OGH 2Ob166/50

OGH2Ob166/5015.3.1950

SZ 23/68

Normen

AHG §8
AHG §16
Bedarfsdeckungsstrafgesetz §10
JN §1
JN §42
StPO §379
AHG §8
AHG §16
Bedarfsdeckungsstrafgesetz §10
JN §1
JN §42
StPO §379

 

Spruch:

Bei Ansprüchen nach dem Amtshaftungsgesetz ist vor der Verweigerung der Anerkennung, bzw. vor Ablauf der im § 8 des Gesetzes bestimmten Frist der Rechtsweg unzulässig.

Entscheidung vom 15. März 1950, 2 Ob 166/50.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Bei der Klägerin wurden durch Sicherheitsbeamte anläßlich einer Hausdurchsuchung wegen Verdachtes des Schleichhandels außer Textilien auch Banknoten im Werte von 52.500 S beschlagnahmt. Die Banknoten wurden bei der Verwahrungsstelle des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erlegt. Das gegen die Klägerin eingeleitete Strafverfahren führte zu ihrer Verurteilung zu einem Jahr schweren Kerkers wegen Verbrechens nach § 10 Abs. 1 BDStG. Die beschlagnahmten Textilien, nicht aber der sichergestellte Geldbetrag, wurden für verfallen erklärt. Unter Hinweis auf die Bestimmungen des Währungsschutzgesetzes wurden ihr von dem sichergestellten Betrag nur 39.375 S freigegeben. Sie begehrte daraufhin die Verurteilung des österreichischen Bundesschatzes zur Zahlung des restlichen Viertels, d. i. 13.125 S. Die beklagte Partei wendete die Unzulässigkeit des Rechtsweges ein.

Das Prozeßgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück.

Das Rekursgericht wies die Einrede der beklagten Partei zurück.

Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Banknoten wurden im Zuge eines Strafverfahrens sichergestellt. Das Recht der Strafverfolgung ist öffentlich-rechtlicher Natur. Der der Strafverfolgung Unterworfene ist im Rahmen des Gesetzes zur Duldung dieses öffentlichen Anspruches verpflichtet, ohne sich gegen Eingriffe in seinen privatrechtlichen Bereich, wie Beschlagnahmen, Sicherstellungen, durch die dem Privatrecht angehörigen Rechtsbehelfe zur Wehr setzen zu können. Die von dem Rekursgericht angeführte Entscheidung vom 11. Jänner 1922, Ob II 988/21, ZBl. 1922, Nr. 279, kann für den Standpunkt der angefochtenen Entscheidung nicht herangezogen werden. Sie bringt vielmehr zum Ausdruck, daß aus einer verwaltungsbehördlichen Beschlagnahme kein Verwahrungsvertrag entsteht und daß für den Anspruch aus einer solchen Verfügung der Rechtsweg nicht zulässig ist. Aus der Klage geht auch keineswegs hervor, daß der Anspruch auf eine schuldhafte Rechtsverletzung gestützt wird. Erst im Rekurse behauptet die klagende Partei, daß der Schaden auch dadurch entstanden sei, daß der verwahrte Betrag rechtswidrig über das Urteil vom 30. August 1947 hinaus zurückbehalten wurde. Aus der Natur des durch die Beschlagnahme begrundeten öffentlich-rechtlichen Verhältnisses folgt aber, daß der Rechtsweg für daraus entspringende Ansprüche nur dort zulässig ist, wo er im Gesetze vorgesehen ist, also beispielsweise im § 379 StPO. Die Gerichtserlagsverordnung enthält keine solche Bestimmung und es kann auch daraus, daß der Anspruch des Ausfolgungsberechtigten in Exekution gezogen werden kann, nicht geschlossen werden, daß er privatrechtlicher Natur ist. Aber selbst wenn der Anspruch im Sinne der Rekursentscheidung und des Rekurses der klagenden Partei als Schadenersatzanspruch gedeutet würde, so wäre ihm der Rechtsweg "zunächst" gemäß § 8 AmtshaftungsG. verschlossen. Denn nach dieser Gesetzesstelle hat der Geschädigte "zunächst" den Rechtsträger, gegen den er den Ersatzanspruch geltend machen will, zur Anerkennung des Ersatzanspruches schriftlich aufzufordern. Vor einer Verweigerung der Anerkennung oder vor Ablauf der in dieser Gesetzesstelle bestimmten Frist kann er einen Schadenersatzanspruch nicht geltend machen. Bis dahin ist der Rechtsweg unzulässig (Kaniak, JBl. 1949, S. 171). Die vom Rekursgericht angeführten Entscheidungen vom 24. Februar 1932, JBl. 1932, S. 407, und vom 21. Dezember 1909, NotZtg. 1913, S. 73, sind wegen der Erlassung des Amtshaftungsgesetzes auf den vorliegenden Fall nicht mehr anwendbar. Gemäß § 16 Abs. 2 des Amtshaftungsgesetzes finden die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf Rechtsverletzungen nach dem Syndikatsgesetze Anwendung, die vor dem Wirksamkeitsbeginn des Amtshaftungsgesetzes begangen wurden, wegen deren aber ein Verfahren noch nicht anhängig ist. Die Klägerin hat aber keine Behauptung aufgestellt, daß sie den Bund zur Anerkennung ihres Schadenersatzanspruches schriftlich aufgefordert hätte. Die Klage wurde daher vom Erstgericht mit Recht wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen.

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