Normen
ABGB §577
ABGB §647
ABGB §956
ABGB §1206
ABGB §1255
ABGB §577
ABGB §647
ABGB §956
ABGB §1206
ABGB §1255
Spruch:
Die Bestimmung in einem Gesellschaftsvertrag, daß das ganze Unternehmen dem überlebenden Teil zufallen soll, ist wirksam. Sie unterliegt nicht den Formvorschriften für letztwillige Verfügungen oder für Schenkungen auf den Todesfall.
Entscheidung vom 18. Jänner 1950, 1 Ob 19/50.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Rudolf B., die gefährdete Partei, behauptet, daß er mit seiner verstorbenen Gattin die Vereinbarung getroffen habe, daß das unter ihrem Namen betriebene Geschäft intern beiden Ehegatten je zur Hälfte gehören solle, im Falle des Todes eines der beiden Ehegatten sollte das Unternehmen dem Überlebenden zufallen. Stella B. ist am 13. Dezember 1947 gestorben. Das Unternehmen wurde verkauft; der Verkaufserlös (33.000 S) befindet sich in der Verwahrung des Verlassenschaftskurators, Notars Dr. W. Die gefährdete Partei hat die Gegnerin der gefährdeten Partei auf Feststellung geklagt, daß mit dem Tode der Stella B. das Eigentum am Parfümeriegeschäfte Wien, Y-straße 58, dem Kläger allein zukomme und daß die beklagte Verlassenschaft schuldig sei, dem Kläger 33.000 S zu bezahlen.
Im Zuge des Prozeßverfahrens hat der Kläger die Erlassung einer einstweiligen Verfügung begehrt.
Das Erstgericht wies den Antrag ab.
Das Rekursgericht gab ihm Folge.
Der Oberste Gerichtshof bestätigte im wesentlichen; nur in einem im folgenden Abdruck der Begründung nicht wiedergegebenen Punkt stellte er den abweislichen erstrichterlichen Beschluß wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Rekursgericht hat den Anspruch der gefährdeten Partei für ausreichend bescheinigt erachtet, weil glaubhaft gemacht sei, daß die Ehegatten B. miteinander vereinbart haben, daß das Unternehmen dem überlebenden Eheteil zufallen soll. Daß diese Abmachung nicht schriftlich niedergelegt sei, berühre ihre Gültigkeit nicht. Diese Rechtsansicht wird im Revisionsrekurs bekämpft und die Anschauung vertreten, daß eine Bestimmung, wem ein Gesellschaftsanteil im Falle des Ablebens eines Gesellschafters zufallen solle, nur in den Formen eines Erbvertrages oder einer letztwilligen Verfügung getroffen werden könne.
Diese Rechtsauslegung ist irrig. Das österreichische Recht unterwirft nur unentgeltliche Verfügungen auf den Todesfall besonderen Beschränkungen (§ 956 ABGB.); dagegen unterliegen entgeltliche Verfügungen über Vermögensbestandteile, die mit dem Tode eines Vertragspartners wirksam werden sollen, nur den allgemeinen Beschränkungen für Verträge schlechthin. Diese unterschiedliche Behandlung ist darin begrundet, daß durch unentgeltliche Verfügungen die Interessen der Erben und Nachlaßgläubiger in höherem Grade gefährdet sind als durch entgeltliche Verfügungen, wo für das dem Dritten eingeräumte Recht der Gegenwert in das Vermögen des Verfügenden oder seines Nachlasses fließt. Ein entgeltlicher Vertrag, der nicht unter § 956 ABGB. subsumiert werden kann, liegt auch dann vor, wenn wie im gegenständlichen Fall in einem Gesellschaftsvertrag bestimmt wird, daß eine bestimmte Sache dem überlebenden Teile der Vertragsschließenden zufallen soll, weil ein Gesellschaftsvertrag immer den entgeltlichen Verträgen zuzuzählen ist und auch dann nicht als unentgeltlicher Vertrag bezeichnet werden kann, wenn einzelne seiner Vertragsklauseln einem einzelnen Gesellschafter zugute kommen.
Der Oberste Gerichtshof lehnt daher die Ansicht der Revisionsrekurswerberin ab, daß die Einräumung eines Rechtes, das mit dem Tode eines Vertragspartners beginnt, an die Formvorschriften des § 956 ABGB. gebunden oder gar überhaupt unzulässig sei. Die in SZ. VI/133 ausgesprochene gegenteilige Rechtsansicht kann nicht aufrechterhalten werden. Das Rekursgericht hat daher mit Recht den Klagsanspruch auf Überlassung des Unternehmens, bzw. des Verkaufserlöses für bescheinigt angesehen.
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