Spruch:
Die Pflegeeltern sind zum Rekurs gegen einen Beschluß berechtigt, mit dem ihnen die Übergabe des Pflegekindes an eine dritte Person aufgetragen wird.
Entscheidung vom 12. September 1951, 2 Ob 532/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Korneuburg; II. Instanz: Kreisgericht Korneuburg.
Text
Mit dem Beschluß vom 13. Jänner 1951 ist einerseits der die mj. Ingrid M. betreffende Adoptionsvertrag vom 1. September 1949 vormundschaftsbehördlich genehmigt und bestätigt und anderseits verfügt worden, daß die Minderjährige bis zum Ende des Schuljahres 1950/51 auf ihrem bisherigen Pflegeplatz bei Rosa L. zu verbleiben habe. Rosa L. brachte gegen den Beschluß einen Rekurs ein; dieser wurde jedoch vom Rekursgericht als unzulässig zurückgewiesen.
Auf Grund des am 13. Juni 1951 vom Adoptivvater der Minderjährigen gestellten Antrages ist Rosa L. vom Pflegschaftsgericht angewiesen worden, die Minderjährige nach Beendigung des Schuljahres einem Fürsorgeorgan zwecks Überstellung zu ihrem Adoptivvater zu übergeben. Rosa L. bekämpfte auch diesen Beschluß mit Rekurs.
Das Rekursgericht wies den Rekurs als unzulässig zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Rosa L. Folge, hob den Beschluß des Rekursgerichtes auf und verwies die Sache an dieses mit dem Auftrage zurück, über den Rekurs neuerlich zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Dem Rekursgericht ist beizupflichten, daß den Pflegeeltern eines Kindes in allen dieses berührenden Angelegenheiten grundsätzlich ein Beschwerderecht nicht zusteht. Mit dem Beschluß des Pflegschaftsgerichtes ist jedoch der Pflegemutter des. Kindes persönlich ein Auftrag erteilt worden; dadurch ist sie in diesem Stadium des Verfahrens Beteiligte, wenn auch nur in einem äußerst beschränkten Umfang, geworden und damit auch zu einer Bekämpfung des ihr erteilten Auftrages berechtigt. Wenngleich es ihr verwehrt ist, mit ihrem Rechtsmittel bereits rechtskräftig entschiedene Fragen neuerlich zur Diskussion zu bringen, so ist doch bei der Prüfung, ob die Legitimation zu einem Rechtsmittel gegeben ist, dessen Inhalt nicht zu berücksichtigen, sondern nur davon auszugehen, ob der Rechtsmittelwerber am Verfahren beteiligt ist. Da diese Voraussetzung aber auf die Pflegemutter nunmehr zutrifft - sie könnte jedenfalls geltend machen, daß sich das Kind nicht mehr bei ihr in Pflege befinde oder daß eine akute Erkrankung des Kindes eine Befolgung des Auftrages derzeit ausschließe -, durfte ihr Rekurs nicht als unzulässig zurückgewiesen werden.
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