Normen
ABGB §26
ZPO §1
ZPO §6
ZPO §7
ZPO §75
ZPO §84
ZPO §85
ZPO §239
ZPO §520
ABGB §26
ZPO §1
ZPO §6
ZPO §7
ZPO §75
ZPO §84
ZPO §85
ZPO §239
ZPO §520
Spruch:
Wird eine Klage namens der "Hauseigentümer" eines bestimmten Hauses erhoben, so liegt nicht mangelnde Parteifähigkeit vor, sondern ungenügende Parteibezeichnung; das Gericht hat daher nach § 84 ZPO. vorzugehen.
Hat das Erstgericht diesen Mangel nicht wahrgenommen, so kann die zweite Instanz die Klage nicht mehr zur Verbesserung zurückstellen, sondern hat von Amts wegen die Parteibezeichnung richtigzustellen. Wird die Klage mangels Parteifähigkeit zurückgewiesen, so ist die Partei, deren Parteifähigkeit bestritten ist, zur Anfechtung dieses Beschlusses mit Rekurs berechtigt.
Entscheidung vom 18. Jänner 1950, 1 Ob 7/50.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:
Die "Hauseigentümer des Hauses Wien, II., T.straße 71", vertreten durch den Gebäudeverwalter Franz W., haben den Beklagten auf Räumung und Aufhebung eines Bestandvertrages geklagt. Die im Akte erliegende, der Klage angeschlossene Vollmacht ist von Dr. Otto B., Agathe S. und Eva B. gefertigt. Das Erstgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, daß die klagenden Parteien in der Klage nicht namentlich bezeichnet sind; dies könne mit Rücksicht auf ein allfällig einzuleitendes Exekutionsverfahren nicht ausreichen, wenn man auch die Vorschrift des § 75 ZPO. nicht strenge anwenden wollte. Das Berufungsgericht hat aus Anlaß der Berufung das Verfahren "eingestellt". Die "Eigentümer eines Hauses" seien mangels näherer Bezeichnung ihres Namens, Berufes und Wohnortes (§ 75 Z. 1 ZPO.) nicht parteifähig, sie seien auch keine anerkannte "Gemeinschaft" (gemeint ist wohl Gesellschaft) im Sinne des § 24 (soll wohl § 26 heißen) ABGB., die unabhängig von ihren "Repräsentanten" - der Ausdruck ist dem allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch fremd - selbständige Rechte und Pflichten erwerben könnten. Da rechtsfähig und daher parteifähig nur die natürlichen und die im Gesetz genannten moralischen Personen sein können, so könnten die Eigentümer eines Hauses für sich unabhängig von ihrer eigenen Person "als Hauseigentümer" keine Rechte erwerben. Da also der klagenden Partei die Parteifähigkeit fehle, so sei ein Prozeßrechtsverhältnis überhaupt nicht begrundet. Das eingeleitete Verfahren sei daher mit Beschluß einzustellen.
Dieser Beschluß wird von den klagenden Parteien angefochten; als Rekurswerber werden, wie übrigens bereits in der Berufung, die Vollmachtgeber Dr. Otto B., Agathe S. und Eva B. bezeichnet. Vor Eingehen in die inhaltliche Erledigung des Rekurses war die Frage zu erörtern, ob den Rekurswerbern überhaupt ein Rekursrecht zukommt. Diese Frage ist zu bejahen. Die Entscheidung dreht sich um die Frage, ob die im Rubrum angeführten Personen, bzw. in ihrem Namen der Hausverwalter Franz W., Prozeßhandlungen setzen können. Ist diese Frage in erster Instanz strittig, so müssen diese Personen zur Entscheidung über diese Vorfrage zugezogen werden. Sie müssen aber dann auch folgerichtig das Recht zur Erhebung eines Rechtsmittels haben, wenn diese Vorfrage zu ihren Ungunsten entschieden worden ist. Die Rekurslegitimation der Rekurswerber ist daher zu bejahen, obwohl ihnen das Berufungsgericht die Parteifähigkeit und damit auch die Prozeßlegitimation abgesprochen hat. Daraus folgt, daß im Falle der Verneinung der Parteifähigkeit der Rekurs nicht zurück-, sondern abzuweisen wäre.
Aber auch inhaltlich ist der Rekurs begrundet. Die Rekurswerber sind zwar insoweit im Unrecht, als sie die Fassung des Rubrums "Die Hauseigentümer, vertreten durch den Hausverwalter W.", damit rechtfertigen wollen, daß der Hausverwalter berechtigt sei, auch ohne Anführung der Namen der Hauseigentümer im eigenen Namen zu klagen. Es ist richtig, daß nach mehreren Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes der Hauseigentümer berechtigt ist, im eigenen Namen zu klagen. Doch hat dies der Verwalter W. diesmal nicht getan, sondern die Klage als Vertreter der Hauseigentümer, also in deren Namen, eingebracht. Prozeßparteien sind daher die Hauseigentümer und nicht der Hausverwalter. Aus der Tatsache, daß nach der angeführten Judikatur der Hausverwalter zur Prozeßführung im eigenen Namen legitimiert ist, kann aber nicht gefolgert werden, daß nicht namentlich angeführte Hauseigentümer partei- und folgerichtig auch prozeßfähig sind.
Der Beschluß des Berufungsgerichtes ist aber aus anderen Erwägungen als rechtsirrig zu bezeichnen. Im Rubrum der Klage wird nicht etwa ein der Parteifähigkeit entbehrendes Gebilde als Kläger bezeichnet oder eine überhaupt nicht existierende Person, sondern Kläger sind die "Hauseigentümer", also wirklich existierende Personen, deren Name freilich entgegen der Vorschrift des § 75 Z. 1 ZPO. im Rubrum nicht angeführt ist. Es kann daher nicht gesagt werden, daß jemand geklagt hat, der entweder überhaupt nicht existiert oder der zwar existiert, dem aber die Rechts- und Parteifähigkeit fehlt. Die unrichtige oder ungenaue Bezeichnung der Parteien kann aber nicht zur Abweisung der Klage mangels Parteifähigkeit führen. Die Anwendbarkeit der zivilprozessualen Vorschrift über die mangelnde Parteifähigkeit scheidet daher aus. Übrigens hat das Berufungsgericht auch diese Vorschriften verletzt, weil der Ausspruch der Nichtigkeit des Verfahrens - das Berufungsgericht spricht entgegen der gesetzlichen Terminologie (§ 7 ZPO.) von einer "Einstellung des Verfahrens", die nur im § 239 Abs. 3 ZPO. vorgesehen ist - einen vergeblich vorgenommenen Verbesserungsversuch voraussetzt, der unterblieben ist, obwohl er auch im Rechtsmittelverfahren vorzunehmen ist (E. v. 27. November 1935, ZBl. 1936, Nr. 127).
Der vorgefallene Verstoß, daß die Kläger nicht namentlich angeführt sind, war daher nicht nach dem Grundsatze der §§ 1, 6, 7 ZPO. zu behandeln, sondern als Formgebrechen nach §§ 84, 85 ZPO. (E. v. 2. Juni 1937, SZ. XIX/186). Das Erstgericht wäre deshalb verpflichtet gewesen, die Klage vor Einleitung des geschäftsordnungmäßigen Verfahrens zur Verbesserung zurückzustellen. Da das Erstgericht dies unterlassen hat, so kam freilich eine Zurückstellung nicht mehr in Frage, insbesondere nicht in der Berufungsinstanz (E. v. 22. Juli 1936, RZ. 1936, S. 230). Wohl aber blieb das Berufungsgericht nach wie vor verpflichtet, auf die Klarstellung der Parteibezeichnung hinzuwirken und im Rubrum der von ihm gefällten Entscheidung die Parteien so anzuführen, wie es das Gesetz vorschreibt (SZ. XIX/186). Da das Berufungsgericht, von einer irrigen Rechtsauffassung ausgehend, das Verfahren "eingestellt" hat, so war der Beschluß aufzuheben und dem Berufungsgericht die Erledigung der Berufung aufzutragen. Bei dieser Gelegenheit wird das Rubrum von Amts wegen richtigzustellen sein, möglicherweise auch dahin, daß die in der Vollmacht angeführten Personen nur als Miteigentümer des fraglichen Hauses zu bezeichnen sind.
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