OGH 7Ob41/55 (7Ob40/55)

OGH7Ob41/55 (7Ob40/55)2.3.1955

SZ 28/66

Normen

JN §75
JN §75

 

Spruch:

Auf eine Vermögensmasse, die nicht als juristische Person gilt, ist § 75 JN. unanwendbar. Eine solche Vermögensmasse kann daher keinen Gerichtsstand haben.

Entscheidung vom 2. März 1955, 7 Ob 40, 41/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Mit dem ungarischen Gesetze XXX aus dem Jahre 1947 über die Übernahmen staatliches Eigentum der in ungarischem Eigentümer befindlichen Aktien der Ungarischen Nationalbank und der zur Kategorie I der Geldinstitutszentrale gehörenden, auf aktiengesellschaftlicher Grundlage wirkenden Geldinstitute ist verfügt worden, daß die von diesen Instituten emittierten Aktien, die sich im Besitze von ungarischen Staatsbürgern oder von juristischen Personen mit dem Sitze in Ungarn befinden, in das Eigentum des ungarischen Staatsärars zu nehmen sind (§ 3). Laut § 4 dieses Gesetzes berührt die Übernahme der Aktien in staatliches Eigentum weder die juristische Persönlichkeit noch die organisatorische Selbständigkeit der ungarischen Nationalbank und der Geldinstitute.

Die P.-Bank in Budapest hat ein Drittel der Aktien der Metallwarenfabrik AG. besessen. Nachdem die in Oberösterreich verlagerten Werte dieser Aktiengesellschaft im Auftrage des Bundesministeriums für Finanzen veräußert worden waren, wurde der auf den Aktienbesitz der P.-Bank entfallende Drittelanteil am Erlös auf ein Konto bei der Creditanstalt-Bankverein erlegt.

Die Einschreiter behaupten, 18% der Aktien der P.-Bank zu besitzen, und beanspruchen 18% des Liquidationserlöses vom inländischen Vermögen dieser Bank. Zur Verwirklichung dieses Anspruches haben sie den Antrag gestellt, für das in Österreich gelegene Vermögen der früheren P.-Bank, die im Zuge der Verstaatlichung aufgelöst worden sei, eine(Kurator )

Das Gericht erster Instanz hat mit Beschluß vom 18. Dezember 1951 Istvan de K. zum Kurator der P.-Bank bestellt.

Das Gericht erster Instanz hat ferner mit Beschluß vom 21. September 1953 einen Erfolglassungsauftrag gegeben.

Die P.-Bank in Budapest hat gegen diese Beschlüsse Rekurse eingebracht.

Das Rekursgericht hat aus Anlaß dieser Rekurse die angefochtenen Beschlüsse aufgehoben und das bisherige Verfahren einschließlich aller anderen Beschlüsse und Verfügungen für nichtig erklärt.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Einschreiter nicht Folge und bestimmte gemäß § 28 JN. das Bezirksgericht Innere Stadt Wien zur Entscheidung über den Antrag.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Gericht erster Instanz war zur Kuratorbestellung nicht zuständig. § 75 JN. setzt voraus, daß ein nicht zu den physischen Personen gehöriges Rechtssubjekt vorhanden ist. Auf eine Vermögensmasse, die nicht als juristische Person gilt, ist § 75 JN. unanwendbar, denn einer solchen Vermögensmasse fehlt die Parteifähigkeit. Sie kann daher keinen Gerichtsstand haben. Im vorliegenden Falle geht der Streit darum, wem die Verfügung über den bei der Creditanstalt-Bankverein erliegenden Geldbetrag und allenfalls über andere Guthaben zusteht. Es kann keine Rede davon sein, daß den genannten Vermögenswerten eine eigene Rechtspersönlichkeit zukommt. Daher scheidet § 75 JN. als unanwendbar aus. Daß eine Zuständigkeit nach § 109 JN. oder § 112 JN. nicht gegeben ist, hat das Rekursgericht zutreffend dargelegt.

Es war daher verpflichtet, die Unzuständigkeit des Gerichtes aus Anlaß der beiden Rekurse von Amts wegen aufzugreifen.

Die Ansicht der Einschreiter, die beiden Rekurse seien unzulässig gewesen und hätten daher nicht den Anlaß für die Nichtigerklärung bilden können, trifft nicht zu. Die P.-Bank wendet sich in ihren Rechtsmitteln dagegen, daß für sie ein Kurator bestellt und ihr die Befugnis, über die in Österreich befindlichen Werte zu verfügen, entzogen worden ist. Da die angefochtenen Beschlüsse sich direkt gegen die genannte Bank richten, besteht kein Zweifel an der Rekurslegitimation der Bank. Sie wurde selbst als Kurand behandelt und kann daher in Ansehung des Rekursrechtes nicht einem Gläubiger oder Geschäftspartner eines Kuranden gleichgestellt werden.

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