OGH 3Ob679/50

OGH3Ob679/5017.1.1951

SZ 24/19

Normen

ABGB §296
EO §39 Z2
EO §252 Abs1
EO §251 Z3
ABGB §296
EO §39 Z2
EO §252 Abs1
EO §251 Z3

 

Spruch:

Die Zubehöreigenschaft einer gepfändeten beweglichen Sache ist nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Pfändung zu beurteilen.

Entscheidung vom 17. Jänner 1951, 3 Ob 679/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Feldbach; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Auf Antrag der Verpflichteten hat das Erstgericht die unter Postzahl 1 des Pfändungsprotokolles gepfändete trächtige Kalbin als Zubehör der etwa sechs Joch umfassenden landwirtschaftlichen Liegenschaft der Verpflichteten aus der Exekution ausgeschieden und die Exekution eingestellt (§ 252 Abs. 1 EO.). Bei der Pfändung vom 21. August 1950 seien zwei Kühe und drei Schweine als Zubehör der Liegenschaft ausgeschieden worden. Durch den nachträglichen Verkauf einer dieser beiden Kühe seitens der Verpflichteten habe die gepfändete trächtige Kalbin die Zubehöreigenschaft erlangt, weshalb die Exekution einzustellen sei.

Infolge Rekurses der betreibenden Gläubigerin änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Ausscheidungs- und Einstellungsantrag der Verpflichteten abgewiesen wurde. Im Zeitpunkt der Pfändung hätten die vom Vollstrecker ausgeschiedenen beiden Kühe für den Betrieb der nur sechs Joch umfassenden Wirtschaft der Verpflichteten ausgereicht. Wenn diese nachträglich eine dieser Kühe verkauft hätten, hätten sie ihr freiwillig die Zubehöreigenschaft genommen. Das ordnungsgemäß begrundete Pfandrecht an einer Sache, die später Liegenschaftszubehör werden soll, schließe das Widmungsrecht des Verpflichteten in dieser Richtung aus. Andernfalls wäre es dem Belieben der verpflichteten Parteien anheimgestellt, durch entsprechende Manipulationen die Befriedigung der betreibenden Partei zu vereiteln.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Verpflichteten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Das Rekursgericht hat durchaus nicht aktenwidrig in Übereinstimmung mit dem Erstgericht angenommen, daß für den Betrieb einer etwa sechs Joch umfassenden Landwirtschaft zwei Kühe ausreichen. Zu dieser Feststellung gelangten die Untergerichte in Kenntnis der lokalen Verhältnisse und der Oberste Gerichtshof hat keinen Anlaß, hievon abzugehen. Es mag sein, daß die Verpflichteten die gepfändete Kalbin zur Auffrischung ihres Viehstandes bestimmt hatten, was schon daraus hervorgeht, daß die Kuh zur Zeit der Pfändung trächtig war. Sie hatten aber trotz der Widmung aller drei Kühe für den Wirtschaftsbetrieb nicht das Recht, mehr als zwei Kühe als Zubehör der Liegenschaft gemäß §§ 252 Abs. 1 EO., 296 ABGB. in Anspruch zu nehmen. Die Auswahl ist anläßlich der Pfändung zugunsten der nicht trächtigen Kuh ausgefallen und die Verpflichteten, die bei der Pfändung anwesend waren, haben keinen Einwand erhoben, obwohl sie nach ihren Behauptungen im Revisionsrekurs längst wußten, daß die trächtige Kuh für den Wirtschaftsbetrieb vorteilhafter sei als eine der beiden anderen. Mit der im damaligen Zeitpunkt zulässigen Pfändung der dritten Kuh fiel für die Verpflichteten, die erst nachträglich eine zum Zubehör gehörige Kuh verkauft haben, die Möglichkeit fort, die gepfändete Kuh nunmehr als Zubehör der Liegenschaft in Anspruch zu nehmen. Denn das zulässigerweise begrundete Pfändungspfandrecht kann durch eine derartige Handlungsweise der Verpflichteten nicht vernichtet und auch nicht gemäß § 39 Z. 2 EO. zum Erlöschen gebracht werden. Grundsätzlich muß für die Beurteilung der Zubehöreigenschaft einer gepfändeten beweglichen Sache der Zeitpunkt der Pfändung als maßgeblich angesehen werden (Neumann - Lichtblau, 3. Aufl., S. 794, Walker, Exekutionsrecht, 4. Aufl., S. 71 ff., dagegen ohne überzeugende Begründung Pollak, S. 825.). Die Rechtsprechung hat im Interesse des Schuldners zwar vielfach die Ausscheidung von Fahrnissen bewilligt, die erst nachträglich die Zubehörqualität erlangt haben. Allen diesen Entscheidungen (z. B. SZ. XIV/133, SZ. XI/251, SZ. XI/143, ZBl. 1929 Nr. 121, SZ. IX/314, SZ. VI/319), die Zweckmäßigkeitserwägungen Raum gegeben haben, ist aber gemeinsam, daß diese Berücksichtigung des Schuldners dann nicht am Platz ist, wenn er freiwillig, allenfalls auf Grund einer strafbaren Handlung, eine Änderung des Zubehörs herbeiführt. Nur vereinzelte Entscheidungen (ZBl. 1934, Nr. 345, ZBl. 1932, Nr. 105) vertraten einen noch weitergehenden Standpunkt.

Im vorliegenden Falle haben die Verpflichteten nach der Pfändung die eine zum Zubehör gehörige Kuh verkauft und damit den Stand des Zubehörs der Liegenschaft freiwillig vermindert, ohne daß sie deshalb die Ausscheidung der vorher gepfändeten weiteren Kuh verlangen könnten. Keinesfalls ist es angängig, die Exekutionsbefreiung nach § 252 Abs. 1 und nach § 251 Z. 3 EO. zugleich in Anspruch zu nehmen (der JM.-Erl. v. 24. November 1931, JABl. 30, vertritt nicht die gegenteilige Meinung).

Dem Revisionsrekurs war der Erfolg zu versagen.

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