OGH 2Ob40/51

OGH2Ob40/5121.2.1951

SZ 24/49

Normen

AktG §150
AktG §153
AktG §154
AktG §189 Abs1
AktG §195
AktG §197
AußStrG §§1 ff
AußStrG §9
AußStrG §19
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §19
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §22
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §142
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §143 f.
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art9
AktG §150
AktG §153
AktG §154
AktG §189 Abs1
AktG §195
AktG §197
AußStrG §§1 ff
AußStrG §9
AußStrG §19
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §19
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §22
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §142
Reichsgesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit §143 f.
Vierte Einführungsverordnung zum Handelsgesetzbuch Art9

 

Spruch:

Voraussetzung für die amtswegige Löschung von Beschlüssen einer Aktiengesellschaft nach § 142 FGG. ist, daß der Beschluß durch seinen Inhalt und nicht nur durch die Art seines Zustandekommens zwingende Vorschriften verletzt, deren Beobachtung im öffentlichen Interesse liegt.

Im Verfahren nach § 143 FGG. ist ein Rekurs nur zulässig, wenn das Oberlandesgericht eine Löschung verfügt hat.

Wer eine amtswegige Löschung nach § 142 FGG. angeregt hat, ist nicht zum Rekurs gegen die Ablehnung der Löschung durch das Gericht legitimiert.

Entscheidung vom 21. Feber 1951, 2 Ob 40/51.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Zwei Eigentümer von Aktien der X.-A. G. regten gemäß den §§ 142, 144 FGG. beim Oberlandesgericht Linz die Löschung des vom Kreisgerichte Wels in das Handelsregister eingetragenen Beschlusses der Hauptversammlung vom 8. Dezember 1949 hinsichtlich einiger Punkte an. In dieser Versammlung seien unter anderem die Herabsetzung des Grundkapitals von 25.000.000 S auf 2.500.000 S, die gleichzeitige Erhöhung des Grundkapitals von 2.500.000 S auf 20.000.000 S durch Ausgabe von 17.500 Inhaberaktien mit Gewinnberechtigung unter Ausschluß des Bezugsrechtes der alten Aktionäre und der Rechnungsabschluß für das Geschäftsjahr 1948 beschlossen worden. Diese Beschlußfassung verstoße insbesondere deshalb gegen die Vorschrift der §§ 189 Abs. 1, 150, 153, 154, 195 Z. 1, 3, 4, 197 Abs. 2 Aktiengesetz, weil vor der Beschlußfassung zwischen den damaligen öffentlichen Verwaltern der Aktiengesellschaft und Bankengläubigern eine Vereinbarung über Sacheinlagen durch Umwandlung eines Teiles der Kredite in Grundkapital und über eine Zusicherung des Bezugsrechtes an die neuen Aktionäre getroffen worden sei. Eine ausdrückliche und fristgemäße Ankündigung habe nicht stattgefunden. Die Kapitalsherabsetzung und Kapitalserhöhung seien wirtschaftlich nicht begrundet gewesen und stellten eine Verletzung der gesetzlichen Vorschriften zum Schaden der Aktionäre und bisherigen Gläubiger dar.

In einer zu dieser Anzeige erstatteten Äußerung wies die Aktiengesellschaft darauf hin, daß die Kapitalsherabsetzung und Erhöhung der unter öffentlicher Verwaltung stehenden Aktiengesellschaft wirtschaftlich notwendig gewesen und von den zuständigen Bundesministerien genehmigt worden sei. Nach dem vorgelegten Kontoauszug sei das Aktienkapital vor der Beschlußfassung zur Verfügung der öffentlichen Verwalter eingezahlt worden. Eine rechtlich bindende Zusicherung von Bezugsrechten sei nicht gegeben worden. Diese Darstellung bestätigte der öffentliche Verwalter Otto W. Er wies darauf hin, daß im Laufe des Jahres 1950 zwar ein Teil der Bankenkredite abgezahlt worden sei, daß aber eine Vereinbarung über die Umwandlung der Darlehensforderungen in Grundkapital nicht getroffen worden sei. Anders lautende Ausführungen in seinem Bericht an das Bundesministerium für Finanzen seien auf eine ungeschickte Ausdrucksweise zurückzuführen.

Das Oberlandesgericht Linz verständigte die Einschreiter und die Aktiengesellschaft davon, daß auf Grund der gepflogenen Erhebungen kein Anlaß gefunden werde, der angeregten Löschung des oben angeführten Beschlusses im Sinne des § 142 FGG. nahezutreten.

Der Oberste Gerichtshof hat den Rekurs der Einschreiter zurückgewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der siebente Abschnitt "Handelssachen" des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG.) wurde mit einigen Ausnahmen durch die 4. Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften im Lande Österreich in Kraft gesetzt (GBl. f. Österreich Nr. 86/1939). Nach Art. 9 dieser Verordnung sind in solchen Angelegenheiten die Vorschriften der §§ 1 bis 19 des österreichischen Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen anzuwenden, soweit sich aus den Vorschriften des erwähnten 7. Abschnittes und den folgenden Vorschriften der Vierten Einführungsverordnung nichts anderes ergibt. § 143 FGG. sollte in der Fassung gelten, daß die Löschung einer unzulässigen Eintragung auch von dem Landgerichte verfügt werden kann, das dem Registergericht im Instanzenzuge übergeordnet ist, und daß gegen eine Verfügung des Landgerichtes, die den Widerspruch gegen die beabsichtigte Löschung einer Eintragung zurückweist, der Rekurs an das Oberlandesgericht zulässig ist.

Die Bezeichnung Rekurs trat an die Stelle der in der ursprünglichen Fassung des Freiwilligen Gerichtsbarkeitsgesetzes geltenden Bezeichnung "sofortige Beschwerde". Gemäß der Verordnung des Staatsamtes für Justiz vom 10. Dezember 1945, BGBl. Nr. 21/1946, ist § 143 FGG. nunmehr in der Fassung anzuwenden, daß an Stelle des Land(es)gerichtes das Oberlandesgericht tritt und daß gegen die einen Widerspruch zurückweisende Verfügung des Oberlandesgerichtes der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.

Das Gericht hat von einer Löschung von Amts wegen abzusehen "wenn die Unzulässigkeit nicht rechtlich absolut zweifelsfrei ist. Voraussetzung für die Löschung von Beschlüssen einer Aktiengesellschaft ist, daß der Beschluß durch seinen Inhalt und nicht durch die Art seines Zustandekommens zwingende Vorschriften des Gesetzes, deren Beobachtung im öffentlichen Interesse liegt, verletzt. Nicht darunter zu rechnen sind Vorschriften, die lediglich im privaten Interesse der Gesellschafter gelegen sind, wie über Form und Fristen der Berufung der Generalversammlung, über die Mehrheiten bei der Beschlußfassung u. a. So ist auch die Löschung der Kapitalserhöhung von Aktiengesellschaften wegen Nichtigkeit der Zeichnungsscheine nicht zulässig, weil diese Nichtigkeit die Rechtswirksamkeit des eingetragenen Rechtsverhältnisses nicht berührt (Schlegelberger, Kommentar zum FGG., 5. Aufl., II., S. 732 ff.). Das amtswegige Verfahren dient also grundsätzlich öffentlichen Interessen und nicht den privaten der Beteiligten. Die Klarstellung zweifelhafter Rechts- und Tatsachenfragen ist den Beteiligten im Rechtsstreite zu überlassen. Demgemäß ist auch die Zulässigkeit der Rechtsmittel geregelt. Nach dem ursprünglichen Wortlaut des Freiwilligen Gerichtsbarkeitsgesetzes ist ein Rechtsmittel, nämlich die sofortige Beschwerde, nur vorgesehen, wenn das dem Registergericht vorgeordnete Gericht die Löschung verfügt. Die sofortige Beschwerde ist nach der in das österreichische Recht nicht übernommenen Bestimmung des § 22 FGG. binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, entspricht somit dem Rekurs nach § 9 AußstrG. Fuchs (2c zu § 143 des Gesetzes über die Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 2. Ausgabe, 1907) läßt in dem Falle, als dem Widerspruch gegen die beabsichtigte Löschung stattgegeben wird, ein Rechtsmittel überhaupt nicht zu. Nach Schlegelberger (S. 737) wäre in diesem Falle die einfache Beschwerde zulässig. Für das österreichische Rechtsgebiet ist jedoch dieser Streit ohne Bedeutung, weil der unbefristeten einfachen Beschwerde (§ 19 FGG.) in den anzuwendenden Bestimmungen der §§ 1 bis 19 AußstrG. kein Rechtsmittel entspricht und §§ 19 ff. FGG. nicht übernommen wurde. Schon diese Erwägungen lassen den der sofortigen Beschwerde entsprechenden Rekurs des § 9 AußstrG. nur dann zulässig erscheinen, wenn der angefochtene Beschluß des Oberlandesgerichtes die Löschung der Eintragung zum Gegenstande hat. Die Übernahme der Vorschrift des Freiwilligen Gerichtsbarkeitsgesetzes in der Fassung, daß gegen solche, die Löschung verfügende Beschlüsse der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, wäre sinnlos, wenn schon nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 1 bis 19 AußstrG. ein solcher Rekurs möglich wäre. Diese allgemeinen Vorschriften haben bezüglich der Zulässigkeit eines Rechtsmittels wegen der besonderen Regelung des § 143 FGG. zurückzutreten. § 143 FGG. in der anzuwendenden Fassung weiß jedoch von einem Rekurs gegen die Ablehnung der amtswegigen Löschung nichts.

Der Rekurs ist aber auch deshalb unzulässig, weil eine Verfügung, durch die die Rechte der Beschwerdeführer beeinträchtigt werden, nicht vorliegt. Das Oberlandesgericht hat ein Verfahren nach § 142 FGG. gar nicht eingeleitet. Nach der österreichischen Rechtsprechung steht dem Anzeiger kein Rekursrecht zu, wenn das Registergericht es ablehnt, über eine bestimmte Anzeige eine Verfügung zu treffen. Über den Anspruch des Anzeigers wird in diesem Fall nicht entschieden (Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, SZ. XXI/81). Ein Anspruch auf Einleitung eines Verfahrens gemäß §§ 142 ff. FGG. steht dem Anzeiger nicht zu. Jener ist öffentlich-rechtlicher Natur. Die Ansprüche der Einschreiter nach dem Aktiengesetz werden aber durch die angefochtene Verfügung nicht berührt.

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