Normen
ABGB §897
ABGB §914
ABGB §1096
ZPO §477 (1) Z4
ABGB §897
ABGB §914
ABGB §1096
ZPO §477 (1) Z4
Spruch:
Konkurrenzklauseln müssen im Zweifel einschränkend ausgelegt werden.
Entscheidung vom 3. Dezember 1952, 2 Ob 780/52.
I. Instanz: Kreisgericht Leoben; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.
Text
Die Stadtgemeinde K. verkaufte dem Kläger mit Kaufvertrag vom 2. November 1939 die Liegenschaft EZ. 681 KatGem. K. samt dem daraufbefindlichen Gebäude St.straße 12, die in diesem Gebäude befindliche Kinobetriebsanlage samt Einrichtung sowie die in dem Gebäude L.straße 15, befindliche Kinobetriebsanlage samt Einrichtung. Sie verzichtete im Punkt V des Kaufvertrages auf den Weiterbetrieb der Kinounternehmungen und verpflichtete sich in Punkt VII des Kaufvertrages, um die Wiederverleihung einer bereits zurückgelegten Spielbewilligung nicht mehr anzusuchen. Mit dem Vertrag vom gleichen Tage vermietete die Stadtgemeinde K. dem Kläger die im Hause L.straße 15 zu ebener Erde gelegenen Räumlichkeiten zwecks Filmvorführungen. Der Kläger behauptet, daß die beklagte Gemeinde während seiner Abwesenheit nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches die beiden Lichtspieltheater, ohne zum öffentlichen Verwalter bestellt worden zu sein, als Geschäftsführer ohne Auftrag bis zum 29. Dezember 1950 verwaltet habe. Sie habe mit dem Bescheid vom 3. Jänner 1948 und 24. März 1948 die Vorführungsbefugnis für das St.kino und die in der L.straße befindlichen Theaterlichtspiele erhalten. Der Kläger habe wegen seiner Zugehörigkeit zur SS die Spielbewilligung nicht erlangen können, jedoch habe seine Schwester mit den Bescheiden der Steiermärkischen Landesregierung vom 6. Oktober 1950 und 19. Juni 1951 die Konzessionen für das St.kino und die Theaterlichtspiele erlangt. Die beklagte Gemeinde führe die Theaterlichtspiele auf eigene Rechnung auf Grund der ihr erteilten Konzession. Der Kläger habe seiner Schwester Maria J. alle Rechte zum Betriebe der Theaterlichtspiele eingeräumt. Er begehrt, die beklagte Stadtgemeinde schuldig zu erkennen, den Betrieb der Theaterlichtspiele sofort einzustellen und dir ihr mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. Jänner 1948 erteilte Vorführungsbefugnis für diese Lichtspiele binnen 14 Tagen zurückzulegen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Durch die staatsrechtlichen Veränderungen seit dem Jahre 1945 seien die Verbindlichkeiten der beklagten Partei aus den abgeschlossenen Verträgen unberührt geblieben. Auch wenn dem Kläger die persönliche Führung des Kinobetriebes untersagt sei, stehe es ihm frei, die Unterlassung jeder Zuwiderhandlung gegen den Inhalt des Vertrages zu begehren. Ob er die ihm durch den Kaufvertrag eingeräumten Rechte selbst ausüben könne oder ob er deren Ausübung einer dritten Person überlasse, sei unerheblich.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab. Die Spielberechtigungen seien dem Kläger auf Grund von deutschen Rechtsvorschriften erteilt worden. Sie seien auf Grund des Veranstaltungsbetriebegesetzes erloschen. Dem Kläger sei eine Vorführungsbefugnis nach den nunmehr wieder geltenden österreichischen Rechtsvorschriften nicht mehr verliehen worden. Da er selbst den Betrieb der Lichtspiele nicht mehr ausüben könne, sei sein Interesse an dem Konkurrenzverbot infolge einer vollständigen Änderung der Sach- und Rechtslage weggefallen. Der Mietvertrag über die Räumlichkeiten der Theaterlichtspiele sei spätestens durch § 3 des Veranstaltungsbetriebegesetzes aufgehoben worden.
Im übrigen sehe der Kaufvertrag nur einen Verzicht auf die Wiedererwerbung einer zurückgelegten Spielberechtigung vor und nicht auf den Erwerb einer Konzession nach den österreichischen Rechtsvorschriften.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
In rechtlicher Hinsicht verweist der Kläger darauf, daß er als Eigentümer der Liegenschaft EZ. 681 KatGem. K. ein Interesse daran habe, daß keine andere Person außer dem Pächter seines Unternehmens eine Spielbefugnis erlange und daß er im Falle des Verkaufes seines Unternehmens einen wesentlich höheren Betrag erzielen könne, wenn sein Betrieb keinem Wettbewerb begegne. Das Konkurrenzverbot sei ein wesentlicher Bestandteil des Vertrages und dürfe nicht für sich allein betrachtet werden. Die beklagte Partei hätte als Geschäftsführerin ohne Auftrag oder Verwalterin die Verpflichtung gehabt, mit dem Kläger einen den Bestimmungen des § 3 des Veranstaltungsbetriebegesetzes entsprechenden Bestandvertrag über die Räumlichkeiten der Theaterlichtspiele abzuschließen. Sie könne sich daher nicht darauf berufen, daß dieser Mietvertrag erloschen sei.
Dem Kläger ist zuzugeben, daß sein Interesse an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes nicht schon deshalb erloschen ist, weil er selbst in eigener Person die Kinobetriebe nicht führen kann, und daß die Vereinbarung des Konkurrenzverbotes im Zusammenhang mit dem Kaufvertrag und dem Bestandvertrag vom 2. November 1939 zu betrachten ist. Streitentscheidend ist, ob die Konkurrenzklausel so auszulegen ist, daß die beklagte Partei auch dann nicht um Verleihung einer Konzession ansuchen darf, wenn der Kläger die Lichtspielbetriebe nicht selbst in eigener Person führt.
Zu den vertragsmäßigen Beschränkungen der Vertragsfreiheit und vornehmlich des freien Wettbewerbes gehören auch die sogenannten Konkurrenzklauseln. Gesetzgebung und Rechtsprechung sind unter Berufung auf die guten Sitten bzw. auf den "ordre public" bestrebt, der Vertragsfreiheit in dieser Richtung gewisse Schranken zu ziehen. So wurde aus einer Zusammenstellung einschlägiger gerichtlicher Entscheidungen aus Deutschland, Frankreich und Amerika der Rechtssatz abgeleitet, daß ein weder zeitlich noch örtlich beschränktes Verbot einer wirtschaftlichen Tätigkeit nichtig sei. Ein zeitlich oder örtlich beschränkten Verbot sei gültig, sobald die Zeitdauer keine übermäßige sei oder der örtliche Umfang sich nicht über sämtliche Kulturstaaten erstrecke, in denen die betreffende Tätigkeit sich fruchtbar entfalten könne. Die Rechtsprechung des französischen Kassationshofes bezeichnete solche Vereinbarungen als gegen die unveräußerlichen Rechte verstoßend, die englische Rechtsprechung zählte diese Fälle zu den Verträgen, welche gegen die "public policy" verstoßen und spricht von einem weitgehenden und daher unrechtmäßigen restraint of trade (Steinbach, die Moral als Schranke des Rechtserwerbes und der Rechtsausübung, S. 48 ff.). Die Rechtslehre betont daher auch vielfach den Satz, daß derartige Vereinbarungen im Zweifel zugunsten der Vertragsfreiheit auszulegen sind. Es mag dahingestellt sein, ob die gegenständliche Konkurrenzklausel, wenn sie den vom Kläger angegebenen Sinn hätte, gegen die guten Sitten verstieße und daher nichtig wäre. Im Zweifel muß die Vereinbarung einschränkend und im Sinne einer geringeren Beschränkung der Verfügungsfreiheit der beklagten Partei ausgelegt werden. Auch aus dem Zusammenhang der Konkurrenzklausel mit den anderen Vertragsbestimmungen ergibt sich, daß die Konkurrenzklausel nicht den vom Kläger angegebenen Sinn haben kann. Im Kaufvertrag vom 2. November 1939 und in dem Bestandvertrag gehen die Parteien davon aus, daß der Kläger beide Lichtspieltheater betreibt. Nach Punkt VII des Vertrages verpflichtete sich der Kläger, auf eigene Kosten in zwei Jahren einen Zweckneubau als Kinobetriebsstätte mit der erforderlichen behördlichen Ausstattung zu errichten. Es liegt in der Natur der Sache, daß der beklagten Gemeinde daran gelegen war, daß in ihrem Gebiete Lichtspieltheater geführt werden. Wenn dem Kläger das Recht zugestanden worden wäre, unter allen Umständen auf dem Konkurrenzverbot zu bestehen, so würde dies bedeuten, daß die Gemeinde zur Einhaltung des Konkurrenzverbotes auch dann verpflichtet wäre, wenn in der Gemeinde überhaupt ein Lichtspielbetrieb nicht geführt wird. Die Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung der oben angeführten Grundsätze ergibt, daß die beklagte Gemeinde zur Einhaltung des Konkurrenzverbotes nur für den Fall verpflichtet ist, daß der Kläger selbst beide Lichtspielunternehmungen führt. Da dies nicht der Fall ist, kann der beklagten Gemeinde der Betrieb derartiger Unternehmungen nicht verboten werden. Ob der Kläger gegen die beklagte Partei aus ihrer Geschäftsführung oder aus anderen Gründen einen Schadenersatzanspruch hat, ist bei dieser Rechtslage unerheblich.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)