OGH 3Ob732/52

OGH3Ob732/5210.12.1952

SZ 25/326

Normen

ABGB §§1373 ff
Außerstreitgesetz §2 (2) Z7
Außerstreitgesetz §161 (2)
ABGB §§1373 ff
Außerstreitgesetz §2 (2) Z7
Außerstreitgesetz §161 (2)

 

Spruch:

Über die Sicherstellung eines Vermächtnisses ist vor der Einantwortung des Nachlasses im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden. Die Sicherstellung eines strittigen Vermächtnisses gehört auf den Prozeßweg.

Entscheidung vom 10. Dezember 1952, 3 Ob 732/52.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Im Testament vom 16. August 1950 setzte die Erblasserin ihre Schwester Vilma A. zur Alleinerbin ein und verfügte im Punkte 4 den Verkauf der Liegenschaft Graz, R.straße 8, unter Sicherung des Wohnungsrechtes der Erbin und der Schaffung von Mietrechten in diesem Hause zugunsten des Hans M. Aus dem Verkaufserlös sind alle Verlassenschaftsschulden, Erbgebühren samt Zuschlägen zu tilgen und nach Zulässigkeit des Erlöses folgende Legate auszuzahlen: An Elfriede B. 5000 S, an Hilde T. 5000 S und an Hugo E. 500 S. Über den verbleibenden Rest sind weitere Verfügungen getroffen worden. Vilma A. gab auf Grund dieses Testamentes die bedingte Erbserklärung ab, die zu Gericht angenommen wurde. Es wurde ihr auch die Verwaltung des Nachlasses übertragen. Nun beantragten die Legatarinnen Hilde T. und Elfriede B. die Sicherstellung ihrer Legate von 5000 S samt 4% Zinsen seit dem Fälligkeitstag auf der Nachlaßliegenschaft Graz, R.straße 8. Die Sicherstellung auf dieser Liegenschaft wurde deshalb begehrt, weil die Erblasserin für die Entrichtung der Legate den Erlös aus dem Verkauf dieser Liegenschaft bestimmt hatte.

Das Erstgericht bewilligte die Sicherstellung der Legate durch bücherliche Vormerkung des Pfandrechtes auf der genannten Liegenschaft. Die Sicherstellung sei gemäß § 161 Abs. 2 AußstrG. zu bewilligen, doch könne nicht die Einverleibung, sondern nur die Vormerkung erfolgen. Den beiden Vermächtnisnehmerinnen werde anheimgestellt, ein entsprechendes Grundbuchsgesuch unter Bedachtnahme auf §§ 42, 43 GBG. dem Gerichte vorzulegen.

Das Rekursgericht wies den Sicherstellungsantrag ab. Aus dem Testamente ergebe sich, daß ein Anspruch der Legatare erst dann entstehen könne, wenn die Höhe des Erlöses einerseits und die Verlaßschulden und Erbgebühren andererseits bekannt seien, da nur bei einem Aktivsaldo zugunsten des Erlöses die Legatare nach Maßgabe des Überschusses befriedigt werden könnten. Eine Sicherstellung könne aber nur dann verlangt werden, wenn die Entrichtung des Vermächtnisses, aus welchem Gründe immer, nicht gleich gefordert werden könne oder eine sofortige Erfüllung gar nicht möglich sei. Voraussetzung sei aber, daß ein Vermächtnis überhaupt gefordert werden kann, was aber hier im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht der Fall sei. Außerdem sei der Antrag schon deshalb abzuweisen, weil über die Sicherstellung nur im Prozeßwege, nicht aber im Außerstreitverfahren entschieden werden könne.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Legatarinnen Folge, hob die Beschlüsse der Untergerichte auf und frug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Rekurswerberinnen wenden sich zwar nicht ausdrücklich gegen die Annahme des Rekursgerichtes, daß die Sicherstellung nur im streitigen Wege begehrt werden könne, doch ist dies von Amts wegen zu prüfen. Diese Frage ist im Schrifttum strittig. Es sind auch die bezüglichen Entscheidungen keineswegs einheitlich.

Die überwiegende Praxis geht jedoch dahin, jedenfalls vor der Einanwortung nur das außerstreitige Verfahren zuzulassen. Wenn auch § 161 Abs. 2 AußstrG. im wesentlichen materiellrechtliche Bestimmungen trifft, so ergibt sich doch aus der Einreihung in die Vorschriften des Außerstreitgesetzes grundsätzlich das Gebot der Anwendung des außerstreitigen Verfahrens, zumindest vor Rechtskraft der Einantwortung, mit welcher nach § 174 AußstrG. die Verlassenschaftsabhandlung beendet ist. Auch der Motivenbericht zur Novelle schließt das Außerstreitverfahren nicht aus.

Es handelt sich bei den im § 161 AußstrG. angeführten Legaten um besonders gelagerte Fälle. Über den Sicherstellungsanspruch dieser Legatare ist daher wenigstens vor Rechtskraft der Einantwortung und selbstverständlich unvorgreiflich der Bestimmung des § 2 Z. 7 AußstrG. im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden (so auch Weiß in Klang, 2. Aufl., zu § 688 ABGB., S. 622; 3 Ob 498/50; SZ. XIX/10 u. a.).

Verfehlt ist aber auch der weitere Abweisungsgrund, daß eine Sicherstellung nur dann verlangt werden könne, wenn zwar das Vermächtnis aus welchem Gründe immer nicht gleich gefordert werden könne, aber feststehe, daß überhaupt ein Vermächtnis gefordert werden kann. Richtig ist allerdings, daß über streitige Vermächtnisse nicht im Außerstreitwege entschieden werden kann, weshalb das Begehren um Sicherstellung eines strittigen Vermächtnisses nur im Prozeßwege gestellt werden kann. Hier handelt es sich aber nicht um ein strittiges Vermächtnis. Das Vermächtnis ist vielmehr unbestritten, insbesondere auch, daß es unter der Bebedingung gefordert werden kann, daß das Haus verkauft wird und der Erlös nach Zahlung der Schulden zur Auszahlung der Legate ausreicht. Es steht zwar der Höchstbetrag der Legate fest, nicht aber, ob sie mit Rücksicht auf die aufschiebende Bedingung jemals existent werden. Wegen Beifügung dieser Bedingung kann das Legat derzeit nicht gefordert werden. Nun sagt § 161 AußstrG., die Sicherstellung könne begehrt werden, wenn das Vermächtnis wegen einer in dem letzten Willen beigefügten Zeitbestimmung oder Bedingung noch nicht gefordert werden kann. Da die Bedingung neben der Zeitbestimmung angeführt ist, handelt es sich hier um echte Bedingungen und nicht bloß solche, die nur als Zeitbestimmung anzusehen sind. Die Sicherstellung kann daher nicht nur dann gefordert werden, wenn der Zeitpunkt der Fälligkeit des Vermächtnisses nicht feststeht, sondern auch dann, wenn nicht feststeht, ob wegen der beigefügten Bedingung das Vermächtnis überhaupt existent werden wird. Die gleiche Meinung wird auch von der Lehre vertreten (siehe hiezu Weiss in Klang, 2. Aufl., zu §§ 656 bis 659 ABGB., S. 540).

Es ist daher die Berechtigung der Legatare zur Sicherstellung ihrer Legate grundsätzlich anzuerkennen. Die Sicherstellung hat nach den §§ 1373 ff. ABGB. zu erfolgen, also durch Faustpfand oder Hypothek, wozu noch nach § 161 Abs. 2 AußstrG. die Sicherstellung durch Hinterlegung bei einer Bank kommt. Sollte dies nicht möglich sein, kann die Sicherstellung durch taugliche Bürgen erfolgen. Unter diesen Sicherstellungsmitteln und in dieser Reihenfolge steht jedoch dem Schuldner die Wahl frei. Die Legatare sind daher nicht berechtigt, von vornherein eine bestimmte Sicherstellung zu fordern. Die Art der Sicherstellung wurde im bisherigen Verfahren überhaupt nicht erörtert und der Erbin keine Möglichkeit zur Äußerung gegeben. Dieser Umstand erfordert die Aufhebung beider untergerichtlichen Beschlüsse zur Behebung dieses Mangels.

Unrichtig war auch die vom Erstrichter bewilligte Vormerkung des Pfandrechtes. Die Voraussetzungen für eine solche sind nach § 38 GBG. nicht gegeben. Sollte nach dem Ergebnis der vom Erstgericht durchzuführenden Verhandlungen die Sicherstellung der Vermächtnisse durch Eintragung eines Pfandrechtes auf der Liegenschaft, aus deren Erlös die Legate zu zahlen sind, gerechtfertigt sein und wäre die Erbin zur Ausstellung einer einverleibungsfähigen Urkunde nicht bereit, dann hätte der Erstrichter einen Beschluß zu fassen, auf Grund dessen vom Grundbuchsgericht die Einverleibung des Pfandrechtes auf dieser Liegenschaft bewilligt werden könnte.

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