der Maschine zu V. zwecks Reparatur nicht berufen, da er die Maschine noch am 30. Dezember 1953 in Kenntnis der Umstände ohne Vorbehalt zur Rücksendung an das Werk zur Prüfung der Beanstandung und zur Behebung von Mängeln übernommen und damit auf die Geltendmachung der Einwendung der Fristversäumnis und eines vertragswidrigen Verhaltens des Klägers stillschweigend verzichtet habe. Der Mangel sei wesentlich, aber technisch behebbar. Da jedoch dem Kläger die Maschine als fabriksmäßiges Serienerzeugnis verkauft wurde, könne der Kläger zur Maschine kein Vertrauen gewinnen und hätte sie auch nicht gekauft, wenn er vor Geschäftsabschluß von einer Unvollständigkeit der Konstruktion und der Notwendigkeit ihrer Behebung Kenntnis erhalten hätte. Außerdem habe der Beklagte faktisch die von ihm begehrte Verbesserung der Maschine verweigert; da der Kläger im Hinblick auf die Lieferbedingungen die Verbesserung nicht auf Kosten des Beklagten hätte durchführen lassen können, müsse ihm das Recht eingeräumt werden, vom Vertrag zurückzutreten, da ihm nicht zugemutet werden könne, auf Verbesserung zu klagen und während der ganzen Dauer des Prozesses die Maschine zu entbehren. Hingegen sei das Begehren auf Schadenersatz nicht begrundet, weil der Kläger nach den Lieferbedingungen auf Schadenersatz verzichtet habe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Eine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO. erblickt die Revision des Beklagten in dem Umstand, daß das angefochtene Urteil das erstinstanzliche Urteil im Ausspruch auf Zahlung des Betrages von 9000 S samt Anhang bestätigte, aber die Verpflichtung zur Erbringung der Gegenleistung des Klägers (Herausgabe der Maschine) Zug um Zug nicht in den Urteilsspruch aufgenommen und diese Unterlassung nicht begrundet habe.
Eine Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO. liegt nur vor, wenn der Urteilsspruch mit sich selbst im Widerspruch steht, für die Entscheidung überhaupt keine Gründe angegeben sind oder die Fassung des Urteils so mangelhaft ist, daß dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann. Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor. Das Prozeßgericht hat den Beklagten zur Bezahlung Zug um Zug gegen Ausfolgung der Maschine samt Kondensatoreneinrichtung verurteilt. Das Berufungsgericht hat lediglich das Begehren, soweit es auf Zahlung eines 9000 S übersteigenden Betrages gerichtet ist, abgewiesen, das Urteil aber im übrigen bestätigt und damit klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß es den Ausspruch über die Zug-um-Zug-Leistung übernehme. Von einer Nichtigkeit kann daher keine Rede sein.
Aber auch die Ausführungen der Revision zum Revisionsgrunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung sind verfehlt. Wenn die Revision des Beklagten zunächst geltend macht, der Kläger habe die tatsächlichen Voraussetzungen eines Gewährleistungsanspruches nicht behauptet, indem er nicht vorgebracht habe, es handle sich um einen unbehebbaren Mangel, so ist ihr entgegenzuhalten, daß sich aus dem Klagsvorbringen bereits ergibt, der Kläger behaupte einen Mangel der Maschine, der den ordentlichen Gebrauch verhindere, weshalb er die Aufhebung des Vertrages und die Rückstellung des geleisteten Kaufpreises begehre. Daß es sich um einen unbehebbaren Mangel handelt, brauchte der Kläger nicht vorzubringen; es genügt, wenn er aus dem Rechtsgrund der Gewährleistung Aufhebung des Vertrages wegen Vorhandenseins von Mängeln begehrt; Sache des Gerichtes ist es dann, festzustellen, ob der behauptete Mangel besteht, ob er den ordentlichen Gebrauch verhindert und ob er unbehebbar ist. Die Revision des Beklagten gibt aber selbst zu, daß der festgestellte Mangel der Maschine ein wesentlicher ist, der den ordentlichen Gebrauch der Maschine verhindert.
Für die rechtliche Beurteilung ist es im vorliegenden Falle nicht von wesentlicher Bedeutung, ob der Mangel ein behebbarer ist oder nicht. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen, die von der Revision nicht bekämpft werden, hat der Kläger den vorhandenen Mangel dem Beklagten angezeigt, wurde von diesem bzw. seinem Neffen zunächst damit beruhigt, daß es sich um eine Kälteerscheinung handle, die sich bei Erwärmung der Maschine geben werde, und wurde schließlich, als sich diese Behauptung des Beklagten als unrichtig erwies, von diesem zwecks Verbesserung des Mangels an die Firma V. gewiesen, die den Mangel beheben sollte, doch gelang der Firma V. eine Behebung des Mangels nicht. Ein zweiter Reparaturversuch, den der Kläger bei V. vornehmen ließ, nachdem er den Beklagten davon verständigt hatte, der keine Einwendung erhob, blieb gleichfalls erfolglos. Als der Kläger die Maschine nunmehr zum drittenmal zur Verbesserung, und zwar dem Beklagten, übergab, übernahm dieser die Maschine und gab vor, sie dem Lieferwerk zur Überprüfung und Verbesserung einzuschicken, nachdem er vom Kläger darauf verwiesen worden war, daß dieser für den Fall, als der Mangel nicht behoben werde, vom Vertrag zurücktrete; er ließ aber die Maschine bei sich liegen und stellte sie dann unter der unwahren Behauptung, die Maschine sei vom Lieferwerk nunmehr in voller Ordnung befunden worden, dem Kläger zurück, ohne daß der Mangel behoben worden wäre. Daraus ergibt sich, daß die wesentlichen und den ordentlichen Gebrauch der Maschine behindernden Mängel trotz viermaligen Versuches nicht behoben wurden. Da der Kläger nach den Lieferbedingungen eine Behebung des Mangels nicht durchführen durfte, der Beklagte trotz wiederholter Aufforderung den Mangel nicht behoben hat und dem Kläger nicht zugemutet werden kann, einen Rechtsstreit wegen Behebung des Mangels zu führen und bis zu dessen Beendigung die gekaufte Maschine nicht benützen zu können, ist er im gegebenen Falle berechtigt, die Wandlung zu begehren. Abgesehen davon beruhen nach dem Gutachten des vernommenen Sachverständigen, das die Vorinstanzen zur Grundlage ihrer Feststellungen genommen haben, die festgestellten Mängel auf einem Konstruktionsfehler und sind ohne grundlegende konstruktive Abänderung nicht zu beseitigen. Ist aber ein Mangel nur auf Grund einer vollständigen Umkonstruktion zu beheben, dann liegt ein unbehebbarer Mangel vor, denn ein Umbau auf Grund einer Neukonstruktion würde eine Veränderung in einem Maße darstellen, daß die Maschine nicht mehr als die gekaufte, sondern als ein aliud bezeichnet werden müßte (JBl. 1954 S. 539). Ob die Verbesserung innerhalb einer Stunde durchgeführt werden könnte, kann dahingestellt bleiben, da eine Umkonstruktion einer längeren Erprobung bedarf, weshalb der Kläger gemäß § 932 ABGB. Wandlung begehren kann.
Wenn die Revision des Beklagten weiters geltend macht, der Kläger habe nach den Lieferbedingungen nur Anspruch auf Lieferung einer neuen Maschine, so übersieht der Revisionswerber, daß der Beklagte eine solche gar nicht geliefert und auch den vorhandenen wesentlichen Mangel nicht behoben hat und daß dem Kläger nicht zugemutet werden kann, sich mit der Lieferung einer neuen Maschine zufrieden zu geben, da nach dem Sachverständigengutachten feststeht, daß die gegenständliche Maschine, die ein Serienerzeugnis ist, an einem Konstruktionsfehler leidet, sodaß der Kläger mit Recht annehmen konnte, daß auch die neue Maschine, da es sich um Serienerzeugnisse handelt, den gleichen Konstruktionsfehler aufweisen werde. In einem solchen Falle muß aber dem Kläger ungeachtet der Lieferbedingungen das Recht; die Wandlung zu begehren, eingeräumt werden. Im übrigen ist nicht Ing. N., der Inhaber des Lieferwerkes, sondern der Beklagte Vertragspartner des Klägers gewesen; der Beklagte hat sich aber, obwohl wiederholt zur Verbesserung aufgefordert, niemals zur Lieferung einer neuen Maschine bereit erklärt, weshalb die bezüglichen Ausführungen der Revision ins Leere gehen. Das Vorbringen der Revision, es handle sich um einen relativ geringfügigen Mangel, steht mit den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen im Widerspruch, nach denen es sich um einen wesentlichen, den ordentlichen Gebrauch hindernden Mangel handelt, wie auch die Revision an anderer Stelle selbst zugibt.
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