Normen
Bedarfsdeckungsstrafgesetz §13
Geschäftsordnung 1937 §670 ff
Geschäftsordnung 1937 §674
JN §1
StPO §§368 ff
StPO §376
Bedarfsdeckungsstrafgesetz §13
Geschäftsordnung 1937 §670 ff
Geschäftsordnung 1937 §674
JN §1
StPO §§368 ff
StPO §376
Spruch:
Die Ausfolgung von Gegenständen oder Geldbeträgen, die im Zuge eines Strafverfahrens beschlagnahmt, jedoch im weiteren Verlauf nicht für verfallen erklärt wurden, kann im ordentlichen Rechtsweg begehrt werden.
Entscheidung vom 11. April 1951, 1 Ob 189/51.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Anläßlich einer im Jahre 1946 durch das Amt der Kärntner Landesregierung - Preisüberwachungsstelle - durchgeführten Erhebung wegen Verkaufes eines Autos wurde beim Kläger ein Betrag von 18.000 S beschlagnahmt. Gegen den Kläger wurde ein Verfahren nach dem Bedarfsdeckungsstrafgesetz eingeleitet und dieser mit Urteil vom 17. März 1948 des Strafbezirksgerichtes W. zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Gemäß § 13 BDStG. wurde das unzulässige Entgelt im Betrage von 14.000 S für verfallen erklärt. Wie aus der Urteilsbegründung hervorgeht, wurde nur der Betrag von 14.000 S für verfallen erklärt, da die Aufwendungen des Beklagten mit 4000 S veranschlagt wurden.
Die obgenannten 18.000 S wurden am 7. August 1946 bei der Verwahrungsstelle des Landesgerichtes K. erlegt. Am 23. November 1946 wurde dieser Betrag zur sicheren Aufbewahrung bei der Gerichtskasse K. in Verwahrung genommen.
Nach Rechtskraft des Strafurteiles begehrte der Kläger die Ausfolgung der nicht vom Verfall betroffenen 4000 S; dieser Antrag wurde unter Hinweis auf die Abbuchung auf Grund des Währungsschutzgesetzes am 16. März 1949 abgewiesen. Über die gegen diese Entscheidung am 24. März 1949 erhobene Beschwerde wurde noch nicht entschieden.
Der Kläger begehrt nunmehr von der beklagten Partei die Bezahlung des Betrages von 4000 S. Das Erstgericht hat unter Verwerfung der erhobenen Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges dem Klagebegehren stattgegeben. Es teilte nicht die von der beklagten Partei vertretene Ansicht, daß es sich um eine behördliche Verfügung handle, sondern führte aus, daß der Anspruch des Klägers ein rein privatrechtlicher sei und sich auf die Bestimmungen des Verwahrungsvertrages stütze.
Aus Anlaß der Berufung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht das angefochtene Urteil einschließlich des vorausgegangenen Verfahrens als nichtig aufgehoben und die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der klagenden Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgerichte auf, unter Abstandnahme vom gebrauchten Aufhebungsgrund über die Berufung der beklagten Partei zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Betrag von 18.000 S wurde im Zuge eines Strafverfahrens beschlagnahmt und finden daher auf diesen Erlag die Bestimmungen der §§ 670 ff. GeO. (1937), die mit Dienstanweisung vom 29. Juni 1945, JABl. 1945, S. 3, wieder in Kraft getreten sind, Anwendung. Der Betrag wurde daher richtig im Verwahrbuch in Verwahrung genommen. Mit obzitiertem rechtskräftigen Urteil wurde ein Teilbetrag von 14.000 S für verfallen erklärt, so daß das Strafgericht gemäß § 674 GeO. verpflichtet war, die nötigen Verfügungen zur Beendigung der Verwahrung zu treffen, nämlich zur Rückstellung der beschlagnahmten Gegenstände an den Beschädigten, Ausfolgung an den Beschuldigten, Erlassung des Ediktes nach § 376 StPO., Veräußerung oder Vernichtung.
Im gegenständlichen Falle hat das Strafgericht den Ausfolgungsantrag des Beschuldigten unter Hinweis auf die Wirkungen des Währungsschutzgesetzes abgewiesen. Mag auch dieser Beschluß noch nicht in Rechtskraft erwachsen sein, so geht die zu lösende Frage dahin, ob dem Beschuldigten, dem im Laufe des Strafverfahrens Gegenstände, die dem Verfall unterliegen, beschlagnahmt wurden, nach rechtskräftiger Beendigung des Strafverfahrens ein klagbarer Anspruch auf Ausfolgung der beschlagnahmten Gegenstände, soweit sie von dem Verfall nicht betroffen wurden, zusteht.
Aus den oben angeführten Bestimmungen der GeO. ergibt sich, daß das Gericht zur Rückstellung der Gegenstände, ohne daß es eines Antrages bedurfte, verpflichtet war. Dieser Rückforderungsanspruch des Beschuldigten grundet sich entweder auf das Eigentum oder den Besitz und richtet sich gegen die beschlagnahmten Gegenstände oder deren Erlösbetrag und ist im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen.
Dies muß aus den Bestimmungen der Strafprozeßordnung (§§ 368 ff.) geschlossen werden. Gemäß § 368 StPO. sind die beim Beschuldigten beschlagnahmten Gegenstände dem Beschädigten auszufolgen, wenn dieser sein Eigentumsrecht dem Strafgericht gegenüber nachweist. Kann der Beschädigte dieses sein Eigentumsrecht nicht sogleich nachweisen, so hat das Strafgericht den Beschädigten auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Dasselbe Recht kommt aber, wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung SZ. VI/77 ausgesprochen hat, dem Beschuldigten auch zu, der selbst nach Ablauf der Ediktalfrist des § 376 StPO. im ordentlichen Rechtsweg die Ausfolgung der beschlagnahmten Gegenstände auf Grund seines Eigentumsrechtes begehren kann.
Steht dem Beschuldigten hinsichtlich beschlagnahmter Sachen, die allem Anscheine nach fremdes Eigentum sind, dessen Eigentümer der Beschuldigte nicht angeben will und kann, wobei das Strafgericht ausgesprochen hat, daß die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Beschuldigten nicht glaubwürdig ist, der ordentliche Rechtsweg offen, um seinen Rückforderungsanspruch geltend zu machen, so muß dem Beschuldigten dieses Recht umsomehr dann zustehen, wenn die Voraussetzungen des § 376 StPO. nicht gegeben sind.
Mit dieser Rechtsansicht steht die Entscheidung 2 Ob 166/50 nicht im Widerspruch; damals handelte es sich um die Geltendmachung eines Schadenersatzes wegen einer Beschlagnahme von Banknoten, die zu Unrecht erfolgte; der Klagsgrund betraf daher einen anders gelagerten Fall.
Da auf Grund der obigen Ausführungen die Zulässigkeit des Rechtsweges gegeben ist, war dem Rekurs Folge zu geben, der angefochtene Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht aufzutragen, über die Berufung der beklagten Partei unter Abstandnahme von dem gebrauchten
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