OGH 1Ob673/53

OGH1Ob673/5319.8.1953

SZ 26/208

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §230
EO §41 Abs2
EO §96
EO §263
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §230
EO §41 Abs2
EO §96
EO §263

 

Spruch:

Trotz bestehender Pupillarsicherheit kann die Einschränkung auf einzelne der in Exekution durch Zwangsversteigerung gezogenen Liegenschaftsanteile nicht bewilligt werden, wenn der Wert der restlichen zu versteigernden Liegenschaftsanteile zwar die exekutive Forderung zahlenmäßig deckt, mit einem exekutiven Verkauf dieser restlichen Liegenschaftsanteile aber nicht zu rechnen wäre.

Entscheidung vom 19. August 1953, 1 Ob 673/53. (Vgl. SZ XXVI/85 Entscheidung im ersten Rechtsgang)

I. Instanz: Bezirksgericht Neunkirchen; II. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt.

Text

Mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 29. April 1950, E 377/50-3, ist zugunsten der vollstreckbaren Forderung der betreibenden Partei von 25.700 S s. A. im Lastenblatt der Liegenschaften Grundbuch D. EZ. 418 als Haupteinlage und EZ. 417, 473 und 175 als Nebeneinlagen bei den 31/40-, bzw. 34/40-Anteilen der Verpflichteten das zwangsweise begrundete Simultanpfandrecht einverleibt worden. Mit dem Beschluß des Erstgerichtes vom 7. November 1951, E 20/51-2, wurde sodann die Zwangsversteigerung dieser Liegenschaftsanteile bewilligt.

Auf Antrag der Zweit- und Drittverpflichteten bewilligte das Erstgericht die Einschränkung des Pfandrechtes auf die Haupteinlage und die Nebeneinlagen 417 und 175, die Freilassung der weiteren Nebeneinlage 473 und die Einstellung der Zwangsversteigerung hinsichtlich dieser Nebeneinlage. Aus dem Schätzungsgutachten und der Feststellung des höchstzulässigen Gebotes durch die Bezirkshauptmannschaft N. ergebe sich für die Liegenschaften mit Ausnahme der Einlagezahl 473 ein Mindestgebot von 88.678.64 S. Auch unter Berücksichtigung der der betreibenden Partei vorgehenden Pfandrechte werde bei Einschränkung der Exekutionen die im § 96 EO. geforderte Pupillarsicherheit des vollstreckbaren Anspruchs nicht gefährdet. Die Exekutionen seien in größerem Umfang vollzogen worden, als zur Erzielung der vollständigen Befriedigung der betreibenden Partei notwendig sei.

Infolge Rekurses der betreibenden Partei änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Antrag auf Teileinstellung der Exekution hinsichtlich der Liegenschaft EZ. 473 Grundbuch D. abgewiesen wurde. Der Erstrichter habe zu Unrecht angenommen, daß für die Forderung der betreibenden Partei Mundelsicherheit nach § 230 ABGB. gegeben sei. Eine solche Sicherheit bestehe nur bei Liegenschaften, nicht aber bei Liegenschaftsanteilen, weil darüber im Gesetz nichts vorgesehen und die Bewertung von Anteilen unsicher sei. Die Bestimmung des § 96 EO. sei daher im vorliegenden Fall von vornherein nicht anwendbar. Im übrigen gelte eine den §§ 96 oder 263 EO. analoge Bestimmung für das Zwangsversteigerungsverfahren nicht.

Infolge Revisionsrekurses der zweit- und drittverpflichteten Parteien hob der Oberste Gerichtshof die Rekursentscheidung (SZ. XXVI/85.) auf und trug dem Rekursgericht auf, über den Rekurs der betreibenden Partei gegen den erstgerichtlichen Beschluß vom 28. Jänner 1953 neuerlich zu entscheiden. Von Pupillarsicherheit im Sinne des § 230 ABGB. könne auch bei Liegenschaftsanteilen gesprochen werden. Denn unter den dort angeführten Häusern und Grundstücken seien unbewegliche Sachen überhaupt, daher auch Liegenschaftsanteile, zu verstehen.

Im übrigen sei ein Liegenschaftsanteil je nach der Lage der Verhältnisse von vornherein geringer zu bewerten, als es dem aliquoten Teil des Wertes der ganzen Liegenschaft entspräche. Was die Exekution durch Zwangsversteigerung betreffe, habe das Rekursgericht übersehen, daß die Einschränkung einer solchen Exekution nach § 41 Abs. 2 EO. möglich wäre, ohne daß dabei die Frage der Pupillarsicherheit von maßgebender Bedeutung wäre.

In seiner neuerlichen Entscheidung bestätigte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß insoweit, als die Exekution durch zwangsweisePfandrechtsbegründung hinsichtlich der Nebeneinlage EZ. 473 Grundbuch D. nach § 96 EO. eingestellt worden war. Bezüglich des Zwangsversteigerungsverfahrens änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß neuerlich dahin ab, daß der Antrag der Zweit- und Drittverpflichteten, die Exekution auf EZ. 453 (richtig 473) Grundbuch D. einzustellen, abgewiesen wurde. Die Pupillarsicherheit der exekutiven Forderung sei auch nach der Freilassung der EZ. 473 gegeben. Dies könne aber nur zur Einstellung der Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung, nicht aber auch der Zwangsversteigerung führen. Denn nach den Erfahrungen sei zu bezweifeln, ob für das zur Versteigerung kommende Mietwohnhaus EZ. 418 Grundbuch D. ein Gebot werdeabgegeben werden. Die Grundstücke EZ. 175 und 417 allein deckten die exekutive Forderung nicht. Es müsse daher auch zur Versteigerung der Anteile der Verpflichteten an der Liegenschaft EZ. 473 kommen. Es stehe den zweit- und drittverpflichteten Parteien im übrigen frei, die Abänderung der Versteigerungsbedingungen in dem Sinn zu beantragen, daß die Anteile an der EZ. 473 erst in letzter Linie, bei Erfolglosigkeit der Versteigerung der anderen Liegenschaften, ausgeboten werden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Zweit- und Drittverpflichteten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rechtsmittelwerber vertreten den Standpunkt, daß der Exekutionsrichter bei der Entscheidung über den Einstellungsantrag nach § 41 Abs. 2 EO. keine Erwägungen anzustellen brauchte, ob im weiteren Verlauf des Exekutionsvollzuges dieser zum Erfolg führen werde oder nicht. Der Exekutionsrichter habe nur zu überprüfen gehabt, ob für die vollstreckbare Forderung nach dem Ausscheiden der Liegenschaftsanteile der EZ. 473 im geringsten Gebot der übrigen Liegenschaftsanteile Deckung vorhanden sei. Dieser Meinung kann nicht beigetreten werden. Nach § 41 Abs. 2 EO. ist für die Entscheidung maßgebend, ob zur Erzielung vollständiger Befriedigung des Gläubigers die Exekution auf einen Teil der Pfandobjekte ausreiche. Voraussetzung für die Einschränkung ist also, daß derselbe Befriedigungserfolg durch die eingeschränkte Exekution herbeigeführt werden kann. Unter der vollständigen Befriedigung des Gläubigers ist der bei den einzelnen Exekutionsarten angestrebte Exekutionszweck zu verstehen. Dieser kann sich - wie dies auf die Exekution mittels zwangsweiser Pfandrechtsbegründung zutrifft - auf die Gewährung einer Sicherheit des betreibenden Gläubigers beschränken. In einem solchen Fall braucht auf die Frage der momentanen Verkäuflichkeit der Liegenschaft umso weniger Bedacht genommen zu werden, als es bei der nicht auf exekutive Befriedigung berechneten Sicherung des betreibenden Gläubigers nur auf den Wert der Liegenschaft ankommt, wobei freilich - gerade mit Rücksicht auf die in Zukunft etwa eintretenden Wertschwankungen - ein größerer Wertspielraum, die Pupillarsicherheit, notwendig ist.

Handelt es sich hingegen, wie bei der Zwangsversteigerung, um eine auf Bezahlung der exekutiven Forderung gerichtete Exekutionsart, würde die Einschränkung der Exekution eine unzulässige Schlechterstellung des betreibenden Gläubigers bedeuten, wenn die Verkäuflichkeit der Liegenschaften, auf die eingeschränkt würde, in Frage stunde. Denn dann wäre die Exekution eben nicht in größerem Umfang vollzogen worden, als es zur Erzielung der vollständigen Befriedigung notwendig wäre (vgl. OGH.-E. vom 18. Jänner 1933, RZ. S. 76). Dabei sind Fälle denkbar, in denen die Einschränkung auf Liegenschaften möglich wäre, deren Wert die Grenze der Pupillarsicherheit nicht erreichte. Denn wenn für die kurze Zeit bis zum Versteigerungstermin die Verkäuflichkeit zu einem höheren als dem geringsten Gebot anzunehmen wäre, bedürfte es zum Unterschied von der auf weitere Sicht berechneten zwangsweisen Pfandrechtsbegründung bei der Zwangsversteigerung nicht der Pupillarsicherheit der restlichen Deckung. Umgekehrt könnte - und dies trifft auf den vorliegenden Fall zu - trotz bestehender Pupillarsicherheit die Einschränkung nicht bewilligt werden, wenn der Wert der restlichen zu versteigernden Liegenschaften zwar die exekutive Forderung zahlenmäßig durchaus deckte, mit einem exekutiven Verkauf dieser restlichen Liegenschaften und damit mit dem im Zwangsversteigerungsverfahren beabsichtigten Exekutionserfolg aber nicht zu rechnen wäre. Dabei muß mit einer mehr oder minder großen Wahrscheinlichkeit der Unverkäuflichkeit das Auslangen gefunden werden und schon dann die Einschränkung verweigert werden, wenn auch nur begrundete Bedenken in dieser Richtung bestehen.

Das Rekursgericht hat schlüssig begrundet, daß nach den Erfahrungen des Senates die Verkäuflichkeit eines Mietwohnhauses, wie es die Liegenschaft EZ. 418 ist, in Frage stehe. Diese auch sonst durch die Erfahrungen begrundete Tatsache genügt, um die beantragte Einschränkung der Zwangsversteigerung zu verhindern, denn die restlichen Liegenschaftsanteile decken die exekutive Forderung nicht ganz.

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