Spruch:
Unter den Voraussetzungen des letzten Satzes des § 418 ABGB. vollzieht sich der Eigentumserwerb kraft Gesetzes, ohne daß es einer Aneignungshandlung oder der Einverleibung des Eigentumsrechtes für den Bauführer bedarf.
Entscheidung vom 24. November 1950, 2 Ob 76/50.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin hatte auf dem Grundstück ihres Sohnes für sich ein Einfamilienhaus erbauen lassen. Ihr Sohn hat von Anfang an von dieser Bauführung gewußt und war damit einverstanden. Mit Urteil des Volksgerichtes Graz wurde das Vermögen des Sohnes der Klägerin für verfallen erklärt. Die Klägerin hat daraufhin rechtzeitig im Sinne des Volksgerichtsverfahrens- und Vermögensverfallsgesetzes, BGBl. Nr. 213/1947, ihren Anspruch auf "eigentümliche Überlassung der Liegenschaft EZ. 1129 der Kärntner Landtafel" angemeldet. Mit einem der Klägerin am 14. Mai 1948 zugestellten Bescheid hat das Bundesministerium für Vermögenssicherung und Wirtschaftsplanung unter Hinweis auf § 297 ABGB. den Anspruch nicht anerkannt. Nach Ablehnung des Anspruches im Verwaltungsverfahren begehrt die Klägerin nunmehr mit Klage die Feststellung des rechtlichen Bestandes und der Unbedenklichkeit des erhobenen Anspruches auf eigentümliche Überlassung der Liegenschaft gegen Bezahlung des gemeinen Grundwertes. Ihr Begehren grundete die Klägerin auf die Bestimmungen des § 418 ABGB.
Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Infolge Berufung der beklagten Republik Österreich hob das Berufungsgericht das angefochtene Urteil auf und verwies die Rechtssache mit Rechtskraftvorbehalt an das Erstgericht zurück.
Der Oberste Gerichtshof hat dem Rekurse der Finanzprokuratur gegen den Aufhebungsbeschluß Folge gegeben, den angefochtenen Beschluß aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Zunächst war zu prüfen, ob der Klägerin ein dinglicher Anspruch als außerbücherliche Eigentümerin, also nach der Terminologie des Insolvenzrechtes ein Aussonderungsanspruch zusteht. Wäre dem so, dann wäre für den erhobenen Anspruch, wie der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung vom 3. Oktober 1950, 2 Ob 286/50, ausgesprochen hat, der Rechtsweg von vornherein zulässig und hätte der Anspruch gar nicht im Verwaltungsweg geltend gemacht werden müssen.
Die Klägerin hat ihren Anspruch auf § 418 ABGB. gegrundet. Könnte sich die Klägerin mit Recht auf den dritten Satz dieser Gesetzesstelle berufen, so stunde ihr Aussonderungsanspruch außer Zweifel. Denn im Falle redlicher Bauführung auf fremdem Grund vollzieht sich der Eigentumserwerb kraft Vorschrift des Gesetzes, ohne daß es einer Aneignungshandlung oder der Einverleibung des Eigentums für den Bauführer im Grundbuch bedürfte (vgl. Klang, Kommentar, 2. Aufl., II, S. 291, und Ehrenzweig, I/2, S. 305).
Wie das Berufungsgericht aber festgestellt hat, wußte die Klägerin, daß das Grundstück auf den Namen ihres Sohnes einverleibt sei, und hat auch ihr Sohn von vornherein von der Bauführung gewußt. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausführt, ist in einem solchen Falle nicht § 418 ABGB. anzuwenden, sondern kommt es auf die getroffene Vereinbarung über das Schicksal des Eigentums an dem Baugrund an.
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