OGH 3Ob279/49

OGH3Ob279/4919.8.1949

SZ 22/112

Normen

ABGB §21
ABGB §186
ABGB §187 ff
AußStrG §9
Bundesgesetz vom 13. Juli 1928, BGBl. Nr. 194, über die Erweiterung des Wirkungskreises der Berufsvormundschaften §7
Jugendwohlfahrtsverordnung §15
Jugendwohlfahrtsverordnung §16
Jugendwohlfahrtsverordnung §23
Jugendwohlfahrtsverordnung §26
ABGB §21
ABGB §186
ABGB §187 ff
AußStrG §9
Bundesgesetz vom 13. Juli 1928, BGBl. Nr. 194, über die Erweiterung des Wirkungskreises der Berufsvormundschaften §7
Jugendwohlfahrtsverordnung §15
Jugendwohlfahrtsverordnung §16
Jugendwohlfahrtsverordnung §23
Jugendwohlfahrtsverordnung §26

 

Spruch:

Die §§ 15 bis 26 JWV. schließen ein Einschreiten des Vormundschaftsgerichtes bei Pflegekindern nicht aus. Ehemalige Pflegeeltern sind in der Frage der weiteren Unterbringung ihres früheren Pflegekindes weder antrags- noch rechtsmittelberechtigt.

Entscheidung vom 19. August 1949, 3 Ob 279/49.

I. Instanz: Jugendgerichtshof Wien; II. Instanz: Jugendgerichtshof Wien.

Text

Der außereheliche mj. Adolf G., jetzt eine Doppelwaise, wurde über Antrag seines Generalvormundes mit Beschluß des Jugendgerichtshofes Wien vom 30. Dezember 1940 in die Pflege und Erziehung der Gemeinde Wien übergeben und dabei ausgesprochen, daß er von niemandem ohne Genehmigung des Gerichtes oder des zuständigen Bezirksjugendamtes von dem ihm jeweils von der Gemeinde Wien bestimmten Pflegeplatz entfernt werden dürfe. Das Kind hatte sich vom 3. Juni 1938 bis 20. Feber 1939 im Zentralkinderheim befunden und wurde an diesem Tage der Johanna H. in Pflege gegeben. Wegen Verschlechterung des Pflegeplatzes wurde es am 27. Juli 1948 im Haus der Kinderübernahmsstelle und am 19. August 1948 im Kinderheim U. untergebracht. Die frühere Pflegemutter Johanna H. und deren Gatte stellten den Antrag, ihnen den Minderjährigen wieder zu übergeben.

Nach Durchführung von Erhebungen wies der Jugendgerichtshof mit Beschluß vom 28. Oktober 1948 diesen Antrag ab. Über Rekurs der Pflegeeltern hob der Jugendgerichtshof Wien als Rekursgericht mit Beschluß vom 4. Jänner 1949 diesen Beschluß auf und trug dem Jugendgerichtshof erster Instanz eine Ergänzung der Erhebungen auf. Nach deren Durchführung wies dieses Vormundschaftsgericht den Antrag der Pflegeeltern des Minderjährigen wiederum ab. Über deren Rekurs änderte der Jugendgerichtshof Wien als Rekursgericht diesen Beschluß dahin ab, daß er die Übergabe des Minderjährigen in die Pflege und Erziehung der Rekurswerber verfügte.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Bezirksjugendamtes Folge und wies den Antrag der Pflegeeltern des Minderjährigen zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Zwar ist es ein reiner, der Zuständigkeit der Gerichte entzogener Verwaltungsakt des Jugendamtes, ob und wem es die im § 16 JWV. vorgesehene Erlaubnis zur Erhaltung eines Pflegekindes erteilt; allein die Bestimmungen der §§ 15 bis 26 JWV. haben keineswegs den Sinn, Maßnahmen der Vormundschaftsgerichte, sofern sie durch das Wohl des Pflegebefohlenen erfordert werden, auszuschließen. Dies ergibt sich klar aus § 23 Abs. 2 JWV., wonach das Jugendamt bei Entfernung eines Pflegekindes aus der Pflegestelle infolge Gefahrenverzuges verpflichtet ist, das zuständige Vormundschaftsgericht von der Wegnahme unverzüglich zu benachrichtigen. Hätte der Gesetzgeber ein Eingreifen des Vormundschaftsgerichtes ausgeschlossen wissen wollen, hätte diese Bestimmung gar keinen Sinn. Das Vormundschaftsgericht ist daher befugt, auf Grund des § 7 des Bundesgesetzes vom 13. Juli 1928, BGBl. Nr. 194, über die Erweiterung des Wirkungskreises der Berufsvormundschaften auch bei Pflegekindern einzuschreiten, da ihm auch bei solchen nach den §§ 21, 187 ff. ABGB. die Obervormundschaft obliegen muß .....

Gleichwohl ist der Revisionsrekurs berechtigt.

Nach der Erklärung des Magistrates der Stadt Wien im Revisionsrekurs sind die Pflegeeltern des Minderjährigen noch immer im Besitze einer Pflegeerlaubnis nach § 16 JWV. Eine solche kann ihnen aber niemals ein Recht auf die Pflege des Kindes geben. Sie sind daher im Vormundschaftsverfahren nicht beteiligt und daher nicht Partei. Darum muß ihnen ein Recht zum Antrage auf Rückgabe des Minderjährigen in ihre Pflege und Erziehung und auch ein Rekursrecht abgesprochen werden.

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