OGH 1Ob126/55

OGH1Ob126/554.5.1955

SZ 28/114

Normen

ABGB §364c
Dritte Teilnovelle zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch §13
ABGB §364c
Dritte Teilnovelle zum Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch §13

 

Spruch:

Dingliche oder obligatorische Wirkung eines aus der Zeit vor der Erlassung der III. Teilnovelle zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch stammenden Veräußerungs- und Belastungsverbotes.

Entscheidung vom 4. Mai 1955, 1 Ob 126/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Windischgarsten; II. Instanz:

Kreisgericht Steyr.

Text

Auf Grund des Schenkungsvertrages vom 19. November 1953 bewilligte das Erstgericht dem Antragsteller die Einverleibung seines Eigentumsrechtes an den Liegenschaften EZ. 78 GB. R., W.-Schutzhaus, und EZ. 157 GB. H., Karl K.-Unterkunftshaus. Zugleich bewilligte es gemäß § 1 GBNov. 1942 die Löschung des im Lastenblatt der genannten Liegenschaften zugunsten der Zentrale des österreichischen T.-Klubs in Wien einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes, da dieses "unzulässig und somit gegenstandslos" sei.

Gegen den Beschluß des Erstgerichtes erhoben der österreichische T.- Klub, Zentrale Wien, und Rudolf B. als Liquidator des Vereines Deutscher A.-Verein, Zweig T.-Klub, Gruppe Wien, Rekurs. Das Rekursgericht wies den Rekurs des erstgenannten Vereines zurück, da dieser aufgelöst sei und daher nicht die Legitimation besitze, ein Rechtsmittel zu ergreifen. Der Nachweis aber, daß dieser Verein wieder bestehe, sei nicht erbracht worden. Dem Rekurs des Rudolf B. gab das Rekursgericht Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes aufgehoben und das Ansuchen des Antragstellers, sein Eigentumsrecht an den beiden Liegenschaften einzuverleiben, abgewiesen wurde. Grundbücherlicher Eigentümer der Liegenschaft sei derzeit die Gruppe Linz der Sektion Österreichischer T.-Klub des Deutschen und Österreichischen A.-Vereines. Dieser Verein sei im Jahre 1939 in den Verein Deutscher A.-Verein, Zweig T.-Klub, Gruppe Linz, umgebildet und dann mit dem Bescheid der Landeshauptmannschaft Linz vom 26. Jänner 1946 aufgelöst worden. Der vom Bundesministerium für Inneres für den aufgelösten Verein bestellte Liquidator Friedrich N. sei zwar nach § 27 Abs. 2 des Vereinsgesetzes 1951, BGBl. Nr. 233, befugt, das Vereinsvermögen zu verwalten und zu verwerten. Der gesetzliche Verwertungsauftrag sei aber in der Richtung eingeschränkt, daß eine unmögliche oder unerlaubte Verwertung jedenfalls unterbleiben müsse. Die Verwertung, die in fremde Rechte eingreife, sei unerlaubt. Im vorliegenden Fall habe das noch vor der Erlassung der III. Teilnovelle zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch begrundete Veräußerungs- und Belastungsverbot Wirkung, weil es nach Punkt V des zugrunde liegenden Vertrages vom 22. und 28. Februar 1910 und nach dem Sinn des Vertrages vom 14. und 16. Juli 1905 mit einer auflösenden Bedingung verbunden sei, denn die Liegenschaften seien bei Auflösung, Ausschließung oder Austritt der Sektion an die Zentrale zurückzugeben. Der Umstand, daß von der Behörde eine Schenkungsermächtigung an den Liquidator N. erteilt worden sei, mache die Veräußerung nicht zu einer erlaubten. Die Löschung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes sei daher zu Unrecht vorgenommen worden und die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers habe nicht bewilligt werden dürfen. Überdies fehle die im Punkt 7 des Schenkungsvertrages vorgesehene Genehmigung des Bundesministeriums für Inneres.

Der Oberste Gerichtshof stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das in Frage stehende Veräußerungs- und Belastungsverbot stammt, wie das Rekursgericht mit Recht hervorgehoben hat, aus einer Zeit (1905 und 1910), als die gesetzliche Regelung dieses Rechtsinstitutes im § 364c ABGB. noch nicht gegolten hat. Diese gesetzliche Bestimmung ist erst durch § 13 der III. Teilnovelle aus dem Jahre 1916 eingeführt worden. Darüber, ob die neue Vorschrift auf schon bestehende und im Grundbuch eingetragene Veräußerungs- und Belastungsverbote angewendet werden sollte, enthält das Gesetz keinen Hinweis. Es ergibt sich aber aus den Materialien, daß der Gesetzgeber von dem im § 5 ABGB. festgelegten Grundsatz ausgegangen ist, wonach Gesetze grundsätzlich nicht zurückwirken. Nur dort, wo in der III. Teilnovelle von diesem Grundsatz abgegangen wird, sind besondere Bestimmungen vorgesehen worden. Es muß daher geprüft werden, inwieweit nach der vor der III. Teilnovelle geltenden Gesetzeslage und der damaligen Judikatur Veräußerungs- und Belastungsverboten dingliche Wirkung zukam.

Das Rekursgericht stellt in dieser Richtung zutreffend fest, daß solche Verbote über die obligatorische Wirkung hinaus dinglich dann in Betracht kamen, wenn die verbotene Veräußerung zur auflösenden Bedingung der Zuwendung gemacht worden war. Wenn also die Veräußerung das Erlöschen des Eigentumsrechtes des Belasteten im Gefolge haben sollte und damit für Dritte diese besondere Wirkung des Verbotes kundgetan worden war, wirkte das Verbot so wie jetzt nach § 364c ABGB. (vgl. Pfaff - Krainz, System des österreichischen allgemeinen Privatrechts, 5. Aufl. 1 S. 568). Wenn diese Voraussetzung nicht zutraf, konnte sich der Berechtigte bei Verletzung des Verbotes nur an seinen Vertragspartner halten und die Rückgängigmachung obligatorisch verlangen.

Im vorliegenden Fall hat die damalige Zentrale des österreichischen T.-Klubs in Wien als Verkäuferin der in Frage stehenden beiden Schutzhütten den Käuferinnen Sektion Linz und Sektion Windischgarsten des Österreichischen T.-Klubs zwar das Veräußerungs- und Belastungsverbot auferlegt. Im Vertrag des Jahres 1905 findet sich aber keinerlei Sanktion für die Übertretung des Verbotes, und in dem des Jahres 1910 wird nur die Verpflichtung der Käuferin festgelegt, bei der etwaigen Auflösung, Austritt oder Ausschließung der Sektion die Schutzhütte an die Zentrale unentgeltlich ins Eigentum zu übertragen. Abgesehen davon, daß es sich bei dieser Obliegenheit nur um die Rückübertragung des Eigentumsrechtes und nicht um die automatische Beendigung des Eigentumsrechtes handelt, wäre es zur Begründung der dinglichen Wirkung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes notwendig gewesen, an die Übertretung des Verbotes Sanktionen zu knüpfen. Etwas derartiges ergibt sich aus keinem der beiden Verträge. Entgegen der Meinung des Rekursgerichtes fehlt den vertraglichen Veräußerungs- und Belastungsverboten die oben angeführte Voraussetzung, um dinglich anerkannt werden zu können.

Da die Verbote, wie sich aus dem Grundbuchsstand ergibt, nach dem zur Zeit der Begründung geltenden Gesetz nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Eintragung sein konnten, war das Erstgericht berechtigt, sie nach § 1 GBNov. 1942 Nunmehr § 130 GBG. 1955 amtswegen als unzulässig zu löschen. Der Einleitung des Verfahrens nach den §§ 3-6 GBNov. 1942. Nunmehr §§ 132 - 135 GBG. 1955. bedurfte es nicht, da sich dieses Verfahren nur auf gegenstandslose, nicht aber auch auf unzulässige Eintragungen bezieht. Das Erstgericht war aber auch befugt, die beantragte Eigentumseinverleibung zu bewilligen, da keine das Eigentumsrecht des aufgelösten Vereins beschränkende grundbücherliche Eintragung dagegenstand und die im Punkt 7 des Schenkungsvertrages vom 19. November 1953 vorgesehene Genehmigung des Bundesministeriums für Inneres am 25. November 1953 neuerlich generell erteilt worden ist.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte