OGH 3Ob511/54

OGH3Ob511/548.9.1954

SZ 27/220

Normen

ABGB §369
ABGB §1298
EO §368
ABGB §369
ABGB §1298
EO §368

 

Spruch:

Bei der Interessenklage wegen Nichterfüllung der Rückstellungspflicht obliegt dem Beklagten die Behauptungs- und Beweislast der Unmöglichkeit der Erfüllung.

Entscheidung vom 8. September 1954, 3 Ob 511/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Kläger begehrt vom Beklagten, der bei ihm als Vertreter beschäftigt war, Wertersatz für nicht zurückgestellte Muster.

Das Erstgericht verurteilte gemäß § 395 ZPO. antragsgemäß; das Berufungsgericht hob auf. Es führte unter anderem aus: Da die klagende Partei in der Klage nur das Interesse für die abhanden gekommenen Muster, nicht aber Schadenersatz für sonstige dadurch erlittene Verluste begehrte, wäre ihr der Ersatzbetrag nur zuzusprechen gewesen, wenn sie auch bewiesen hätte, daß der Beklagte nicht mehr im Besitz der Gegenstände ist und daher eine Eigentumsklage keinen Erfolg mehr haben konnte.

Der Oberste Gerichtshof hob diesen Beschluß auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Oberste Gerichtshof vermag nicht der Ansicht des Berufungsgerichtes beizupflichten, wenn es der klagenden Partei auch den Beweis dafür auferlegen will, daß die Musterstücke sich nicht mehr im Besitz des Beklagten befinden. Bei der Eigentumsklage ist zu beweisen, daß der Beklagte im Besitz der Sache ist, bei der Interessenklage wegen Nichterfüllung einer dem Beklagten obliegenden Rückstellungsverpflichtung dagegen muß nicht der negative Beweis des Nichtbesitzes geführt werden. Es genügt vielmehr der Nachweis für die Hingabe und nicht Rückstellung der Sache, während es dem Beklagten obliegt, nachzuweisen warum er nicht erfüllen kann (§ 1298 ABGB.). Eine solche Beweispflicht kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil die klagende Partei in der Klagserzählung darauf hingewiesen hat, daß der Beklagte nicht mehr im Besitz der Muster sein soll. Die klagende Partei ist nicht für das gesamte Klagsvorbringen beweispflichtig, sondern nur für das zur Begründung des Anspruches notwendige Vorbringen. Es genügt zur Begründung des Anspruches auf Wertersatz für die nichtzurückgestellten Muster, wenn die klagende Partei nebst der Hingabe der Muster die Auflösung des bestandenen Dienst- oder Werkvertrages, auf Grund dessen dem Beklagten die Muster überlassen worden waren, und die Nichtrückstellung derselben zu beweisen vermochte. Da der Beweis dafür, daß der Beklagte die Muster erhalten hatte und eine Rückgabe nicht erfolgt war, als erbracht angesehen wurde, war eine Ergänzung des Beweisverfahrens überflüssig. Das Berufungsgericht hätte daher in der Sache selbst entscheiden können.

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