Normen
ABGB §353
ABGB §509
AußStrG §1
AußStrG §2 (2) Z7
JN §42
ABGB §353
ABGB §509
AußStrG §1
AußStrG §2 (2) Z7
JN §42
Spruch:
Das Begehren auf Mitbenützungsregelung zwischen Eigentümer und Fruchtnießer kann nicht im außerstreitigen Verfahren gestellt werden. Eine Verweisung auf den Rechtsweg durch den Außerstreitrichter hat zu unterbleiben.
Entscheidung vom 23. Jänner 1952, 1 Ob 69/52.
I. Instanz: Bezirksgericht Zistersdorf; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.
Text
Aus Anlaß des im Jahre 1939 erfolgten Verkaufes des Kleinhauses in R. durch die Tochter und den Schwiegersohn des Antragsgegners an den Antragsteller wurde laut Grundbuchsauszug für den Antragsgegner das "Recht der lebenslänglichen und unentgeltlichen Mitbenützung und die Fruchtnießung an einer Parzelle (Acker)" einverleibt. Es ist ferner unbestritten, daß dem Antragsgegner auf dessen Lebensdauer das gesamte unentgeltliche Mitbenützungsrecht am gesamten Wohnhause einschließlich des Hofraumes und des Gartens zusteht.
Das Erstgericht hat das Begehren des Antragstellers auf Aufteilung und Benützung des Kleinhauses im außerstreitigen Verfahren dahin erledigt, daß es nach Vernehmung der Parteien sowie des Bürgermeisters und des Gemeindesekretärs als Auskunftspersonen dem Antragsgegner den vom Haustor - in der Eintrittsrichtung - rechts gelegenen Teil des Hauses (Wohnräume) und den in der Fortsetzung dieser Richtung gelegenen halben Garten zur Alleinbenützung zugewiesen hat, ferner den Hofraum zur Gänze, ebenso den Brunnen, die Klosettanlage und die Mistablagerungsstätte. An Wohnräumen verbleiben somit zur Alleinbenützung des Antragsgegners ein Zimmer (das einzig heizbare des Hauses) und eine Kammer. Der in der Eintrittsrichtung nach links gelegene Teil des Hauses und Gartens - mit einem Durchgangs- und Durchfahrtsrecht durch den Hof - verbleibt dem Antragsteller zur Alleinbenützung.
Zufolge Rekurses des Antragsgegners, der den Standpunkt vertritt, er wohne zwar in dem ihm auch jetzt zugewiesenen "rechten" Teil der Liegenschaft, benütze aber seit jeher das "ganze" Haus, hat das Rekursgericht - von Amts wegen - dem Rekurse Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß und das demselben vorausgehende Verfahren als nichtig aufgehoben und den Antrag auf Aufteilung der Benützung des Kleinhauses auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
In verfahrensrechtlicher Beziehung stützte das Erstgericht seine Entscheidung - wie dies bereits im Antrag zum Ausdruck gebracht wurde - auf § 835 ABGB. mit Beziehung auf § 7 ABGB., wobei es sich der Ansicht anschloß, daß ein Teil des Schrifttums (Ehrenzweig und Swoboda) diese Regelung im außerstreitigen Verfahren vornehmen will, während Zeiller meint, daß die Entscheidung "im ordentlichen Rechtswege oder wenigstens nach Vernehmung der Gegner zu treffen sei", was Klang in der 2. Auflage seines Kommentars zu § 835 ABGB. als unklar bezeichnet und hiebei hervorhebt, daß dort, wo nach dieser Gesetzesstelle der Richter zu entscheiden habe, das Gesetz über das Verfahren keine Vorschrift enthalte, woraus zu folgern sei, daß gemäß § 1 AußstrG. das ordentliche Prozeßverfahren einzutreten habe, weil diese Frage weder im Außerstreitgesetz noch in einem anderen Sondergesetz geregelt sei. Die Rechtsprechung, die Klang a. a. O. unter Anmerkung 9 zitiert, hält sich aber an den außerstreitigen Weg, wozu Klang ausdrücklich bemerkt, daß die Begründung, es handle sich nicht um die Durchsetzung streitiger Privatrechte, sondern um eine Verwaltungsmaßregel, nicht gerade sehr überzeugend sei. Klang ist der Meinung, daß eine Begründung für das außerstreitige Verfahren zwar nicht aus § 835 ABGB., wohl aber aus § 836 ABGB. entnommen werden könne, in welchem Falle über die Anwendung des Außerstreitverfahrens Einhelligkeit bestehe. Das Erstgericht meinte ferner, "eine konsequente Mitbenützung des Hauses (durch die Miteigentümer) sei ausgeschlossen, da jedes Stück Boden, auf dem der eine oder andere stehe, theoretisch von beiden benützt werden müsse, umsomehr müsse sich dieser die Mitbenützung gefallen lassen".
Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß über den Antrag im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden sei, nicht und kam zum Schlusse, daß § 835 ABGB. das Benützungsrecht zwischen den Miteigentümern regle, das Recht des Antragsgegners aber kein Miteigentumsrecht sei, wenn auch der Antragsteller schon in seinem Antrag zum Ausdruck gebracht habe, daß es sich deshalb als ein solches auswirke, weil der Antragsgegner am ganzen Hause das Mitbenützungsrecht habe. Streitigkeiten über das Recht aus einer Dienstbarkeit aber, so schloß das Rekursgericht seien im Zivilrechtsweg auszutragen, ohne daß es notwendig sei, sich über den Umfang und Inhalt der Dienstbarkeit auseinanderzusetzen. Die Verweisung des Antrages auf den Zivilrechtsweg habe gemäß § 42 Abs. 4 ZPO. - irrig als § 42 Abs. 4 JN. zitiert - zu erfolgen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurse des Antragstellers nicht Folge und bestätigte den Beschluß des Rekursgerichtes mit der Maßgabe, daß der Ausspruch über die Verweisung des Antrages auf den Zivilrechtsweg zu entfallen hat.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Rechtsmittelwerber gibt zwar zu, daß gemäß dem Wortlaut des § 1 AußstrG. das Rekursgericht richtig ausgesprochen habe, die Regelung des Benützungsrechtes habe im vorliegenden Falle im Prozeßwege zu erfolgen, die Regelung im außerstreitigen Verfahren sei aber viel praktischer.
Der Revisionsrekurs ist nicht im Recht. Über die praktische Seite der Anwendung des Außerstreitverfahrens kann man auch anderer Meinung sein, keinesfalls aber wird diese Art der Betrachtung den Ausschlag geben können. Der Revisionsrekurs operiert in Verfechtung seines Standpunktes auch mit dem "argumentum a majori ad minus" und meint damit, daß deshalb, weil die Benützungsfrage unter Miteigentümern im außerstreitigen Wege geregelt werde, dies umsomehr zwischen Eigentümern und Benützer der Fall sein könne, da der Benützer weniger Rechte habe als der Miteigentümer. Diese Rechtsansicht kann gleichfalls nicht geteilt werden. Denn in weiterer Konsequenz dieser Argumentation würden auch Streitigkeiten zwischen Bestandgeber und Bestandnehmer im außerstreitigen Verfahren zu lösen sein, wenn die Erwägung als maßgebend anzusehen wäre, daß das Recht des Bestandnehmers schwächer ist als das des Servitutsberechtigten und des Miteigentümers. Soweit erweist sich im vorliegenden Falle da argumentum a majori ad minus nicht als brauchbar.
Es ist daher der Entscheidung des Rekursgerichtes beizupflichten.
Nur insoweit, als das Rekursgericht den Antragsteller im Spruche des angefochtenen Beschlusses auf den Rechtsweg verwiesen hat, kann dem Rekursgericht nicht gefolgt werden. Der Oberste Gerichtshof ist der Meinung, daß auch aus dem Gründe des § 42 Abs. 4 JN. nicht auf den Rechtsweg zu verweisen war. Es handelt sich nicht um eine Sache, über die zwar im außerstreitigen Verfahren zu erkennen ist, wo aber eine Verweisung auf den Rechtsweg deshalb erfolgen müßte, weil die Voraussetzungen gemäß § 2 Z. 7 AußstrG. oder gemäß den §§ 125, 126 AußstrG. vorliegen. Die Bestimmungen des § 42 JN. bezieht sich nicht auf den Fall, daß über eine auf den ordentlichen Rechtsweg gehörige Sache im außerstreitigen Verfahren erkannt wurde. Es ist nur auch im Verfahren außer Streitsachen die unheilbare Unzuständigkeit, selbst wenn sie nicht geltend gemacht wurde, aus Anlaß eines Rechtsmittels von Amts wegen wahrzunehmen. Einer ausdrücklichen "Rechtswegverweisung" bedarf es nicht, diese ergibt sich vielmehr aus den Gründen der - aus Anlaß dieser Wahrnehmung - gefällten Entscheidung. Deshalb war dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben und der Beschluß des Rekursgerichtes mit der Maßgabe zu bestätigen, daß der Ausspruch der Verweisung auf den Rechtsweg zu entfallen hat.
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